hat jemand Erfahrung zum Thema Massivbau mit eigenständiger Vergabe aller Gewerke und Erreichen des KfW 40-Standards für Förderdarlehen? [...] Wir haben bislang ein Angebot von einem schlüsselfertigen Generalunternehmer eingeholt, sind da mit der Preisgestaltung aber nicht so zufrieden. Aktuell warten wir noch auf ein weiteres Angebot von einer anderen Firma.
Wir waren auch schon bei einem Rohbauer, der bereits 2x innerhalb unserer Familie gebaut hat und da würde es preislich mit Sicherheit besser aussehen. [...] muss bzgl. KfW 40 natürlich alles eingehalten und dokumentiert werden. Bekommt man das mit einem guten Energieberater auch mit Eigenvergabe hin oder würdet ihr in dieser Situation eher einen GU empfehlen?
[ / ] Für Planung und Begleitung würden wir natürlich einen Architekten beauftragen. Also anders gefragt: Einzelvergabe mit gutem Architekten und Energieberater machbar oder trotzdem nicht empfehlenswert?
Wenn Ihr als Bauherren Erstgebärende seid, ist Eigenvergabe eine zu rauhe See für Tretbootkapitäne. Der Test heißt zwar "Blower
Door", aber es bleibt sich letztlich gleich, ob man zu den Türen oder zu den Steckdosen hinausheizt. In Einzelvergabe wird die Koordination entsprechend teurer, wenn wirklich alles dicht ineinandergreifen soll. EH40 geht über den gesetzlichen Standard hinaus, was per Saldo Geld kostet. Viele Baufamilien finden es für die Finanzierung verlockend, welche anderen Konditionen sie damit bekommen können. Ob es sich finanziell "auszahlt", läßt sich nur für die konkrete Baufamilie-Hausentwurf-Konstellation ermitteln - ich kann daher nicht pauschal sagen, es lohne sich für Euch nicht. Aber leider ist es hoch wahrscheinlich, daß es sich für Euch nicht lohnt. Vergeßt nicht: da haben Horden hochbezahlter Lobbyisten lange daran herumgerechnet, daß es in deren Sinne "gut" funktioniert. Für Bauträger soll es ein Konjunkturturbo sein. Wenn es für einzelne Eigenheimbaufamilien "lohnend" ist, hätten die Profis aus der Sicht ihrer Brötchengeber etwas "falsch" gemacht und ist als Einzelfall ein "Kollateralschaden". Breite Schichten des Volkes finanziell zu beglücken, war nicht das (tatsächliche) Designziel dieses Politikprodukts.
Für das Gros der Baufamilien stellt sich die Realität so dar, daß ihr konkreter Hausentwurf im Ergebnis beispielsweise den Standard "EH52" erreicht, Gebäudeenergiegesetz (ähnlich EH55) also bestens erfüllt, aber EH52 ist eben keine geförderte Stufe. Von EH52 auf die geförderte nächste Stufe EH40 (KfW40) zu kommen, verursacht für Einzelbauherren ein so umfangreiches Maßnahmenpaket, daß es den Vorteil der günstigeren Konditionen in etwa aufwiegt oder gar aufzehrt. Nicht selten ist es sogar so, daß mittelfristig gerechnet ein Teil der Mehrkosten bei der Baufamilie verbleiben. Wie gesagt, das soll auch so sein, da haben Spezialisten gründlich dran gearbeitet.
Für einen großen Bauträger mit vier- bis fünfhundert Wohneinheiten = Fördereinheiten pro Jahr (achtzig bis hundertzwanzig Doppelhaushälften plus Geschoßwohnungen) rechnet sich das ganz anders, und er ist im Gegensatz zu Lieschen Normalwählerin auch der "Kunde" beim Design des Politikproduktes gewesen. Die junge Familie, die nun sogar einmal froh ist, mit ihrem Haushaltseinkommen nachweislich unterhalb von "Besserverdienern" zu liegen, ist leider nur "gefühlt" mit diesen Förderungen "gemeint", aber mit voller Absicht nicht tatsächlich.
Die Übererfüllung des Standards Gebäudeenergiegesetz auf dem Niveau EH40 rechnet sich Einzelbauherren betreffend für den arrivierten Haushalt (seit mehreren Jahren oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze - also das Gegenteil der "ausreichend armen Leute") und wenn der konkrete Hausentwurf im Ergebnis etwa bei EH43 läge, also nur noch ein klitzekleiner Schubs nötig ist, um EH40 zu erreichen.
Für Euch bedeutet dies nun also: geht ehrlich in Euch, ob Ihr zum Kreis der beabsichtigt Begünstigten gehört oder (besser noch: und) Euch dieses Öko-Mäzenatentum leisten könnt bzw. was "schlechtwollend gerechnet" tatsächlich auf Eurem Reichtumshaufen liegen bleibt. Wenn Ihr per Saldo die Veräppelten seid, dann spart Euch die Klimmzüge von Gebäudeenergiegesetz nach EH40. Als Gerichtspräsidentin und Chefarzt und wenn es Euch nur einen Federstrich kostet, noch 2 cm dickere Dämmplatten zu bestellen, dann nehmt natürlich die KfW-Förderung mit und lacht Euch halb tot über so arme Würstchen wie es "die unteren achtzig Millionen" sind.
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So, nun aber zum technischen Teil des Hausprojektes:
Was Ihr Euch auf jeden Fall nehmen solltet, ist ein Architekt zunächst einmal für das "Modul A" siehe mein "Ein Hausbau-Fahrplan, auch für Sie: das Phasenmodell der HOAI!". Mit diesem macht Ihr einen Vorentwurf, mit dem Ihr in der "Teigruhe" eine qualifizierte Anfrage an eine Handvoll Baufirmen veranstaltet. Normalerweise rate ich dann sonst dazu, diese Anfragerunde auch zur "Weichenstellung" zu benutzen, in Eurem Fall jedoch nur bedingt:
Ergibt Eure ehrliche Selbstreflexion, der Zirkus mit der EH40 würde sich für Euch lohnen, dann gestaltet die Anfrage als Weichenstellung, fragt also drei Holzer und zwei (bis drei) Steiner. Denn bei EH40 haben die Holzer meistens die Nase vorn. Aber weil dies nicht immer so ist, laßt Ihr auch Steiner mitspielen. "Viel hilft viel" gilt für die Anfragerunde leider nicht, daher verkneift Euch eine Überzahl an Teilnehmern. Mit regionalen Unternehmen fahrt Ihr am besten, dies gilt jedoch in der Praxis vornehmlich für die Steiner. In der Realität werdet Ihr um überregionale / bundesweite Holzer nicht herumkommen.
Ergibt Eure ehrliche Selbstreflexion, auf KfW40 zu pfeifen, dann soltet Ihr auf die Eurer Familie bekannten Rohbau-GU "aufbauen" und den Architekten für die gesamten beiden Halbzeiten bis einschließlich der Leistungsphase 8 mandatieren, oder mindestens bis einschließlich der Leistungsphase 7 und für die Leistungsphase 8 dann einen baubegleitenden Sachverständigen. Laßt den Architekten den Bau ausschreiben und gebt ihm vor, die Eurer Familie bekannten Rohbau-GU daran zu beteiligen. Ein erfahrener Ausschreiber wird GU (auch für Einzugsfertig) nie ausschließen und die Liste der Empfänger nur so lang machen wie nötig. Ihr habt also nachher die Auswahl zwischen seltenst mehr als fünf GU und weiteren Bietern, die nur auf Lose ihrer Gewerke bieten.
Auch bei diesem Ergebnis (Gebäudeenergiegesetz statt KfW40) führt Ihr die Anfragerunde durch, entweder als Weichenstellung oder auf Steiner beschränkt. Aus den Antworten der Anfragerunde leitet Ihr ab, wie weit Ihr mit dem Architekten gehen wollt. Nach meinem bewährten Schema durchgeführt lautet die Frage 2 stets auf ein Angebot des dem für die Anfrage verwendeten Vorentwurfes ähnlichstmöglichen bewährten Hausentwurfes (Kataloghaus, Typenhaus, Aktionshaus - das Kind kann unterschiedliche Namen haben). Ist ein überzeugender Bauvorschlag dabei, laßt Ihr diesen von Eurem Architekten in Zusammenarbeit mit dem GU für Euch anpassen. Die Anpassung an Euer Grundstück ist ja bereits dadurch erledigt, daß der selbst beauftragte freie Architekt dieses im Vorentwurf berücksichtigt bzw. diesen darauf entwickelt hat.
Einzel-Eigenvergabe als Erstgebärende - erst recht ohne professionelle Ausschreibungsbasis, daher mindestens bis Leistungsphase 7 - ist eine teure Erfahrung und verschlingt regelmäßig Lehrgeld in vielfacher Höhe des möglichen (und noch vielfacherer Höhe des erhofften) Einsparungspotentials. Wenn Euch die bsherigen Angebote preislich nicht schmecken, dann streicht Größe und/oder Ausstattung. An Firlefänzen kann man ohne Reue großzügig sparen, an Qualität der Handwerker am besten garnicht. Gleich gute Fliesen in 60x30 kosten beispielsweise deutlich spürbar weniger als in 80x80, eine Teil- statt einer Vollverklinkerung sieht oft sogar edler aus etcetera.