Der Teufel steckt im Detail - Teil 1

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barcuda

Liebe Bauherren und solche, die es werden wollen,

ich möchte eine Frage eines Users zum Anlass nehmen, auf die Feinheiten - besser gesagt auf mögliche Spitzfindigkeiten - in der Vertragsgestaltung hinzuweisen. Im konkreten Fall wurde den Bauherren in der Planung mitgeteilt, dass der fertige Fußboden im Erdgeschoss mindestens 35 cm über Gelände liegen müsse, um eventuelle Bauschäden wegen Feuchtigkeitseinwirkung zu vermeiden. Ergebnis könnte sein, dass die Nutzer dann eigentlich nicht gewollte Stufen zum Haus akzeptieren oder zusätzliche Kosten für eine vertraglich zunächst nicht vereinbarte Abdichtung in Kauf nehmen müssen.

Dies ist ein "Klassiker" der Überraschungen in der Planungs- bzw. Bauphase. In der Regel wird ein Bauvertrag mit einem Komplettbauunternehmen - nachfolgend einfach GU genannt - vor der Planung unterzeichnet, somit ist die Höheneinordnung des Hauses nicht genau definiert. Im Vertrag beschreibt der GU seine Voraussetzungen, worauf der Vertragspreis basiert. Das Thema Höheneinordnung wird meistens nur kurz und lapidar so erwähnt, dass der fertige Fußboden z.B. 30 cm über Gelände liegt. Klingt logisch, wir wissen ja, das es gut ist, wenn das Wasser vom Haus wegfließt. Mitunter nimmt der ein oder andere Bauherr an, dies mit den Freianlagen auszugleichen, um einen möglichst ebenen Übergang zum Garten zu haben.

Ergebnisse des anfangs beschriebenen Falls könnten sein:
- die Nutzer akzeptieren eigentlich nicht gewollte Stufen zum Haus
- es entstehen zusätzliche Kosten (Nachtrag) für eine vertraglich nicht vereinbarte Abdichtung
- die Bauherren füllen nach Fertigstellung das Gelände soweit an, dass die vom GU als Voraussetzung beschriebene Höhendifferenz nicht mehr eingehalten ist - sollten dann Feuchtigkeitsschäden eintreten, sind die Bauherren schuld.
Keines der Ergebnisse ist zufrieden stellend, man kann dem GU zwar mangelnde Aufklärung vorwerfen, rechtlich ist der GU aber auf der sicheren Seite.

Das oben beschriebene Beispiel ist nur einer von vielen Fallstricken, welche sich in den harmlos klingenden Formulierungen von Bauverträgen und deren Baubeschreibungen. Noch schwieriger zu beurteilen als das Kleingedruckte ist aber das, was nicht gedruckt ist.

Seht es mir bitte nach, dass ich als berufsmäßig tätiger Baubegleiter für eine externe fachliche Beratung vor Vertragsunterzeichnung plädiere. Das größte Einsparpotenzial an Ausgaben und Ärger besteht aber nun einmal in der Phase vor dem Vertrag.
 
B

Bauexperte

Hallo baucoach,

Seht es mir bitte nach, dass ich als berufsmäßig tätiger Baubegleiter für eine externe fachliche Beratung vor Vertragsunterzeichnung plädiere. Das größte Einsparpotenzial an Ausgaben und Ärger besteht aber nun einmal in der Phase vor dem Vertrag.
Das kann ich nur unterschreiben/bestätigen!

Leider ist es leichter "ein Kamel durch ein Nadelöhr zu befördern", denn es läßt sich - gem. meiner Erfahrungen - nicht so absolut in schwarz und weiß oder auch böser BU/GU/BT und armer Bauherr unterscheiden. Vielen Bauherren ist es nicht verständlich zu machen, dass die Überprüfung/Bewertung ihrer Bauunterlagen ihnen bares Geld und Ärger erspart - von "externen" baubegleitenden Maßnahmen ganz zu schweigen. Die Mittel, welche sie für die ein oder andere oder bestenfalls beide Maßnahmen in die Hand nehmen müssen, widerspricht ihrem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Das eine Entscheidung pro BU/GU/BT in der überwiegenden Mehrheit der Entscheidungen anhand der kleinsten Zahl unten rechts getroffen wird, sei nur am Rande erwähnt.

Ich war vor 14 Tagen Gast auf einer Messe im Rheinland, neben meinem Gastgeber hatte eine Vertretung der Verbraucherzentrale NRW ihren Stand. Wie immer auf Messen, gibt es Leerlaufzeiten und ich habe diese Freiräume genutzt, u.a. meine Kontakte zu der örtlicher Verbraucherzentralenvertretung und einem Oberinnungsmeister zu pflegen. Eines der Gesprächsthemen war die Praxis der fehlerhaft vorgelegten Energieeinsparverordnung-Nachweise sowie die Diskrepanzen zwischen, seitens der Bauherren, unterschriebenen BB und realer Ausführung/Umsetzung im Bauverlauf. Ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich feststellen mußte, dass einige "Tricks" mittlerweile auch von, mir bis dato als seriös bekannte, Anbieter umgesetzt werden. Wenn es mir, als "altem Hasen" in diesem Beruf, schon die Sprache verschlägt - wie soll ein Laie ohne professionelle Unterstützung die Fallstricke erkennen?

Meine aktuelle Hoffnung ruht auf den Gerichten bzw. RichterINNEN; neuerdings werden wieder mehr Urteile pro Anbieter ausgesprochen. Zum Einen, da Bauherren nicht mehr willkürlich Gelder kürzen sollen können und zum anderen ihrer Mitwirkungspflicht besser nachkommen müssen. Die kommenden Jahre sind vielleicht nicht nur interessant in Bereichen erneuerbarer Energien/neuer Materialien am Bau, sondern auch im Umdenken auf Bauherrenseite.

Freundliche Grüße
 
B

Baumensch35

Wenn man den Werkvertrag vorgelegt bekommt.,.......an wen kann man sich denn wenden,um die Baubeschreibung und den Vertrag kurzfristig prüfen zu lassen. Woran erkenne ich dessen Kompetenz. Kann man Stillschweigen vereinbaren? Ich sag nur :Kleinstadt,...jeder kennt jeden.
 
B

Bauexperte

Hallo,

Wenn man den Werkvertrag vorgelegt bekommt.,.......an wen kann man sich denn wenden,um die Baubeschreibung und den Vertrag kurzfristig prüfen zu lassen. Woran erkenne ich dessen Kompetenz. Kann man Stillschweigen vereinbaren? Ich sag nur :Kleinstadt,...jeder kennt jeden.
Es hat Niemand die Absicht, mit Deinen Daten hausieren zu gehen; jedenfalls Niemand, der seriös arbeitet!

Du kannst u.a. jeden RA Deines Vertrauens mit Schwerpunkt Baurecht, die Verbraucherzentralen, unabhängige Sachverständige oder auch Bauberatungen wie unsere beauftragen. Wichtig ist immer, dass die Unterlagen als Ganzes betrachtet werden und das Derjenige, welche die Unterlagen prüft, genügend Erfahrung vom Bau mitbringt. Egal, für wen Du Dich letztlich entscheidest, dieses Geld ist immer gut investiert!

Freundliche Grüße
 
B

barcuda

Hallo Baumensch,

einen Bauvertrag oder eine Bau- und Leistungsbeschreibung sowie sonstige Angebote für Bauleistungen sollte man sich extern - d.h. von jemanden prüfen lassen, der in keiner Weise in wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Anbieter steht. Natürlich sollte auch die Fachkompetenz nachweislich gegeben sein. Ein Beleg für die Fachkompetenz kann beispielsweise eine entsprechende Qualifikation sein, z.B. Bauingenieur mit Erfahrung im Hochbau, ein Architekt o.ä. sein. Es ist wichtig zu unterscheiden zwischen einer rechtlichen Beratung - dafür sind allein Juristen zuständig - und einer technischen / fachlichen Beratung, wie in diesem Zusammenhang angesprochen.
Natürlich ist die Qualifikation allein kein Garant für ordentliche Beratung.

Die Problematik, die wir beschreiben, ist eben nicht allein der bautechnische Bereich, wie es manch "Baufuchs" bieten kann, es geht vor allem auch um das Erkennen der Spitzfindigkeiten in der Vertragsgestaltung - hier ist wirklich Erfahrung im Lesen und Beurteilen der Vertragsunterlagen gefragt.

Wenn es um die Prüfung der Vertragsunterlagen geht, muss dies nicht von einem Berater aus der Nähe sein - vieles erfolgt sowieso per mail und telefonisch. Bei einer baubegleitenden Überprüfung ist es aber sinnvoll, sich einen Berater aus der näheren Umgebung zu suchen, je nachdem, wie viel Kontrolle man haben möchte.

Stillschweigen kann natürlich vereinbart werden. Das ist ja auch Teil der Klärung zum Beratungsumfang. Oftmals ist es so, dass Bauherren zunächst ein gutes Gefühl zum Anbieter haben und das gute Verhältnis nicht damit belasten wollen, dass sie externe Baubegleitung einbeziehen - das sieht ja nach Misstrauen aus. Das ist verständlich aber zugleich gefährlich. Denn bei einer solch hohen Investition sollte man nicht allein das anfänglich gute Bauchgefühl entscheiden lassen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass seriöse Bauunternehmen kein Problem haben, wenn deutlich wird, dass Bauherren sich einfach nur zusätzliche Sicherheit wünschen.

Falls jemand dennoch eine diskrete Beratung wünscht und der Baubegleiter im Hintergrund bleiben soll, ist es auch praktikabel, dass Bauherren nach Auswertung der Angebote eine ganz konkrete Checkliste vom Berater erhalten. Mit dieser Check- bzw. Fragenliste können dann die Bauherren gezielt ihre Anbieter um Auskunft bitten. Daher ganz wichtig: Unterlagen mitgeben lassen und nichts sofort unterschreiben.

Im Grunde geht es darum, dass Bauherren natürlich auch nach "Bauch" entscheiden, die Baubegleitung soll nüchtern und rein praktisch die Angebote prüfen und bewerten - sozusagen als rein rationaler Gegenpol. Rücksicht, um die gute Stimmung zum Kundenberater eines Hausanbieters nicht zu trüben, ist völlig fehl am Platz. Am Ende geht es allein um einen möglichst reibungslosen und mängelfreien Bau, innerhalb der veranschlagten Kosten.

Es ist immer noch ein Phänomen, dass sich nicht wirklich getraut wird, fachliche Unterstützung für den Hausbau einzubinden - zum Arzt oder Anwalt gehen wir doch auch - wenn Fragen und Probleme auftauchen.
 
B

Baumensch35

Danke dafür,das ist doch mal ne Ansage.
Wir sind momentan in der Warteschleife,
Anfang November soll die Planung und Kosten feststehen,
dann gehts an die Details.
Erfolgreiche Woche!!
Und Danke nochmal......
 
Zuletzt aktualisiert 26.04.2024
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