Holzschädling Gutachten Altbau Hausbock Nagekäfer

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Cut1977

Wir stehen vor einem Hauskauf. Das Haus ist um die Jahrhundertwende (1885-1915) gebaut worden und von einem Gutachter wurde ein Schädlingsbefall auf dem Dachboden und der Kellerdecke festgestellt. Dachboden: Nadelholz, Kellerdecke: Eichenbalken

Dachboden: Mittlerer Befall einiger Dachsparren und Pfetten vom Hausbock
Kellerdecke: Splintholzbereich befallen vom gewöhnlichen Nagekäfer. Vor allem Balkenköpfe sind befallen.
Das Gutachten kann nicht vollkommen ausschließen, dass es sich um einen aktuellen Befall handelt, auch wenn keine Spuren von räuberischen Insekten, die den Larven nachstellen festgestellt wurde, oder auch kein Bohrmehl vorgefunden wurde. Das Gutachten empfiehlt Stoßaxt, Beil Stemmeisen zur Beseitigung des beschädigten Holzes. Bei den Balkenköpfen wird eine starke Zerstörung beschrieben, alle Balken sollten überprüft werden. Eine Verstärkung der Balken wird angeraten.

Dahingegen lautet das Angebot einer Schädlingsbekämpfungsfirma aus der Region wie folgt:
"Es wurden frische Fraßgänge und Ausflugslöcher im Dachboden und in den Deckenbalken festgestellt. Um ein Übergreifen auf die gesunden Hölzer zu vermeiden, soll eine Sanierung gemäß DIN 68800 Teil 4 dringend erfolgen."
Methode: Holzdruckinjektionen mit Adolit Anti Insekt 0,02% Permethrin.
Dauer: 4 Tage. Geschätzte Kosten: gut 5.000 Euro.

Hat jemand Erfahrungen mit Befall dieser Art? Kann jemand Tipps geben, ob sich diese Bekämpfung "lohnt"? Wir müssen in den nächsten Tagen entscheiden, ob wir das Haus kaufen wollen und würden uns sehr über Hilfe freuen. Wenn Fragen sind, zitiere ich gerne noch mehr aus Gutachten und Angebot. Danke!
 
Neige

Neige

Hier würde ich doch eher auf das Gutachten hören, und die Balken komplett überprüfen lassen. Zieh einen Zimmerer zu Rate, der Balken für Balken in Augenschein nimmt.

Tipps aus der Ferne sind m. E. unzuverlässig, jedoch ist es so, dass die Bekämpfung natürlich schadhafte Balken nicht besser macht. Eine Schädlingsbekämpfer ist sicher in der Lage die richtigen Mittel einzusetzen, jedoch bezweifle ich die Fähigkeit zu beurteilen, welche Hölzer "gesund" sind. Ich persönlich würde keine 5.000 Euro mit ungewissem Ausgang investieren wollen.

Klar, so alte Häuser haben ihren Reiz, aber auch ihre Tücken.
 
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wpic

wpic

Ausschlaggebend ist die Aussage eines neutralen Gutachters für den Holz- und Bautenschutz, der die Maßnahmen als Konzept ausschreiben kann, selbst aber diese Baudienstleistungen nicht erbringt. Die sog. "kostenlosen" Gutachten/Empfehlungen etc. von Firmen, die auch gleich das richtige Mittelchen zur Hand haben, sind natürlich nicht unabhängig. Bei dem beschriebenen Befall kann es statisch notwendig und ökonomisch sinnvoller sein, das betroffene Bauteil auszutauschen, statt aufwendig den Befall zu entfernen, den querschnitt zu verstärken oder restauratorisch zu ergänzen. Von den empfohlenen bauchemischen Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen halte ich nichts, weil der Befall nicht genau geortet und deshalb auch nicht genau bekämpft werden kann. Hier ist das Entfernen der befallenen Stellen sicherer. Trotzdem kann der Hausbock auch nach 7-10 Jahren bei akutem und nicht entdecktem Befall noch einmal neu ausschlüpfen und die ganze Sache geht in die 2. Runde.

Die Kellerdecke muß ggf. komplett erneuert werden. Sie ist ein "Verschleißteil" und meistens -auch in Eiche- mehr oder weniger von den Anobien zerfressen oder mit starken Vermorschungen im Bereich der Mauerwerksauflager/der Balkenköpfe. Wenn das Haus ein Fachwerkhaus ist, sollte auch die FW-Konstruktion auf Befall und Vermorschung hin untersucht werden.

Beim kurz beschriebenen Schadensbild sollte natürlich vor Kauf der Gesamtzustand des Objekts genau geprüft und der tatsächliche Sanierungsaufwand beziffert werden. Wenn umfangreiche Instandsetzungsmaßnahmen unumgänglich sein sollten, lohnt sich der Kauf vermutlich nicht wirklich.
 
C

Cut1977

Hallo und vielen Dank für die ausführlichen und hilfreichen Antworten. In einem der Kellerräume ist unterhalb des Wohnzimmer-Bereichs bereits ein Stahlträger installiert worden, der sogenannte "Angstbalken" wie Makler und Eigentümerin bezeichnet haben. Das Gutachten sagt aus, dass die Statik nicht gefährdet ist. Jetzt fragen wir uns natürlich, warum Bauteile ausgetauscht werden müssten, wenn man bestehende Konstruktionen mit Stahlträgern verstärken könnte etc. Das Haus ist teilunterkellert, also ist der Boden im anderen Bereich nicht auf einem Keller aufgelagert.

Das Entfernen der beschriebenen Stellen ist sinnvoller sagen Sie. In einem anderen Forum wird darüber hinaus auf die Heißluft-Methode hingewiesen, die sehr wirksam sein kann. Haben Sie dazu eine Meinung?
 
wpic

wpic

Die Heißluft-Methode ist sehr kostenintensiv und wird bei wertvollen historischen und denkmalgeschützten Gebäuden angewendet. Für den privaten Geldbeutel kommt sie i.d.R. nicht in Frage. Wenn die Deckenkonstruktion über KG bereits gestützt wird, ist sie nicht mehr tragfähig und muss, wie bereits beschrieben meistens komplett und mit anderen Materialien erneuert werden (Stahlträger oder Steuerberater-Decke oder Schwalbenschwantz-Stahltrapezprofil mit Aufbeton/Estrich etc.). Neue Holzbalkendecken in dieser Einbausituation sind wirklich nicht zu empfehlen. Die Fussböden im nicht unterkellerten Bereich werden verrottet sein. Bei energetischen Sanierungsmaßnahmen muß hier eine komplett neue, gedämmte Fussbodenkonstruktion gegen Erdreich geplant und eingebaut werden.
Dies alles gilt es vor Kauf zu bedenken. Da ich eine Vielzahl solcher Gebäude begangen habe, kenne ich die Schadensbilder und den damit verbundenen Sanierungsaufwand. Ich rate zur Vorsicht und zu einer sehr realistischen Betrachtung des Objekts
 
Zuletzt aktualisiert 28.04.2024
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