Fragen zur Auslegung § 34 Baugesetzbuch

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S

Schlenk-Bär

Wer von denen hat Dich denn so verunsichert? Was waren das für Leute? Architekten? Bauingenieure? Hausverkäufer?
Niemand konkret und ich denke, man kann hier auch nicht von Verunsicherung reden sondern einfach vom realen Leben. Ich frage immer kritisch nach, möchte verstehen und auf Plausibilität prüfen. Und ja, es waren alle von dir genannten dabei.
Wer hat was wie ausgelegt? Welche Meinungen wurden geäußert?
Im Detail schwierig wiederzugeben. Am Ende blieb ein Durcheinander, was dringend geordnet werden musste. Es war alles dabei:
  • einige nannten den Paragraphen "Gummiparagraphen", irgendwie wird es schon gehen, nur wie konkret, wusste man nicht. Für mich nicht sehr vertrauenerweckend
  • andere haben vorne eine strenge Baulinie gesehen, der Rest war egal
  • jemand anders hat eine 1/3 Regel aufgestellt; 1/3 kann man abweichen von den Nachbarbauten. Für mich gar nicht nachvollziehbar. 1/3 von was genau? Unklar.
  • von hinterer Baugrenze hat niemand gesprochen; das habe ich erst hier im Forum gelernt
  • alle waren der Meinung, dass die Dachform wichtig sei. Jetzt habe ich so viel gelesen und festgestellt, dass die Dachform und Winkel offensichtlich kein Kriterium sind
  • ähnlich war es mit der Putzfassade; wir wollen aber gerne Klinker; sollte nach meiner Recherche machbar sein
  • und, und und
Dann ist es seine Aufgabe, das Gewollte mit geschickten Formulierungen auch genehmigungsfähig zu verkaufen.
Das wäre toll. Meine Erwartung ist: der Planer ist schlecht informiert, stellt Behauptungen auf, die nicht stimmen (s. o.) und wir müssen uns selbst kümmern, sprich, den Planer überzeugen. Hinzu kommt eine nicht kooperative Behörde. Die zuständige Sachbearbeiterin ist alles andere als hilfreich und einfach nur zickig und genervt. Ich hatte sie angerufen, bevor wir das Grundstück gekauft haben, um sicherzustellen, dass es sich um Bauland handelt. Auch da gab es schon Diskussionen hinsichtlich § 34. Die Aussagen der Bearbeiterin waren nicht in sich schlüssig und nicht nachvollziehbar. Begründen konnte sie rein gar nichts. Meine größte Sorge, dass die Behörde intern schlecht organisiert und somit nach außen nicht transparent arbeitet hat sich auch bestätigt. Etwas später hatte ich erneut angerufen (immer noch im Rahmen der Vorbereitung des Kaufs) und einen sehr freundlichen Mitarbeiter als Krankheitsvertretung am Telefon, der die Aussagen seiner Kollegin nicht nachvollziehen konnte.

Tja, und so kommt es, dass man sich selber kümmert. Hätte ich mir auch anders gewünscht.
 
D

dab_dab

Ein genereller Hinweis, da wir während des Hausbaus in eine vergleichbare Situation geraten sind:

Die zuständige Sachbearbeiterin wird irgendwann aus dem Krankenstand zurück sein, bleibe also im Ton immer höflich - auch wenn der Entscheider in deinen Augen nicht kompetent zu sein scheint. In der Sache darfst du freilich für deine Ziele kämpfen.

Wenn sich entscheidungsbefugte Schnittstellen - evtl. am Ende auch nur aus Trotzigkeit, gekränktem Stolz o.ä. - stur stellen, hast du einen äußerst unangenehmen zusätzlichen Kampf auszufechten. Selbst wenn Sie am Ende nicht Recht bekommen oder ein Vorgesetzter eingeschaltet werden kann, verzögert es mitunter beträchtlich dein Vorhaben und kostet viele Nerven, die du später besser brauchen kannst.
 
E

Escroda

einige nannten den Paragraphen "Gummiparagraphen"
Ja, insbesondere die Betrachtung der faktischen Baugrenzen lässt diesen Eindruck entstehen. Hast Du dieses Urteil schon gefunden und gelesen:
VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 02.11.2011 - 5 L 947/11
andere haben vorne eine strenge Baulinie gesehen
Kann man so sehen. Dein Pech, dass sich die Straßenabstände deiner Nachbarhäuser kaum bis gar nicht unterscheiden. IMHO spricht aber die geringe Anzahl an Nachbarn (3) dagegen, daraus schon eine faktische Baulinie abzuleiten. letztendlich bist Du der schlechtgelaunten Sachbearbeiterin aber ausgeliefert, es sei denn, Du kannst Dir ein Gerichtsverfahren zeitlich und finanziell leisten. Ebenso dem Entwurfasverfasser; auch wenn der unfähig ist, ohne seine Unterschrift läuft nichts.
jemand anders hat eine 1/3 Regel aufgestellt; 1/3 kann man abweichen von den Nachbarbauten.
Quatsch.
  • alle waren der Meinung, dass die Dachform wichtig sei. Jetzt habe ich so viel gelesen und festgestellt, dass die Dachform und Winkel offensichtlich kein Kriterium sind
  • ähnlich war es mit der Putzfassade; wir wollen aber gerne Klinker; sollte nach meiner Recherche machbar sein
Hier ist die Rechtsprechung eindeutig: Ohne Gestaltungssatzung hat die Behörde keinen Einfluss auf diese Merkmale. Bliebe nur die bauordnungsrechtliche Notbremse der Verunstaltung, wo die Hürden aber sehr hoch liegen.
 
Zuletzt bearbeitet:
S

Schlenk-Bär

Am Mittwoch haben wir einen Termin mit einem neuen Architekten in der Funktion als Planer. Mal sehen, wie der das bewertet. Wenn der einen guten Eindruck macht und in unserem Sinne handelt, würde ich ihm gerne die weitere Umsetzung anvertrauen und mich nicht weiter kümmern wollen. Das wäre der beste Fall.

Ansonsten ist der weitere Plan ein persönlicher Besuch der Behörde innerhalb der Sprechzeiten. Werde auf jeden Fall weiter berichten, wie es gelaufen ist.
 
S

Schlenk-Bär

Weil sich das Bauamt auch am Bestand orientiert.
Der Schuppen war schon weit hinten. Genau dort, wo ihr bauen wolltet...
Muss nicht sein, aber hätte hilfreich sein können.
Aber egal: nicht hier im Forum tobt das Leben, sondern draußen.
Vielen Dank auch für Deine Unterstützung. Ich habe ein interessantes Dokument zur Auslegung des § 34 gefunden. Hierin heißt es: "Auch das Baugrundstück selbst gehört zur näheren Umgebung. Die auf ihm verwirklichte oder zwar beseitigte, aber noch fortwirkende Bebauung, prägt die nähere Umgebung mit."
 
S

Schlenk-Bär

VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 02.11.2011 - 5 L 947/11
Sehr interessant... was ich dort lese, macht mich nicht unbedingt immer glücklich. Aber immerhin hilft es bei der Einschätzung der Situation. Ich habe noch eine Frage: in diesem Faden wurde kommuniziert, dass das Gebiet zur rechten Seite (mit Bebauungplan) nicht herangezogen werden darf. Warum eigentlich nicht? Man könnte das Reihenhaus als nicht wertbaren Ausreißer ansehen und die Häuser rechts daneben auch mit in den Verlauf der blauen Linie aufnehmen. Dann hätten wir ein Baufenster, was uns gut gefallen würde.

Im o.g. Beschluss habe ich gefunden, Zitat:
"Die Grundstücksfläche, die überbaut werden darf, kann in einem Bebauungsplan gemäß § 23 der Baunutzungsverordnung (Baunutzungsverordnung) durch Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen bestimmt werden. Die im ungeplanten Innenbereich im Sinne des § 34 des Baugesetzbuches (Baugesetzbuch) gelegenen Grundstücke, zu denen - unstreitig - auch das Baugrundstück der Beigeladenen zu zählen ist, sind dabei hinsichtlich der Bebaubarkeit dem qualifiziert beplanten Bereich gleichgestellt. An die Stelle etwaiger Festsetzungen eines Bebauungsplan tritt hier die vorhandene Umgebungsbebauung, in dessen Eigenart sich das Vorhaben nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Baugesetzbuch einfügen muss."

Ist das jetzt unzulässig aus dem Zusammenhang gerissen, oder könnte ich das auch für uns als Argument nutzen? Also, eine faktische Baugrenze ziehen in das Bebauungsplan Gebiet, über das Reihenhaus hinweg?
 
Zuletzt aktualisiert 20.04.2024
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