Ablauf der Vermessungen in Niedersachsen

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Niels2201

Hallo zusammen,
mir ist aufgefallen das hier immer wieder Fragen zum Thema Vermessung(en) auftauchen, daher wollte ich hier mal das Thema ein wenig zusammenfassen.

Vorweg: Alle Angaben beziehen sich Auf Niedersachsen! Da Vermessung Ländersache ist gelten in anderen Bundesländern andere Regeln und Vorschriften!

Als allererstes muss zwischen Ingenieurtechnischen und amtlichen Vermessungen unterschieden werden. Die technischen Vermessungen können von jedem Vermessungsbüro ausgeführt werden. Die amtlichen Vermessungen (Zerlegungen, Gebäudeeinmessungen (nicht Absteckungen!) etc.) müssen von einem Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur (ÖbVI) oder dem Katasteramt durchgeführt werden. Allerdings bietet es sich an alles von einem ÖbVI machen zu lassen da bei technischen Vermessungen dann evtl. noch etwas am Preis zu machen ist. Das ist allerdings nur bei technischen Messungen möglich. Die amtlichen Vermessungen unterliegen der Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen (KoVerm) in der jeweils gültigen Fassung. Bei technischen Vermessungen liegt die HOAI zu Grunde.

Im folgenden würde ich gerne die einzelnen Vermessungen grob erklären da es auch hier immer wieder Verwechselungen gibt.

Technische Vermessungen:

Topografische Aufmaße/Höhenpläne:
Hier nehmen wir im Vorfeld alles relevante (Schächte, Gullys, Fahrbahnkanten, Geländehöhen etc.) auf und zeichnen daraus einen Plan für den Architekten oder die Architektin zur Planung des Bauvorhabens.

Absteckungen: Hier muss zwischen zwei Arten unterschieden werden: Grobabsteckung und Feinabsteckung.

Grobabsteckung: Hier wird "grob" (2-3cm) die Lage des geplanten Gebäudes mit Holzpföcken in die Wirklichkeit für die kommenden Erdarbeiten übertragen. Zudem muss evtl. noch die Grenze für die später folgende Feinabsteckung ermittelt werden. Zur Grenzermittlung komme ich aber später noch einmal.

Feinabsteckung: Hier wird die Lage des Gebäudes fein (1-2 mm) auf sogenannte Schnurgerüste übertragen. Dies geschieht in der Regel mit einer Schraube oder einem Nagel. Diese(r) wird dann idR. mit Farbe gegen unbefugtes Versetzen gesichert (Alles schon vorgekommen :mad:). Seid uns nicht böse wenn es auch mal 5 min länger dauert. Bauunternehmen versuchen die Schuld gerne auf die Vermesser abzuwälzen, auch wenn diese keinen Fehler gemacht haben. Daher haben wir uns angewöhnt alles doppelt und dreifach durchgreifend zu überprüfen und zu dokumentieren weil, es dann durchaus auch vor Gericht landen kann.
Zu den Preisen für die Absteckungen: Grobabsteckung ca. 200-300€ und die Feinabsteckung ca. 550-650€.
JA das ist eine menge Geld aber: Das Bauvorhaben muss eingerechnet werden, abgesteckt und die Absteckung muss wieder geprüft werden. Zudem übernehmen wir dann auch die Haftung für die Absteckung. Wir gehen damit ja immer ein Risiko ein, auch wenn wir damit einen Teil unseres Geldes verdienen. Überbleiben soll ja auch noch was ;).

Das sind so die Relevanten technischen Vermessungen zu zu einem Bauvorhaben gehören. Kommen wir nun zum Amtlichen Teil:

Grundstücksteilungen: Auch hier gibt es wieder Zwei Arten:

Die Zerlegung: Nehmen wir an Ihr wollt hinter/neben euren Eltern bauen. Kaum jemand kann den kompletten Bau aus Eigenmitteln finanzieren. Da Ihr das Grundstück eurer Eltern nicht mit einer Grundschuld belasten wollt, braucht Ihr ein eigenes Flurstück. Achtung: Flurstück nicht gleich Grundstück! Da eure Eltern ja wahrscheinlich schon vor einiger Zeit gebaut haben wird das Kataster dort wahrscheinlich nicht auf dem Aktuellsten Stand sein. Daher müssen wir dort um das Grundstück zu Zerlegen zu können die Grenze nach Katastervorschriften ermitteln. D.h. wir stellen die Alte Grenze nach den vorhandenen Vermessungsunterlagen wieder her und überprüfen diese. Wenn das alles passt, können die neuen Grenzpunkte abgemarkt werden. Nicht wundern das kann schon mal einen Tag dauern. Ein Paar Tage nach der Vermessung bekommt Ihr und eure Nachbarn in deren Grenze die neue Grenze läuft von der Vermessungstelle Post: Die Ladung zum Grenztermin. idR. kommt der ÖbVI/Der Beamte zu eurem neuen Flurstück und Zeigt euch die neue Grenze. Ihr bekommt dann einen Rechtsbehelfsverzicht den Ihr und eure Nachbarn unterschreiben können, das beschleunigt den Verwaltungsakt. Falls einer der Nachbarn oder Ihr nicht dabei sein können bekommt Ihr/euer Nachbar erneut Post: Die Bekanntgabe. Auch hier liegt dann ein Rechtsbehelfsverzicht bei den Ihr/ eure Nachbarn unterschreiben können. Er muss allerdings nur einmal unterschieben werden. Wen eure Nachbarn den nicht unterschreiben wollen, habt Ihr leider Pech gehabt. Ab der Zustellung beginnt eine 30 Tägige Frist. Die kann nur durch das unterschreiben Verkürzt werden. Beim Rechtsbehelfsverzicht wird erklärt das keine Einwände gegen die Vermessung erhoben werden. Wenn die Frist um ist geben wir die Messung zum Katasteramt zur Übernahme ins Liegenschaftskataster. Das dauert auch nochmal ca. 14 Tage. Dann ist euer Flurstück rechtskräftig im Liegenschaftskataster un kann überschrieben werden.

Die Sonderung: Quasi wie eine Zerlegung nur ohne örtliche Arbeiten. Und günstiger. Allerdings ist sie nicht immer anwendbar. Bei der Sonderung müssen die Grenzen einwandfrei vermessen und verhandelt sein.

Die Gebäudevermessung: Nachdem euer Haus fertig gebaut ist muss es für die Liegenschaftskarte eingemessen werden. Was auf den ersten Blick nach Geldschneiderei aussieht hat mehrere Gründe: Damit Feuerwehr/Rettungsdienst/Polizei wissen wo sie hin müssen; Google Maps; Stadtplanung und einige weitere.

So jetzt hat der Roman mal ein Ende :). Falls Ihr noch Fragen habt schreibt sie gerne unter diesen Post und ich versuche sie zu beantworten.

Niels
 
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karl.jonas

@Niels2201 Vielen Dank für diesen Beitrag, habe fast genau das gerade gesucht -- allerdings für NRW. Weiß jemand, ob dort das gleiche gilt?
Zu "Topografische Aufmaße/Höhenpläne" habe ich noch folgende Frage: Das ist vermutlich die einzige Messung, die vor dem Bauantrag erfolgen muss (als Grundlage für den Architekten). Wenn ich im Bestand baue (Gebäude links bleibt, Gebäude in der Mitte soll abgerissen und ersetzt werden, Gebäude rechts bleibt) dann kommt hier vermutlich noch der "Bestandsplan" aller dieser Gebäude hinzu (Eckpunkte, Traufen- und Firsthöhen), richtig? Ich frage, weil ich die Kostenanfrage bei den Vermessungsbüros möglichst eindeutig formulieren möchte.
 
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Guido1980

Ich habe noch eine Frage zur Gebäudevermessung. Die Kosten hierfür werden ja nach der Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen bemessen. Diese sieht eine Staffelung wie folgt vor:
bis 300.000 € Herstellungswert 1034,56 € Gesamtkosten für Vermessung und Eintragung ins Kataster
bis 600.000 € Herstellungswert 1910,08 € Gesamtkosten für Vermessung und Eintragung ins Kataster

Was zählt denn nun genau zu dem Herstellungswert und inwiefern muss der angegebene Wert nachgewiesen werden bzw. wer prüft das wie?
 
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Niels2201

Moin, sorry für die späte Antwort. Die letzten Tage war auf der Arbeit viel zu tun.

Was zählt denn nun genau zu dem Herstellungswert
Zum Herstellungswert zählt das was das Haus mit den Nebengebäuden inkl. Eigenleistung gekostet hat. Das Grundstück zählt NICHT dazu.

inwiefern muss der angegebene Wert nachgewiesen werden bzw. wer prüft das wie?
Wenn du vom LGLN aufgefordert worden bist, dein Gebäude einmessen zu lassen musst du bei der Beauftragung den Wert mit angeben. In den meisten Fällen wird der richtige Wert angegeben. Kommt uns der Wert zu niedrig vor, rechnen wir mithilfe amtlicher Werte den Wert aus. Die Werte können eingesehen werden. Einfach Preisindex Niedersachsen googeln. Da sollte es eine Veröffentlichungung im Niederländischen Ministerialblatt geben. Sollte der Wert grob (so ab ca. 30.000€) anders als angegeben sein, passen wir den Wert an und Stufen ggf. in die nächste Stufe hoch.

Ich hoffe Ich konnte deine Fragen beantworten. Wenn du noch weitere Fragen hast melde dich gerne.

Niels
 
LordNibbler

LordNibbler

Vielen Dank für den ausführlichen Beitrag. Ich hätte eine Niedersachsen-spezifische Frage:
welche Kosten kommen auf mich zu und welche Möglichkeiten habe ich, wenn ich mein (bebautes) Grenzfeststellung durchführen lassen möchte?

Das Grundstück ist schon über 60 Jahre bebaut, aber ich habe keine Grenzsteine gefunden. Es gibt auch eine Ecke, an der etwas öffentlicher Grund benutzt wird.
Bevor ich in Zukunft Baumaßnahmen durchführen lasse oder einen neuen Zaun/Hecke setze, benötige ich eine korrekte Position des Grundstücks.

Das Grundstück benötigt 7 Grenzsteine. Soweit ich bisherige Informationen richtig verstehe, kommen über das Katasteramt mehrere 1000€ an Kosten auf mich zu. Habe ich das richtig verstanden oder kann es z. B. ein ÖbVI günstiger durchführen?
 
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Niels2201

Hallo,
Als allererstes ist die Grenzfeststellung eine amtliche Vermessung. Das heißt das sie der Kostenordnung des Amtlichen Vermessungswesen (KoVerm) unterliegt. Darum kann man erstmal nichts am Preis machen. Wenn du evtl. einen kundenfreundlichen ÖbVI erwischt, könnte er versuchen die Anzahl der festzustellenden Grenzpunkte zu drücken, indem er WENN die Punkte gefunden werden und diese Schief/Falsch stehen im Rahmen der Grenzermittlung zentriert. Da kommen aber viele Faktoren zusammen. Das wäre hier zu viel das zu erläutern.

Andere Möglichkeit wäre: Du erwähntest das das Grundstück bebaut ist. Wenn du da neu bauen wurdest bestünde vielleicht die Möglichkeit die Kosten für die nötigen technischen Vermessungen zu senken. (Grade bei der großen Grenzfeststellung im Vorfeld)

Realistische Einschätzung: Unter 3.000€ gehst du mit der Grenzfeststellung nicht nach Hause. Wenn du mir den Bodenrichtwert zukommen lassen könntest könnte ich noch eine Genauere Aussage treffen.

Niels
 
Zuletzt aktualisiert 27.04.2024
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