Eigenheim: Zinsentwicklung / Zins / Zinsanstieg / Konditionen

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Zuletzt aktualisiert 26.04.2024
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W

wewerad

@oleda222
@Bauexperte

Wenn ich mich kurz in eure Diskussion einmischen darf. Ihr habt beide Recht!

Es ist so, dass bei steigenden Zinsen der komplette Markt weniger Nachfrage hat, da sind wir uns denke ich alle einig. Die "guten" Anbieter haben natürlich weniger Probleme zu befürchten als die "Billiganbieter", da sie ein anderes Kundensegment bedienen, das eine weniger zinselastische Nachfrage hat.
So wie der VW-Konzern weniger von einem Fachkräftemangel betroffen ist, als ein drei-Mann-Betrieb, so steckt auch eine bekannte Baufirma einen allgemeinen Kundenrückgang besser weg, als eine "no-Name" Firma. Aber leiden müssen sie - im unterschiedlichen Maße - Alle! Je unbekannter eine gute Firma, desto mehr Probleme bekommt sie.

Aber zurück zu den Preisen. Fallen sie bei steigenden Zinsen oder bleiben sie? Die Antwort ist ganz einfach: Ja! Und zwar auf beide Fragen. Es kommt auf die Perspektive an. Aus Sicht eines Baustoffhändlers bleiben sie! Denn bei sinkender Nachfrage kann er zwar nicht die Preise erhöhen, aber senken würden er sie nicht. Oder wie viele Menschen wären bereit eine Gehaltskürzung hinzunehmen? Wie können denn die Kunden die hohen Preise bezahlen, wenn die Zinsen steigen? Die Antwort ist: Inflation. Darauf läuft es nämlich hinaus. Durch Nominallohnanpassung an die Inflation können die Preise für Immobilien bleiben und die Kunden können sie sich dennoch leisten. D.h. die Preise auf Papier bleiben, die Realpreise sinken. Ach ja und solange keine Inflation einsetzt werden die Zinsen nicht angehoben, da lässt uns die EZB keinen Zweifel dran.
Das Thema ist eigentlich noch um einiges komplizierter, aber ich hoffe der Kerngedanke ist klar.
 
O

oleda222

Wobei eine Nichterhöhung der Preise an das Inflationsniveau einer Preissenkung gleich kommt. Und Rabatte in unterschiedlicher Höhe gibt es auch in der Baustoffindustrie. In guten Zeiten dürfte da weniger Verhandlungsspielraum für den Bauunternehmer sein, als in schlechten.

Die Blöße den Listenpreis zu reduzieren braucht sich ja keiner zu geben und kann trotzdem doch ganz einfach die Preise senken wenn der Markt es erfordert.
 
B

Bauexperte

Hallo,

ich versuche es nochmals zu erklären; ausführlicher.

Vorweg geschickt und nach meinem subjektiven Empfinden: seriös arbeitende Architekten/GU/GÜ/BU/BT (über alle Bauarten) sicher 80%, die restlichen 20% teilen sich in Glücksritter und Billiganbieter auf. Zu dieser Einschätzung komme ich, wenn ich einen Blick in meine Bewertungen von Bauunterlagen der vergangenen Jahre werfe. Dabei kann ich auch feststellen, daß ein Bauherr, welcher bei einem Billiganbieter unterschreiben möchte, selten bis gar nicht den Weg zu professioneller Beratung findet.

Auf meine Ursprungsaussage, das beflügelt durch die niedrigen Zinsen, die gesamte Bauwirtschaft profitiert, erwiderst Du, das mehrheitlich Billigheim&Co von der guten Baukonjunktur profitieren nicht die gesamte Bauwirtschaft. Diese unterschiedliche Auffassung habe ich versucht zu verstehen.
Das meine ich auch weiterhin so, weil es auch das ist, was ich täglich erlebe.

Die Baubranche hatte zunächst keine Zeit, sich vom Wegfall der Eigenheimzulage zu erholen. Nach Entfall der Zulage sank die Zahl der Bauanträge um ein gutes ¼ unterhalb des Vorjahreswertes (war es 2005 oder 2006; ich weiß es nicht mehr). Dann platzte die Immobilienblase in den USA mit den bekannten Auswirkungen hier in Deutschland. Als Reaktion darauf und eingeläutet durch die EZB, begann die Niedrigzinsphase in etwa 2008/2009; andauernd bis heute.

Im Zeitraum bis etwa 2009 haben die seriösen Anbieter in Deutschland (unabhängig von Massiv- oder Fertigbau, GU/GÜ oder BU) auch "normal gut" verkauft; die Billiganbieter nur mit massiver Subvention (Küche, Hausautomation etc.). Eines der "Opfer" subventionierender Geschäftspolitik ist die IGB.

Etwa ab dem Jahr 2010 steigen die Gewerkepreise jährlich spürbar, häufig auch 2 mal im Jahr an; interessanterweise immer zuerst bei den Klempnern. Will heißen, die Materialpreise - und hier sind wir dann wirklich bei Angebot und Nachfrage - gaben den 1. Impuls, auch die Leistung Handwerkerstunde zu erhöhen. Was natürlich auch bedeutet, daß die Betriebe endlich wieder ihre Rücklagen auffüllen, Mitarbeiter einstellen können, was eine Reihe von Jahren so ohne Weiteres nicht möglich war. Also unter dem Strich eine gute Sache für alle Seiten.

Ich bin, btw., relativ sicher, daß die ständige Verteuerung der Materialkosten einer der Beweggründe dafür ist, daß der Kollege Roter Wettbewerber seine Rohbauten - mit 1 Ausnahme - wieder mit eigenen Maurerkolonnen hochzieht. Eher vollkommen untypisch in der Branche, da zu risikobehaftet.

Bevor Du mich erneut missverstehst - alle Anbieter in Deutschland profitieren vom Bauboom; 20% aber überproportional mehr, als andere! Warum das so ist, ist ganz leicht erklärt: infolge der historisch niedrigen Zinsen bauen viele Menschen, welche sich das Bauen nicht Leisten SOLLTEN, wirtschaftlich betrachtet, auch nicht KÖNNEN. Sie sind leider lernresistent und reagieren mit Stammtischparolen á la: "dürfen nur die Besserverdienenden sich ein Haus bauen?" auf sachliche Argumente; unter den 20% findet sich immer ein Verkäufer ohne die Spur eines Gewissens. Leider denken auch die Bankhäuser erst seit etwa Herbst letzten Jahres intensiver darüber nach, daß 100% Finanzierungen mit 1%iger Tilgung nicht die klügste Kombination sind. Immerhin tun sie es jetzt und schützen damit ein gewisses Klientel potenzieller Bauherren vor deren finanziellem Ruin (vor sich selbst) ... auch wenn die "Leidtragenden" das aktuell nicht wahr haben wollen.

Ein weiterer Nachteil (aus meiner Sicht) ist die Möglichkeit, eine Baufinanzierung via I-Net abzuschließen. Nachteil u.a. deshalb, daß Banker vor Ort - zumindest nach meiner Erfahrung - ihre Kunden über die Erfahrungen anderer Bankkunden mit diesem oder jenem Anbieter informieren; vor ihnen bekannten "Risiken" warnen. Dies kann ein anonymes Bankinstitut nicht leisten; will es imho auch nicht.

Wir haben also auf der einen Seite, das "normale Tagesgeschäft" seriöser Anbieter und auf der anderen eine große Menge "X" an Menschen, welche auf einmal und - falls erforderlich, auf biegen & brechen - ein Haus bauen können. Letztere haben eine so enge Kapitaldecke, daß sie zu den 20% abwandern MÜSSEN. Da diese Gruppe natürlich größer ist, ist der Anteil der Billiganbieter am Kuchen vergleichbar groß und begründet damit meine Aussage, daß mehrheitlich die Billigheimer & Co. vom Bauboom profitieren. Das die Hersteller, der zum Bau erforderlichen Materialien in allen 3 Kategorien als Sieger hervorgehen, hielt ich jetzt nicht für erwähnenswert, da aus meiner Sicht logisch.

Der Vollständigkeit halber: zwischen beiden Gruppen finden sich in der Mitte die Kapitalanleger und speisen auch die, von Dir erwähnten Statistiken. Einen weiteren Aspekt hat "wewerad" sehr gut erklärt.

Kein Billigheimer und profitiert trotzdem von der guten Konjunktur. Und wenn die Zinsen steigen, dann gehts auch wieder Berg ab, oder?
Bergab würde ich das nicht nennen, denn der Rote Kollege hat ja an den Rändern hinzuverdient; nicht auf einmal eine völlig andere Klientel erschlossen. Insofern und wenn er in seiner Geschäftspolitik keinen Unsinn betreibt, werden sich die Umsätze höchstens auf das Niveau reduzieren, welches vor der Einführung der bezuschußten Häuser als "normal" und marktüblich angesehen werden kann. Und so wird es allen anderen, am Markt seriös arbeitenden, Anbietern auch ergehen.

Du darfst auch nicht den Handel mit Grundstücken unterschätzen. Wenn die Zinsen spürbar ansteigen - was vmtl. noch eine ganze Weile dauern wird - wird sich die Preisentwicklung pro qm Land auch ein Stück weit entspannen. Da weiterhin die mittleren Einkommen ständig steigen, wächst automatisch Kundschaft für die 80% nach, denn Menschen mit mittleren Einkommen haben andere Ansprüche an ihren Neubau; wissen, daß sie "give aways" mit zahlen. Die dann zu erstellende Statistik wird aber kaum nennenswert andere Zahlen ausweisen. Es ist also nicht allein damit getan, Zahlen zu präsentieren, sie müssen auch interpretiert werden.

Und schlussendlich bin ich sehr sicher, daß in - vlt. noch 5 Jahren ab heute - sehr viele und junge Häuser zum Verkauf angeboten werden (müssen). Dann werden sich die Konsequenzen falscher Entscheidungen im Notartermin offenbaren, aber die Klugen belohnt werden

Liebe Grüsse, Bauexperte
 
M

merlin83

Nachdem was man heute auf der Seite vom Handelsblatt lesen durfte, ist nach meinen Vorstellungen in den nächsten Wochen eher von einem dezenten Rückgang der Zinsen auf ursprüngliches Level von vor 4 Wochen auszugehen. Draghi sei Dank - ich steh kurz vor der Finanzierung.

Teures Geld würde wohl nach herrschender Meinung dem europäischen Grundgedanke schaden.
 
U

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Nachdem was man heute auf der Seite vom Handelsblatt lesen durfte, ist nach meinen Vorstellungen in den nächsten Wochen eher von einem dezenten Rückgang der Zinsen auf ursprüngliches Level von vor 4 Wochen auszugehen. Draghi sei Dank - ich steh kurz vor der Finanzierung.
Das will ich auch stark hoffen! Bei uns ähnlich.
 
T

toxicmolotof

Die Korrektur in den letzten 4 Wochen war schon ganz in Ordnung, so rein aus Bankensicht ist die aktuelle Steilheit der ZSK ganz gut. Andererseits sind wir jetzt wieder auf Jahresendniveau 2014... daher noch alles gut.
 
Zuletzt aktualisiert 26.04.2024
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