Hausbau für Nerds - Erfahrungen gesucht!

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Zuletzt aktualisiert 19.04.2024
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C

Camille1984

Vielen Dank für die vielen interessanten Antworten.

Vielleicht versuche ich meine Gedanken mal noch etwas genauer darzustellen. Ein eigenes Haus ist seit je her ein Lebenstraum / Lebensziel von mir. Dafür bin ich (!) bereit, Einschränkungen und Nachteile, auch für eine gewisse Zeit, auszuhalten.

Ich finde es wirklich spannend, mich zu informieren und mich in die Technik einzuarbeiten (ich mag Physik...).
Ein Beispiel für mein Denken: Das Thema Heizung. Normalerweise nimmt man wohl eine LLWP oder eine Luft-Wasser-Wärmepumpe. Wer mehr Geld ausgeben will, nimmt eine Erdwärmepumpe. Dafür braucht es aber eine Bohrung. Diese Optionen werden mir beim Heizungsbauer oder GÜ angeboten. Da das Geld nicht locker sitzt, entscheide ich mich also für eine der günstigeren Pumpen. Dann lese ich aber von der Möglichkeit eines Grabenkollektor. Interessant, von dieser Lösung hat mir kein Profi erzählt. Das könnte ich mir vielleicht ja mit Eigenleistung doch leisten.
Und genauso denke ich bei vielen, vor allem, technischen Themen. Gerade in Zeiten des Handwerkermangels habe ich oft nicht das Gefühl, objektiv beraten zu werden. Und so reift immer mehr der Gedanke, mich selbst einzuarbeiten und genau zu wissen, worum es geht, vor allem auch im Kontakt mit Fachleuten.

Der angesprochene Zeitaufwand, auch für organisatorische Tätigkeiten, schreckt mich noch in keinster Weise. Durch eine lange Planungszeit erhoffe ich mir, viele Entscheidungen in Ruhe treffen zu können. Ich stelle mir einfachvor , dass ich durch eine sehr genaue, kritische und frühe Planung, eine große finanzielle Transparenz habe. Es ist doch etwas anderes ob ich schon in der Planungsphase merke, dass ich mir den Bodenbelag nicht leisten kann oder erst während der Bauzeit und dann Stress habe, etwas anderes zufriedenstellendes zu finden (klar! Passieren kann das trotzdem!).

Zur Frage nach der Bauzeit. Ich würde tatsächlich auch in ein halbfertiges Haus (z.B. nur eine fertige Etage mit Bad! und Küche!) einziehen und dann das Haus weiter ausbauen. Für manchen unvorstellbar, für mich akzeptabel.

Ich verstehe jeden, der das so nicht mag. Vor allem auch, wer beruflich extrem stark eingespannt ist. In meinem Beruf gibt es wahrscheinlich einfach mehr freie Zeiten.
 
H

hampshire

Mir gefällt Dein Ansatz auch mal quer zu denken. Eine gute Planung ist schon mehr als die halbe Miete. Zeit ist da von Vorteil. Weitere selten beworbene Heizsysteme sind Eisspeicherheizung (Speicher selbst bauen), Holzvergaser (Scheidholz), Stirling Motor...

Auch Wärme aus Gärung von Biomasse zu erzeugen, wie es ein Bekannter von mir in Norddeutschland macht ist interessant, braucht aber etwas Platz und Zugang zu Rostoffen, z.B. ein kleines Maisfeld...

Mit einer guten Ost-West Photovoltaik Anlage lässt sich hervorragend preiswert Strom erzeugen, auch da kann man sehr viel selbst machen.

Meine Schwester und Schwager hatten die Idee sämtliche Installationsleitungen an einer Hauswand außen zu verlegen. Die Räume sind entsprechend geplant. Das Haus ist ein ziemlicher Hammer geworden! Allerdings friert es bei denen auch nicht. Die Installation war einfach und konnte selbst gemacht werden.

Lehmbauweise ist geeignet zum Selbstbau. Das Klima in einem solchen Haus ist schlichtweg genial, die Energiekosten extrem gering. Man wird etwas mit den Behörden kämpfen müssen...
 
Climbee

Climbee

Einlesen und sich informieren ist auf jeden Fall gut um eine fundierte Entscheidung zu treffen - auch um nicht unbedingt immer dem Mainstream zu folgen. Es gibt viele und auch gute Lösungen, die einfach nicht angeboten werden, weil die Handwerker es nicht kennen, nicht wollen oder nicht davon überzeugt sind. Dann muß man solange jemanden suchen, bis der das eben so macht, wie man will.

Weit davon entfernt ist es allerdings, dies auch auszuführen - bei aller Liebe zur Physik. Wenn ich mir allein den Kabelsalat anschaue, der sich bei uns ergibt (und wir haben KEIN BUS), dann bin ich froh, daß das jemand macht, der das täglich macht und sich damit auskennt.

Auch Heizungsbau und Installation - das sind mittlerweile hochkomplexe Gewerke, die ich persönlich nur von jemanden machen lassen würde, der da die entsprechende Expertise hat. Von der Gewährleistung mal ganz abgesehen...

Also, wie gesagt: sich informieren, sich einlesen, sich den unterschiedlichsten Input holen, abwägen, eigene Entscheidung treffen - da bin ich bei Dir.
Bei der Ausführung würde ich aber immer auf einen Experten zurück greifen.
 
P

pffreestyler

Lass mich raten, du hast keine bis kaum Eigenleistung gemacht?

Z.B. Kabelsalat: was meinst, wieso die Elektriker die Kabel beschriften? Für kein Problem, gibt's keine Lösung

Man lernt schnell so viel bei Eigenleistung und die Expertise hat der Threadersteller ja im näheren Umfeld. Sobald das größte Hindernis (sich an die Aufgabe herantrauen) überwunden ist, geht so einiges.

Einzig Garantie ist da teilweise das Manko. Mein Nachbar z.B. hat die gleiche Grundfläche (Ok 1 qm mehr ...) und gleiche Heizung wie wir. Spart da gut 11.5 K (macht 50 % aus) ein, weil er die komplette Installation mit Freunden selber macht. Cheffe von beiden unterschreibt für die Garantie des Brenners, weil sie das Material über ihn beziehen. Einziges Risiko ist lediglich, dass alles dicht ist unter dem Estrich. Falls da was schief gegangen sein sollte, wird's teuer. Die haben es mir auch angeboten. Wollte ich nicht. Wieso? Garantie. Ob's richtig war sich Sicherheit für 10k einzukaufen? Kp.
 
B

boxandroof

hochkomplexe Gewerke, die ich persönlich nur von jemanden machen lassen würde, der da die entsprechende Expertise hat. Von der Gewährleistung mal ganz abgesehen...
Wenn man sich einarbeitet kommt irgendwann auch der Mut Risiken selber zu tragen. Wo man das schafft wird es auch besser, weil man es für sich macht. Ich finde das erstrebenswert, ebenso wie die Reduktion von Komplexität und Abhängigkeiten.
 
P

Pianist

Ich kann ja mal kurz berichten, wie ich das vor 20 Jahren gemacht habe: Da habe ich noch im Haus meiner Eltern gewohnt und auf dem Grundstück war noch viel Platz. Irgendwann habe ich mich mit meiner Selbständigkeit (ich bin Filmproduzent bzw. Filmemacher) so weit ausgebreitet, dass ich begann, über eigene Räumlichkeiten nachzudenken. Von eigener Familie war da noch gar keine Rede. Ein Teil meiner Filme handelt von großen Bahnbau-Projekten, so dass ich in das Thema "Organisation von Bauprojekten" ganz gut eingearbeitet war und auch schon in gewisser Weise die Sprache der Ingenieure und Handwerker beherrschte.

Da ich gerne alles selbst im Griff habe und auch bereit bin, mich da einzuarbeiten, habe ich angefangen zu zeichnen. Mit einem billigen Grafikprogramm. Ich wollte ein Haus entwerfen, welches sich gut in die Umgebung einfügt, am besten so aussieht, als ob es schon immer da steht, welches außerdem optimale Räumlichkeiten für mich, meine Selbständigkeit und einen potenziellen Familienzuwachs bietet. Ein Architekt hat mich ein wenig beraten, aber letztendlich stammten alle Unterlagen von mir. Ich habe auch darauf geachtet, den Entwurf nicht unnötig kompliziert zu machen. Also ich habe nur Sachen eingeplant, von denen ich auch bis ins Detail wusste, wie man sie umsetzen kann.

Vom Beginn des Nachdenkens bis zum Einreichen des Bauantrages verging ein knappes Jahr. Dann noch mal drei Monate bis zum Beginn. Ich habe mir alle ausführenden Unternehmen selbst gesucht. Da ich durch die Filmerei sehr viele Leute und Unternehmen kenne, konnte ich fast alles durch persönliche Empfehlungen abdecken, so wie auch ich zu 100 Prozent durch persönliche Empfehlungen an meine Aufträge komme.

Wenn man von Anfang an ein gutes Verhältnis zu den Unternehmern pflegt, es waren vor allem kleine Unternehmen, dann bekommt man letztendlich sehr gute Ergebnisse für ein akzeptables Geld. Ich vermute mal, dass mein Haus in dieser Qualität und dieser Größe mindestens 50 Prozent mehr gekostet hätte, wenn da ein Bauhai involviert gewesen wäre. Es gab auch zwei Firmen, die mir offen gesagt haben, dass es ihnen wirtschaftlich nicht gut geht und sie daher kein Material vorfinanzieren können. Daher habe ich im einen oder anderen Fall selbst das Material beschafft und sie haben es dann verarbeitet. Manchmal haben wir auch ganz enge Zahlungsbedingungen vereinbart, also zum Beispiel wöchentlich nach Baufortschritt, damit sie einerseits schneller zu Geld kommen, ich aber kein zu hohes Risiko trage.

Ich habe auch einiges selbst gemacht, zum Beispiel Kabel gezogen, und in meinem Haus sind sehr viele Kabel. Mit meinem Vater und einem Kumpel haben wir gemeinsam das Dach gedeckt und die Isolierung und den Trockenbau unter dem Dach gemacht. Eins hatten wir nicht: Zeitdruck. Ich wohnte ja eh nebenan und konnte mich täglich kümmern. Am Ende des ersten Sommers stand der Rohbau und im Herbst war das Dach gedeckt. Die Fenster kamen erst im folgenden Sommer rein, so konnte der Rohbau gut austrocknen. Die ersten Räume habe ich im zweiten Jahr in Betrieb genommen, richtig eingezogen bin ich im dritten Jahr. Das ist jetzt 19 Jahre her, das Haus macht bisher keinerlei Probleme und inzwischen wohne nicht nur ich drin, sondern samt Frau und Kind...

Natürlich kann man meine Herangehensweise nicht beliebig auf andere übertragen, aber wenn man ein relativ großes Haus mit relativ speziellen Anforderungen (wasserdichte Betonwanne, Studioräume mit akustischen Maßnahmen) realisiert, und alles ohne Ärger und Probleme klappt, und sich die gewählten Lösungen nach 20 Jahren immer noch als richtig erweisen, dann kann man ja nicht so viel falsch gemacht haben...

Matthias
 
Zuletzt aktualisiert 19.04.2024
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