Baukostenplanung/Architekten erheblich überschritten, wer haftet?

4,70 Stern(e) 3 Votes
M

maike321

Hallo zusammen,

schon seit über einem Jahr sind wir an der Planung unseres Umbaus. Es handelt sich um ein 2 Familienhaus aus den frühen 60er Jahren, in dem meine Eltern in der EG Wohnung und mein Mann und ich in der DG Wohnung leben. Wir wollen nun unsere DG Wohnung mit dem Spitzboden zusammenlegen und teilerweitern. Außerdem war der Neubau einer Doppelgarage und die Isolierung des kompletten Haus geplant.

Die Pläne wurden vom Architekten fertiggestellt und von uns so abgesegnet, dann erfolgte eine Kostenplanung (anhand dieser Tabellen, mit denen man die Durchschnittswerte pro Einheit/Gewerk ermittelt, ich hab leider gerade vergessen, wie das heißt). Wir kamen da auf Plankosten von 220.000 EUR ohne Architektenkosten. Mit dieser Planung sind wir dann zu unser Bank und haben uns ein Angebot machen lassen, zur Sicherheit gleich für 250.000 EUR (inkl. Eigenkapital), denn bei einem Umbau findet man sicher noch das ein oder andere. Außerdem muss die Garage (ca 25.000 €) und die Vollisolierung (ca. 20.000€) nicht primär gebaut werden, so dass dieses Geld ebenfalls als Puffer zur Verfügung stehen würde. Nachdem die Bank das ok gegeben hat, war für uns klar, dass wir das Projekt in angriff nehmen wollen. Der Bauantrag ist inzwischen Genehmigt, unsere Wohnung von meinen Eltern auf uns übertragen, der Kredit beantragt, so dass wir anfangen könnten.

Jetzt liegen mittlerweile alle Angebote vor, und uns trifft fast der Schlag: ohne Garage und Vollisolierung liegen wir zur Zeit bei Baukosten von ca. 225.000 € und das ohne jeglichen Risikopuffer! Wenn ich von unserm ursprünglichen Vorhaben ausgehe (175.000 € reiner Ausbau) ist das bisher eine Kostenüberschreitung von über 28%. Ein Abbruch der Planung ist für uns ohne finanziell große Einbußen nicht mehr möglich (erste Architekten und Statikerrg. bereits bezahlt, Eigentum überschrieben, Vorfälligkeitszinsen würden fällig).

Nun meine Frage: Kann ich den Architekten für eine solche Fehlplanung in irgendeiner weise haftbar machen? Hätten wir vorher von diesen hohen Kosten gewusst, hätten wir auf den Umbau komplett verzichtet.

Ich weiß schon, dass mir hier keine rechtlichen Ratschläge gegeben werden dürfen, aber ein denkanstoß in die richtige Richtigung wäre schön.

Vielen Dank LG Maike
 
Der Da

Der Da

Wenn ihr vorher vertraglich eine Grenze vereinbart habt, muss, soweit ich weiß, der Architekt sich auch drum kümmern, dass es passt.
Wenn er Euch eine Preis-Garantie gegeben hat, hat ein Architekt dafür auch eine Versicherung. Aber eine gewisse Ungenauigkeit muss auch dem Architekten erlaubt sein. Wobei ich glaube, dass 28% zu viel ist.

Ich denke er muss noch mal ran, und schauen, wo Kosten gespart werden können. Ich denke ihr müsst dazu auch Kompromissbereit sein.
Am besten ist aber immer noch die Beratung durch einen Baurechtsanwalt.
 
Der Da

Der Da

Auch wenn einzelne Gerichte in Einzelfällen höhere Toleranzwerte akzeptiert haben, wird für die Kostenschätzung im allgemeinen eine Überschreitung von bis 30 % als zulässig erachtet (so zuletzt OLGStuttgart, OLGR 2000, 422). Bei der Kostenberechnung werden allerdings nur noch 20–25 %, beim Kostenanschlag sogar lediglich 10-15 % als zulässig angesehen (OLG-Köln, BauR 2002,978). Ob allerdings überhaupt solche Toleranzwerte zugunsten des Architekten berücksichtigt werden können, hängt insbesondere vom zugrundeliegenden Architektenvertrag ab. Ist dort durch eine Beschaffenheitsvereinbarung die Kostenhöchstgrenze für die Baukosten genau festgelegt, führt dies bei Überschreitung zu einer Haftung des Architekten, da er sich in solchen Fällen nicht auf eine zu tolerierende Überschreitung berufen kann.
Mal ein Zitat:

Toleranzgrenzen bei der Bausummenüberschreitung


Bausummenüberschreitungen können als Pflichtverletzung des Architekten zu einer Haftung führen, die empfindliche Honorarkürzungen oder Schadensersatzklagen nach sich ziehen.

Nach HOAI und DIN 276 muss zunächst eine Kostenschätzung vorgenommen werden, die zu Beginn des Bauvorhabens naturgemäß noch mit zahlreichen Unwägbarkeitenverbunden ist. Leistungsphase 3 erfordert später eine detailliertere Kostenberechnung. Mit Fortschreiten des Bauvorhabens ist schließlich in Leistungsphase 7 eine Berechnung auf Grundlage des Kostenanschlages zu erstellen. Im Rahmen einer Kostenkontrolle ist der Architekt ebenfalls verpflichtet, die einzelnen Berechnungen zu vergleichen. Zu beachten ist, dass mit zunehmendem Baufortschritt die Anforderungen an die Genauigkeit der Berechnungen steigen. Die von der Rechtsprechung akzeptierten Toleranzen liegen insoweit bei der Kostenschätzung am höchsten und beim Kostenanschlag am niedrigsten. Für Toleranzgrenzen bei Kostenschätzung, -Berechnung und -Anschlag existieren prozentuale „Faustregeln“, die allerdings mit einer gewissen Vorsicht zu genießen sind. Auch wenn einzelne Gerichte in Einzelfällen höhere Toleranzwerte akzeptiert haben, wird für die Kostenschätzung im allgemeinen eine Überschreitung von bis 30 % als zulässig erachtet (so zuletzt OLGStuttgart, OLGR 2000, 422). Bei der Kostenberechnung werden allerdings nur noch 20–25 %, beim Kostenanschlag sogar lediglich 10-15 % als zulässig angesehen (OLG-Köln, BauR 2002,978). Ob allerdings überhaupt solche Toleranzwerte zugunsten des Architekten berücksichtigt werden können, hängt insbesondere vom zugrundeliegenden Architektenvertrag ab. Ist dort durch eine Beschaffenheitsvereinbarung die Kostenhöchstgrenze für die Baukosten genau festgelegt, führt dies bei Überschreitung zu einer Haftung des Architekten, da er sich in solchen Fällen nicht auf eine zu tolerierende Überschreitung berufen kann. Daher sollte solche Festlegungen in jedem Fall vermieden werden. Es kann dem Architekten auch dann verwehrt sein, sich auf eine an sich geringfügige Überschreitung zu berufen, wenn etwa bei der Kostenschätzung „grobe“ Fehler gemacht werden. Dies soll beispielsweise dann der Fall sein, wenn völlig unrealistische Kubikmeterpreise zugrundegelegt wurden oder die Mehrwertsteuer vergessen worden ist. Toleranzen sind aber dann zu berücksichtigen, wenn der Bauherr nach Vorgabe der Bau-Kostenobergrenze den Umfang des Bauvorhabens nachträglich erweitert (OLG-Düsseldorf, NJW-RR 1999, 1496). Diese Situation entsteht häufig schon dadurch, wenn sich der Bauherr im Nachhinein für die Verwendung höherwertiger Materialien entscheidet. Verlangt der Bauherr nachträgliche Änderungen und führt dies zu einer Verteuerung des Bauvorhabens, besteht eine Aufklärungspflicht des Architekten. Um hierbei auf der sicheren Seite zu sein, sollten Sie bei späteren Änderungswünschen des Bauherren stets auf die steigende Kosten hinweisen und dies vor allem schriftlich dokumentieren sowie vom Bauherren gegenzeichnen lassen.

Wichtig ist, dass ein Schadenersatzanspruch des Bauherren wegen Bausummenüberschreitung nur dann in Betracht kommt, wenn er dem Architekten zuvor eine Frist zur Nachbesserung gesetzt hat und diese ergebnislos verstrichen ist. Dies bedeutet, dass der Bauherr dem Architekten die Möglichkeit einräumen muss durch „Umplanung“ oder erneute Planung die Baukosten zu senken, so lange dies möglich ist. Der Bauherr muss sich allerdings auch eine Steigerung des Verkehrswertes seines Objektes, zu der es durch die verteuerte Bauausführung kommt, anrechnen lassen, was den vermeintlich Schaden des Bauherren bis auf Null reduzieren kann. Zur Thema Vergütung gilt bei Bausummenüberschreitungen im Grundsatz Folgendes: Wenn die Baukosten überschritten worden sind, kann der Architekt lediglich auf Grundlage der zu niedrigen veranschlagten Baukosten sein Honorar berechnen. Eine zulässige Überschreitung, die im Toleranzrahmen bleibt, kann aber mit zugrundegelegt werden. Erfüllt der Architekt die Pflichten, die ihm die HOAI neuerdings auferlegt (d.h. Kostenkontrolle durch Vergleich Kostenschätzung / Kostenberechnung und Kostenberechnung / Kostenanschlag) und informiert, bzw. warnt er den Bauherren bei Verteuerung des Bauvorhabens rechtzeitig, so kann er selbstverständlich bei der Vergütung ohne weiteres die verteuerten Baukosten bei der Berechnung des Vergütungsanspruches ansetzten.
keine Ahnung ob das wirklich so passt, aber scheinbar gibts da inzwischen auch Rechtsurteile.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
B

Bauqualle

Wir kamen da auf Plankosten von 220.000 EUR ohne Architektenkosten. ................ zur Sicherheit gleich für 250.000 EUR (inkl. Eigenkapital),
...............Angebote : Baukosten von ca. 225.000 € ......................ursprünglichen Vorhaben ausgehe (175.000 € reiner Ausbau) ..............Kostenüberschreitung von über 28%.
.. sorry .. also irgendwie versteh ich diese Zahlen nicht
 
M

maike321

@ Der Da: Vielen dank schon mal für die Infos, da muss ich mich mal genauer einlesen und evtl. müssen wir da doch noch mal einen Termin mit dem Architekten machen und falls der nicht irgendwie kooperativ ist uns mal bei einem Experten für Baurecht beraten lassen.

@ Bauqualle: Ja, ist vielleicht auch wirklich nicht so ganz einfach zu verstehen. Hier noch mal ein Versuch:

Plankosten 220.000 € (reiner Ausbau 175.000€ + Neubau Garage 25.000€ + Volldämmung 20.000€)

Kosten lt. Angeboten 270.000€ (reiner Ausbau 225.000€ + Neubau Garage 25.000€ + Volldämmung 20.000€ wobei wir für die Garage und Dämmung bisher noch gar keine Angebote eingeholt haben, da das eh finanziell zur Zeit nicht möglich ist.)

Für unsere Planung sind wir von vornherein von benötigtem Kapital von 250.000€ ausgegangen, da wir ja auch noch eine neue Küche brauchen, evtl. doch den teureren Boden haben wollen und und und. Außerdem ist bei einem Umbau ja auch evtl. noch die ein oder andere unangenehme Überraschung zu erwarten. Und so haben wir eben gleich 30.000€ mehr eingeplant um da etwas flexibler zu sein.

Ich hoffe, die Zahlen sind so etwas deutlicher?!
 
B

Bauqualle

.. und wieso wird die Baukostenplanung des Architekten erheblich überschritten, wenn ihr schon 250 T + 30 T = 280 T Euronen kalkuliert hattet
 
Zuletzt aktualisiert 28.04.2024
Im Forum Architekt / Architektur gibt es 338 Themen mit insgesamt 3694 Beiträgen


Ähnliche Themen
Alle Bilder dieser Forenkategorie anzeigen
Oben