65er Zweifamilienhaus kernsaniert - Posten, Kosten und Erfahrungen...

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N

Nordheide

Sanierung

Moin,

auch wir (Er 48, Sie 50) haben ein älteres Zweifamilienhaus kernsaniert. Über die Kosten
und Gewerke will ich auch einmal einen Erfahrungsbericht mitteilen. Auch wenn ein Vergleich
von Haus zu Haus natürlich nicht immer möglich ist, so kann man sicherlich einschätzen, was
generell für Posten auf dem Plan stehen werden.

Grunddaten:
Lage: Seevetal, 10km südlich von HH.
Zweifamilienhaus massiv verklinkert. Bj. 1965. 210qm Wohnfläche (EG. 112 , OG. 90, Treppenhaus 8),
Vollkeller 100qm. Grundstück knapp 1000qm.
Elektrik Stand des Baujahres + diverse wirre Erweiterungen im Laufe der Jahre.
Ölheizung aus 1990. Fenster aus den 80ern.
Bausubstanz sehr gut, Dach in 2003 erneuert (inkl. Dämmung der Schrägen im OG, aber nicht
Dach im riesigen Spitzboden).
Elternhaus meiner Frau, beide Eltern nicht vor langer Zeit verstorben. Wir sprechen also von Erbe.

Unser damaliges Haus auf 570qm war von 1988 ein paar Strassen weiter in einem ehem. Neubaugebiet.
Schöner Klinker und eigentlich sehr gemütlich. Hatten auch in 2018 neue Fenster verbaut und einiges auf
Stand gebracht. Allerdings mit 3 Zi. und 98qm und ungünstigem Schnitt sowie dem kleinen Grundstück (Hunde)
nicht mehr das Optimum.

Entschluss zum Verkauf und zum Wechsel in das größere Haus stand fest. Überlegungen, das bisherige Haus zu
vermieten oder aber als Ferienhaus zu nutzen fielen flach. Es waren noch ca. 190.000 Euro bei der Bank offen
(1999 zu 8% und 1% Tilgung gekauft. Erst nach Refinanzierung in 2009 Tilgung massiv erhöht). Die Rate von
1450.- hätten wir durch klassische Vermietung nicht wiederbekommen.
Eine Idee war noch beide Häuser zu verkaufen und ein Ort weiter in ein Haus mit 12.000qm Grundstück an der Elbe
(Speckgürtel Hamburg) zu ziehen. Wir hätten aber noch zusätzlich zum Erlös beider Häuser 100.000 plus dortige teilweise
Modernisierung aufbringen müssen. Ich hätte es gemacht, meine Frau sah es aber nicht ein, zwei Häuser zu verkaufen
und mit zusätzlichen Schulden ein neues zu beziehen. Zumal war der Verkauf des Elternhauses eigentlich keine Option,
obwohl Besichtigungen schon liefen. Für das (unser jetziges ) Zweifamilienhaus hätten wir 380.000 erhalten - bereits
teilweise entkernt und entmüllt, aber so wie es war.

Dadurch, dass wir bzgl. des relativ neuen Daches nichts unternehmen mussten, fiel die Entscheidung das alte Haus in
Angriff zu nehmen und dieses selbst zu bewohnen.

Ziel: Wir wohnen im EG und das OG wird zur Ferienwohnung für Hundeurlauber ausgebaut. Nicht, weil wir finanziell darauf
angewiesen sind, sondern weil wir den Platz oben nicht benötigen (2 Personen + Hunde. Wir sind zwar "erst" Ende 40 aber
Tochter schon aus dem Haus). Sozusagen als Hobby für ein paar Wochen im Jahr. Ein eigenes Stück Land als Hundeauslauf
direkt an der Elbe nicht weit von uns ist für viele Windhundeleute als Urlaubsort attraktiv. Wir sollten Recht behalten...

Unser Haus priv. verkauft. Nach über 40 Besichtigungen in 10 Tagen Marathon hatten wir aus 5 Paaren, die bereits
Finanzierungszusage besaßen einen Favoriten ausgewählt und 2 Monate später war alles offiziell. Übergabe 6 Monate später.
Unser Zeitfenster war fix. Juni 2020 Start der Arbeiten. Hausübergabe 01. Dezember.

Das Haus war bereits durch uns im Frühjahr soweit entkernt (bis auf Keller - dort keine Baustelle, der war während der Sanierung
als Lagerraum lebensnotwenig)
Anschliessend beauftragte Firmen koordiniert:

  • Baubegleitung für KfW beauftragen (kein KfW Standard, nur Einzelmassnahmen). BAFA muss man sich selbst drum kümmern
  • Estrich raus
  • Heizungsanlage auflösen inkl. Erdtank stillegen (die 4 Kubik waren ideal für Geröll und Gras-Soden)
  • Gasanschluss legen
  • Sanitär Frischwasser, Abwasser komplett neu
  • Wände raus/Träger rein, Ausschnitte für neue Terrassen-Zugänge
  • Elektrik komplett neu (alte Leitungen blieben in Wand)
  • Neue Heizungsanlage (Buderus Logasys Hybrid mit Solar für WW und Heizung)
  • Fußbodenheizung im EG und OG komplett
  • Alle Fenster und Haustüren neu in 3fach Verglasung
  • Neuer Estrich rein - Zwangspause im Hochsommer
  • Trockenbau, Decken abhängen und Bäder
  • Alle Wände (600qm) neu verputzen/spachteln und Decken streichen
  • Boden verlegen fugenlos mit Rigid Vinyl
  • Oberste Geschossdecke + 25cm Dämmung. Offene Dämmung. Es verbleibt nur noch schmaler Steg für Schorni
  • Einblasdämmung zweischaliges Mauerwerk
  • Zargen und Innentüren neu
  • Küchen Installationen
  • Sanitärinstallationen
  • Lampen, Lampen, Lampen
  • Möbel alle neu

Umziehen und einziehen.

Absteigend nach Posten:

Heizung inkl. Fußbodenheizung: 38.000
Fenster: 36.000
Elektrik: 33.000
Verputzen/spachteln: 20.000
Küchen: 19.000
Pflasterarbeiten: 13.000
Sanitär: 12.000
Boden inkl. verlegen 6.000
Estrich neu: 4.500
Wände raus/Träger: 4.000
Trockenbau: 3.500
Einblasdämmung: 3.500
Innentüren/Zargen (selbst): 3.500
Fliesenarbeiten: 2.500
Estrich raus: 2.500
Dämmung OG-Decke: 2.200
Bausachverständiger: 2.500
Stilllegung Erdtank: 1.200
Gasanschluss inkl. Erdarbeiten: 1.000
Neue Möbel/Ausstattung: ca. 35.000
(hier fällt alles rein, Briefkästen, Klingelschilder, Farben, Lampen, Möbel, Sat, etc...)

Vieles an Kleinmaterial haben wir vom Privatkonto gezahlt. Hier kommen sicherlich noch
6-8.000 zusammen, die ich auch mit einberechne, da es zum Teil auch der Unterstützung der Gewerke diente.

Im ursprünglichen Plan war eigentlich ein WDVS mit neuer Verklinkerung (Riemchen). Drei Angebote hatten wir parat.
Das Günstigste lag bei 88.000 Euro. Hinzugekommen wäre noch die Verlängerung des Dachüberstandes, das
Abschneiden eines Balkons sowie Verlegung der Regenrohre. Kosten nochmals ca. 20.000 zusätzlich. Das war uns too
much und hätte auch noch den Zeitplan durcheinander geworfen. Unser Heizungsplaner hatte uns anfangs auch eine
Wärmepumpe angeboten. Mit dem Wissen, dass wir nur die Einblasdämmung umsetzen werden, erschien mir die Wärmepumpe
nicht rentabel und hatten uns für die Gas-Hybrid entschieden. Jaja..."damals" habe ich 3,1ct pro KWh bezahlt (nun 6,2
mit Preissicherung bis 10/23).
Verbrauch nach zwei Wintern bis jetzt: ca. 18.000KWh im Jahr (inkl. Feriengäste von ca. 30 Wochen - wurde mehr vermietet,
als wir eigentl. vorhatten). Das entspr. ca. 90KWh/qm Jahr. Geht besser, aber noch übersichtlich. Wobei wir in der Heizphase
in jedem Raum des Hauses 21-22 Grad haben. Die Thermostate fasse ich gar nicht an. Mit der Anlage bin ich zumindest
zufrieden. Ein präziser hydr. Abgleich ist aber Voraussetzung.

Was so viele vernachlässigen: Außenanlagen. So wir auch.
Die Pflasterarbeiten (ca. 120qm Wege) hatten wir zwar kalkuliert. Den Rest wollten wir selber und später machen. Prio war halt
der Termin der Hausübergabe, also der Innenausbau. Sollten wir das nochmal angehen, so würde ich die Außenanlagen auch
sofort fremdvergeben und entsprechend "im Kredit" einpreisen. Ansonsten droht Dauerbaustelle.
Teichbau, Terrassenüberdachung, Terrasse (Stelzlager), Überstände, Zäune, Außenbeleuchtung mache ich alles selbst...Ist zwar
alles im Grunde fertig, aber kleine Restarbeiten sind immer noch vorhanden. An Kosten kamen hier nochmals ca. 15-20.000
drauf (nur Material). Das ging auch vom Privatkonto ab. Mir machen die Projekte zwar Spaß, bin handwerklich geschickt, aber
man muss sich bewußt sein, dass immer etwas auf dem Zettel steht. Deswegen verlängerte Wochenenden ab und zu einfach
mal raus!
Was noch kommt ist:
  • Sanierung (Geländer und Bodenbelag) der Dachterrasse und des Balkons.
  • Auffahrt Pflastern
  • Neues Doppelcarport (altes noch in Schuß, aber hässlich)

Ohne die Außenanlagen einzukalkulieren ergibt sich folgender Schnitt:

Kosten reine Sanierung (Schlüsselfertig sozusagen): ca. 215.000.-
Ausstattung: ca. 35.000.- (fertig zum darin Leben)
Gesamt: 250.000.-
Dafür hätten wir natürlich keinen Neubau inkl. Abriss bekommen.

Das ist jetzt alles kein Luxus. Wir haben zwar bodenebene geflieste Duschen mit Fußbodenheizung,
in jedem Raum Netzwerk mit Steurerung aus dem Keller. Elektr. Rollläden.Sanitär von Grohe
sowie moderne Küchen. Aber da war noch sehr viel Luft nach oben. Kein Smarthome (nervte mich schon im alten Haus) oder
sonstigen Schnick-Schnack.

Förderung: 31.000.-
Bafa: 21.000 (40% für alles, was mit Heizungstausch zu tun hat, selbst Fußleisten)
KfW: 10.000 (Einzelvorhaben Fenster und Dämmung)

Ergibt: ca. 230.000.-

Inkludiert man noch die Außenanlagen und alles an Restarbeiten
(und vergibt man diese fremd), kommen sicherlich noch einmal
70.000 drauf und man liegt bei grob 300.000 für fix und fertig.

Der Hausverkauf hat uns einen Gewinn von 220.000 eingebracht
(Verkaufspreis abzüglich offenem Saldo, Vorfälligkeit, etc.)

Die Gewerke wurden früh angefragt und zum Start der Corona-Zeit hatten wir Glück, dass die Lage noch nicht so ganz
angespannt war wie heute. Das Koordinieren der Gewerke selbst ist aber das mit Abstand Anstrengendste im Bereich der
selbst durchgeführten Sanierung, weil einfach zu viele Abhängigkeiten bestehen. Wir haben grundsätzlich alle Gewerke hier
in der Umgebung gewählt, da Ansprechpartner immer verfügbar und Bekanntheitsgrad/Erfahrungswerte vorhanden.

Fachlich für mich am heikelsten: Anbringen des Meterrisses, nach dem sich alle Gewerke richten.
Eine Investition in einen guten Rotationslaser lohnt sich, auch wenn man ihn kaum wieder benötigt.

Fazit: Nochmal? Nein. Braucht man ja aber auch nicht. Ein altes Haus mit bestehendem Charme aber im Grunde von Innen Neubau.
Wir fühlen uns wohl. Der Keller ist eine Reise in die Vergangenheit. Aber auch das hat Charme. Der wird wohl nach und nach in Angriff
genommen. Hauptsache Platz und trocken. Eine Kellerbar fehlt natürlich nicht. Ein Relikt.

Das Gefühl "clean" zu sein und keinerlei Verbindlichkeiten zu haben ist uns heutzutage aber auch viel Wert. Wir mussten uns zwar
vorher auch nicht einschränken, aber im Hinblick auf die momentanen Brandherde weltweit wird alles sicherlich nicht günstiger
und planbarer.

Viele Grüße

Arne
 
Mahri23

Mahri23

liest sich gut. Alles Richtig gemacht.

Nur die HZ hätte ich eventuell doch eine "Andere" gewählt. Dann noch Photovoltaik aufs Dach und Ihr wärt noch "zufriedener". ;)
 
A

Axolotl-neu

Daumen hoch. Könnte mein Haus sein - fast dieselbe Größe/Alter/Aufteilung/Zustand.

Bei mir fehlt nur noch das WDVS (KFW 55 ist es dann) und dann bin ich auch durch.
Dank EL allerdings für weniger als die Hälfte der Kosten.
 
Y

Ysop***

Hallo :)

liest sich gut und Seevetal kenne ich :) Allerdings war es bei uns damals ein Neubaugebiet aus ca 83/84 ;-)
Viel Freude im neuen alten Haus!

LG
 
N

Nordheide

Nur die HZ hätte ich eventuell doch eine "Andere" gewählt. Dann noch Photovoltaik aufs Dach und Ihr wärt noch "zufriedener". ;)
Ja, das hatten wir eigentlich auch noch vor, allerdings besteht durch mehrere Gauben und den Solar-Panels zu wenig
Platz auf dem Dach um zumindest ordentlich Strom zu erzeugen...:(

Bei mir fehlt nur noch das WDVS (KfW 55 ist es dann) und dann bin ich auch durch.
Dank EL allerdings für weniger als die Hälfte der Kosten.
Das macht unser Nachbar auch eigenständig. Ist seit gefühlt 1 1/2 Jahren dabei. Da reicht es mir den Garten
und Co. neben der Vollzeit-Arbeit in Schwung zu bringen.
Bei einem kleinem Haus sicherlich überlegenswert, allerdings haben wir von Tiefgarage bis Giebel über 11m...
 
Zuletzt aktualisiert 27.04.2024
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