Fehler beim zweiten Haus vermeiden: Hausbaufirma oder Architekt?

4,80 Stern(e) 11 Votes
R

RotesDach

Hallo liebes Forum,

wir haben 2020 ein Einfamilienhaus neu gebaut. Allerdings sind wir aus verschiedenen Gründen nicht ganz zufrieden und überlegen, eventuell noch mal neu zu bauen. Da wollen wir uns aber noch Zeit lassen (Zeithorizont 5-10 Jahre), damit wir uns dann auch wirklich sicher sind, was genau wir ändern wollen. Außerdem können wir in der Zeit noch weiteres Eigenkapital ansparen und den Alltag mit den Kindern beobachten. Wir machen die Erfahrung, dass der Alltag mit 3-4 Kindern einfach viel Flexibilität beim Haus erfordert, weil sich gefühlt die Bedürfnisse aller Familienmitglieder schnell ändern. Daher diese doch recht lange Zeitspanne.

Als wir 2019 mit der Planung des Hauses anfingen, haben wir aus heutiger Sicht nicht immer die richtigen Entscheidungen getroffen. Mit dem ersten und später zweiten Kind und dann auch noch durch den Lockdown konnten leider nicht alles, was eingebaut wurde, vorher mal live ansehen oder besichtigen. Auch zu der Architektin der Hausbaufirma war der Kontakt zu spärlich. Da hat uns oft einfach Beratung gefehlt.

Meine Frage an euch ist jetzt: Wie vermeiden wir, beim nächsten Bauen noch einmal die gleichen Fehler wieder zu machen? Wir sollten uns immer total schnell entscheiden und hatten oft gar keine Entscheidungsgrundlage. Wir hätten uns gewünscht, dass wir schnell einfach mal Preise und Leistungen einsehen können; das gab es so aber nicht. Wenn wir z.B. ein Fenster dazu geplant haben oder die Wohnfläche vergrößert haben, erhielten wir einen neuen Gesamtpreis und konnten so immer nur erahnen, wie teuer der Aufpreis für etwas war.

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Hausbaufirma auch nur so baut, wie sie das eben immer tut, d.h. wenn wir nach etwas Außergewöhnlichem gefragt haben, hieß es, das geht gar nicht. Z.B. wollten wir eine große Fensterfront aus Panoramaglas, die barrierefrei aufschiebbar ist. Das ginge aus statischen Gründen bei unserem Haus nicht. Dabei hatte unsere Hausbaufirma so was wahrscheinlich einfach nicht im Programm oder die Marge war ihnen auf so etwas zu gering.

Was mich besonders ärgert, ist unser Dach. Es ist nicht ausbaubar. Es handelt sich dabei um ein niedriges Zeltdach aus Nagelplattenbindern. Man hat darin zu wenig Stehhöhe für Wohnraum und die Statik ist auch nicht auf einen Ausbau ausgelegt. Über das Dach haben wir damals mit der Architektin gar nicht gesprochen. Das Kataloghaus, von dem unsere freie Planung ausging hatte ursprünglich ein Satteldach: genau, was wir uns heute wünschen würden. Bei der Architektin war dann immer von einer Stadtvilla, die wir bauen würden, die Rede. Also haben wir diesen Begriff irgendwann übernommen. Wir als Laien verstanden darunter einfach ein Haus mit zwei Vollgeschossen. In den Augen der Architektin der Hausbaufirma implizierte eine Stadtvilla jedoch auch ein Zeltdach. Dass sie von dem Satteldach aus der ersten Planung irgendwann auf dieses nicht ausbaubare Zeltdach wechselte, wurde gar nicht kommuniziert und wir haben dies erst viel zu spät realisiert. Klar, da kann man immer sagen, das hätte uns doch auffallen müssen. Aber irgendwann wollten wir das Projekt einfach abschließen. Die zweijährige Bauzeit mit zwei Kleinkindern war echt zermürbend.

Wir wollen beim zweiten Hausbau nun alles richtig bzw. möglichst wenige Fehler machen, daher lassen wir uns dieses Mal auch so lange Zeit mit der Vorausplanung. Sicher werden wir nicht mehr mit der gleichen Hausbaufirma bauen.

ABER: Ist das die Erfahrung, die man bei den einschlägigen (Fertig-) Hausbaufirmen eben macht? Muss man, wenn man etwas Besonders wie die Panoramafensterfront will, besser zu einem Architekten gehen? Diesen bezahlt man ja auch nach Stunden. Ich habe Bedenken, dass ein Architekt insgesamt die teurere Lösung wäre. Wenn es eine Hausbaufirma werden sollte, sollten wir dann wohl eher eine wählen, die sich auf unseren Stil festgelegt hat? Da fällt mir Huf-Haus ein. Leider auch sehr teuer.
Vielleicht hat - gerade in der Corona-Zeit - jemand von euch ähnliche Erfahrungen mit schlechter Kommunikation und Beratung gemacht?

Gibt es außer Hausbaufirma oder Architekt noch eine Lösung, an die wir gar nicht denken? Wir wollen einfach bei allen Entscheidungen mit eingebunden werden und nicht so bevormundet werden wie beim ersten Mal Bauen.

Wenn es etwas über dem (Größen- und Ausstattungs-)Durchschnitt ist, was wir suchen, rechnet sich ein Architekt dann eher, als wenn man an einem Kataloghaus so viel verändert, dass es unterm Strich nur teurer wird?

Danke für´s Lesen. Ich weiß, der Post ist lang.
 
M

masterflok

aus meiner Sicht begeht Ihr schon von Anfang an einen Grundsatzfehler, und zwar das Bauen mit einem Fertighausanbieter oder Generalunternehmer.

Wenn ihr es euch tatsächlich leisten könnt noch ein zweites mal zu bauen, dann geht zu einem Architekten und plant mit ihm zusammen in Ruhe euer Traumhaus. Und zwar nicht auf der Grundlage irgendwelcher Standard-Häuser aus Hochglanzprospekten, sondern nach euren Bedürfnissen und Wünschen. Den Architekten zahlt man für gewöhnlich nicht nach Stunden, sondern gemäß Honorarordnung.

Den Bau selbst solltet Ihr, so zumindest mein Gefühl nach dem lesen eures Beitrags, in Einzelvergabe bestreiten. So setzt ihr euch zwangsläufig intensiv mit den Gewerken auseinander und könnt womöglich eine bessere/sinnvollere Entscheidung treffen. Ihr werdet nicht zwei Tage vorher zum Fensterbauer geschickt um irgendwelche Farbentscheidungen zu treffen, sondern bekommt einen guten Eindruck was es im Detail gibt, was es kostet und was ihr euch am Ende leisten wollt. Wenn ihr zeitlich nicht unter Druck steht könnt ihr euch bei dem ein oder anderen Gewerk auch mehr Zeit lassen.

Und am Ende werdet ihr feststellen, dass diese Art des Bauens euch gar nicht teurer kommt.
Ich kenne viele, die in den letzten Jahren vermeintlich günstig mit einem GU gebaut haben. Da fallen gerne mal Sätze wie "den Architekten haben wir uns gespart", was natürlich absoluter quatsch ist. Und gleichzeitig wird neidisch über den Nachbarn mit dem "Architektenhaus" geredet, wild über die vermeintlichen Kosten spekuliert. Und am Ende fallen sie aus allen Wolken wenn sie erfahren, dass der Nachbar unter Strich gar nicht mehr gezahlt hat, jedoch den deutlich besseren Gegenwert erhalten hat.
 
J

jens.knoedel

Wir wollen beim zweiten Hausbau nun alles richtig bzw. möglichst wenige Fehler machen, daher lassen wir uns dieses Mal auch so lange Zeit mit der Vorausplanung.
Die richtige und ohne Zeitdruck laufende Planung ist das A und O.

Völlig egal, ob es beim Typenhaushersteller (wobei die eher unflexibel sind) oder beim örtlichen Bauunternehmen oder beim klassischen Architektenhaus mit Einzelgewerkevergabe. Zu Beginn passieren die Planungsfehler, nicht im Bauverlauf. Kommunikation der Bedürfnisse (hat eigentlich nichts mit dem Hausbau an sich zu tun - ist überall so).

Wenn ihr es euch tatsächlich leisten könnt noch ein zweites mal zu bauen, dann geht zu einem Architekten und plant mit ihm zusammen in Ruhe euer Traumhaus. Und zwar nicht auf der Grundlage irgendwelcher Standard-Häuser aus Hochglanzprospekten, sondern nach euren Bedürfnissen und Wünschen.
Zusammengefasst in nur zwei Sätzen.
Den Bau selbst solltet Ihr, so zumindest mein Gefühl nach dem lesen eures Beitrags, in Einzelvergabe bestreiten. So setzt ihr euch zwangsläufig intensiv mit den Gewerken auseinander und könnt womöglich eine bessere/sinnvollere Entscheidung treffen. Ihr werdet nicht zwei Tage vorher zum Fensterbauer geschickt um irgendwelche Farbentscheidungen zu treffen, sondern bekommt einen guten Eindruck was es im Detail gibt, was es kostet und was ihr euch am Ende leisten wollt. Wenn ihr zeitlich nicht unter Druck steht könnt ihr euch bei dem ein oder anderen Gewerk auch mehr Zeit lassen.
Das sehe ich nicht als zwingend. Auch ein GU kann dasselbe Haus bauen - dort wie auch bei der Einzelvergabe sollte aber eine 97%-fertige Planung vor dem ersten Spatenstich stehen. Und beim GU sage ICH dem GU, welche Fenster verbaut werden sollen. Nicht er sagt mir etwas. Ich bin der Chef, der alles bezahlt. Das muss immer klar sein.
Und am Ende werdet ihr feststellen, dass diese Art des Bauens euch gar nicht teurer kommt.
Jep. Wobei Architektenhäuser tatsächlich oftmals teurer werden, gerade weil die Bauherren während der Bauphase mit immer neuen (kostspieligeren) Ideen ankommen. Aber vergleichbare Häuser kosten am Ende auch einen sehr vergleichbaren Preis.

Einziger Punkte gegen den Architekten: Ein Haus von der Stange passt genau zu Euren Wünschen. Dann geht es nur noch darum, ob die Fenster weiß oder grau werden und ob der Boden Fliesen oder Parkett wird (usw.).
 
WilderSueden

WilderSueden

Würde ich nochmal bauen, dann auf jeden Fall mit einem Architekten, der dann auch die Ausschreibung und Bauleitung übernimmt. Ich würde keine Interessenskonflikte mehr akzeptieren, die darin bestehen, dass der Planer oder Bauleiter vom Generalunternehmer bezahlt wird oder - bei kleinen Firmen - der Chef seine eigene Bauleitung macht. Letztendlich bezahlst du diese Leute ohnehin mit, bekommst aber nicht das Beste dafür.

Ob man dann die Ausschreibung für einzelne Gewerke macht oder an einen Generalunternehmer ist nochmal eine andere Frage.
 
P

Prager91

Ich denke, dass es auch ganz stark auf den Generalunternehmer ankommt. Ich würde nicht behaupten, dass man grundsätzlich mit dem Generalunternehmer unflexibler baut wie mit dem Architekten...

Du brauchst einfach nur den RICHTIGEN GU.

Wir haben uns allein schon ewig viel Zeit gelassen um uns den für uns passenden Generalunternehmer zu suchen. Die Recherche und Planung dafür hat sich auf jeden Fall gelohnt... Würde nie wieder was anderes machen.

Letztlich ist aber auch klar, dass egal mit wem du baust - letztlich bist du selbst verantwortlich dafür, was entstehen soll!

Meiner Meinung ist das allerwichtigste um Fehler zu vermeiden:

- Wahl des richtigen Architekten/GU
- viel Einlesen in ALLES was das Hausbauthema betrifft um mitreden zu können und auch zu wissen, was für Möglichkeiten du hast


Das Ding ist: Viele können das aufgrund der familiären Situation (Kinder bspw.) nicht tun, da hierfür die Zeit nicht da ist.

Meine Frau und ich haben uns 1 Jahr lang komplett mit diesem Thema auseinandergesetzt und alles andere zurück gestellt (damals noch keine Kinder). Dadurch würde ich behaupten, dass unser Haus (für unsere Ansprüche) nahezu fehlerfrei ist, bzw. genau so ist, wie wir uns das immer vorgestellt haben. Das schaffst du aber nur, wenn du selbst sehr viel Zeit in den Hausbau investierst.


In deiner Situation (vermutlich keine Zeit dich so intensiv mit allem zu beschäftigen):

Die Wahl des richtigen Architekten/GU. Wenn ihr hier viel Zeit investiert und das richtige Unternehmen bzw. die richtige Person findet, die eure Wünsche umsetzen kann und euch versteht werdet ihr sicherlich höhere Chancen haben, weniger Fehler zu machen.
 
R

RotesDach

Danke für eure Antworten.
Interessant, dass sich hier viele für den Architekten aussprechen. Man fragt sich fast, wofür es dann noch die vielen Typenhaushersteller (den Begriff musste ich erst mal googeln) gibt. Gut wahrscheinlich halt nicht bei 4 Kinderzimmern...

Was in unserem Fall eben ärgerlich ist, ist die Erkenntnis im Nachhinein, dass Bauen 2019 noch erheblich günstiger war als heute -und ich dachte damals schon, Mensch, hätten wir doch mal vor fünf Jahren gebaut.
Wir haben damals unsere fast 200 qm für 400k gebaut, wo wir ja heute weit drüber liegen werden, zumal, wenn wir uns auch noch vergrößern wollen wegen der Kinderzimmer. 1% Zinsen haben sich leider auch vervierfacht.
Außerdem ist der Bauplatz, den wir haben von der Mikro- und Makrolage genau das, was wir wollten. Wäre schade, das alles aufzugeben.
Daher überlege ich auch, ob nicht das alte Haus "noch zu retten" ist. Ich denke an einen Dachausbau, um mehr Wohnraum zu erhalten.
Allerdings hält mein Mann das wiederum für Geldverschwendung, weil der Dachstuhl abgenommen und durch einen neuen (Satteldach, höher, stabiler) ersetzt werden müsste - und das nach so kurzer Zeit. Er möchte in das jetzige Haus eigentlich nichts mehr reinhängen. Das Dach ist ja weder alt noch erneuerungsbedürftig. Den Punkt sehe ich natürlich auch. Mist.

Und 4 Jahre alte Fenster ersetzt man ja auch nicht einfach mal so durch neue Panoramafenster.

Ich hadere also gerade damit, Neues, Funktionsfähiges zu ersetzen, was emotional betrachtet wirklicher Humbug ist. Aber immerhin billiger als komplett von Neuem anzufangen. Versus Neubau, der mit erheblichen Mehrkosten im Vergleich zu einem neuen Dach verbunden wäre.
 
Zuletzt aktualisiert 27.04.2024
Im Forum Bauplanung gibt es 4840 Themen mit insgesamt 97128 Beiträgen


Ähnliche Themen
Alle Bilder dieser Forenkategorie anzeigen
Oben