Zustimmung zur Grenzbebauung auf Zeit, Widerrufsrecht nötig?

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D

DG

Eine Baulast auf Widerruf widerspricht dem Wesen der Baulast. Diese ist IMMER ans BV gekoppelt und NIE an Personen. Vielmehr soll genau die Kopplung an Personen ausgeschlossen werden und die Rechtswirkung auch gegen Dritte GESICHERT werden.

Letzten Endes aber egal. Selbst wenn Ihr einen Juristen findet, der das so formuliert, braucht Ihr einen Sachbearbeiter, der das so schluckt. Da die Sachbearbeiter bzw das Bauordnungsamt aber im Falle einer Klage die Beklagten sind, ist das sehr unwahrscheinlich.

Die ganze Diskussion bringt also wenig, solange man die Einschätzung des Bauordnungsamt nicht kennt.

Derartige Dachterrassen bergen von Natur aus auch ein hohes Klagepotential. Das wurde früher lockerer gehandhabt, mittlerweile sind die Fälle/Urteile auch in Hintertupfingen bekannt, ergo gehe ich davon aus, dass nur per Baulast gesichert werden kann.

MfG
Dirk Grafe
 
O

Otus11

Die Frage wäre also, kann man so etwas auf Widerruf machen?
Ganz grob sortiert, vorbehaltlich der jeweiligen Landesbauordnung:

1. Jein.
Man kann - aber eben nur zeitlich eingeschränkt.

Wohl h.M. der Rechtsprechung:
Widerruf der Zustimmung zur Grenzbebauung ist möglich - aber nur bis zum Zugang des Bauantrags (Minderansicht: bis Erteilung Baugesetzbuch).

Folge: Widerruf danach geht nicht !

2.
Nicht vergessen: Nur eine Garage (solo) ist zur Grenzbebauung privilegiert. Dieses Privileg der abstrakten Genehmigungsfähigkeit (ohne Zustimmung des NB) verliert sie grds. regelmäßig, wenn auf die Garage noch eine Nutzung "draufgesattelt" wird. Folge: Abstandsgebot - oder Zustimmung erforderlich. Und die Zustimmung des NB sichert auch nicht, dass das so auch genehmigt wird. Die Behörde kann z.B. Präzedenzfälle verhindern wollen.

3.
Begriffliches:
Baulast: öffentlich-rechtliche Verpflichtung eines Grundstückseigentümers gegenüber der Baubehörde (sie wirkt also nicht zivilrechtlich zwischen den Parteien!).

Grunddienstbarkeit: sie bewirkt für den begünstigten Grundstückseigentümer die zivilrechtliche Sicherung, § 1018 Baugesetzbuch. Die GDB kann - anders als die BL - im GB eingetragen werden.

BL und GDB gehören daher zusammen.

4. Nachbarzustimmung ist die kleine Schwester der Baulast. Mit ihr wird die Zustimmung zu der vorgelegten Planung erklärt. Rechtlich streitet man etwas darüber, ob dies ein Rechtmittelverzicht ist. Sie hat formelle und materielle Wirkungen:
  • Streng genommen ist die Nachbarzustimmung ein vorweggenommener Verzicht auf Rechtsbehelfe bzw. Rechtsmittel gegen eine noch gar nicht in der Welt befindliche Baugenehmigung. Geht der Nachbar trotz der erteilten Zustimmung anschließend dennoch gegen die Baugenehmigung vor (Widerspruch, Klage), so müsste das Ersuchen (Widerspruch, Klage) als unzulässig abgelehnt werden.
  • Materiell-rechtlich führt die Nachbarzustimmung dazu, dass sie daneben auch zu einem Untergang des nachbarlichen Abwehrrechts als solchem führt. Dieser Rechtsverlust ist nicht personenabhängig und tritt dauerhaft ein, d. h. eine einmal abgegebene und wirksame Zustimmungserklärung zu einem nachbarlichen Bauvorhaben bindet sämtliche Rechtsnachfolger des Erklärenden. Öffentliches Baurecht (= Baugesetzbuch) ist grundstücksbezogen, nicht personenbezogen. Als Erbe / Käufer beantragt man ja auch keine neue Baugesetzbuch.
5. Besondere Eigenheiten entfaltet die Nachbarzustimmung daher im Falle eines Eigentümerwechsels: Ist sie nämlich einmal bei der Bauaufsichtsbehörde eingegangen, so wirkt die Nachbarzustimmung auch für und gegen einen etwaigen späteren Käufer oder Rechtsnachfolger des Grundstücks. Denn: Die Baugenehmigung des Rechtsvorgänger ist derweil regelmäßig einen Monat nach Erteilung bestandskräftig geworden.
 
Zuletzt aktualisiert 28.04.2024
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