Photovoltaikanlage und Vorsteuerabzug: Privates Gebäude (BFH)

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Bauexperte

Photovoltaikanlage und Vorsteuerabzug: Anlage auf privat genutztem Gebäude (BFH) - I

Bei Anschaffung oder Herstellungsbeginn vor dem 1.1.2011 können die Vorsteuern aus den Herstellungskosten eines privat genutzten Gebäudes, auf dem eine Photovoltaikanlage installiert wird (hier: Carport), in vollem Umfang geltend gemacht werden, sofern die nach dem Umsatzschlüssel berechnete unternehmerische Mindestnutzung von 10 % erreicht ist. Für Neuanlagen steht der Vorsteuerabzug nur noch anteilig zu.

Hintergrund

Der BFH nimmt in dieser Grundsatzentscheidung zum Umfang des Vorsteuerabzugs bei Installation einer Photovoltaikanlage (Photovoltaik-Anlage) auf einem ansonsten privat genutzten Gebäude Stellung.
A errichtete 2008 einen Carport, den er zum Unterstellen seines privat genutzten PKW verwendet. Auf der Dachfläche installierte er eine Photovoltaik-Anlage. Den erzeugten Strom veräußert er an einen Energieversorger. Für 2008 machte A die Vorsteuerbeträge aus den gesamten Anschaffungs-/Herstellungskosten der Photovoltaik-Anlage und des Carports geltend. Das Finanzamt und das Finanzgericht anerkannten die Vorsteuerbeträge nicht, soweit sie auf die Errichtung des Carports entfielen, da dieser mit dem Unterstellen des Privat-PKW zu nichtunternehmerischen Zwecken verwendet werde.

Entscheidung

Der BFH bekräftigt zunächst, dass der Betrieb einer Photovoltaik-Anlage eine unternehmerische Tätigkeit darstellt und der Carport, für dessen Errichtung die streitigen Vorsteuerbeträge angefallen sind, der Photovoltaik-Anlage dient. Wegen der Nutzung des Carports zum Unterstellen des Privat-PKW liegt eine teilweise unternehmerische und teilweise private Nutzung vor. Bei der Lieferung eines derart gemischt genutzten Gegenstandes kann der Unternehmer diesen insgesamt seinem Unternehmen zuordnen mit der Folge, dass er in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Die private Verwendung des Gegenstandes ist sodann als unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern. Das entspricht der nach dem Kläger Seeling genannten "Seeling-Rechtsprechung" des EuGH und ihm folgend des BFH.
Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist jedoch, dass der gemischt genutzte Gegenstand zu mindestens 10 % unternehmerisch genutzt wird (unternehmerische Mindestnutzung). Ein Gebäude wird dabei grundsätzlich nach dem Verhältnis der Nutzflächen aufgeteilt. Bei einer Nutzung der Dachfläche und der Flächen innerhalb des Gebäudes ist die Aufteilung nach den Nutzflächen allerdings nicht geeignet. Sachgerecht ist vielmehr die Anwendung eines Umsatzschlüssels. Abzustellen ist auf den fiktiven Umsatz, der sich ergäbe, wenn die Dachflächen zum Betrieb einer Photovoltaik-Anlage und der Carport im Übrigen als Abstellfläche vermietet würde.
Der BFH verwies den Fall an das FG zurück, um festzustellen, ob die 10-%-Grenze des unternehmerischen Nutzungsanteils erreicht wurde.

Hinweis

Die Entscheidung betrifft die Rechtslage bis 2010. Zum 1.1.2011 hat der Gesetzgeber das bisherige "Seeling-Modell" abgeschafft. Nach der Neuregelung steht der Vorsteuerabzug nur noch anteilig zu. Er ist ausgeschlossen, soweit ein gemischt genutztes Grundstück nichtunternehmerisch genutzt wird (Einfügung des neuen Absatzes 1b in § 15 UStG). Die bisherigen Grundsätze (voller Vorsteuerabzug bei gleichzeitiger Besteuerung der Privatnutzung) gelten nach der Übergangsregelung jedoch unbegrenzt weiter, wenn das gemischt genutzte Grundstück vor dem 1.1.2011 angeschafft oder wenn mit der Herstellung vor diesem Zeitpunkt begonnen wurde.

Urteil v. 19.7.2011, XI R 21/10, veröffentlicht am 9.11.2011


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Bauexperte



Photovoltaikanlage und Vorsteuerabzug II: Anlage auf leer stehendem Gebäude (BFH)


Der Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten eines Gebäudes, auf dem eine Photovoltaikanlage installiert wird, das aber anderweitig nicht genutzt wird (hier: Schuppen), steht nur anteilig im Umfang der unternehmerischen Nutzung zu.

Hintergrund

Es handelt sich um eine Parallelentscheidung zu dem ebenfalls am 19.7.2011 ergangenen Grundsatzurteil XI R 21/10. In jenem Verfahren ging es um eine Photovoltaikanlage (Photovoltaik-Anlage) auf einem ansonsten privat genutzten Gebäude (für den Privat-PKW genutzter Carport). Im Unterschied dazu stand im Streitfall das Gebäude, auf dem die Anlage installiert wurde, leer, d.h. es wurde anderweitig nicht genutzt.

B errichtete in 2006 auf seinem Grundstück einen Schuppen und installierte darauf eine Photovoltaik-Anlage. Das Finanzamt gewährte den Vorsteuerabzug jedoch nur für die unmittelbar der Anlage zuordenbaren Aufwendungen, nicht aber für die Kosten für die Errichtung des Schuppens. Das Finanzgericht wies die Klage ab, da der Schuppen nicht in dem erforderlichen Umfang von 10 % unternehmerisch genutzt werde. Es versteht die 10-%-Grenze in dem Sinn, dass in die Berechnung nur die Wohn-/Nutzfläche eines Gebäudes eingeht, nicht auch die Nutzung des Daches.

Entscheidung

Der BFH stellt zunächst fest, dass B als Unternehmer tätig wurde, da der Betrieb einer Photovoltaik-Anlage die Voraussetzungen einer unternehmerischen Tätigkeit erfüllt. Da er den Schuppen jedoch nicht in vollem Umfang unternehmerisch nutzte, steht ihm nicht der volle, sondern nur der anteilige Vorsteuerabzug aus den Rechnungen über die Herstellung des Schuppens zu. Das Dach wurde teilweise unternehmerisch genutzt und im Inneren des Schuppens befanden sich Teile der Anlage (Schaltschrank usw.). Soweit der Schuppen aber leer stand, lag keine unternehmerische Nutzung vor. Anders als in dem Fall VI R 21/10 - Carportfall) wurde der Schuppen auch nicht teilweise privat genutzt, er stand schlicht leer. Nur bei einer teilweise privaten Nutzung ist eine Zuordnung des gesamten gemischt genutzten Gegenstands zum Unternehmen möglich. Bei einer teilweisen nichtwirtschaftlichen Nutzung (Leerstand) ist dagegen eine Zuordnung des gesamten Gebäudes zum Unternehmen nicht statthaft.
Mangels eines Zuordnungsrechts kann B daher lediglich anteilig den Vorsteuerabzug aus den Leistungen zur Errichtung des Schuppens beanspruchen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die unternehmerische Nutzung des Schuppens mindestens 10 % beträgt. Diese unternehmerische Mindestnutzung ist gesetzliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug.
Die Sache wurde an das FG zurückverwiesen. Das FG hat festzustellen, ob der unternehmerische Nutzungsanteil die 10-%-Grenze erreicht. Bei Gebäuden wird im Regelfall eine Aufteilung nach den Nutzflächen vorgenommen. Da die Nutzflächen innerhalb eines Gebäudes und auf dem Dach nicht miteinander vergleichbar sind, hält es der BFH für sachgerecht, einen Umsatzschlüssel anzuwenden und die fiktiven Vermietungsumsätze für die Dachfläche einerseits und für die Nutzfläche andererseits zugrunde zu legen.

Hinweis

Nach der Abschaffung des sog. "Seeling-Modells" durch das Jahressteuergesetz 2010 (Einfügung des Abs. 1 b in § 15 UStG) steht bei teilweiser Privatnutzung in Neufällen ebenfalls nur noch der anteilige Vorsteuerabzug zu.

Urteil v. 19.7.2011, XI R 29/09, veröffentlicht am 9.11.2011

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Zuletzt aktualisiert 28.03.2024
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