Zugang zum Dach

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S

susan-liberty

Servus,
meine Schwester und ich haben ein mehrstöckiges Haus (Altbau, EG, 1. OG und DG) mitten in der Stadt, BJ 1920. An dieses Haus wurde damals an der Westseite ein 2. Haus drangebaut, das uns nicht gehört. Dieses Haus ist ca. 2 Meter niedriger und hat ein Satteldach (Blechdeckung). Über dieses Dach ragt also die Westseite unsres Hauses. Diese Seite ist mit Heraklitplatten verblendet. Diese beginnen jetzt allerdings, sich zu lösen, einige sind schon auf den Gehsteig gestürzt. Der Besitzer des anderen Hauses will nun nicht, daß der Handwerker die Arbeiten von seinem Dach aus durchführt. Wir müssten nun also einen Feuerwehrhubwagen anmieten, wobei es allerdings äusserst schwierig ist, diesen zu platzieren, weil die Straße samt Gehsteig an dieser Stelle extrem eng ist! Von oben (also von unserem Dach aus) kann man das wohl auch nicht machen. Frage: Kann der Nachbar uns den Zutritt zu seiner Dachfläche verweigern (obwohl Gefahr im Verzug ist, da jederzeit neue Platten runterstürzen können!). Leider kenne ich den Grund für sein Verhalten nicht, da hat wohl mein Vater vor vielen Jahren was losgetreten... Danke für jede INfo Anhang anzeigen 3524 Anhang anzeigen 3524
 
nathi

nathi

Normalerweise sollten genau solche Reparaturarbeiten durch das Leiterrecht abgedeckt sein. Sprich, er müsste dir den Zugang gewähren.
 
B

Bauexperte

Hallo,

... Kann der Nachbar uns den Zutritt zu seiner Dachfläche verweigern (obwohl Gefahr im Verzug ist, da jederzeit neue Platten runterstürzen können!).
Nein, kann er nicht.

Es gibt ein Urteil des BGH aus 2008, Aktenzeichen: V ZR 158/07, wonach in einem vergleichbaren Fall der Antragsteller unterlegen ist, da er seinem Nachbarn untersagen wollte, eine freiliegende Giebelwand nachträglich zu dämmen. Dieses Urteil solltest Du zunächst "nur" im Hinterkopf behalten, denn ich bin sicher, daß - in Zeiten sich verschärfender Energieeinsparverordnung und der Tatsache, daß die Verkleidung zu bröckeln beginnt - ein Rechtsstreit vergleichbar entschieden würde. Mit der Konsequenz, gutes Geld schlechtem hinterher zu werfen.

Nachbarstreitigkeiten sind immer undankbar; es lebt sich nicht so gut nebeneinander, wenn die Parteien nicht miteinander reden können. Versuche daher zunächst den von Dir vermuteten Anfang (Streit zwischen Deinem Vater + Nachbarn) aus der Welt zu schaffen; Du bzw. Deine Schwester seid ja nicht euer Vater! Auch festgefahrene Strukturen lassen sich lösen, wenn der Verursacher (hier Tod Deines Vaters) nicht mehr vorhanden ist. Ich bin auch zuversichtlich, daß, wenn Du die Zukunft von 2 streitenden Parteien beidseitig beleuchtest, der Nachbar einlenken wird. Es muß auch in seinem Interesse sein, endlich so etwas wie nachbarschaftlichen Frieden (zumindest aber respektablen Umgang miteinander) herzustellen. Bleibt er weiterhin stur, weise ihn auf die Unannehmlichkeiten hin, welche ein Prozeß mit sich bringen wird; auch kostenseits. Vlt. hat er aber nur Sorge, daß seine Dacheindeckung beschädigt wird? UND dann erst, wenn alle sprachlichen Mittel ins Leere führen, das Urteil des BGH ins Feld führen. Ich glaube kaum, daß er sich einer höchstrichterlichen Entscheidung widersetzen wird wollen.

Viel Erfolg und Liebe Grüsse, Bauexperte
 
S

susan-liberty

Liebe - wie sagt man... - Antworter, Schreiberlinge, Fachberater... also, liebe Leute,
Dankeschön für die ersten Antworten, das nimmt schon mal ein wenig Druck weg.. Leiterrecht klingt schon mal gut und ein vergleichbares Urteil noch mehr.. eh klar, daß ich mich erst mal mit dem Magenschmerz vom Nachbarn auseinandersetzen werde, denn ich kann mir gut vorstellen, wie sich sowas in Windeseile zum Grabenkrieg hochschaukeln kann! Braucht kein Mensch! Aber mit dem entsprechenden Wissen im Hinterkopf verhandelt es sich halt leichter... ich red lieber über Fakten... ich denke mittlerweile, daß er schon einlenken wird, da er, wenn es bei unserer Wand nass reingeht, irgendwann auch einen Wasserschaden haben wird. No, schaumamal, was rauskommt! Danke nochmal, Susan
 
D

DG

Auszug:

Art. 46b Hammerschlags- und Leiterrecht
(1) 1 Der Eigentümer und der Nutzungsberechtigte eines Grundstücks müssen dulden, dass das Grundstück von dem Eigentümer oder dem Nutzungsberechtigten des Nachbargrundstücks und von diesem beauftragten Personen zwecks Errichtung, Veränderung, Instandhaltung oder Beseitigung einer baulichen Anlage betreten wird und dass auf dem Grundstück Gerüste und Geräte aufgestellt werden oder auf dieses übergreifen sowie die zu den Arbeiten erforderlichen Baustoffe über das Grundstück gebracht oder dort niedergelegt werden, wenn und soweit

1.
das Vorhaben anders nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten durchgeführt werden kann,
2.
die mit der Duldung verbundenen Nachteile oder Belästigungen nicht außer Verhältnis zu dem von dem Berechtigten erstrebten Vorteil stehen und
3.
das Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht widerspricht.
2 Das Recht ist so schonend wie möglich auszuüben. 3 Es darf nicht zur Unzeit geltend gemacht werden.

[...]
Grundsätzlich habt Ihr also das Recht darauf, das Dach des Nachbarn zu nutzen. Allerdings gibt's weitere Vorschriften bzgl. der Anmeldung (1 Monat im Voraus) etc. pp.
Kann auch sein, dass es Euch zumutbar ist, dass Ihr per Leiterwagen arbeitet - hängt davon ab, wie hoch man die Beeinträchtigung des Nachbarn wertet.

Ich würde es also noch mal persönlich versuchen, ob er ein Einsehen hat. Wenn das nicht klappt, müsst Ihr Euch überlegen, ob man das notfalls mit Bauamt/Rechtsanwalt durchsetzt oder eben die höheren Kosten wie von Dir beschrieben in Kauf nimmt.

MfG
Dirk Grafe
 
Zuletzt aktualisiert 19.04.2024
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