Solar oder Lüftung? Energieeinsparverordnung

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Willem81

Hallo zusammen,

...ich hab ein kleines Problem und brauche mal Eure fachkundige Hilfe :)

Wir beginnen im nächsten Monat den Bau unseres Einfamilienhauses. Es handelt sich um ein 1,5 geschossiges Massivholzhaus aus diffusionsoffenen Brettsperrholzplatten mit ca. 170qm Wohnfläche.

Der Wandaufbau sieht so aus: Brettsperrholz (Fichte, 100mm), Pavaflex Holzfaserdämmung (140mm), diffusionsoffene Unterspannbahn (Rewa-Flex, 16mm), Hinterlüftung (30mm), OSB (18mm) und Fassade (dunkel lasiertes sägerauhes Fichtenholz). Der U-Wert der Außenwand liegt bei 0,217W/m2, der TA-Wert bei 29,7. Das Satteldach ist mit Winkelstehfalz gedeckt.

Wir haben einen Gas-Brennwertkessel und verbauen eine Fußbodenheizung mit getrennten Heizkreisen für die unterschiedlichen Räume, bzw. Nutzungszonen. Soweit so gut, alles zwischen unserem Architekten und dem Sanitär-Typen abgestimmt und von uns abgenickt.

Nun gibt es noch einen offenen Punkt, der zu etwas widersprüchlichen Aussagen führt - abhängig davon, mit wem man spricht :/ Deshalb würde ich Euch einfach mal um Eure Erfahrungen bitten: es geht um die Konsequenzen der Energieeinsparverordnung. Unser Sanitär- und Heizungsinstallateur hat uns - wie es sich gehört - darüber informiert, dass wir laut Energieeinsparverordnung dazu verpflichtet sind einen Teil unserer Energie aus regenerativen Energiequellen zu gewinnen, oder alternativ mehr Technik zur Verringerung des Energiebedarfs zu verbauen. Soweit, so gut. Er hat uns zwei Optionen angeboten: entweder zwei Solarkollektoren mit einem entsprechenden 300l-Speicher, oder einer zentralen Lüftungseinheit mit Wärmerückgewinnung. Die angebotenen Preise sind für beide Posten völlig ok, mir geht's in erster Linie darum, was sinnvoller ist. Der Sanitärtyp meinte, wir sollten uns für die Lüftungsanlage entscheiden, weil die Solargeschichte nicht so sinnvoll sei. Das Dach habe keine Südausrichtung (dafür aber eine Süd-Ost-Ausrichtung) und wirklich merken würde man die Anlage nicht. Grundsätzlich kann ich der Lüftungsanlage einige positiven Aspekte abgewinnen, gleichzeitig gefällt sie mir aber auch nicht so bedingungslos. Und das aus verschiedenen Gründen:
  • die Lüftungsschläuche müssen verkleidet und sinnvoll durch die Räume geleitet werden (ok, das ist nur ein kleiner Punkt...)
  • die Filter müssen regelmäßig gereinigt (oder gewechselt?) werden (hat da jemand Erfahrung, wie das mit den Kosten aussieht?)
  • ich habe von Fällen gehört, in denen die Filter trotz regelmäßiger Wartung mit Keimen versehen waren und sich so Sporen von Schimmelpilzen über die Lüftung im Haus verteilt haben - und das, obwohl die Lüftungsanlage ja genau das Gegenteil bewirken soll
  • es ist außerdem zu lesen, dass bei einigen Nutzern im Winter die relative Luftfeuchtigkeit so sehr abnimmt, das teilweise Atemwege und Augen durch Trockenheit gereizt sind - hat da jemand Erfahrungen?
  • das Haus ist extra so konzipiert, dass die Wände atmen können - führt eine Lüftungsanlage das nicht ad absurdum?
  • die Lüftung überträgt Schall von außen nach innen und hat zudem eine wahrnehmbare Eigenlautstärke
Uns ist gerade die Qualität der Luft extrem wichtig, das ist auch der Grund, weshalb wir uns überhaupt zu so einer ökologischen Bauweise entschlossen haben (unter anderem wegen schimmelbedingter Atemwegs- und Hauterkrankungen, mit denen wir zu kämpfen haben). Was würdet Ihr machen? Solar oder Lüftung? Während der Sanitärtyp zur Lüftungsanlage rät (klar, die kostet ja auch mehr), hat unser Architekt keine deutliche Präferenz... das macht es für uns etwas schwieriger. Ich kann nicht beurteilen, wie effektiv die solaranlage wäre. Ich möchte aber auch nicht irgendetwas in Auftrag geben, nur weil die Energieeinsparverordnung es fordert, und sich später dann herausstellt, dass diese Maßnahme gar keinen Nutzen bringt.

Ich danke Euch für die Hilfe!
Beste Grüße,

Willem
 
L

Legurit

Nimm die Lüftungsanlage - auch wenn es ja nach dem was du so gehört hast eine millionenfach verbaute Folteranlage zu sein scheint :D
Deine Wand atmet nicht - hoffe ich zumindest; ansonsten kannst du die Dämmung gleich weglassen und in ein Zelt ziehen.
Bei zentralen Anlagen hält sich das mit dem Schall von draußen in Grenzen; in den Hauswirtschaftsraum der gleich an Schlafzimmer grenzt würde ich sie ggf. nicht stellen; würde ich aber die Heizung auch nicht.
 
T21150

T21150

Hallo!

Wenn es darum geht, das Eine oder das Andere zu nehmen, würde ich an dieser Stelle klar zur Lüftungsanlage raten. Zentrale Kontrollierte-Wohnraumlüftung mit WRG. Diese bringt energetisch (zumindest bei uns auf dem Papier) mehr, als die thermische Solar-Anlage zur Brauchwasser-Erwärmung. Möchte man eine TSA mit Heizungs-Unterstützung, so sollte man unbedingt Vakuum-Flachröhren Kollektoren in entsprechender Größe wählen, diese sind sehr teuer. Die reine Warmwasser-Unterstützung bringt nicht so sonderlich viel, kostet dazu auch noch Strom (Umwälze-Pumpe) und Wartung. Ich behaupte, der Investment rechnet sich nie (bzw. erst nach > 50 Jahren). Schöne Spielerei für´s Umwelt-Gewissen.

Auf Deine Fragen gehe ich unten ein.

Generell sehe ich die Kontrollierte-Wohnraumlüftung als sehr bereichernd und positiv an und würde immer wieder im Neubau eine zum Einsatz bringen wollen.

Viele Grüße
Thorsten



  • die Lüftungsschläuche müssen verkleidet und sinnvoll durch die Räume geleitet werden (ok, das ist nur ein kleiner Punkt...)
  • Thorsten: Das macht Dein Sanitär-Planer, kein Problem, wenn er Erfahrung darin hat.
  • die Filter müssen regelmäßig gereinigt (oder gewechselt?) werden (hat da jemand Erfahrung, wie das mit den Kosten aussieht?)
  • Thorsten: 50,- Euro pro Jahr, wenn ich es teuer einkaufe.
  • ich habe von Fällen gehört, in denen die Filter trotz regelmäßiger Wartung mit Keimen versehen waren und sich so Sporen von Schimmelpilzen über die Lüftung im Haus verteilt haben - und das, obwohl die Lüftungsanlage ja genau das Gegenteil bewirken soll
  • Thorsten: Möglich ist alles, ich halte das aber für unwahrscheinlich. Moderne Systeme können und sollten zudem alle 7-10 Jahre mit einer Spezial-Maschine gereinigt werden. Kostet ca. 150,- Euro.
  • es ist außerdem zu lesen, dass bei einigen Nutzern im Winter die relative Luftfeuchtigkeit so sehr abnimmt, das teilweise Atemwege und Augen durch Trockenheit gereizt sind - hat da jemand Erfahrungen?
  • Thorsten: Das ist richtig und physikalisch bedingt. Bei uns pendelt sich die rel-LF bei 21 Grad Raumtemperatur dann so bei 29-34% ein. Ich besitze einen Luftbefeuchter, der hin und wieder zum Einsatz kommt. Manche Lüftungsanlagen lassen sich mit integrierten Befeuchtern aus-/nachrüsten.
  • das Haus ist extra so konzipiert, dass die Wände atmen können - führt eine Lüftungsanlage das nicht ad absurdum?
  • Thorsten: Definitiv nein. Die Wände atmen nicht; das Haus ist luftdicht. Es ist bei Euch lediglich eine diffusionsoffene Bauweise geplant.
  • die Lüftung überträgt Schall von außen nach innen und hat zudem eine wahrnehmbare Eigenlautstärke
  • Thorsten: Hörbare Geräusche - nur bei höchster Stufe und dann muss man genau hinhören. Ansonsten nimmt man die Anlage nicht wahr.
 
N

nordanney

Schließe mich unbedingt der Kontrollierte-Wohnraumlüftung an!

die Lüftungsschläuche müssen verkleidet und sinnvoll durch die Räume geleitet werden (ok, das ist nur ein kleiner Punkt...)
Einfache Arbeit!

die Filter müssen regelmäßig gereinigt (oder gewechselt?) werden (hat da jemand Erfahrung, wie das mit den Kosten aussieht?)
Ja, kostet 2 Minuten Arbeit pro Monat bzw. rd. 20€ im Jahr (sofern Du keine Anlage nimmst, wo man keine selbst zurecht geschnittenen Filtermatten einsetzen kann)

ich habe von Fällen gehört, in denen die Filter trotz regelmäßiger Wartung mit Keimen versehen waren und sich so Sporen von Schimmelpilzen über die Lüftung im Haus verteilt haben - und das, obwohl die Lüftungsanlage ja genau das Gegenteil bewirken soll
GEHÖRT! Pilze, Schimmel brauchen Feuchtigkeit. Die Anlage trocknet die Luft aus (auch in den Leitungen), so dass bei einer ordentlichen Planung/Verlegung keine Feuchtigkeit in der Anlage sein kann.

es ist außerdem zu lesen, dass bei einigen Nutzern im Winter die relative Luftfeuchtigkeit so sehr abnimmt, das teilweise Atemwege und Augen durch Trockenheit gereizt sind - hat da jemand Erfahrungen?
Ja, sinkt im Winter auf ca. 30%. Finden wir allerdings nicht schlimm. Es gibt allerdings auch Geräte mit Feuchterückgewinnung.

das Haus ist extra so konzipiert, dass die Wände atmen können - führt eine Lüftungsanlage das nicht ad absurdum?
Dein Haus atmet nicht. Falls ja, würde ich den Bauunternehmen verklagen, da er dann nicht vernünftig gebaut hat.
Die Häuser sind heutzutage so dicht (müssen sie sein), dass kein Luftaustausch mehr erfolgt. Daher ja auch die Kontrollierte-Wohnraumlüftung.

die Lüftung überträgt Schall von außen nach innen und hat zudem eine wahrnehmbare Eigenlautstärke
Quatsch. Bei ordentlicher Planung hörst Du lediglich ein feines Rauschen aus den Ventilen. Dafür muss aber auch totenstille im Haus herrschen und Du vor den Ventilen stehen. Schall von außen oder von Zimmer zu Zimmer gibt es keinen.
 
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Willem81

Das sind sehr hilfreiche Antworten - ich danke Euch! Ja, nach dem was Ihr so sagt klingt die Lüftungsanlage für mich auf jeden Fall auch nach der besseren Variante, meine Bedenken habt Ihr gut zerstreuen können :)
Und Eure Aussagen bezüglich Solar Decken sich mit dem, was unser Heizungsbauer gesagt hat. Dann wird es wohl auf die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung hinauslaufen!
Wie ist es denn mit der Effektivität? Merkt Ihr eine deutliche Ersparnis was Eure Heizenergie angeht?
 
Zuletzt aktualisiert 27.04.2024
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