Mal wieder: Sanieren vs. Neubau

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H

hausdave

Hallo Forum,

ich lese schon seit einiger Zeit still mit und habe nun auch selbst mal ein kleines Anliegen / eine Frage.

Und zwar bräuchte ich eine Einschätzung von jmd. der sich damit auskennt oder ggf. schon mal etwas ähnliches gemacht hat.

Ich stehe vor der Entscheidung ein altes Haus zu sanieren, oder dieses abzureissen und neu zu bauen. Es handelt sich um älteres Haus Bj. 1936 mit solidem Mauerwerk und ca. 6cm Luft zwischen der Innenmauer und der Außenmauer. Bei einer Sanierung müsste aber quasi alles erneuert werden (Dämmung, Dach, Elektrik, Rohre, Fußboden, Heizung, ...) und dies würde lt. einer ersten, groben Schätzung eines Sachverständigen ca. 150000 Euro kosten.

Das Haus selbst hat 160qm Wohnfläche, mit ausgebautem Dachboden eher sogar 200qm. Die Voraussetzung für das Vorhaben ist, damit der Generationenwechsel klappt, einen Anbau mit einer Einliegerwohnung vorzunehmen. Dafür müsste hinter dem Haus der bereits bestehende Anbau (Bj. 1937) abgerissen oder saniert werden. Dieser Anbau hat aber wohl nicht ganz so dicke Wände und der Aufwand wäre ggf. etwas höher für eine Sanierung (Innendämmung?). Für die Sanierung des zweiten Teils gibt es noch keine Schätzung.

Jetzt meine Frage, und ich weiß dass das viel mit persönlichem Geschmack zu tun hat, aber ich dachte ich frage einfach mal: Lohnt sich in diesem Fall die Sanierung? Lt. Sachverständigen kostet ein Neubau in dieser Qualität ca. 1400 Euro pro Quadratmeter, eher 1600 Euro wenn man nicht ein Haus aus dem "Katalog" möchte (also 240000 Euro Mittelwert). Im Grunde genommen mag ich aber das alte Haus (höhere Decken, guter Grundriss, solide Mauern...) aber ich möchte natürlich nicht mehr für eine Sanierung zahlen als für einen Neubau. Mit der Sanierung wird auch "gerade" mal das KFW100 Haus erreicht, ein Neubau wäre dann ja eher Kfw55 o.ä.

Gedanklich stelle ich also die Sanierung mit Neubau Einliegerwohnung dem kompletten Neubau gegenüber. Wenn ich die Einliegerwohnung dann außen vor lasse, denke ich, dass ich mit 150000 Euro einen guten Preis mache für 160qm Wohnfläche, oder?

Wie seht ihr das? Hat da jemand Erfahrungen? Womit würde man rechnen für einen kompletten Neubau (mit Einliegerwohnung) + Abriss?

Ich entschuldige mich schon mal für den längeren Text, hoffe es findet sich doch jmd. für eine kurze Antwort.

Danke,
Dave
 
B

barcuda

Hallo,

die geschätzten Sanierungskosten in Höhe von 150.000 Euro kann ich natürlich so nicht beurteilen. Eine Kostenschätzung über Vergleichswerte von m2 Wohnfläche o.ä. ist bei einer Sanierung nicht hilfreich. Hier hilft wirklich nur eine Kostenberechnung über jedes einzelne Bauteil, z.b. x Fenster mit durchschnittlicher Größe in bestimmter Qualität austauschen usw. Möglicherweise hat dies der genannte Sachverständige auch so gerechnet. Ansonsten sind die 150.000 Euro kein wirklicher Vergleichswert zu einem Neubau. Denn die Spanne kann riesig sein bei einer Sanierung, mitunter ist diese sogar teurer als ein Neubau.

Die 1.400 - 1.600 Euro/m2 für einen Neubau dagegen sind realistisch, sofern sich der Preis auf die Wohnfläche bezieht - natürlich abhängig von der gewünschten Ausstattung. Allerdings ist beim Energiestandard zu beachten, dass der kfw-70-Standard i.d.R. mit erhöhter Wandstärke oder Dämmung (z.B. WDVS - Wärmedämmverbundsystem) erreicht werden kann. Beim kfw-55-Standard ist dies nur mit zusätzlichen technischen Komponenten (Wärmepumpe, Wärmerückgewinnung o.ä.) und stark erhöhter Dämmung erreichbar. Auch beim Neubau ist ein erhöhter kfw-Standard nicht "automatisch" erreicht, gerade kfw-55 wird sich deutlich im Preis niederschlagen, um so mehr, wenn du mit Keller planst.

Übrigens ist auch eine Einliegerwohnung ein Kostenfaktor, der nicht unterschätzt werden darf - erst recht, falls die Wohnung auch mal fremdvermietet werden soll.

Falls bei einer Sanierung eine Innendämmung in Betracht gezogen wird, rate ich zur Vorsicht und zur Einbeziehung eines Bauphysikers oder einem entsprechend erfahrenen Fachmann. Hier besteht verstärkt die Gefahr von Bauschäden (Schimmelbildung).

Wichtig ist sowohl für eine Sanierung als auch für einen Neubau die Gesamtkosten zu betrachten. Hierzu zählen auch die Baunebenkosten, inkl. Planungskosten, Freianlagen usw. Beim Abbruch auch Kosten für Schuttentsorgung nicht zu vergessen.

Eine Empfehlung für Neubau oder Sanierung kann man dir aus der Ferne natürlich nicht geben. Um wirklich vergleichen zu können, sollte m.E. eine belastbare Kostenberechnung für eine Sanierung erstellt werden. Das sollte dir es wert sein - wenn du über eine Sanierung nachdenkst. Eine grobe Kostenschätzung hilft da nicht. Denn, wenn bei einer Sanierung so ziemlich alles erneuert werden muss, wie du schreibst, kann es gut sein, dass die veranschlagten 150.000 Euro nicht ausreichen.
 
B

Bauexperte

Hallo Dave,

Mit der Sanierung wird auch "gerade" mal das KFW100 Haus erreicht, ein Neubau wäre dann ja eher KFW55 o.ä. Gedanklich stelle ich also die Sanierung mit Neubau Einliegerwohnung dem kompletten Neubau gegenüber. Wenn ich die Einliegerwohnung dann außen vor lasse, denke ich, dass ich mit 150000 Euro einen guten Preis mache für 160qm Wohnfläche, oder?
Bei einer Sanierung bleibt meist ein kleines "Geschmäckle" - die Grundsubstanz bleibt immer alt. Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß die - durch den SV - angesetzten Kosten für das Haupthaus mit der späteren Realität übereinstimmen. nicht selten ist es so, daß Du an einer Stelle beginnst und dann erst feststellst, daß weiterer Sanierungsbedarf ansteht.

Auch bei einem kompletten Neubau - und dazu würde ich Dir anraten - kannst Du Einfluß auch die Geschosshöhe nehmen; ja sogar den "alten" Grundriss 1 : 1 nachbauen. ABER - alles ist dann an die geltende Energieeinsparverordnung angepaßt; KFW 55 muß es nicht werden, Kfw 70 dagegen ist sinnvoll und hat ein vernünftiges Preis-/Leistungsverhältnis.

Ich selbst bewohne ein altes Haus und kann leider nicht abreißen; ich weiß sehr genau um die Unterschiede Wertgutachten und Realität

Freundliche Grüße
 
H

hausdave

Vielen Dank erst mal für die schnellen und freundlichen Antworten! Gerade auch weil das Thema ja sehr individuell ist.

Das Sachverständige hat schon die einzelnen Maßnahmen erfasst, also Fenster, Heizung, Dach usw. Aber natürlich nur grob geschätzt, ich werde hier noch mal eine belastbare Kostenberechnung einfordern, vielen Dank für den Hinweis.

Weiterhin denke ich auch nicht, dass ich mit Kosten auskomme. Ich werde ggf. noch ein weiteres mal mit dem Sachverständigen und ggf. einem Architekten durch den Anbau gehen um zu schauen was da machbar ist. Wenn ich dann mit Puffer und Neubau des Anbaus immer noch günstiger bin als bei einem kompletten Neubau habe ich ja schon mal eine grobe Richtung.
 
H

hausdave

Hallo noch mal!

Inzwischen gibt es auch die Zahlen schriftlich (kein Angebot, eine Schätzung).

Rohbau


  • Austausch der Fenster (Kunststoff, 3-fach verglast) 15.000,00 EUR
  • Kerndämmung des Außenmauerwerks 3.000,00 EUR
  • Erneuerung der Heizung, Wärmeverteilung, Wärmeübergabe 20.000,00 EUR
  • Unterstützung mit Solarthermie 7.000,00 EUR
  • Dachausbau, Dämmung, Eindeckung 40.000,00 EUR
  • Maurer (Grundrissveränderungen) 10.000,00 EUR
  • Estrich, Fußbodenheizung Wohnzimmer 5.000,00 EUR
  • Sanitärinstallation 12.000,00 EUR
  • Elektroinstallation 7.000,00 EUR

Innenausbau


  • Malerarbeiten, Innenputz 9.000,00 EUR
  • Fliesenarbeiten 6.000,00 EUR
  • Bodenbelagsarbeiten 8.000,00 EUR

Nebenkosten


  • Statik, Wärmeschutz , Architekt brutto 23.000,00 EUR

Gesamt netto: 165.000,00 EUR
Gesamt brutto: 196.000,00 EUR


Kann jmd. was zu den Zahlen sagen? Ist das realistisch oder zu teuer? Fehlt noch was? Mir ist z.B. aufgefallen das der Punkt "Bauleitung" mindestens noch hinzukommen würde, auch die Fußbodenheizung soll natürlich nicht nur im Wohnzimmer installiert werden.

Weiterhin schätzt er, würden für Neubau des Hauptgebäudes mit den gleichen Außenabmessungen Kosten von ca. Gesamt brutto: 316.000,00 EUR entstehen (inkl. Abbruch und Nebenkosten). Kann ich schwer einschätzen.

Falls jemand so etwas schon mal gemacht hat und eigene Zahlen kennt, wäre ich für Hinweise (ob das so hinkommen kann) dankbar!

Beste Grüße aus dem Norden,
Dave
 
B

Bauexperte

Hallo Dave,

Gesamt netto: 165.000,00 EUR
Gesamt brutto: 196.000,00 EUR
wenn ich richtig gerechnet habe, sind es netto TEUR 142 und - bis auf zwei Euronen brutto TEUR 192

Kann jmd. was zu den Zahlen sagen? Ist das realistisch oder zu teuer? Fehlt noch was? Mir ist z.B. aufgefallen das der Punkt "Bauleitung" mindestens noch hinzukommen würde, auch die Fußbodenheizung soll natürlich nicht nur im Wohnzimmer installiert werden.
Nur Fußbodenheizung im Wohnzimmer würde auch keinen Sinn machen; eine externe Bauleitung hinzuzuziehen ist gut investiertes Geld.

Ob es paßt oder nicht, kann leider Niemand hier beantworten, da wir Dein Gebäude nicht kennen. Mir bspw. kommt die Dämmung des Außenmauerwerks zu niedrig angesetzt vor. Kann mich aber auch täuschen ...

Weiterhin schätzt er, würden für Neubau des Hauptgebäudes mit den gleichen Außenabmessungen Kosten von ca. Gesamt brutto: 316.000,00 EUR entstehen (inkl. Abbruch und Nebenkosten). Kann ich schwer einschätzen.
Du hast im ersten Post von 160 qm/WF geschrieben; sie sollten als KfW 70-Effizienzbau in etwa TEUR 233 im Norden kosten, plus Nebenkosten TEUR 30 plus Kosten des Abrisses. Wenn im Bestandsgebäude kein Asbest verbaut wurde, kommt die Schätzung hin.

Wenn ich ergo jetzt überschlage - ca. TEUR 220 (ich habe überschlägig Kosten für das Mehr an Fußbodenheizung und SV hinzu addiert) für die Sanierung und TEUR 320 für einen Neubau, sprechen die bislang bekannten Zahlen eigentlich für sich. Mir persönlich würde es nicht gefallen, viel Geld in einen "alten" Kasten zu stecken - welcher in seiner Substanz immer alt bleiben wird - wenn ich die Möglichkeit hätte, etwas Neues an dessen Stelle zu errichten. Ist - wie bei Allem - eine persönliche Entscheidung und es soll ja auch Menschen geben, welche gerade diese alten Gebäude erhalten möchten.

Freundliche Grüße
 
Zuletzt aktualisiert 16.04.2024
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