Befreiung vom Bebauungsplan erwirken - wie?

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S

Specki

Hallo zusammen,

ich bräuchte ein bisschen Unterstützung bei unserem Vorhaben. Da das hier mit Sicherheit schon einige durchhaben dachte ich mir, ich kann hier vielleicht ein paar gute Tipps bekommen.

Ausgangslage:
Grundstück vorhanden
Es soll ein Einfamilienhaus (evtl. mit Einliegerwohnung) gebaut werden.
Derzeit 2 Erw. mit 2 Kindern (2 u.4 Jahre). Das Haus soll von uns genutzt werden. Plan ist, oben eine kleine Einliegerwohnung rein zu machen ,die später, wenn die Kinder aus dem Haus sind vermietet wird.
Folgende (relevante) Vorgaben aus dem Bebauungsplan von 1974:
- Firstrichtung Ost-West
- Zwingend Eingeschossigkeit
- Kniestock Max. 50 cm
- Dachneigung zwischen 22° und 28°
Im Anhang ein Auszug aus dem Bebauungsplan. Das lila umrandete Grundstück ist das entsprechende um das es geht. Die rot dargestellten Häuser existieren nicht, sie wurden nur mal planerisch eingefügt.

Wir würden gerne die Firstrichtung drehen und den Kniestock auf 1m, oder besser 1,25 cm anheben, da das Haus sonst zu klein wird.

Dazu war ich erst mal beim Bauamt und hab mit der zuständigen Dame dort gesprochen.
Sie hat sich das angeschaut und gemeint. Von Ihrer Seite aus erst mal kein Problem, aber ich muss mit dem Landratsamt (LRA) reden, die müssen das absegnen. Sie hat mir den Kontakt gegeben.

Daraufhin hab ich mit dem Herrn vom LRA telefoniert. Er meinte das wird schwierig. Ich soll das ganze doch mal als schriftliche Bauvoranfrage reinschicken. Habe dann eine E-Mail an den Herrn vom LRA sowie die Dame vom Bauamt geschickt.

Es kam nach relativ kurzer Zeit die Antwort vom LRA.
Zitat:
"der Bebauungsplan „XXX“ der Stadt XXX ist sicherlich bereits etwas in die Jahre gekommen und heutzutage würden sich die festgesetzten Haustypen sicherlich anders darstellen. Der Bebauungsplan stellt jedoch weiterhin die Rechtsgrundlage für die Erteilung von Baugenehmigungen – ein geplantes Bauvorhaben muss sich daher an den dort getroffenen Festsetzungen messen lassen.

Bei der Vorgabe der Firstrichtung handelt es sich am geplanten Standort mehr um eine Festsetzung gestalterischer Natur als um ein städtebaulich übergeordnetes Ziel – unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Stadt Buchloe kann daher für die Drehung der Firstrichtung eine (zu beantragende) Befreiung in Aussicht gestellt werden.

Anders verhält es sich bei der Vorgabe des Kniestockes. Hierbei handelt es sich um eine Vorgabe mit städtebaulichen und -planerischen Hintergrund. Bislang wurden wohl keine Befreiungen hierzu erteilt, daher muss sich ihre Planung an den bestehenden Regelungen orientieren. Eine Befreiung hiervon kann seitens des Landratsamtes Ostallgäu nach Rücksprache mit unserer Baujuristin nicht in Aussicht gestellt werden. Um eine entsprechende Kniestockerhöhung oder ggf. die Schaffung eines zweiten Vollgeschosses zu erreichen, müsste der Bebauungsplan in diesem Bereich geändert werden."

Daraufhin hab ich erst mal die Flinte ins Korn geworfen und noch mal eine e-Mail geschrieben und darin gefragt, ob man wenigstens die Dachneigung ändern kann. Dies erfolgte vor einer Woche, noch keine Antwort bisher.

Nun habe ich vorgestern jemand anderen vom Bauamt der Stadt getroffen. Dieser war hinter unserem Grundstück zugange wegen der Straße die dort kommen soll.
Ich hab etwas mit ihm geplaudert. Er meinte, er versteht das wir vom Bebauungsplan abweichen wollen. Er selbst hat auf das Thema jedoch keinen Einfluss, weil er dafür nicht zuständig ist. Ich bin schon bei dem richtigen Herrn vom LRA und der richtigen Dame von der Gemeinde. Ich müsse halt noch mal mit dem Herrn vom LRA reden. Evtl von den Nachbarn bzw. den Leuten im selben Baufeld (Blau gekennzeichnet im Plan) mir ein OK geben lassen für meine Abweichung.
Er meinte, es wird nicht einfach, wegen Gleichberechtigung und weil sonst jeder abweichen will.
Eine Änderung des Bebauungsplanes wäre unrealistisch und würde bis zu zwei Jahren dauern. Das kann ich wohl vergessen, vor allem weil ja eh nur noch drei freie Baugrundstücke in dem Feld sind.

So ist jetzt die Lage.
Wir möchten unbedingt den Kniestock etwas hoch setzen.
Einen Bungalow möchten wir nicht bauen, da geht zu viel Gartenfläche verloren.
Und mit 50 cm Kniestock bekommt man oben wirklich nicht wirklich vernünftige Zimmer rein.

Ich bin über jeden Tipp/Vorschlag dankbar, wie wir noch zu unserem Ziel kommen könnten

Vielen Dank schon mal!

Gruß
Specki
befreiung-vom-bebauungsplan-erwirken-wie-392632-1.jpg
 
N

nordanney

Ich bin über jeden Tipp/Vorschlag dankbar, wie wir noch zu unserem Ziel kommen könnten
Anderes Baugebiet suchen!

Das soll kein Scherz sein, aber warum sollte gerade für Euch eine Befreiung von einem VERBINDLICHEN Bebauungsplan vorgenommen werden? Genau dafür gibt es ihn, damit nicht jeder nach Lust und Laune baut.

Bei der Vorgabe der Firstrichtung handelt es sich am geplanten Standort mehr um eine Festsetzung gestalterischer Natur als um ein städtebaulich übergeordnetes Ziel – unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Stadt Buchloe kann daher für die Drehung der Firstrichtung eine (zu beantragende) Befreiung in Aussicht gestellt werden.

Anders verhält es sich bei der Vorgabe des Kniestockes. Hierbei handelt es sich um eine Vorgabe mit städtebaulichen und -planerischen Hintergrund. Bislang wurden wohl keine Befreiungen hierzu erteilt, daher muss sich ihre Planung an den bestehenden Regelungen orientieren. Eine Befreiung hiervon kann seitens des Landratsamtes Ostallgäu nach Rücksprache mit unserer Baujuristin nicht in Aussicht gestellt werden. Um eine entsprechende Kniestockerhöhung oder ggf. die Schaffung eines zweiten Vollgeschosses zu erreichen, müsste der Bebauungsplan in diesem Bereich geändert werden.
Dabei wird es bleiben...

Tut mir leid für Euch.
 
E

Escroda

Habe dann eine E-Mail an den Herrn vom LRA sowie die Dame vom Bauamt geschickt.
Das ist keine schriftliche Bauvoranfrage. Wundert mich, dass Du überhaupt eine so ausführliche Antwort bekommen hast. Es ist ja nicht Aufgabe des LRA, die Bebauungsmöglichkeiten auf dem Grundstück auszuloten, sondern eine fertige Planung zu prüfen.
Bislang wurden wohl keine Befreiungen hierzu erteilt
Auch nicht für Hausnummer 2a? Hierbei handelt es sich ja offensichtlich um ein recht neues Haus, welches den First gedreht hat. Das Dachgeschoss scheint auch ausgebaut zu sein und das auf einem deutlich kleinerem Grundstück als Deinem.
ob man wenigstens die Dachneigung ändern kann.
Die online zur Verfügung gestellten Informationen sind sehr dürftig. Dein Planausschnitt stammt ja auch nicht vom rechtsverbindlichen Originalplan, sondern von einem Konglomerat aus allen sechs bisherigen Änderungen.

Der übliche und IMHO einzig erfolgversprechende Weg wäre, dass ein erfahrener Planer sich den Bebauungsplan mit seiner gesamten Historie einschließlich Begründungen zu Gemüte führt, die Grundzüge der Planung und die städtebaulichen Ziele herausarbeitet, eine genaue Umfeldanalyse durchführt und mit diesen Ergebnissen eine überzeugende Argumentation für die notwendigen Befreiungen formuliert. Je mehr inoffizielle Einzelfragen Du stellst, umso mehr unbedachte Antworten erhältst Du, die es dem Profi schwerer machen.
 
M

Müllerin

Ich setz mich vmtl in die Nesseln, aber der Bebauungsplan war doch vor dem Grundstückskauf bekannt oder? Warum kauft man denn dann ein Grundstück, wenn man mit den Vorschriften nicht zufrieden ist und so gravierende Dinge ändern will?
Wir haben dadurch auch länger warten müssen, weil die ersten Grundstücke alle
- zu wenig bis Null Gartenrest gehabt hätten
- kein komplettes Verklinkern erlaubt war
- nur Flachdächer
etc....

wenn ich mich damit nicht anfreunden kann, frage ich doch vor dem Kauf...
 
kaho674

kaho674

Wie sieht denn das GS aus? Gibt es eventuell ein Gefälle, so dass man mit UG bauen kann?

Den Bebauungsplan zu umgehen oder gar zu ändern, halte ich für' ne blöde Idee.
 
S

Specki

Anderes Baugebiet suchen!

Das soll kein Scherz sein, aber warum sollte gerade für Euch eine Befreiung von einem VERBINDLICHEN Bebauungsplan vorgenommen werden? Genau dafür gibt es ihn, damit nicht jeder nach Lust und Laune baut.
Naja, ich hab jetzt schon von sehr vielen gelesen, dass sie vom Bebauungsplan abweichen durften. Also würd ich es halt auch gerne versuchen.


Das ist keine schriftliche Bauvoranfrage. Wundert mich, dass Du überhaupt eine so ausführliche Antwort bekommen hast.
Die Dame von der Stadt hat mir gesagt, genau so soll ich das machen.


Auch nicht für Hausnummer 2a? Hierbei handelt es sich ja offensichtlich um ein recht neues Haus, welches den First gedreht hat.
Das erste Haus ist auf dem Plan gar nicht eingezeichnet. Dieses liegt auch nicht vollständig im Baufenster. Es hat die Firstrichtung gedreht, damit es zur Querstraße passt. Aber danke für den Hinweis, da könnte ich vielleicht noch mal ansetzen.

Der übliche und IMHO einzig erfolgversprechende Weg wäre, dass ein erfahrener Planer sich den Bebauungsplan mit seiner gesamten Historie einschließlich Begründungen zu Gemüte führt, die Grundzüge der Planung und die städtebaulichen Ziele herausarbeitet, eine genaue Umfeldanalyse durchführt und mit diesen Ergebnissen eine überzeugende Argumentation für die notwendigen Befreiungen formuliert. Je mehr inoffizielle Einzelfragen Du stellst, umso mehr unbedachte Antworten erhältst Du, die es dem Profi schwerer machen.
Danke für diesen Hinweis. Bisher hat mir ein befreundeter Makler sowie die Dame von der Gemeinde geraten erst mal privat so anzufragen. Dies sein Erfolgsversprechender.

Ich setz mich vmtl in die Nesseln, aber der Bebauungsplan war doch vor dem Grundstückskauf bekannt oder? Warum kauft man denn dann ein Grundstück, wenn man mit den Vorschriften nicht zufrieden ist und so gravierende Dinge ändern will?
Ja, du setzt dich in die Nesseln
Mir gehört das darunter liegende Grundstück. Das hintere wird bisher als Garten genutzt und war eigentlich nie als was anderes vorgesehen. Jetzt wird es über eine Straße erschlossen. Ja, die Straße nördlich vom Grundstück existiert noch gar nicht, wird erst jetzt gebaut. Und jetzt haben wir uns halt gedacht, dann bauen wir uns da ein Haus rein.
Also beim Kauf stand das noch gar nicht zur Debatte.


Wie sieht denn das GS aus? Gibt es eventuell ein Gefälle, so dass man mit UG bauen kann?

Den Bebauungsplan zu umgehen oder gar zu ändern, halte ich für' ne blöde Idee.
Das Grundstück ist quasi total eben. Keller wollen wir nicht.
Warum ist es eine blöde Idee?
 
Zuletzt aktualisiert 28.03.2024
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