Bester Berater und Einschätzung Sanierungskosten Haus 60er Jahre

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JacquesCormery

Hallo wertes Forum,

erst einmal entschuldige ich mich, da ich das Gefühl habe, dass es ähnliche Beiträge in diesem Forum schon haufenweise gibt, doch konnte ich mir damit meine Fragen noch nicht beantworten.

Wir suchen seit ca. 16 Monaten ein kleines Haus ungefähr 30 km südlich von Bonn, nahe zum Rhein. Leider war bis jetzt noch nichts dabei. Während wir anfangs gerne eine Immobilie mit wenig Sanierungsbedarf gesucht haben, haben wir aufgrund der erfolglosen Suche jetzt unsere Suchparameter erweitert. Grund dafür, dass wir vorerst eher nach wenig Sanierungsbedarf geschaut haben, sind meine zwei linken Hände und vor allem der Faktor Zeit. Meine Partnerin ist zwar Ingenieurin und sollte im Gegensatz zu mir schon einiges hinbekommen, wobei der Faktor Zeit halt schon ein limitierender ist. Das heißt wir würden größtenteils machen lassen.

Mich würde zunächst interessieren, wer uns denn vor dem Kauf (also bei der ersten oder zweiten Besichtigung)am besten zu den Kosten beraten kann, wenn wir uns ein sanierungsbedürftiges Haus anschauen? Geht man da mit einem Architekten hin, mit dem Bausachverständigen oder einem Energieberater? Hier gibt es ja im Forum unzählige Beispiele, bei denen ich aber nie abschätzen kann, ob da das dann die wirklichen Endkosten sind oder ob dass dann die Kosten sind, die ich erst einmal bezahlen muss, von denen dann aber noch Förderbeiträge oder Steuerrückzahlungen abzuziehen sind.

Die Finanzierung werde ich schon gestemmt bekommen, da verschwende ich erst einmal wenig Gedanken dran. Da wir erst nach einer Wohnung geschaut haben und dann unser Budget immer weiter aufgestockt haben, ist es aber ganz klar eine Frage des Wollens und der Sinnhaftigkeit, weshalb wir uns selber das Budget für das Projekt limitieren. Um also überhaut einschätzen zu können, ob eine Immobilie finanziell überhaupt interessant ist, würden wir gerne besser einordnen können, welche Sanierungskosten nach Abzug aller Steuererstattungen oder Förderungen auf einen dann jeweils zu kommen. Wer wäre in solchen Fällen ein guter Berater?

Vielleicht könnt ihr mir das auch anhand des folgenden Beispiels verdeutlichen:

Meiner Kalkulation nach dürfte das Haus zu teuer werden, das wir uns letzte Woche angeschaut haben. Es sollte 245.000 Euro kosten und gemacht werden müsste meiner Meinung nach alles. Wahrscheinlich am besten Rückbau bis zum Rohbau. Das Haus ist eine Doppelhaushälfte mit ungefähr 100qm, was für uns völlig ausreicht. Wir wollen ausdrücklich nichts viel größeres, da wir das schlicht und einfach nicht brauchen. Das Haus ist unterkellert.

Definitiv gemacht werden müssten meiner Meinung nach Fenster, Dach (Dabei mindestens Dämmung der obersten Geschossdecke. Den Speicher müssten wir eigentlich nicht nutzen), Heizung mit Lüftung, Strom und Wasserleitungen, Bad und Gäste-WC, Kellerdeckendämmung, Fassadendämmung, neue Böden und wahrscheinlich noch weitere Arbeiten, an die ich noch gar nicht denke...
Küche lassen wir mal außen vor... Da haben wir noch eine...
Mit welchen Endkosten (das sind für mich die Kosten, von denen Förderungsmittel oder Steuerrückzahlung bereits abgezogen sind) müsste man in einem solchen Fall denn ungefähr rechnen? Solar lass ich jetzt mal raus, weil die sich nach einer gewissen Zeit ja wieder refinanzieren sollte.

Danke für Eure Mühe
 
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wpic

wpic

Sie benötigen die Immobilienkaufberatung (IKB) eines Architekten, der Erfahrung aus dem Bauen im Bestand und der energetischen Sanierung hat. Die IKB findet sinnvollerweise nach Ihrer Erstbesichtigung statt, wenn Sie für sich die Entscheidung getroffen haben, das die Immobilie von Lage, Größe, Anmutung etc. grundsätzlich in Frage kommt. Die IKB legt den Schwerpunkt dann auf die Begutachtung der Bausubstanz, ev Bauschäden, auf konstruktive Aspekte, die für einen ev. Umbau wichtig sein könnten etc. und beachtet auch die bau- und planungsrechtlichen Vorgaben für genehmigungspflichte Baumaßnahmen am Haus.

Nach dieser Objektbesichtigung, die i.d.R. 2-3 Std. dauert, kann der Architekt Ihnen einen ungefähren Kostenrahmen für die von Ihnen gewünschten Bau-, Umbau- oder Sanierungsmaßnahmen benennen. Danach können Sie entscheiden, ob Kauf und Umbau/Sanierung für Sie weiterhin eine Option ist.

Der Energieberater hat zu diesem Zeitpunkt keine Relevanz und kommt im Ablauf einer Sanierungsplanung erst später dazu - bitte dies unbedingt zu beachten. Vorschnell erstellte "Individuelle Sanierungsfahrpläne" für eine KfW-/BEG-/Bafa-Förderung sind für eine weitergehende Planung meistens Makulatur.

Zu den Umbaukosten Ihres fiktiven Gebäudes : gehen Sie davon aus, das bei der sog. "Kernsanierung" -dem Rückbau bis zum Rohbau- Baukosten entstehen, die die denen eines Neubaus vergleichbarer Größe entsprechen. Der liegt realistisch z. Zt. bei ca. brutto € 4.500 - 5,000/m2 Netto-Nutzfläche, inkl. der Baunebenkosten. Immer vorausgesetzt, das Objekt ist kein Baudenkmal und befindet sich nicht in einem eher abrissreifen Zustand. In den Baukosten sind generell nicht die Kosten für Außenanlagen, Erschließung, Inneneinrichtung (Küche, Beleuchtung, individueller Innenausbau),enthalten - sie beziehen sich auf den reinen Umbau des Hauses.
 
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JacquesCormery

Vielen Dank für die Mühe! Ich hatte bei dem Energieberater an ein kleines Büro vor Ort (5 oder 6 Leute) gedacht (bei denen ich aber noch nicht war), das neben der Energieberatung auch eine Architektin, zwei Bauleiter und Leute mit Ausbildung im Metallbau und in der Gas- und Wasserinstallation hat. Meine Frage wäre, ob die nicht die besseren Begleiter für so ein Gesamtprojekt wären als "nur" ein Architekt?

Das Haus ist ja gar nicht so fiktiv, sondern das habe ich mir ja tatsächlich vor zwei Wochen angeschaut. Auf die Abgabe eines Gebots und oder die Hinzuziehung eines Gutachters habe ich aber verzichtet, da ich mir schon ausrechnen konnte, dass das zu teuer wird. Mit 4500 bis 5000 Euro habe ich aber bei weitem nicht gerechnet und das zieht mir ehrlich gesagt gerade ganz schön die Schuhe aus... Mich würde trotzdem mal brennend interessieren, welche Endkosten da am Ende übrig bleiben.
Ich hätte mit 300.000 bis 350.000 für das Projekt gerechnet und gehofft, dass da noch spürbar was an Fördergeldern oder Steuerermäßigungen abgezogen werden kann. Selbst mit 300.000 (ohne Abzüge etwaiger Fördergelder) wäre bauen attraktiver.
Grüße, Jacques
 
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dertill

Das kommt auch auf die tatsächlich notwendigen oder geplanten Arbeiten an.
Wenn mit Rückbau das Entkernen (Fußböden/Estrich, Bäder, Fliesen, Leitungen) gemeint ist, ist das gar nicht viel Aufwand. Bauen lassen ist halt teuer.
Ich begleite gerade eine Kernsanierung zum kfW70-EE Standard. Die Entkernung haben die Eigentümer selber gemacht.
140m² Einfamilienhaus, 1 EG + DG + Spitzboden + kalter Keller.
Neues Dach nach KfW: 72k€
Fassadendämmung WDVS mit Putz: 34k€
Haustür + Fenster mit Rollladen und großer Schiebe-Terrassentür, neue Kellertür: 34k€
Wärmepumpe mit Fußbodenheizung im ganzen Haus: 44k€
2 Badezimmer mit Fliesen: 19k€
Elektrik mit neuem Verteilerkasten und Leitungen (ohne Smarthome/KNX): 5k€ Material, weil Eigenleistung, sonst 15k€
Dezentrale Lüftung mit Wärmerückgewinnung: 5k€
Kellerdeckendämmung (Material, Eigenleistung): ca. 4k€

Dazu kommen noch die Küche, Fußböden, Putz- und Malerarbeiten im ganzen Haus

in Summe gute 250k€ für 140m²

Fördertechnisch gibt es bis 150k€ je Wohneinheit einen KfW-Kredit, mit relativ niedrigem Zinssatz und (in diesem Fall) 25% Zuschuss. Dazu zu Einzelmaßnahmen darüber hinaus (in diesem Fall WDVS und Fenster) 20% Zuschuss über BEG EM Förderung (mit vorliegendem Sanierungsfahrplan) bis 60k€ förderfähiger Kosten im Kalenderjahr.

Bei den Kosten wäre auch noch ein abspecken möglich gewesen (Rollladen + Schiebeelement schlagen mit 12k€ Mehrkosten zu Buche, die Dachziegel und Gaubenverkleidung wäre auch knapp 8k€ günstiger möglich gewesen).
Es wäre aber auch teurer gegangen. Fenster aus Holz/Aluminium anstelle Kunststoff, Keller im Erdreich einpacken anstelle der Kellerdecke, deutlich aufwändigere Bäder, Grundrissänderungen, so dass man auch gut 300k€ oder 350k€ dafür ausgeben kann.

Die Kosten für die Maßnahmen an der Hülle kann man relativ linear auf kleinere Flächen runterbrechen zur Orientierung. Aber Schlewsig-Holstein, nicht am Rhein.

Für eine Einschätzung hört sich das von dir genannte Büro gut an. Wenn dort Energieberater und Architekt vorhanden sind, haben die meistens nicht nur die eine Brille auf. Bei der Planung und Ausschreibung/Vergabe kann ein Architekt, auch in der Sanierung, sein Geld hinterher mehr als Wert sein.
 
wpic

wpic

in Summe gute 250k€ für 140m²
Die Einzelposten im Sanierungsbeispiel sind realistisch. Es wäre aber interessant zu wissen, ob es sich a.) um Netto-/Bruttopreise handelt und b.) ob darin auch die Baunebenkosten enthalten sind, die bei einer Sanierungsplanung durch einen Architekten/eine Architektin anfallen inkl. Bauleitung. Mit allen anderen ev. Honoraren für Statikerund sonstige Ingenuerleistungen kommen da nochmals 18-23% hinzu.
Ich hätte mit 300.000 bis 350.000 für das Projekt gerechnet und gehofft, dass da noch spürbar was an Fördergeldern oder Steuerermäßigungen abgezogen werden kann. Selbst mit 300.000 (ohne Abzüge etwaiger Fördergelder) wäre bauen attraktiver.
Was ist in Ihrer Summe von 300k-350k enthalten ? Der Immobilienkaufpreis + Sanierungskosten oder nur die zusätzlichen Sanierungskosten zum Kaufpreis von 245k ? Für lediglich 55k-105k die 100m2 sanieren zu wollen, ist nicht möglich. Die Fördermittel sollten auch nicht zu hoch veranschlagt werden. Je Wohneinheit sind es erfahrungsgemäß ca. 20k-25k, die als Zuschuss gezahlt werden. Ich empfehle immer, diese Fördergelder als Puffer anzusehen und nicht die Finanzierung darauf aufzubauen.
 
J

JacquesCormery

Vielen Dank wpic und dertill

Das ist doch schon einmal eine gute Orientierung und alles sehr hilfreich und lehrreich für mich. Die Sanierung als Puffer zu betrachten erscheint mir als sinnvoller und guter Tipp.

Das Energieberatungsbüro hat sich heute gemeldet und gesagt, dass es erst später in Aktion tritt. Ich bräuchte dann also wenn es konkreter und vorstellbarer wird eine IKB vom Architekten oder Bausachverständigen.

@dertill: In Deinem Beispiel wurden die Wasserleitungen nicht neu gemacht, oder? Was wäre da zu rechnen?

Entkernen (abgesehen von den Leitungen) dürfte selbst ich hinbekommen. Ich bin auch bei einigen Punkten durchaus bereit, Abstriche zu machen. Grundsätzlich bin ich in vielen Punkten auch durchaus sparsam, was nicht an dem sich leisten können, sondern an dem Leisten wollen liegt. Ich brauche z.B. keine Fußbodenheizung für den Wohnkomfort. Das muss wenn für mich energetisch UND finanziell Sinn machen. Den Dachboden muss ich auch nicht dämmen, wenn wir ansonsten unsere ca. 100 qm Wohnfläche haben. Das reicht völlig. Und dann würde gegebenenfalls eine Dämmung der obersten Wohngeschossdecke reichen. Kunststofffenster reichen völlig aus, elektrische Rollläden brauche ich nicht, Küche habe ich mir vorgenommen aus Nachhaltigkeitsgründen gebraucht zu kaufen. Ein Bad ist für mich kein Raum, der ein Palast sein muss, da verbringen wir keine lange Zeit drin, so dass da Standard völlig ausreichend ist.
Das Dach erscheint mir als Laie und Greenhorn als ziemlich teuer in Deinem Beispiel. Ist das immer so?

Ich weiß ja nicht, ob man hier verlinken darf. Dieses Haus hier ist z.B. recht ähnlich so wohl preislich als auch ansonsten zu dem anderen, oben genannten, das nicht mehr verfügbar ist.

Die Dame von der Sparkasse sagte, dass sie bei dem gerade verlinkten Haus mit Sanierungskosten von 150k rechnen würde, wenn auf Basis von Gas erneuert wird und das Dach nicht angerührt werden muss, weil es anscheinend dicht ist. Das Haus kommt aber aufgrund der Lage zur B9 nicht in Frage, ist aber ein sehr gutes Beispiel. Solar wäre mir schon auch wichtig...

Ich schaue mal, dass ich morgen noch ein wenig mehr schreiben kann.
 
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Zuletzt aktualisiert 14.05.2024
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