Gesamtdämmungskonzept für KfW70 Haus sinnvoll?

4,30 Stern(e) 3 Votes
Zuletzt aktualisiert 25.04.2024
Sie befinden sich auf der Seite 2 der Diskussion zum Thema: Gesamtdämmungskonzept für KfW70 Haus sinnvoll?
>> Zum 1. Beitrag <<

wpic

wpic

Ein Dämmkonzept sollte immer das gesamte Gebäude berücksichtigen. Alle Bestandteile des energetisches Konzeptes (Dämmung, Heizung, Lüftung) müssen aufeinander abgestimmt werden, bauphysikalisch wie rechnerisch. In Deinem Fall muß der Hersteller im Rahmen eines Gebäudeenergieberatungsberichtes (GEB) durch die Berechnung mit einer vom BAFA zugelassenen Software nachweisen, das der gewünschte KFW-Standard mit seinem Hauskonzept erreicht wird. Dabei können die einzelnen Komponenten des energetischen Konzeptes gegeneinanander verrechnet werden, wenn der geforderte Bilanzwert nach KfW-Vorgaben stimmt.

Es kann also durchaus sein, das dieser geforderte Wert mit den angebotenen Fenster (Ug-Wert 1,0) erreicht wird. Dann ist einen höherwertige 3-fachverglasung nicht notwendig. Zudem machen Fenster an der Gesamtfläche der Fassade nur etwa 10-15% aus (Normalfall, ohne großflächige Festverglasungen), so daß sich Energieeinsparungen hier eher nicht rechnen, gemessen an den Mehrkosten. Die Dämmung der opaken Gebäudehülle ist da effektiver.

Den KfW-Standard nur mit einem fossilen Energieträger (Gas) und einer Gasbrennwerttherme nachzuweisen, kann 2016 ein Problem werden: zu hoher Primärenergiebedarf.

Bei der Dachdämmung sollte der Hersteller detailliert den Bauteilaufbau beschreiben, mit allen verwendeten Materialien. Die Verwendung von Dampfsperren/Dampfbremsen in Form spezieller, bauaufsichtlich zugelassener Folien ist möglichst zu minimieren bzw. nach Möglichkeit zu vermeiden und durch geeignete Bauteilaufbauten mit andere Baustoffe zu ersetzen. Die Folien können auf der Baustelle faktisch nicht zu 100% dicht verarbeitet werden -was aber die Voraussetzung wäre- und haben zudem eine zwar theoretische Lebensdauer von max. 50 Jahren, die aber in der Praxis natürlich noch nicht nachgewiesen werden konnte.

Lüftungsanlagen im Sinne des Lüftungskonzeptes nach DIN 1946-6 würde ich ebenfalls minimieren, soweit es eben geht. Die gesamte Haustechnik sollte so einfach und robust wie möglich sein. Lüftungsanlagen sind es nicht. Sie kosten Geld und müssen gewartet werden. Wenn das Lüftungskonzept es möglich macht, würde ich z.B. versuchen, die notwendige Luftwechselrate nur über Fensterfalzlüfter nachzuweisen zu lassen. Bei fensterlosen Räumen (WC, innenliegende Bäder) über eine dezentrale Abluft, ggf. auch mit WT.
 
Zuletzt bearbeitet:
S

Sebastian79

Das rätst Du Deinen Kunden? Bisher fand ich Deine Beiträge echt super, aber ohne Lüftung geht es für einen arbeitenden Menschen kaum mehr...zudem ist der Wartungsaufwand sehr gering und auch die verbaute Technik eher wenig.

Wobei mich eher interessiert, was Du als Alternative zu den Dampfsperren siehst?
 
wpic

wpic

Hallo Sebastian,
Ich versuche, den Anteil komplizierter, teurer und störungsanfälliger Technik möglichst gering zu halten. Der Hausbau in Deutschland ist zu teuer geworden und zudem überreguliert, siehe Energieeinsparverordnung 2016. Den Grundgedanken, energiesparend zu bauen, teile ich natürlich, die extremen Auswüchse nicht mehr. Das Bauen in Deutschland hat sich seit 2000 um 36%verteuert, u.a. wegen der verschärften Anforderungen der Energieeinsparverordnung. Die Bilanz des ganzen Aufwandes scheint mir für den privaten Bauherren im besten Falle eine schwarze Null zu sein, ganz abgesehenvon einer wirtschaftliche Amortisation innerhalb eines angemessenen Zeitraums von 10 Jahren.

Persönlich bin ich kein Freund von Lüftungs-+ Klimaanlagen und aufwendiger Haustechnik, jedenfalls nicht im Rahmen eines Einfamilienhaus, wenn sich ein gesundes Raumklima auch mit traditionellen Methoden, Umsicht und Kenntnis der bauphysikalischen und klimatischen Zusammenhänge herstellen lässt. Aber der Deutsche an sich neigt zu technischen Lösungen ...

An der Stelle von Folien mit definierten sd-Werten als Dampfbremse/Dampfsperre können im Dachbereich Werkstoffe/Holzwerkstoffe mit vergleichbaren sd-Werten verwendet werden, nach dem Grundsatz " innen dichter als außen". Z.B. innen OSB 3, außen eine Holzfaserdämmplatte (DWD-Platte) bei einer Zwischenspärrendämmung. Die Materialkombination ist situationsbedingt zu wählen. Manchmal lassen sich die Folien nicht vermeiden; ich versuche, möglichst ohne sie auszukommen, da ich bei Bestandsanierungen und Bauaufnahmen genug zersetzte Folien aus den 80/90er Jahren im Dachstuhl gefunden habe. Andererseits habe ich einige Dachstühle begutachtet, in denen diese Folien durch falsche Kombination, nicht verstandene bauphysikalische Zusammenhänge seitens des ausführenden Betriebs und Verarbeitungsfehler (undichte Anschlüsse, Beschädigungen während des Einbaus, nicht abgeklebte Stösse etc) zu massiven Feuchteproblemen innerhalb von zwei Heizperioden geführt haben.

Auch das eine Folge des immer komplizierter gewordenen Bauens. Es ist nicht mehr fehlertolerant.
 
Zuletzt aktualisiert 25.04.2024
Im Forum Dämmung / Isolation gibt es 988 Themen mit insgesamt 7640 Beiträgen


Ähnliche Themen
Alle Bilder dieser Forenkategorie anzeigen
Oben