Schneelast, Windzone, Schneelastzonen

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S

schornstein

Hallo, zusammen.
Ich hoffe, mir kann jemand meine Frage beantworten.
In Bau- und Leistungsbeschreibung über Dachkonstruktion wurde angegeben, dass die statische Berechnung des Pfettendachs unter Berücksichtigung einer Schneelast von 0,75 kN/m² und Windzone II erstellt wird.
Jetzt haben wir die Berechnung bekommen, in der
Schneelast 0,65 kN/m² und Windzone I berücksichtigt wurde.
Wir sind in Raum Karlsruhe.
Wie wird diese Differenz auf unser Dach auswirken?
 
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B

Bibo

Hallo Schornstein,

ganz Deutschland ist in sogenannte Schneelastzonen aufgeteilt. Dies ist in der DIN 1055-5 Einwirkung auf Tragwerke – Teil 5: Schnee und Eislasten geregelt.
Der Grundwert für die Schneelast von sk = 0.65 kN/m² ist für den Raum Karlsruhe richtig
angesetzt, hier würde ich mir keine sorgen machen.
Ob sich eine Differenz von 0.75-0.65 = 0.1 kN/m², auswirkt hängt maßgeblich
von den berechneten Sparrenquerschnitt b/h (Breite/Höhe) und der gewählten Holzgüte ab.

Die Bemessung von Holzbauteilen ist in der DIN 1052 geregelt. Hier wird grundsätzlich
zwischen zwei Nachweisformen unterschieden:
1. Tragfähigkeitsnachweise:
hier wird das Versagen des Bauteils nachgewiesen, also der rechnerische Nachweis
ob der Holzquerschnitt b/h in der Lage ist, ohne Schäden die Einwirkungen
wie Eigengewicht, Wind und Schnee und sonstige sogenannte Verkehrlasten aufnehmen
kann.
2. Gebrauchstauglichkeits-Nachweise:
hier wird die Verformung (Durchbiegung) eines Bauteils auf eine zulässiges
Höchstmaß nachgewiesen (Es geht mehr um die Optik, selbst wenn ein
Nachweis nicht eingehalten ist ein Bauteilversagen nicht zu erwarten)

Nun zur eigentlichen Frage ob sich das auf das Dach auswirken kann.
Dies hängt vom Ausnutzungsgrad des gewählten Sparrenquerschnitts ab!
Der Ausnutzungsgrad ist Quotient zwischen den einwirkenden Größen geteilt durch
den widerstehende Größen.

Beispiel Tragfähigkeitsnachweis:
Ausnutzung = vorh. Spannung (aus Einwirkung) / zulässige Spannung (durch Holzgüte)

Beispielinterpretation der Ergebnis aus dem Nachweis:
Ausnutzung = 1.3 bedeutet, der Querschnitt kann die Einwirkung nicht aufnehmen sprich der Querschnitt ist Unterbemessen (Querschnittsschäden Bruch o.ä. sind möglich) !!
Ausnutzung = 1 bedeutet, der Querschnitt hat seine Tragfähigkeit voll erreicht
Ausnutzung = 0.5 bedeutet, der Querschnitt ist nur zur Hälfte ausgenutzt
sprich der Querschnitt ist überbemessen!

Wenn der Statiker 0.65 kN/m² annimmt und ein Sparrenquerschnitt b/h unterhalb
des Grenzausnutzungsgrad 1.0 gewählt hat z.B. 0.9, wird bei der Annahme von sk =
0.75 kN/m² auch nichts anders herauskommen, Ausnutzungsgrad dann etwas
höher (Vielleicht 0.95). Das hängt aber noch von anderen Randbedingungen des statischen
Systems ab, wie z.B. die Stützweiten (Auflager) und den Sparrenabstands untereinander ab

Also wie bereits erwähnt hängt alles davon ab, welcher Querschnitt b/h mit welcher Holzgüte
(Güteklasse, Holzart) eingebaut werden soll, und wie knauserig der Statiker bei der Bemessung nach DIN 1052 gewesen ist, oder ob er noch gewisse Reserven zugelassen hat.

Ich hoffe ich konnte weiterhelfen, Gruß BIBO
 
S

schornstein

Vielen Dank, BIBO.
Hast sehr geholfen.
Durch so viele neue Infos muss ich mich erst durcharbeiten. Unsere Sparren sind 8cm breit und 24 cm hoch. Holzklasse C 24 Nk1. Heisst es , dass Der Durchschnitt 0,34 ist? Grenzausnutzungsgrad habe ich nicht gefunden, hier sind nur Abkürzungen im Bericht. Ich vermute mal P=1,00 kN ist dieser Grenzausnutzungsgrad? Oder liege ich falsch?
Auf jeden Fall bin ich beruhigt.
Viele Grüße, Schornstein
 
B

Bibo

Hallo Schornstein,

kannst gerne mir mal die Statik per PN zukommen lassen, dann würde ich versuchen die Zahlen zu entschlüsseln .
Der Sparren b/h = 8cm x 24cm ist schon recht ordentlich, da auch die Dämmung bei einer Höhe von 24cm noch gut zwischen den Sparren unterzubringen ist.
Wichtig ist noch zu wissen, wie ist der Sparrenabstand untereinander, üblich sind 80cm ?!
Wie weit sind die Auflager (wo der Sparren aufliegt) von einander entfernt, und welche Dachneigung in Grad ist vorhanden ?

- Zum GrenzAusnutzungsgrad:

Mal ein ganz einfaches Beispiel:

1. Spannung [kN/cm²] = Kraft [kN] / Fläche [cm²] (vielleicht noch aus der Schulzeit bekannt)

vorhandenen Spannung berechnen (Annahme Kontaktfläche zur Druckaufnahme 8cm x 12 cm ):
2. vorh. Spannung = 12 kN / ( 8cm * 12 cm) = 0.125 kN/cm²

zulässige Spannung gemäß DIN 1052 für Nadelholz NH C24 (Druck rechtwinkelig):
3. zul. Spannung = 0.154 kN/cm²

den Nachweis führen (beide Nachweisarten (a/b) sind möglich):
4a . vorh. Spannung < zul. Spannung
0.125 kN/cm² < 0.154 kN/cm² (der Nachweis ist erfüllt)
4b . vorh. Spannung / zul. Spannung <= 1.0
0.125 kN/cm²/ 0.154 kN/cm² = 0.812 <= 1.0 [-] (der Nachweis ist erfüllt)

Aus dem Nachweis 4a ist ersichtlich, dass der Spannungsnachweis
eingehalten ist, aber wie ist der Querschnitt ausgenutzt?
Das ist viel besser im Nachweis 4b ersichtlich, denn der Ausnutzungsgrad ist direkt ablesbar:
Ausnutzungsgrad = 0.812 [-] *100[%] = 81.2 %
Der Querschnitt ist hier um 81.2 % ausgenutzt ist, im Querschnitt steckt noch eine Reserve von 18.8 % !

Es gibt noch andere Nachweis die geführt werden müssen, der ungünstigste Nachweis (größter Ausnutzungsgrad) gibt den GrenzAusnutzungsgrad an

- P = 1.00 kN könnte die Reparaturlast sein (Mannlast etwa 100kg), ist nicht der Ausnutzungsgrad !
- „Durchschnitt 0,34 ist?“ habe ich nicht verstanden wie Du auf diesen Wert kommst.

Viele Grüße, BIBO
 
Zuletzt aktualisiert 18.04.2024
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