Schlüsselfertig vs. Einzelvergabe

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Zuletzt aktualisiert 24.04.2024
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P

pagoni2020

Als Laie macht man sich tatsächlich keine Vorstellung, wie die einzelnen Gewerke ineinander greifen. Es geht auch nicht seriell, sondern Gewerk A macht einen Teil, dann muss B ran, dann kann A weitermachen, dann erst C... das muss man wissen, sonst tritt das schon mehrfach erwähnte Chaos ein. Wichtig ist dann auch die Abstimmung der "Übergabepunkte" von A zu B zu A zu C.
Ich kam mal zur Tür rein, wo gerade Bauleiter und Handwerker miteinander verhandelten:
"Da hat dann Gewerk X das Problem, wenn wir das so machen"
"Lass das mal nicht die Bauherrin hören!"
"Die steht gerade hinter dir..."
Betretenes Schweigen...
X war viel später dran, zu dem Zeitpunkt war noch nicht mal klar, welche Firma das sein würde... und schon hat man ein weiteres Beispiel, was schief gehen kann. Hier eine nicht optimale Ausführung und das Problem tritt dann erst irgendwann bei einem Folgegewerk auf.
Es ist auch durchaus eine Kunst, an wirklich alles zu denken - manches ist ja sehr offensichtlich (man braucht Fenster, und eine Heizung, und Strom, und ein Klo), anderes ist am Ende eher im Verborgenen, muss aber trotzdem erledigt werden.
Meine Meinung: Koordination selbst übernehmen ist nur was für Leute mit Ahnung oder starken Nerven, viel Zeit und überschüssigem Geld. Alle anderen sollen doch bitte einen Bauleiter (z.B. Ingenieurbüro) beauftragen.

Und PS: bei mir hat der Innenausbau ca. 1000€/m² gekostet im normalen Standard, nur als Richtwert, und zur Eingangsfrage, ob 190k€ denn dafür ok seien. (2019)
Man sollte sich einfach von der Vorstellung lösen, dass man durch ständige Kontrolle oder Anwesenheit als Laie tatsächlich die Qualität verbessern kann. Man kann nichbt ständig danebenstehen und vor Allem sollten sich die meisten (auch ich) klar machen, dass wir nur recht begrenztes Wissen haben.
Bei meinem alten Haus habe ich das Alles selbst gemacht und am Ende war ich oft nur der Aufräumer des Handwerkers. Hinzu kommt, dass jedes Gewerk die Verantwortung gerne mal auf das andere schiebt und man dadurch immer dazwischen steht und etwas entscheiden muss, dessen Folgen man nicht zwingend bereits absehen kann.
 
D

dab_dab

in Hausbau und die gewerke müssen koordiniert werden. Auch wird es knifflig mit Gewähr . Wenn mal was nicht funktioniert fangen die gewerke an sich den Peter zuzuschieben.
so schauts aus. Haben mit GU gebaut, wenige Eigenleistungen und manches in Eigenvergabe. Die Schnittstellenkoordination ist dabei nicht zu unterschätzen.
Wenn einer der Beteiligten schludert (ausführender Handwerker, Bauleiter, Bauherr, weitere beteiligte Gewerke) oder keine Lust auf Abstimmung hat, wirds schwierig, soll heißen: langwierig oder teuer wegen " ich dachte dass ist bereits von x vorbereitet oder macht später y)

Wenn dann mal was schief geht (bei uns bspw. abgesoffene Zwischensparrendämmung oder gerissener Estrich), war ich unendlich dankbar, dass keine Gewerke ausserhalb Leistungsumfang GU mit involviert waren. So hatte ich nur meinen Bauleiter als Ansprechpartner, der nach Vorgabe mit den beteiligten Gewerken Lösungen erarbeitet hat - ich musste mich weder um lästige Schuld- noch Finanzierungsfragen kümmern. Glück im Unglück

Außerdem hat das Wort des angesehenen Bauleiters vom GU auf Grund von ungleich größeren Gesamtaufträgen bei den einzelnen Gewerken ein ganz anderes Gewicht, als wenn ich als Bauherr direkt das gleiche angesprochen habe.
Mich sehen sie im Zweifel nie wieder, mit dem GU wollen Sie auch in 10 Jahren noch zusammenarbeiten
 
P

pagoni2020

so schauts aus. Haben mit GU gebaut, wenige Eigenleistungen und manches in Eigenvergabe. Die Schnittstellenkoordination ist dabei nicht zu unterschätzen.
Wenn einer der Beteiligten schludert (ausführender Handwerker, Bauleiter, Bauherr, weitere beteiligte Gewerke) oder keine Lust auf Abstimmung hat, wirds schwierig, soll heißen: langwierig oder teuer wegen " ich dachte dass ist bereits von x vorbereitet oder macht später y)

Wenn dann mal was schief geht (bei uns bspw. abgesoffene Zwischensparrendämmung oder gerissener Estrich), war ich unendlich dankbar, dass keine Gewerke ausserhalb Leistungsumfang GU mit involviert waren. So hatte ich nur meinen Bauleiter als Ansprechpartner, der nach Vorgabe mit den beteiligten Gewerken Lösungen erarbeitet hat - ich musste mich weder um lästige Schuld- noch Finanzierungsfragen kümmern. Glück im Unglück

Außerdem hat das Wort des angesehenen Bauleiters vom GU auf Grund von ungleich größeren Gesamtaufträgen bei den einzelnen Gewerken ein ganz anderes Gewicht, als wenn ich als Bauherr direkt das gleiche angesprochen habe.
Thats it !!!
Genau hier sollte Jeder schonungslos ehrlich zu sich selbst sein. Es bleibt genug zu tun bei der Auswahl und Gestaltung von Fußböden, Jalousien, Fliesen, Bäder, Garten, Außenanlage, Möbel, Küche etc. Alleine dort existieren genügend und wichtige Tätigkeitsfelder.
 
J

Julloef

Ob die Einzelvergabe wirklich am ende günstiger ist kann man nicht pauschal sagen. Je individueller Du baust, desto lukrativer ist meines Erachtens die Einzelvergabe.

Wir haben einzeln vergeben und die Bauaufsicht wie folgt gestaltet:
  1. Erd- und Tiefbau bis Bodenplatte und Hangabstützung inklusive Verrohrung für Hausanschlüsse bis zur Straße an einen lokalen Betrieb vergeben. Wir waren immer wieder vor Ort, haben die Mitarbeiter versorgt, gelobt, gedankt und uns erklären lassen was gerade passiert. Kostentreiber waren Anteile Bodenklasse 7 und Hanglage.
  2. Alle weiteren ebenfalls lokalen Betriebe haben wir gemeinsam mit der Zimmerei ausgesucht, die das Haus gebaut hat. (Bei Dir wäre das dann der Hochbauer). Der hat 100 Stunden extra für die Baukoordination (Terminabsprachen, Koordination der Gewerke) in sein Angebot eingerechnet. Wir waren wie oben beteiligt und haben mit den einzelnen Betrieben Detailausführungen vereinbart (Material, Ausstattung, Farben, Dinge die uns eingefallen sind, Vorschläge, die die Betriebe gemacht haben angenommen oder abgelehnt. Kostentreiber waren unsere Detailentscheidungen, die über das ursprüngliche Maß hinausgegangen sind (Lehmputz mit Stroh Anteilen, Lärchenholzverkleidung des Hauses, besonderer Holzboden, besondere Fliesen, zusätzliche Außenwasserstellen, italienisches Glasmosaik, besondere Beleuchtung, Schalterprogramm...)
  3. Manche Materialien haben wir selbst gestellt, da diese von den Betrieben nicht zu bekommen waren. Im Gesamtprojekt war das dennoch attraktiv für die Handwerker
  4. Wir haben gehobene Stundensäze akzeptiert, denn beste Qualität kann man nicht bekommen, wenn man nur billigste Arbeitskräfte einsetzt.
  5. Jeder Betrieb kann unser Haus als Referenzobjekt für weitere Kunden verwenden. Da das Haus in der Region aufgrund der Lage und Optik während des Baus für Aufsehen und Gesprächsstoff gesorgt hat, war das von Beginn an ein Anreiz für alle Beteiligten.
Die Bauphase war eine sehr glückliche Lebenszeit für uns und weitgehend stressarm. In der Summe haben wir angesichts der Qualität, Individualität und Flexibilität während des Baus nun ein Haus, welches wir sicher nicht von einem Schlüsselfertiganbieter hätten bekommen können - und schon gar nicht für den Preis.
Hast du ein Bild von eurem Haus? Grüße
 
Zuletzt aktualisiert 24.04.2024
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