Gaspreise - Wo ist Gas noch erschwinglich?

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D

Deliverer

"für die Grundlast Atom, für Spitzen was Fossiles"?
Ich will Scouts Antwort nicht vorgreifen, aber Atom ist das letzte, was man in Verbindung mit EEs will, da es die unflexibelste Art ist, Strom zu erzeugen. Das fällt der Grande Nation gerade massiv auf die Füße. (Neben den erdrückenden Kosten und der Jahrzehntelangen Propagande, die man kaum wieder zurückgedreht bekommt.)
 
D

Deliverer

Tatsächlich ist Gas die beste Kombi, um gemeinsam mit EE zu laufen.

Jetzt könnte man meinen "Ja so ein scheiß, Gas gibts ja nicht, dann geht das nicht, ich geh heim!".

Doch halt! ;-)

Die Mengen an Gas, die man braucht, um die Fluktuationen (andere nennen es Dunkelflauten, weil das bedrohlicher klingt) bei den EE aufzufangen, die kriegen wir auch ganz Bequem aus anderen Quellen. So viel ist das nämlich nicht, im Vergleich zu der Menge, die wir aktuell für Industrie und Wärmeerzeugung rausballern.

Der Weg (auch @halmi ) beginnt also erstmal mit einem ganz enorm schnellen Ausbau an Erneuerbaren. Im schlimmsten Fall haben wir kurzzeitig davon zu viel, dann retten wir halt Frankreich noch eine Weile und Polen muss nicht so viel Kohle verstromen. Und im gleichen Maße wie der Gasverbrauch sinkt, können wir Kohlekraftwerke aus der Rechnung nehmen. Das machen wir, weil Gas etwas flexibler, vor allem aber sauberer verbrennt. Vom der Klimawirksamkeit gibt sich das nicht viel.

Aja: "Easy" wird da gar nichts. Das ist ein krasser Kraftakt! Aber ein Blick auf die Alternativen und die Motivation kommt von allein. ;-)
 
mayglow

mayglow

aber Atom ist das letzte, was man in Verbindung mit EEs will
Ich glaube, ich habe es etwas durcheinandergeworfen (Aussagen von Marvinius und Scout)
Aber so grob hatte ich verstanden, dass sie darum gegen "zu viel" EE sind. Zumindest war das so der Grundtenor, den ich so rauslesen konnte. EE sei für Grundlast nicht geeignet wegen zu starker Schwankungen und wir bräuchten massiv anderes, um "Windstille" und co abzufangen und das würde man ja über Fossile machen.... Und daher wären wir emissionsärmer/günstiger wenn wir den EE-Kram weglassen (oder nicht so massiv forcieren) würden und auf mehr Atom für die Grundlast setzen würden. Das ist jetzt meine Zusammenfassung, also ggf lege ich ihnen da gerade Dinge in den Mund, die sie so nicht meinten, darum die Nachfrage und auch die Frage, ob das Annahmen sind oder ob man da irgendwo mehr nachlesen kann.

Interessant finde ich übrigens, wie sich die Thesen hier von verschiedenen Seiten zum Teil überlappen. "Wenn wir nicht so überhastet aus Atom ausgestiegen wären, hätten wir gerade weniger Probleme" vs "Wenn wir den Ausbau Erneuerbarer nicht so verschlafen hätten, hätten wir gerade weniger Probleme". Auch stand hier irgendwo mal was in der Art von "Wir waren bei (Forschung zu?) Atomkraftwerken mal führend, aber das haben wir ja aus der Hand gegeben". Das gleiche kann man ja über Wind- und Solarenergie auch genauso sagen ;)

Politiker möchte ich gerade übrigens nicht sein. Kurzfristig sehe ich weder mehr Atom noch Erneuerbare als schnelle Lösung für die jetzt kommenden Winter. Das heißt, wir sind da irgendwie wieder bei Fossilen, die eigentlich langfristig auch keiner will und wo man die gerade herkriegt ist eben definitiv auch nicht trivial. "Einfach Pipeline aufmachen" klingt simpel, aber ignoriert halt völlig den geopolitischen Druck, den es da gerade gibt (und auch im Inland wäre das nicht unstrittig). Wir haben da ja doch gewisse Bündnisse und da einfach ignorieren was gewollt ist... naja.. trivial jedenfalls nicht und ggf auch nicht ohne Konsequenzen. Und woanders herkriegen ist dann eben auch nicht so einfach (und wohl auch gerade mit massiven Aufschlägen versehen). Zudem gerade auch ein Dilemma ist, dass hier massiv Geld in Zwischenlösungen gesteckt wird, die langfristig niemand will. Aber da kommen wir wohl gerade nicht drumrum (weil der "hätte man mal" Zug eben schon abgefahren ist)
 
D

Deliverer

Ich glaube, ich habe es etwas durcheinandergeworfen (Aussagen von Marvinius und Scout)
Vor allem hab ich mich verlesen und auf Dein "Atom+Fossil" mit "Atom+EE" geantwortet... War wohl meine biologische Autokorrektur. Sorry.

Zudem gerade auch ein Dilemma ist, dass hier massiv Geld in Zwischenlösungen gesteckt wird, die langfristig niemand will. Aber da kommen wir wohl gerade nicht drumrum (weil der "hätte man mal" Zug eben schon abgefahren ist)
Ja... da stecke ich nicht so richtig drin. Aber von welchen Laufzeiten geht man denn bei Planung, Umweltverträglichkeitsprüfung und Bau von Flüssiggasterminals und der zugehörigen Schiffsflotte aus? Und was kostet dann die kWh, die dermaßen umständlich aus welchen Schurkenstaaten auch immer (u.a. USA! siehe Meldungen von gestern) hierherkommt? Ich lehne mich mal aus dem Fenster: Für die Zeit, Energie und das Geld, die da gerade reingesteckt werden, hätten wir EE-bauen UND die Wärmepumpen für die Leute bezahlen können, die dann kein Gas mehr bekommen.
Aber ja. Das ist jetzt nur mein Bauchgefühl.
 
S

Scout**

@Scout** Ehrlich gemeinte Frage: hast du irgend nen Google Begriff oder so wo mal wer durchrechnet wieviel "Notfall-Fossile" man möglicherweise noch braucht?
"Schattenkraftwerk" ist eines der Stichworte.

Es kommt drauf an um welche Art von EE es sich handelt, um welche Region es sich handelt und wie gut diese an andere Regionen auf Höchstspannungsebene angebunden ist (daran mangelt es zunehmend!). Auch ist die Frage, welche Verfügbarkeit erwartet wird: sind 6 Minuten Ausfall je Jahr tolerabel oder sind es 6 Stunden oder sogar 6 Tage?

Wieviel Last kann angebotsorientiert abgeworfen werden, also etwa Industrie oder Wärmepumpen (dafür bekommen diese ja auch einen Preisnachlass)?

Regional ausgleichen in einem großflächigen Verbundnetz mag bei Wind gehen aber schon bei Photovoltaik nicht mehr, da die Leistung selbst innerhalb von Kern-Europas bei 2 Zeitzonen recht gut miteinander korreliert. Sprich; mindestens zwischen 20:00 und 7:00 frühs unserer Zeit geht in ganz Europa im Winterhalbjahr nix. Da musste für jedes MW an Photovoltaik auch ein MW anderweitig bereitstellen. Is' nun mal so!


Das Ganze ist dann ein stochastisches Modell. Bei Windkraft und einer Netzqualität wie heute, Versorgungsgebiet ungefähr ein Bundesland wird im allgemeinen davon ausgegangen dass man für 1 MW Windstrom 0,85 MW Reservekapazität benötigt werden. Bei Photovoltaik sind es wie gesagt nahe 1,0 MW.

D.h. also dass zu dem berühmten "1 Cent je KWh" noch Kosten für die Bereitstellung von Kapital und Baustoffen für die Schattenkraftwerke samt deren Standbyverluste kommen. Ohne diese gäbe es kein Netz in bekannter Qualität sondern eher wie in Südafrika (mit stundenweisen Brownouts jeden Tag, bei uns wäre das im Winter wohl noch länger). Billig ist billig... man kann diesen Faktor gerade bei Wind runter bekommen indem man wie schon von @Deliverer erwähnt in der Fläche streut. Gut. Aber dafür braucht es ein gut ausgebautes Verbundnetz und das ist Stand heute in Mitteleuropa praktisch ausgelastet. Einen weiteren Ausbau hat das mehr als nötig. Alleine in D bräuchten wir über 10.000 km in der Höchstspannungsebene und etwa 30.000 im Mittelspannungsbereich. Davon sind binnen 10 Jahren gerade mal 1000 km in der Höchstspannungsebene realisiert worden. Rechne das mal hoch...


Ansonsten verstehe ich deinen Vorschlag grob richtig mit "für die Grundlast Atom, für Spitzen was Fossiles"? (Und die Grünen sind doof, weil sie kein Atom wollen) Finde Atom in sofern problematisch, als dass da im Betrieb auch nur Menschen sind und Fehler fatal sind und wir ebenso einfach immer noch keinen Plan haben, wo wir den Müll denn eigentlich für die nächsten Jahrtausende lassen wollen. Dass wir jetzt in diesem Moment (mit explodierendem Gaspreisen) wohl vielleicht weniger Probleme hätten, ist vermutlich wohl (wobei soweit ich weiß, Brennstäbe auch zT aus Russland kommen...)
Nein. Erstmal ehrlich sagen: 100% EE in den nächsten 20 Jahren ist utopisch. Beide Arten von Erzeugung parallel laufen lassen, EE pragmatisch ausbauen. Soviel regional erzeugen wie möglich. Fossile KW in Form von kleineren Anlagen mit KWK ergänzen. Verbundnetz ausweiten. Grünen H2 importieren, blauen H2 aus Überschüssen speichern. LNG-Terminals.

Und KKW sehe ich leidenschaftslos: entweder bauen wir die hier, gerne solche der 4. Generation (Flüssigsalz, Thorium), hier existieren keine deiner genannten Probleme mehr. Wenn nicht bei uns so werden wir halt den Strom von unseren Nachbarn (dann auch gerne aus solchen der 3. Generation mit Problemen wir von dir geschildert) importieren, dafür mehr zahlen, hey aber wenigstens können wir Haltung beweisen und dem Atomkraft-Nein-Danke-Sticker weiterhin stolz, nur eben am E-Auto, spazieren fahren :p Eine dritte Alternative gäbe es definitiv noch: großflächige Kohle-KW mit Sequestrierung, also CO2-Abscheidung ins Erdinnere.

Ist letztendendes eine Entscheidung der Politik. RWE und EON bauen gerade im UK neue KKW. Die haben sicher kein Problem damit den dort erzeugten Strom nach D zu verkaufen. Die dann generierten 100 Cent/KWh (fiktiv) nehmen sie gerne mit. Ausbaden muss den Endpreis dann eh der kleine Mann. Aber der wählt ja auch die Politik. Womit sich der Kreis wieder geschlossen hat.
 
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Zuletzt aktualisiert 20.09.2025
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