Voll-Vinyl vs Vinyl mit HDF-Platte

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W

wieli

Hallo,
von der Fußwärme her sind der Vollvinyl (VV) und der Vinyl auf HDF (VH) identisch. Es sind ja die gleichen Oberflächen vorhanden.

Beide Varianten werden sehr ähnlich aufgebaut:
Als oberste Schichte kommt ein mehrlagiges Overlay (meist PU-Vergütung, auf Nutzschicht, auf Dekorfolie, auf Vinylbacking) mit einer Stärke von ca. 1,5 bis 2mm.
Diese -ich nenne sie mal - "Vinylschichte" wird dann auf die eigentliche Trägerplatte geklebt.
Die Trägerplatte kann eben eine Kunststoffplatte (meist PVC) sein --> VV
oder eine HDF-Platte --> VH.
Unter diesen Trägerplatten kommt oft noch eine Trittschalldämmschicht wie z.B. Kork bei der VH oder geschäumte Dämmschichten bei der VV Variante.

Also grob gesagt, beide Varianten bestehen aus Vinyl-Oberschicht und einer Trägerschicht (plus eventueller Dämmung).

Was sind jetzt die Vor- oder Nachteile bei VV und VH (im Vergleich dieser zwei!)

VV-Vorteile:
  • geringere Aufbauhöhe
  • etwas weniger Gehgeräusche als VH
  • nass reinigbar
  • Feuchtraum geeignet
  • keine Dimensionierungsänderung aufgrund von Luftfeuchteänderung
  • etwas besserer Wärmeübergang (Fußbodenheizung)
  • Verlegung: leise, staubfrei, schneller Schnitt mit Messer
VV-Nachteile:
  • weniger druckstabil (bleibende Druckstellen bei Dauerpunktbelastung)
  • höhere Dielenverformung bei schweren Möbeln
  • höhere Ebenheitsanforderung an Untergrund
  • bei Verlegung über Fliesen (Fuge > 3mm) Spachtelung notwendig
  • keine Verlegung über schwimmend verlegte Böden (auf Laminat etc.!)
  • hohe Verformung bei Temperaturänderungen
  • bei großen Glasflächen vollflächige Verklebung vorgeschrieben.
  • meist spezielle, teurere Unterlagsmatten vorgeschrieben, wenn ohne integrierter Dämmung
  • Ökologisch weniger "grün"
VH-Vorteile:
  • keine Dimensionsänderung aufgrund Temperaturschwankungen
  • höhere Stabilität bei Punktbelastung
  • und bei höheren Belastungen durch schwere Möbel
  • "normale" Ebenheitsanforderung an Untergrund
  • über schwimmend verlegte Böden verlegbar
  • problemlos über größere Fliesenfugen verlegbar
  • Klickverbindung mit höheren Auszugswerten
  • Ökologisch "grüner"
VH-Nachteile:
  • Aufbauhöhe
  • nur nebelfeucht reinigen
  • nicht für Feuchtraum
  • etwas(!) klapprigerer Klang (aber immer noch viel besser als Laminat...)
  • Verformung / Fugenbildung bei Luftfeuchtewechsel
  • schlechterer Wärmeübergang (Fußbodenheizung)

Aus Erfahrung haben die VV einen gravierenden Nachteil: die temeraturbedingte Verformung.
Die meisten Schadensfälle bzw. Reklamationen entstehen bei den modernen, großen Glasfronten. Riesige Fensterfronten und Balkontüren heizen die Oberfläche des VV derart stark auf, dass Verformungen und Fugenabrisse entstehen. Es gibt bei Reklamationen dann immer den Streit, ob noch schwimmend verlegt werden durfte oder schon eine Verklebung vorgeschrieben wäre. Denn die Hersteller halten ihre Formulierungen in den Verlegeanleitungen oft bewusst schwammig... "bei erhöhter Sonneneinstrahlung ..." was ist erhöht?

Wenn Fragen auftauchen, bitte einfach nachhaken.
MfG Wieli
 
A

andreasonair

Vielen Dank für die Erklärungen.
Wir wollen in unserem Neubau Keller und Dachgeschoss mit Klick-Voll-Vinyl ausstatten (auf Heizestrich). Einerseits haben wir keine wesentliche Sonneneinstrahlung. Weitere Gründe bei uns für Voll-Vinyl: Klick-Variante trauen wir uns selbst zu; Voll-Vinyl hat kein Problem mit Feuchtigkeit (Waschraum, Hobbyraum...); offenbar gute Eignung für Fußbodenheizung (mit der passenden dünnen Dämmmatte je nach Hersteller).

Aktuell tun wir uns mit der Auswahl schwer: Die gängigen Markenhersteller bieten in einem ähnlichen Preisrahmen auf den ersten Blick ähnliche Produkte an. Nach Bestellung einiger Muster können wir bzgl. Optik nun etwas eingrenzen aber es verbleiben immer noch reichlich Optionen. Gibt es aktuelle Erfahrungen zur Qualität bei den verschiedenen Herstellern bzgl. Klick-Verbindung (Verlege-Einfachheit, Stabilität), Oberflächen-Haltbarkeit, usw.?

Grüße, Andreas
 
W

wieli

Hallo Andreas!
Bei den namhaften Herstellern sind mir keine gravierenden Qualitäts-Unterschiede bekannt (in einer Preisklasse).
Ein paar Euro Unterschied - bei selber Qualität! - entstehen durch:
  • Formatgröße der Dielen (XXL)
  • echter wirkende Dekore
  • Synchron-Prägung ( wo im Dekorfoto ein Ast ist, ist auch in der Schutzschicht ein Ast eingeprägt)
  • Eigenmarkenlabel von Handelsketten
  • Klicksystem (Patentzahlungen)
All diese Punkte sagen nichts über die Qualität aus, können eben aber den einen oder anderen Euro ausmachen.

Generell sind alle namhaften Hersteller gut. Bei den Eigenmarken nachbohren, wer der eigentliche Hersteller ist. Eventuell auch über den EAN-Code herauszufinden. (Einer der größten Hersteller, der auch für viele Händler produziert ist die Schweizer Firma Lico)

Die Finger würde ich von sehr billiger (Baumarkt-)Ware lassen. Da wird meist in China containerweise Restmengen eingekauft, wo ich nicht so sicher bin, ob da alle Stoffe eine Gesundheitsprüfung bestehen würden (z.B. mit in Europa schon verbotenen Weichmacher etc.)
Auch Ware unter 4mm empfehle ich nicht, denn da ist schon sehr wenig Material da um ein stabiles Klicksystem zu fräsen. 4-5mm (ohne Dämmschichte) ist ideal.

Wichtig, aber eigentlich schon Standard, ist als Oberflächenvergütung eine PU Schichte. Macht den V kratzbeständiger und pflegeleichter.

Die Nutzschicht sollte im Privatbereich 0,3mm sein. Mehr, z.B. 0,55mm bringt im Normalfall sehr wenig. Er wird dadurch nicht kratzbeständiger! Es würde nur länger dauern, bis du die Nutzschicht bis aufs Dekor abgewetzt hast. Und das schaffst du im Haushalt in Jahrzehnten nicht... Lass dir da deswegen vom Verkäufer nicht eine Preisklasse höher aufschwatzen!

Die Klickverbindungen sind mmn wirklich unwichtig. Jedes System funktioniert, auch dauerhaft (Qualität). Du hast den Boden Jahrzehnte, also mach dir keinen Kopf über die 2 Tage, wo du verlegst! Die Stunde, die du vielleicht auf 50qm schneller bist, ist ja eigentlich keinen Cent wert, oder? Da kräht nachher kein Hahn mehr danach.

Alles beantwortet, oder noch Fragen übrig?
Du kannst mir auch gerne den Boden deiner Wahl posten um dir eine Einschätzung darüber zu geben.
MfG Wieli
 
G

Grym

Auch von mir vielen Dank für die umfangreichen Infos.

Von den Mustern her und von den versprochenen Qualitätseigenschaften finden wir zur Zeit planeo Isocore super. Die eigentliche Entwicklung des ganzen kommt soweit ich es verstanden habe aus den USA und wird auch dort von Firmen wie Allure, Aspecta Flooring und anderen verwendet.

Neu in Deutschland, gab es meines Wissens von paar Monaten noch nicht: Diese Isocore-Technolgie wird auch von der Bauhaus-Marke b!Design. Dort auch ganz klar im oberen Preissegment.

Jedenfalls, wir haben uns diverse Muster von den bekannten Herstellern geben lassen und haptisch (Synchronprägung) und von der Stabilität her (haben diverse Kratztests mit Schlüsseln gemacht) sowie von den beworbenen Eigenschaften fanden wir Isocore (in unserem Fall von planeo) sehr gut.

Hauptsächlich für uns wichtig: Verlegung problemlos auch z.B. 20 x 20 Meter, weil angeblich keinerlei (!?) Dehnung jedweder Art. Ob das stimmt? Die meisten Vinyls sind ja "nur" bis 10 Meter zugelassen oder 8 x 12 usw...
 
W

wieli

Hallo Grym,
die Isocore Dielen werden von HWZ International in der Schweiz produziert. Auf deren Homepage findest du weitere Infos (unter dem Namen "Sly").
Die Qualität ist ausgezeichnet. Die Preise für z.B. die XXL sind zwischen 39,90 und 43,90 - also etwas höhere Preisklasse. Wir haben diese seit einiger Zeit im Verkauf und ich bin auch überzeugt von dieser Technologie (im Vinylbereich). Ich habe solche Besonderheiten, wie die Isocore eben darstellt, in meinen Posts bisher nicht erwähnt, weil das zu speziell ins Detail gegangen wäre.
Aber hier die Eckpunkte:
  • die Isocore Trägerplatte ist im Gegensatz zu den "normalen" Vinylträgerplatten wesentlich stabiler was die Ausdehnung bei Temperaturdifferenzen angeht. Die Platte ist nämlich nicht 100% volles Vinyl sondern sie ist mit - extremen Druck eingeschossener - Microluftzellen. Dadurch entsteht eine schaumartige festeStruktur die sich weniger verformt bzw. dehnt.
  • Die Unterlage auf der Rückseite ist auch gut, vor allem ein Vorteil bei Fußbodenheizung, da fix verklebt - somit keine zusätzlichen Luftschichten möglich (bremst Wärmeübergang)
  • Keramikpartikel in der Vergütung - bei Lackprodukten haben die sich bewährt. Bei Vinyl wird es glaube ich nicht anders sein.
  • Wer´s braucht: antibakteriell ausgestattet
Das Klicksytem ist ein Fold-Down, d.h. die Längsseite wird eingewinkelt, die kurze Seite wird im gleichen Schritt - wie ein Druckknopf - zusammengefügt. Diese Systeme sind etwas schneller als die klassischen Winkel-Winkel Systeme, aber wie schon erwähnt ict das eigentlich für das Endergebnis nicht wichtig.

Bezüglich deiner Angabe 20x20m bin ich mir jetzt seitens Herstellervorgabe nicht 100%ig sicher, aber da gebe ich morgen Bescheid. Die Aussage, dass sich die Platten nicht dehnen ist definitiv falsch. Wie gesagt weniger riskant als "normale" Vinyl, aber 20m würde ich persönlich nicht riskieren. Du hast ja dann eine Fläche, die unterschiedliche Raumklimas aushalten muss. Und wenn Spannungen auftreten, ist vor allem der schmale Türbereich das Nadelöhr bzw. fast schon eine Sollbruchstelle...

MfG Wieli
 
A

andreasonair

Bei uns sind einerseits bislang in der Auswahl: von Parador Vinyl Basic 4.3 oder Classic 2050 sowie von wineo 600 oder 800 (jeweils mit etwas weniger oder mehr Nutzschicht (erscheint uns auch weniger wichtig) und abweichendes Klicksystem). Da wir bzgl. Optik/Farbe bislang noch nicht ganz glücklich/sicher sind, schauen wir zunächst noch etwas weiter (drei Woche Zeit haben wir noch ...)

Auf die Sly waren wir zuletzt auch gestoßen. Bei dieser waren wir 1. unsicher, ob die integrierte Trittschalldämmung (und dann eine erhöhte Aufbauhöhe von 7 bis 7,5 mm) im Vergleich mit den anderen Systemen mit den separaten und "weicheren" Dämmmatten nun ein Vor- oder Nachteil ist für das Aufliegen auf unserem frischen Heizestrich?
2. habe ich in den Verlegehinweisen bei der Sly für die Untergrund-Ebenheitstoleranz die Anforderung "3 mm über 1,8 m" gelesen. Bei den gängigen deutschen Produkten gibt es ansonsten meistens den Verweis auf die entsprechende DIN mit 3 mm über 1 m bzw. 5 mm über 2 m (d.h. geringere Anforderungen).

Grüße, Andreas
 
Zuletzt aktualisiert 19.04.2024
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