Bauwerkvertrag, Baugenehmigung, Bodengutachten

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I

insgruene

Guest
Hallo zusammen,

nach langem Suchen habe ich ein Grundstück gefunden und es reserviert.

Ich bin schon länger mit Town & Country in Kontakt und habe auch schon einen befreundeten Architekten über den Bauwerkvertrag schauen lassen, welchen er gut fand da wirklich alles aufgeführt ist und auch im Gespräch mit dem Town & Country Verkäufer wurden alle möglichen Kosten besprochen und berechnet.

Von dieser Seite her fühle ich mich ganz gut aufgehoben.

Das Grundstück ist noch nicht gekauft, aber ich soll jetzt schon den Bauwerkvertrag unterschreiben, der auch die klassischen Klauseln zum Rücktritt enthält. Gut dass es dieses Forum gibt, denn ich vermute mal dass ich vor dem Kauf des Grundstücks nichts unterschreiben sollte, richtig?

Wie wäre denn das beste Vorgehen, da ja einige Dinge Geld kosten, die man im Vorfeld klären müsste und die in den Town & Country Leistungen enthalten sind wie Bodengutachten und Baugenehmigungsantrag.

Die Baugenehmigung kann ich erst beantragen wenn ich das Grundstück gekauft habe, oder? Dann wären das die logischen Schritte:

Bodengutachten machen lassen (muss ich zunächst zahlen)
Grundstück kaufen
Baugenehmigung beantragen (Architektenleistungen muss ich zunächst zahlen, das könnte aber vielleicht der Town & Country Architekt machen und später angerechnet werden?)
Bauwerkvertrag bei erfolgter Baugenehmigung unterschreiben

Hat das schon mal jemand mit Town & Country gemacht und wie lief das?

Was mache ich wenn sich Town & Country nicht darauf einlassen will (die haben mir das Grundstück vermittelt, bin mir nicht sicher inwieweit sie Einfluss auf den Makler haben, mir das doch nicht zu verkaufen)?

Vielen Dank
insgruene
 
B

Bauexperte

Hallo,

Gut dass es dieses Forum gibt, denn ich vermute mal dass ich vor dem Kauf des Grundstücks nichts unterschreiben sollte, richtig?
Das kommt darauf an, grundsätzlich empfiehlt sich immer, einen Fuß vor den anderen zu setzen Wenn allerdings die „klassischen“ Rücktrittsrechte - wie Du es benennst – den Namen verdienen, Dir also wirklich einen Rücktritt einräumen, und zwar einen Rücktritt mit klar und ausführlich benannten Kosten für den Fall der Fälle – spricht nichts gegen die Unterschrift unter den Werkvertrag.

Weshalb kann das Grundstück noch nicht erworben werden?

Freundliche Grüße
 
I

insgruene

Guest
Hallo Bauexperte,

das Grundstück kann schon erworben werden, ich habe es reserviert und bin nächste Woche bei der Bank um die Finanzierung zu beantragen. Das dauert dann ca eine Woche bis zur Zusage und dann können wir zum Notar.

Ich bin mir nur nicht ganz sicher ob der Hausbauer, der ein gutes Verhältnis zum Makler hat, vielleicht dafür sorgen kann, dass es mir nicht verkauft wird wenn ich renitent werde

Hier die "klassischen" Rücktrittsklauseln, die schon greifen wenn ich noch kein Bodengutachten und keine Baugenehmigung habe:

Der Auftraggeber ist berechtigt, vom Bauwerkvertrag zurückzutreten, wenn er binnen 6 Monate
nach Vertragsabschluss kein Grundstück erwirbt oder für den Erwerb aussucht. Dem
Auftraggeber bleibt es freigestellt, auch noch nach Ablauf dieser Frist zurückzutreten, soweit
der Auftragnehmer zu diesem Zeitpunkt noch keinen Bauantrag bzw. die notwendigen
Planungsleistungen hierfür oder kein Baugrundgutachten in Auftrag gegeben hat.
Hat der Auftraggeber binnen 3 Monaten nach Vertragsabschluss noch kein Grundstück
erworben oder ausgesucht, ist der Auftragnehmer berechtigt, dem Auftraggeber Grundstücke
nachzuweisen (Andienungsrecht). Der Auftraggeber verpflichtet sich im Falle des Rücktritts,
alle nachgewiesenen und von ihm abgelehnten Grundstücke binnen 2 Jahren nach Ausübung
des Rücktrittsrechts nicht anderweitig zu bebauen. Verstößt der Auftraggeber gegen diese
Verpflichtung, indem er ein abgelehntes Grundstück binnen vorgenannter Frist anderweitig
bebaut, so hat der Auftraggeber an den Auftragnehmer eine Pauschale in Höhe von 10 % des
zum Zeitpunkt des Rücktritts vereinbarten Pauschalpreises zu zahlen.
Tritt der Auftraggeber zu einem Zeitpunkt zurück, in dem bereits die Baufinanzierung durch
eine Bank oder Sparkasse zugesagt wurde und er sich für ein Grundstück, auch ohne es zu
erwerben, entschieden hatte, ist der Auftraggeber ebenfalls zur Zahlung einer Pauschale von
10 % des zum Zeitpunkt des Rücktritts vereinbarten Pauschalpreises verpflichtet.

Und da fängt mein schlechtes Bauchgefühl an. Was wenn beim Bodengutachten was Negatives rauskommt, oder keine Baugenehmigung erteilt wird? Ist zwar relativ unwahrscheinlich aber man weiß ja nie.

Problem ist nur dass es genügend Leute geben wird, die diese Klausel unterschreiben werden bzw das schon getan haben. Es ist für den Makler ein Leichtes jemand anderen zu finden.

Viele Grüße
insgruene
 
B

Bauexperte

Hallo,

vorweg – ich darf keine Rechtsberatung vornehmen, das ist in Deutschland nur den niedergelassenen RA vorbehalten.

das Grundstück kann schon erworben werden, ich habe es reserviert und bin nächste Woche bei der Bank um die Finanzierung zu beantragen. Das dauert dann ca eine Woche bis zur Zusage und dann können wir zum Notar.
Die Formulierung zum Rücktrittsrecht des Anbieters würde ich an Deiner Stelle so nicht unterschreiben, ist imho mit der 10%igen Pauschale (Strafzahlung) so auch nicht rechtskonform. Der Auftragnehmer kann Dir seinen _tatsächlichen_ Aufwand in Rechnung stellen, mehr aber auch nicht, wenn Du ein zuvor abgelehntes Grundstück dann doch erwirbst – vorausgesetzt, er hat Leistung erbracht. Aber selbst das möchte ich bezweifeln, da der Auftragnehmer nicht gleichzeitig als Makler Auftritt und dem Makler die Provision so oder so erhalten bleibt.

Ich bin mir nur nicht ganz sicher ob der Hausbauer, der ein gutes Verhältnis zum Makler hat, vielleicht dafür sorgen kann, dass es mir nicht verkauft wird wenn ich renitent werde
Hältst Du dieses Bauchgefühl wirklich für eine gute Basis der Zusammenarbeit

Und da fängt mein schlechtes Bauchgefühl an. Was wenn beim Bodengutachten was Negatives rauskommt, oder keine Baugenehmigung erteilt wird? Ist zwar relativ unwahrscheinlich aber man weiß ja nie.
Die Kosten, welche sich aus evtl. Befunden eines Bodengutachtens ergeben, sind bei keinem Anbieter durch den Festpreis abgedeckt; Du solltest aber in den Vorgesprächen über die möglichen Kosten im worst case in Kenntnis gesetzt worden sein. Diese Position ist Teil der Baunebenkosten in Höhe TEUR 30 bei weitestgehend normalen Bodenverhältnissen. Findet sich bspw. ein hoher Grundwasserstand oder auch Lehmboden, können die Kosten für die Erdarbeiten schon einmal im Bereich TEUR 10-15 höher liegen und damit die Baunebenkosten entsprechend erhöhen. Hat dies Dein Verkäufer versäumt, würde ich noch einmal über eine Zusammenarbeit nachdenken.

Problem ist nur dass es genügend Leute geben wird, die diese Klausel unterschreiben werden bzw das schon getan haben. Es ist für den Makler ein Leichtes jemand anderen zu finden.
Meinen Kindern habe ich von klein auf beigebracht, nicht von der Brücke zu springen, nur weil es ein anderer tut!

Wenn Du Dich in der vorliegenden Konstellation nicht wohl fühlst, solltest Du Abstand vom Kauf nehmen. Es werden noch viele Grundstücke auf den Markt kommen ….

Freundliche Grüße
 
I

insgruene

Guest
Hallo Bauexperte,

vielen Dank! Das mit dem worst case dass mir dann das Grundstück nicht verkauft wird ist hauptsächlich mein Katastrophendenken, mein Architekt, der den Hausverkäufer auch kennt, hat eher einen guten Eindruck.

Und bisher konnten wir auch sehr offen sprechen und der Verkäufer ist der Meinung dass er lieber vorher alle Kosten einkalkuliert um hinterher kein böses Erwachen zu erleben, was ich sehr gut finde und auch von meinem Architekten nach Blick in die Kostenaufstellung bestätigt wurde.

Ein anderer Käufer hat Zb auch das Bodengutachten schon vor Notartermin erstellen lassen und bekommt das dann gutgeschrieben.

Ich habe eben nur ein Problem mit diesen Klauseln, ansonsten ist mein Bauchgefühl gut.

Ich werde das jetzt mit dem Verkäufer besprechen und die Anpassung der Klauseln erbitten. Ich möchte ein Rücktrittsrecht nach Aufwandsentschädigung nach negativem Bodengutachten oder nicht erfolgter oder geänderter Baugenehmigung. Außerdem möchte ich vorher die Grundrisse nach meinen Wünschen im Vertrag, momentan ist der Mustergrundriss drin + Architekturleistungen bei Grundrissänderungen.
Und die Referenzpreise für die Ausstattung sollten auch rein. Dazu kommen noch veränderte Ratenzahlungen, die passen auch nicht ganz (zB 70% nach Rohbau incl Fenster, das sollten 60% werden)

Hoffe das ist nicht zu viel verlangt? Sollte das nicht möglich sein werde ich wohl keinen Vertrag im Vorfeld unterzeichnen, sondern erst das Grundstück erwerben und dann noch mal neu verhandeln.

Viele Grüße
insgruene
 
B

Bauexperte

Hallo,

Dazu kommen noch veränderte Ratenzahlungen, die passen auch nicht ganz (zB 70% nach Rohbau incl Fenster, das sollten 60% werden)
Der Rest zuvor hat _für mich_ ein gewisses Geschmäckle, ABER

"70%" nach Rohbau sollten auch für Dich indiskutabel sein, Dein Bauch sich massiv melden

Freundliche Grüße
 
Zuletzt aktualisiert 18.04.2024
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