In jedem Industrieunternehmen sollte es doch Risk-Management geben, wo aktiv Gegenmaßnahmen bei 100% Abhängigkeit von Lieferanten getroffen werden. Dass es das nicht umsonst gibt, ist sonnenklar. Dass man das über jahrzehnte auf volkswirtschaftlicher Ebene komplett ignoriert hat, geht mir nicht in den Kopf. Nein, 2nd Source Aktivitäten für z.b. LNG-Terminals wurden stets verhindert.
Das liegt an einer Ideologie, die behauptet, dass Ergebnisse des Marktes nicht durch staatliche Planungen verbessert werden können, bzw. staatliche Planung als „Planwirtschaft“ immer in die Katastrophe führt.
Dass der Markt ein Preisoptimierungsmechanismus ist, der Risiken über das Ausscheiden von Akteuren verwirklicht, ist ein Problem: Staaten und ganze Volkswirtschaften können nicht ausscheiden (wohin auch?).
Der deutsche Staat hat sich explizit dafür eingesetzt, die billigste Lösung zu forcieren, weil die Lobbyisten der Unternehmen das mit der Begründung der Wettbewerbsfähigkeit so gefordert haben. Jetzt tritt der Risikofall ein, der Staat kann nicht vom Markt entfernt werden und am Beispiel Uniper sehen wir, dass „too big to fail“ eine Marktbereinigung auch auf Unternehmensebene verhindert (aus nachvollziehbaren Gründen).
Eine Frage die ich mir bei solchen Sachverhalten stelle ist: Wem nützt es?
Die Ukraine war ja nun schon so einige Jahre Spielball der "Großmächte". Die "Revolution" in der Ukraine lief dem vernehmen nach ja nun auch nicht ohne Beteiligung der USA.
Heute morgen habe ich einen Artikel gelesen, in welchem stand, dass die USA bei der Ukraine lieber nicht genau hinschauen, da sie die Missstände nicht sehen möchten.
Die Ukraine ist ein der Ort eines aktuellen Stellvertreterkrieges, diesmal eben vor unserer Haustür und nicht "weit weg".
Moralisch sehe ich das Handeln Europas für richtig, realpolitisch allerdings nicht. Wir haben uns in Sanktionsmaßnahmen begeben, die uns mehr kosten als Russland. Dazu kommt die Mentalität und Leidensfähigkeit des russischen Volkes.
Ich befürchte allen ernstes eine ganz ganz schwierige innenpolitische Lage im Herbst/Winter.
Der Nutzen liegt aus Sicht der Akteure in Einflusssphären und Einflussmöglichkeiten, also Macht. Ob er immer zustande kommt, ist eine andere Frage. Aber zu diesem Spiel gehört, dass man zum Ausbau eigener Macht diejenige des Gegners beschneiden muss.
Das nennt sich Geopolitik und sollte vordergründig durch die regelbasierte Weltordnung ersetzt werden. Funktioniert aber nicht gut, da die wirklich Mächtigen sich nicht dran halten, siehe USA, Russland, CHN.
Was die Leidensfähigkeit des russischen Volks angeht, sehe ich die westlichen Sanktionen als nicht so wirkungsvoll an, wie wir uns das hier vormachen. Russland ist gemessen am BIP/Kopf ein armes Land. Die enormen Einnahmen kommen einigen wenigen Oligarchen zu Gute und füttern die Zentren Moskau und St. Petersburg, die mit jeder westlichen Stadt konkurrieren können.
Extrem viele Russen leben aber ländlich und zwar so bescheiden, dass sich durch die Sanktionen für sie nicht viel verändert. Einen breiten Mittelstand, der wirklich viel zu verlieren hat, gibt es nicht.
Und es bleibt dabei, dass Russland genug Devisen hat, um sich bei Ländern, die nicht sanktionieren, mit dem zu versorgen, was es dort zu kaufen gibt. Sieht auch nicht so aus, dass sich das um 180° wendet.
Dass der Downswing der wohlhabenden Zentren reicht, um Putin zu entmachten, sehe ich nicht.
Und schlimmer: Sollte es klappen, wer kommt dann nach?