Welche Gewerke für Einfamilienhaus nötig? Einzelvergabe!

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kaho674

kaho674

Also wenn ich noch mal bauen müsste, würde ich auch darüber nachdenken. Das hat ja nicht unbedingt damit zu tun, dass man keinen Architekten hätte. Den braucht man ja sowieso für die Pläne und den Bauantrag. Danach ist der ja auch nicht gleich tot, so dass man noch Fragen kann.

Meist ist es so, dass, solange der Plan stimmt, die Gewerke sogar selber wissen, wann wer dran ist und ob der eine schon was machen kann, bevor der nächste kommt ect.

Problematisch in der jetzigen Boomphase ist es aber wirklich, die Leute tatsächlich ran zu bekommen. So ein Planungsbüro hat natürlich ganz andere Kontakte und wenn die irgendwo anklingeln, stehen die Handwerker dann auch auf der Baustelle.Da die sich alle kennen, geht das untereinander auch viel geschmeidiger. Meistens jedenfalls.

Als Einzelkämpfer zieht sich die Sache dann u.U. wie Kaugummi in die Länge, weil man nicht rechtzeitig den richtigen Handwerker angesprochen hat usw. Oder man bekommt erst gar kein Angebot, weil die Gewerke lieber ihre Profikunden bedienen, die auch die nächsten 10 Jahre, wenn der Boom vorbei ist, noch Aufträge rankarren.
 
11ant

11ant

welche Gewerke benötige ich ?
Alle, die Du nicht selber ausführen kannst. Und zwar in der richtigen Reihenfolge. Wenn der Dachdecker zuerst Zeit hat, aber nicht mehr nachdem der Dachstuhl überhaupt steht, dann geht so manches nicht weiter. Also auch wenn die Reihenfolge stimmt, aber nicht flott aneinander angeschlossen wird: willst Du anderthalb Jahre Bauzeit haben ?

Eigenvergabe ist selbst in Zeiten mit flauerer Baukonjunktur nur etwas für Leute, die nicht ihr erstes Haus bauen.
 
L

Lanini

Wir bauen mit Architekt und Einzelgewerksvergabe. Unser Architekt ist aber auch unser Bauleiter, er kümmert sich also um alles, hat die Ausschreibungen veranlasst und Angebote eingeholt, vergibt die Gewerke, koordiniert die Gewerke und überprüft und kontrolliert natürlich auch die geleistete Arbeit und die Rechnungen.

Wir hatten ganz am Anfang auch mit dem Gedanken gespielt, alles allein ohne Architekt zu vergeben, auch weil das hier in der Region nicht ganz unüblich ist bzw. bis vor einigen Jahren hier ganz normal war. Aber ganz ehrlich: Ich bin so froh, dass wir unseren Bauleiter haben! Ohne diesen Mann wären wir vermutlich vollkommen aufgeschmissen gewesen. Das fängt bei der Einholung der Angebote an (auf was kommt es an, was brauche ich alles, was muss jedes einzelne Gewerk beinhalten?) und geht über die Vergabe (wann kommt welches Gewerk, welche Reihenfolge ist sinnvoll, wie bekomme ich die Gewerke so koordiniert, dass alles zeitlich eng aneinander angeschlossen ist und kein langer Leerlauf entsteht?) bis zur Abnahme der Gewerke (ist alles fachgerecht ausgeführt worden, gibt es Mängel, wurde etwas vergessen?) und der Bezahlung (ist die Rechnung so korrekt, wurde irgendetwas falsch angesetzt, gibt es Mängel beim Gewerk und ein Einbehalt ist sinnvoll?). Das hätten wir niemals selbst auf die Reihe bekommen. Allein schon der zeitliche Aufwand ist enorm. Ein Hausbau ist eh schon Stress genug, weil ständig irgendwas entschieden, ausgesucht (oder selbst gemacht, bei Eigenleistungen) werden muss, weil Termine anstehen, weil Banken-Kram erledigt werden muss oder oder oder. Ich wüsste gar nicht, wie ich da die ganze organisatorische Arbeit noch nebenbei erledigen sollte (irgendwann muss man ja auch noch arbeiten, um das Haus bezahlen zu können!). Auch mein Vater, der uns anfangs für vollkommen bescheuert gehalten hat, weil wir einen Bauleiter haben wollten (er ist noch von der alten Schule und hat in den 70ern sein eigenes Haus ganz ohne Bauleitung und fast vollständig in Eigenleistung gebaut), ist mittlerweile richtig überzeugt von unserem Bauleiter und hat uns schon mehrmals gesagt, dass es echt super ist, dass wir den haben.

Einen Bauleiter zu haben hat auch noch andere Vorteile:
- Manche Firmen bieten ihre Leistung teilweise etwas günstiger an (und arbeiten meines Erachtens sauberer, da sie wissen, dass es jemanden gibt, der das überprüft). Ich kann das etwas vergleichen, da ich Leute im Bekanntenkreis habe, die ohne Bauleiter bauen und teilweise weiß, was die bezahlen, und wie die Arbeiten ausgeführt wurden.
- Auch laufen die Arbeiten meines Erachtens zügiger ab; ein Nachbar z.B. hatte den selben Bauleiter, hat ihn allerdings nicht für den ganzen Bau beauftragt sondern nur bis zu einem gewissen Grad. Der hat letztens noch zu mir gesagt, seit der Bauleiter weg ist, würde er richtig merken, dass alles viel langsamer abläuft und alles im Schneckentempo voran geht, er ständig nachfragen muss, wann es weiter geht usw...
- Der Bauleiter kennt die Firmen im Regelfall, weiß welche gut und vernünftig arbeiten und welche nicht, weiß welche Firmen günstig sind und welche nicht. Er kann dir sagen, von welchen Firmen man eher die Finger lassen soll und nennt dir gute und günstige Firmen, auf die du von allein eventuell nicht gekommen wärst.
- Man hat immer jemanden, den man bei Unklarheiten fragen kann. Es gab bereits einige Dinge, wo wir unabhängig von der ausführenden Firma gerne noch eine zweite Meinung eingeholt haben. Es ist echt gut, wenn man einen Bauleiter hat (dem man auch vertraut!) und den man im Zweifelsfall fragen kann.

Natürlich braucht man dafür auch den "richten" Bauleiter. Wir haben mit unserem sehr viel Glück und sind hochzufrieden. Er kümmert sich sehr gut und hat auch auf die Finanzen immer ein Auge (dass es nicht zu teuer wird). Er ist sehr penibel und bemängelt Dinge, auf die wir selbst nicht gekommen wären. Ich weiß aber auch, dass es auch Bauleiter gibt, die da nicht so "fürsorglich" sind, eher weniger gut überprüfen oder sich nicht so gut kümmern. Den Richtigen zu finden, kann vielleicht gar nicht so leicht sein.

Beachte auch, dass es Banken gibt, die vor den Auszahlungen eine Bautenstandsmitteilung haben wollen, die vom Architekten/Bauleiter o.Ä. unterschrieben sein muss! Wir sind bei so einer Bank (der Zinssatz war einfach zu gut ) und hätten ohne Bauleiter ein richtiges Problem, weil die Bank sonst nicht auszahlen würde! Alternativ, ohne Bauleiter, hätten wir eine andere Bank auswählen müssen, wo der Zinssatz natürlich höher gewesen wäre und was dann die Kosten für den Bauleiter über die gesamte Laufzeit bei Weitem überstiegen hätte.

Ich kenne Leute, die haben ohne Bauleitung gebaut. Es geht schon irgendwie, klar. Aber ich würde es nicht empfehlen. Man muss wissen, auf was man sich einlässt und dass man sich das gesparte Geld für den Bauleiter mit Zeit und Nerven "erkauft". Und zumindest sollte man wenigstens ein bisschen Ahnung vom Hausbau, dem Ablauf und der Ausführung haben!

Im Endeffekt musst du es aber selbst wissen. Dennoch würde ich auf jeden Fall mal 1-2 Architekten anfragen, was die so für die Baubetreuung und Gewerkevergabe nehmen und überlegt dann, ob es euch das wert ist. Bei uns war der Betrag gar nicht so hoch (deutlich unter HOAI), verglichen mit den gesamten Baukosten nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
 
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11ant

11ant

Man muß zu diesem Thema einige Aspekte differenzieren:

Einzelgewerksvergabe.
... meint zunächst einmal nur, daß nicht an einen Bauunternehmer als GU oder GÜ vergeben wird, sondern die Gewerke jeweils separat und direkt an die ausführenden Firmen. Wer da vergibt, kann dennoch der Architekt sein.

Eigenvergabe.
... folgt aus der Eigenvergabe ja noch nicht zwingend, und ist im übrigen m.E. auch klar nicht zu empfehlen, wenn jemand zum Erstenmal baut. Häuser von Eltern / Schwiegereltern zählen in diesem Sinne wie eigene - vorausgesetzt, die Betreffenden können sich darum kümmern. Als Anfänger sollte man sich diesen Hochseetörn nicht antun.

Bestellt und bezahlt.
... unterscheiden sich wie Plan und Wirklichkeit. Für den Laien Bauherr ist ein Plan schon schön, wenn alle seine Ideen eingezeichnet sind. Für den Bauarbeiter ist manchmal besser, wenn jemand jeden Rundstahl und jeden Lichtschalter einzeln eingezeichnet hat. Und für die Umsetzung ist am besten, wenn der Bauleiter schon der Planer war. Was der Laie Bauherr regelmäßig erheblich unterschätzt, sind die Regiestunden, die man nur weitgehend, aber nie ganz vermeiden kann. Bauleitung heißt nicht nur als Schutzmann an der Ecke zu stehen und Präsenz zu zeigen, daß sich niemand etwas schief zu mauern traut. Sondern auch im Verlauf der Arbeiten Entscheidungen treffen zu müssen. Das braucht Sachverstand, da reicht ein scharfer Blick nicht.

Meinungen dazu.
Wie "gültig" grundsätzliche Einstellungen zur geeigneten Art der Vergabe und Überwachung sind, macht einen erheblichen Unterschied zwischen "Friedenszeiten" und "Zeiten hoch drehender Baukonjunktur": wo gehobelt wird (sprich: wo jemand ohne Übung sich herantraut, eine Matrix von Baubeteiligten zu koordinieren), fallen normalerweise nur Späne. Wenn man dieses Spiel unter der verschärften Bedingung relativen Fachhandwerkermangels spielt, sind es Balken. Da mag man dann "normalerweise" noch so schön der Ansicht sein, der Mutige bekäme das schon gewuppt.
 
S

seyma88

Danke dir für deinen Antwort, werde mir aufjedenfall Gedanken über Bauleiter machen und mich erkundigen.

(Natürlich ist jeder Bau unterschiedlich und jede Region) Darf ich erfahren was ihr gebaut habt und wie viel die Kosten ungefähr betrugen? Und wie hoch das Honorar war ?

Danke
 
11ant

11ant

werde mir aufjedenfall Gedanken über Bauleiter machen
Ich würde Dir eher einen Architekten empfehlen (die kann man auch einsetzen, wenn man sie nicht für alle "Leistungsphasen" zu brauchen meint). Ein Bauleiter wird erst auf der Baustelle aktiv, d.h. der überwacht den Bau und trifft dort Entscheidungen; er koordiniert aber nicht die Termine und ist erst recht nicht schon an der Ausschreibung beteiligt. Umgekehrt gehört beim Architekten die Bauleitung mit dazu (wie gesagt, außer man entscheidet sich für das Herausnehmen einzelner Leistungsphasen).

D.h.: auf der Baustelle ordnet der Bauleiter die Dinge; wenn es bereits beim Zustandekommen der Baustelle geordnet zugehen soll, empfiehlt sich der Architekt.
 
Zuletzt aktualisiert 26.04.2024
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