Estrich vibriert - Tipps zur Schallbeseitigung

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W

woodhouse

Hallo Zusammen,

wir haben 2021 ein Einfamilienhaus über einen erfahrenen Holzbauer gebaut. Die Architektin hatte das Haus zuvor als Massivhaus geplant, wir haben uns über Empfehlung dazu verleiten lassen, das Haus als Holzrahmenbau erstellen zu lassen, da wir über 1,5 Jahre auf die Genehmigung des Bauantrages gewartet haben und uns die ökologische und vor allen Dingen schnelle Bauweise überzeugte.

Das Haus war in drei Tagen aufgebaut und haben uns dann entschieden den Innenausbau selbst mit eigenen Handwerkern zu leiten, sämtliche Materialien für den Innenausbau wurden uns vom Hausbauer gestellt. Grundsätzlich sind wir mit dem Hausbau zufrieden, aber das große Problem ist der Trittschall und die Vibration beim Gehen.
Denn wir hatten nur 12cm Aufbauhöhe über Balken.

Wir haben gedacht, dass wir irgendwann damit leben können, aber es ist unheimlich anstrengend, wenn man im Bett die dumpfen Geräusche hört und Schall von der Etage darüber nahezu unerträglich.

Ich möchte mal kurz die Konstruktion aufzeigen Decke EG zu OG
Zuerst einmal handelt es sich um große Balken 24x10cm, Abstand ca. 65cm (Hohlräume mit Dämmmaterial aufgefüllt)
> Von unten mit Dachlatten und Rigipsplatte geschlossen
> Auf den Balken liegt eine 19mm OSB-Platte.
> Auf die OSB-Platte wurde eine 40mm dicke Trittschalldämmung (Pavaboard der Marke Pavatex) verlegt
> Zuvor wurden natürlich Randdämmstreifen verlegt, damit an keiner Stelle eine Berührung zur Wand besteht.
> Darauf dann eine Schlüter Fußbodenheizung mi geringer Aufbauhöhe
> Der Estrichleger hat dann einen dünnen Zementestrich von ca. 20mm aufgelegt.
> Darauf wurde als Bodenbelag ein 14 mm Parkett geklebt, so dass wir auf insgesamt auf eine Aufbauhöhe von 12cm kommen, somit ebenerdig zu den bodentiefen Türen.

Die Empfehlung stammt vom Holzbauer, aber er hat jegliche Verantwortung abgelehnt.
Das Haus war grundsätzlich sehr teuer, da wir es in der teuren Bauphase 2021 gebaut haben, wo die Rohstoffpreise explodierten, um so trauriger das Ergebnis.
Die Kinder wachsen und als Fersengänger wir der Trittschall nahezu unerträglich. Diese dumpfen Auftritte vibrieren / schwingen bis ins Bett und im EG fühlt es sich an, als wenn Elefanten über einem stapfen.

Mittlerweile sind wir so weit, dass wir für eine Zeit ausziehen würden, um diesen Baufehler gegen Bezahlung zu beheben.
Wir kommen aus NRW und suchen einen Spezialisten zur Ermittlung der Ursache und Leitung der Baumaßnahme.

Ich freue mich auf Infos und Hilfe
Vielen Dank!
 
N

nordanney

Ich freue mich auf Infos und Hilfe
Hört sich an, als ob die OG-Decke wie ein Trommel arbeitet. Dünne Oberfläche und darunter ein ordentlicher Resonanzraum. Lösung ad hoc keine, mangels Erfahrung beim Ständerwerk. Vielleicht Austausch der Dämmung in den Hohlräumen gegen eine massivere Variante.
 
KlaRa

KlaRa

Moderator
Hallo Fragesteller,

vom grundsätzlichen Aufbau der Fußbodenkonstruktion her scheint mir das seinerzeit gewählte Aufbaukonzept schlüssig.
Außer der Trittschall-Dämmlage.
Betrachten wir uns das technische Datenblatt "Pavaboard", so finden wir folgenden herstellerseitigen Hinweis:
"Diese Holzfaserdämmung ist mit der sehr hohen Druckfestigkeit von
200 kPa ideal geeignet um hochbelastbare Trocken- und auch Nassestrichkonstruktionen auszuführen"
------------------
Ideal -als Trittschalldämmung- sind für Holzständerkonstruktionen Materialien wie Mineralwolle oder -aus Gründen der Brandsicherheit- Glaswolle.
Das sind gepresste Platten.
Nun schauen wir uns den Text aus der Produktbeschreibung PAVABOARD an.
Dort steht, dass diese Unterlage/Platte über eine sehr hohe Druckfestigkeit von 200 kPa bei 10% Stauchung (Anm.: normative Vorgabe bei der Prüfung) verfügt.
Selbst der Laie muss nun aufhorchen:
eine hohe Druckfestigkeit bedeutet immer eine hohe Materialdichte.
Und das Prinzip einer Trittschalldämmung ist, dass sich der Schall im Material möglichst "neutralisieren" können muss.
Je härter/fester ein Material, je höher seine Materialdichte, desto schlechter die Fähigkeit, die Schallenergie zu absorbieren.
Gut, an dieser Stelle, bevor die Kritiker aufschreien, der berechtigte Hinweis, dass jedes für eine Trittschalldämmung eingesetzte Material nur spezifische Schalllinien absorbieren kann. Das kann bedeuten, dass ein Material nur hohe Frequenzen, das andere mehr niedrige Frequenzen absorbieren kann.
Zurück zum Produktdatenblatt:
Dieses gibt für die Unterlage "Pavaboard" eine Druckfestigkeit von 200 kPa aus.
Nun schauen wir uns vergleichsweise das Produktdatenblatt einer Mineralwolle-Trittschalldämmung an.
Dort finden wir eine Druckspannung, je nach Dämmtyp, zwischen 5 kPa bis 40 kPa.
Das bedeutet, dass diese Trittschalldämmung deutlich weniger Spannungen in sich aufnehmen kann als "Pavaboard".
Eine funktionierende Trittschalldämmung zeichnet sich jedoch dadurch aus, dass sie eben keine großen Spannungen aufnehmen kann, sondern diese aufgrund der "federnden" Eigenschaften in Verformung umsetzt.
(Ich hoffe, ich konnte mich bei dem doch schwierigen Thema verständlich ausdrücken)
Bedeutet: aus meiner Sich hätte die eingesetzte Trittschall-Dämmunterlage bei Holzständerbauweise nicht eingesetzt werden dürfen, sondern eine Glas- oder Mineralwolle.
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Was an bzw. ab dieser Stelle nun auftritt, ist die Frage nach der weiteren Vorgehensweise.
Aus eigener Praxis kann ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aussagen, dass aufgrund der zu vermutenden Höhe der Sanierungskosten eine Einigung zwischen den Parteien und Verantwortlichen nicht möglich sein wird.
Es wird zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen, in dessen Verlauf die Richter einen (oder eine) Sachverständige für Schallschutz einbeziehen wird.
Und deren/dessen Messungen werden eine ganz klare Aussage über die Situation schaffen.
Ich selber hatte als Sachverständiger in einer gerichtlichen Angelegenheit einen ähnlichen Vorgang zu bearbeiten.
Da der Schallschutz nicht meine Fachbereiche betrifft hatte ich die gerichtliche Erlaubnis eingeholt, einen Sachverständigen für Schallschutz mit einbeziehen zu können.
Dieses wurde genehmigt, und ich war erstaunt, welche fachlichen Rückschlüsse aus den erhaltenen Kurven der Messungen gezogen werden können!!
Das bedeutet:
Ohne einen Schallschutzsachverständigen und seine Messungen wird es sicherlich keine Entscheidungen geben.
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Sorry für diese "schlechte" Nachricht: KlaRa
 
W

woodhouse

Hört sich an, als ob die OG-Decke wie ein Trommel arbeitet. Dünne Oberfläche und darunter ein ordentlicher Resonanzraum. Lösung ad hoc keine, mangels Erfahrung beim Ständerwerk. Vielleicht Austausch der Dämmung in den Hohlräumen gegen eine massivere Variante.
Hallo nordanney, vielen Dank für die Einschätzung, ich vermute auch dass es eine Art Resonanzraum ist, weil die dünne Estrichschicht auf der leichten Noppenplatte der Fußbodenheizung liegt. An die Dämmung der Hohlräume mit Beton haben wir auch schon gedacht.

Ich suche nach einem Experten / Schallschutzsachverständigen, der dies mal aufdeckt und uns dann einen sicheren Aufbau empfiehlt.
Ich freue mich auf eine Nachricht.

Danke
 
W

woodhouse

Sorry für diese "schlechte" Nachricht: KlaRa
Hi KlaRa, Danke für die umfangreiche Information. Die Nachricht ist nicht schlecht, es ist uns bewusst, dass eine kostenintensive Behebung nötig ist, wir würde dafür auch eine Zeit ausziehen, logisch. Wir möchten nur eine Lösung.

Pavaboard werden aber sehr für Untergründe verwendet, der Holzbauer verwendet es in fast jedem Haus und auch der Anbieter hat dies empfohlen als Untergrund. Ist Glaswolle letztendlich nicht zu weich?

PAVABOARD eignet sich hervorragend unter Fließestrichen aller Art, Trockenestrichen sowie Fertigparkett und Laminat. Die Platte ist aufgrund ihrer hohen Druckfestigkeit für Anwendungen mit hohen Belastungen bestens geeignet.
Wir möchten gar keine gerichtliche Auseinandersetzung oder Klage, denn es war ja letztendlich unsere Entscheidung, dies nach Empfehlung einzusetzen, also wie oben geschrieben keine schlüsselfertige Fertighaus-Lösung.

Kennt jemand Adressen von Fachleuten, die dies begutachten und letztendlich auch die Schallbehebung leiten?

Vielen Dank im voraus!
 
Zuletzt aktualisiert 27.04.2024
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