Bauunternehmen Insolvent, wie weiter Vorgehen?

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Zuletzt aktualisiert 27.04.2024
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11ant

11ant

Natürlich, wen denn sonst. Es geht doch nicht um die Insolvenz sondern um die Belange aus dem Bauvertrag/Bauvorhaben.
Allerdings vor dem Hintergrund des Insolvenzrechts (oder aus Sicht nachrangiger Gläubiger besser gesagt Insolvenzunrechts) - simple Mathematik: wenn ein Faktor nahe Null ist, ist auch das Ergebnis nahe Null. Bauvertragsrechtlich mag der Bauherr maximal im Recht sein, mal Faktor Nullkomma nützt ihm das wenig. Seine Rechtsdurchsetzungskosten bemessen sich dennoch am vollen Streitwert ohne Abwertungsfaktor. Schon für die Einschätzung der Prozeßökonomie liegt hier der längere Hebel beim Insolvenzrechtskundigen.
Bitte hier nicht spekulieren oder mutmaßen.
Der Insolvenzverwalter wir dem TE auch einen Fachanwalt für Baurecht entgegensetzen.
Diese Spekulation / Mutmaßung teile ich mitnichtesten: der Insolvenzverwalter wird sich regelmäßig selbst vertreten, und das wird ihm auch nicht als fahrlässige Gefährdung des von ihm vertretenen Vermögens ausgelegt. Wenn er mit Pauken und Trompeten verliert - so what, dann hat er eben noch weniger zu verteilen - seinem Honorar wird das nicht schaden.
Wir sind uns unsicher ob wir für einen mittleren 4 stelligen Betrag (unser Mängeleinbehalt inkl 2x Druckzuschlag) anwaltliche beratung nehmen sollen, denn die Anwälte arbeiten ja auch nicht umsonst.
Meine honorarfreie Meinung - keine Rechtsberatung - ist: 1. alle Anwälte (und ohne seid Ihr da verloren) arbeiten da nicht umsonst, aber der Baurechtler wahrscheinlicher zumindest vergeblich als der Insolvenzrechtler; 2. vergeßt gegen eine Insolvenzschuldnerin einen "Druckzuschlag". Im übrigen: außer Eurem Streitwert und damit den Anwaltskosten erhöht der Druckzuschlag nichts (mehr).
Ich habe im Internet gelesen, dass alle Forderungen die vor der eigentlichen Insolvenz gültig sind, im Rahmen der Insolvenz aufrechenbhar sind, das Aufrechnungsverbot in Paragraph 95 InsO Absatz 1 Satzs 3 also nicht gelten soll.
Wenn das das Internet sagt, dann bin ich natürlich machtlos ;-)
Theoretisch macht es einen Unterschied, ob Forderungen bereits vor der Insolvenz entstanden waren. Praktisch kann man als nachrangiger Gläubiger in der Insolvenz jedoch überwiegend "abschreiben", was man theoretisch zu bekommen gehabt hätte. Übrigens ist mit dem, was Du "eigentliche Insolvenz" nennst (also wohl der Phase der dauerhaften Insolvenzverwaltung) lediglich die Insolvenz als gesichert eingetreten festgestellt; tatsächlich vorgelegen haben kann sie bereits vorher. Nicht selten schließen sich mehrjährige Ermittlungen darüber an, ob die Anmeldung verschleppt wurde (und diese Ermittlungen wiederum enden nicht selten aus der Perspektive der Wahrheitsfindung unbefriedigend). Das Insolvenzrecht kann Laien nur für die Hoffnung dankbar machen, von den anderen Dingen des Lebens mehr zu verstehen.
 
H

Hausbaer

Theoretisch macht es einen Unterschied, ob Forderungen bereits vor der Insolvenz entstanden waren. Praktisch kann man als nachrangiger Gläubiger in der Insolvenz jedoch überwiegend "abschreiben", was man theoretisch zu bekommen gehabt hätte. Übrigens ist mit dem, was Du "eigentliche Insolvenz" nennst (also wohl der Phase der dauerhaften Insolvenzverwaltung) lediglich die Insolvenz als gesichert eingetreten festgestellt; tatsächlich vorgelegen haben kann sie bereits vorher. Nicht selten schließen sich mehrjährige Ermittlungen darüber an, ob die Anmeldung verschleppt wurde (und diese Ermittlungen wiederum enden nicht selten aus der Perspektive der Wahrheitsfindung unbefriedigend). Das Insolvenzrecht kann Laien nur für die Hoffnung dankbar machen, von den anderen Dingen des Lebens mehr zu verstehen.
Ok, d.h., nach deinen Ausführungen stehen die Karten generell schlecht als Insolvenzgläubiger. D.h., wenn man ohne Druckzuschlag einen Mängeleinbehalt von ca. 3000 € hat, lohnt es sich wohl kaum das Risiko einzugehen sich mit dem Insolvenzverwalter zu streiten, da man ja noch Anwaltskosten sowie ggf. Gerichtsprozesskosten zu tragen hat.
 
11ant

11ant

Ok, d.h., nach deinen Ausführungen stehen die Karten generell schlecht als Insolvenzgläubiger.
Ich sprach ausdrücklich von nachrangigen Gläubigern, und zu dieser Kategorie zählen Bauherren und Hauskäufer. Das Insolvenzrecht verlangt zwar theoretisch die Anmeldung eines Insolvenzverdachtes schon allein aufgrund von Kriterien, die auch vorübergehend zutreffend sein können. Im weit überwiegenden Regelfall bleibt die rechtliche Insolvenzvermutung allerdings dauerhaft von einer tatsächlichen Insolvenz begleitet bestehen, und das Unternehmen kommt von der Palliativstation ins Hospiz. Dann sind Finanzamt und Krankenkassen die größten Pflichtteilserben, und am Katzentischchen kommt nur noch der Rest vom Schützenfest an. Da kannst Du gegen Dein Ohnmachtsgefühl noch ein bißchen mit dem Säbel rasseln, aber das wird genau so viele NATO-Einsätze auslösen wie ein Fahrraddiebstahl in Münster. Mehr als ein Kerzerl anzuzünden bleibt da auch einem Protestanten nicht. Murmele vor Dich hin, daß Dir Unrecht widerfahren sei, wenn Dir das hilft. Krönchen richten, das Leben geht weiter ! (muß ja ...)

Wir haben hier gerade drei Traumhaus-Hildmann-Threads, wo es nach meiner Einschätzung nach den Turbulenzen weitergehen wird, aber der typische Insolvenzfall ist meist tatsächlich das, was früher ein Konkurs genannt wurde.

D.h., wenn man ohne Druckzuschlag einen Mängeleinbehalt von ca. 3000 € hat, lohnt es sich wohl kaum das Risiko einzugehen sich mit dem Insolvenzverwalter zu streiten, da man ja noch Anwaltskosten sowie ggf. Gerichtsprozesskosten zu tragen hat.
Du könntest gemäß meines vorgenannten Bildes nach dem Säbelrasseln mit nur noch dem Griff, und einer abgefallenen Klinge dastehen. ... find´t er nur noch Kopf und Seil an dem hint´re´ Wagenteil ;-)
 
B

bafische

Allerdings vor dem Hintergrund des Insolvenzrechts (oder aus Sicht nachrangiger Gläubiger besser gesagt Insolvenzunrechts) - simple Mathematik: wenn ein Faktor nahe Null ist, ist auch das Ergebnis nahe Null. Bauvertragsrechtlich mag der Bauherr maximal im Recht sein, mal Faktor Nullkomma nützt ihm das wenig. Seine Rechtsdurchsetzungskosten bemessen sich dennoch am vollen Streitwert ohne Abwertungsfaktor. Schon für die Einschätzung der Prozeßökonomie liegt hier der längere Hebel beim Insolvenzrechtskundigen.
Das ist vollkommen korrekt. Wenn ich den TE richtig verstanden habe, geht es in seinem Fall, wie auch in meinem, darum ob er noch offene Zahlungen an den Insolvenzverwalter/Bauunternehmer leisten soll bzw. wie und von wem er seine Mängel beseitigt bekommt bzw. was mit seiner Gewährleistung in Zukunft passiert. Meist auch, wann und ob er seine Fertigstellungsbürgschaft zurückgeben soll bzw. muss.
D.h. er hat keine Forderung an den Insolvenzverwalter aus der Insolvenzmasse sondern sitzt noch auf Pfründen, die aber der Insolvenzverwalter in Bälde zurückfordern wird.
Hier sind alle Kommentare völlig richtig, ich würde auch niemanden empfehlen ohne insolvenzrechtliche Beratung und Rechtsschutzversicherung den Kampf aufzunehmen.

Die Praxis sieht hier folgendermaßen aus. Nach rechtlich gesicherter Übernahme der Insolvenzverwaltung wir der Insolvenzverwalter als Erstes auf die Zahlung der Restbeträge vom Vertragspartner (hier der Bauherr) bzw. der Rückgabe der Fertigstellungsbürgschaft drängen.
Falls das nicht erfolgt, weil noch Mängel offen sind bzw. vertraglich zugesicherte Leistungen nicht erfüllt wurden (hier Blower-Door-Test) kommt ganz schnell die Zahlungsklage.

Diese Spekulation / Mutmaßung teile ich mitnichtesten: der Insolvenzverwalter wird sich regelmäßig selbst vertreten, und das wird ihm auch nicht als fahrlässige Gefährdung des von ihm vertretenen Vermögens ausgelegt. Wenn er mit Pauken und Trompeten verliert - so what, dann hat er eben noch weniger zu verteilen - seinem Honorar wird das nicht schaden.
Das ist wieder Spekulation, falls es zu einer gerichtlichen Zahlungsklage kommt wird diese ausschließlich von einem beauftragten Rechtsanwalt geführt, da der Insolvenzverwalter selbst für eine Klageerhebung vor Gericht nicht berechtigt ist - auch wenn er zufälligerweise die fachliche Kompetenz besitzt. Das führt aber hier zu weit und ist auch unerheblich.

Der TE hat im Grunde nur 2 Möglichkeiten:
- Alle offenen Forderungen zu begleichen, die Fertigstellungsbürgschaft zurückgeben und die Mängelbeseitigung auf eigene Kosten vorzunehmen
oder
- Keine Zahlungen mehr zu leisten, die Mängel dokumentieren und auf keinen Fall selbst zu beseitigen, sich einen Anwalt zu nehmen und sich in einen Rechtsstreit zu begeben.

In meinem Fall habe ich die 2te Option gewählt, am Ende kam ein gerichtlicher Vergleich raus. Unter Abrechnung der Anwaltskosten (bei einem Vergleich trägt der Kläger/Beschuldigter seine eigenen Anwaltskosten selbst) konnte ich teilweise die Kosten für die Mängelbeseitigung decken - mehr aber auch nicht.
Aus dieser Erfahrung, würde ich diesen Weg heute nicht mehr bestreiten. Wenn die Summe der Mängel/offene Leistungen noch im vierstelligen Bereich liegen sollte, würde ich die Kröte schlucken. Ein Rechtsstreit dauert Jahre, kostet unendlich Nerven und viel Lebenszeit.

Als Ergebnis aus diesem mehrjährigen Rechtsfall habe ich bei meinem nächsten BV eine Bauherren-Rechtsschutzversicherung abgeschlossen, die auch den Neubau abdeckt. Kann ich nur empfehlen, hilft aber auch nur bedingt.

Das meine Erfahrungen keine Rechtsberatung darstellen, sollte jedem klar sein. Ich kann nur berichten was ich selbst erlebt habe und hoffen das diese dem TE oder sonstigen interessierten Lesern hilft eigene Entscheidungen zu treffen.
 
H

Hausbaer

Der TE hat im Grunde nur 2 Möglichkeiten:
- Alle offenen Forderungen zu begleichen, die Fertigstellungsbürgschaft zurückgeben und die Mängelbeseitigung auf eigene Kosten vorzunehmen
oder
- Keine Zahlungen mehr zu leisten, die Mängel dokumentieren und auf keinen Fall selbst zu beseitigen, sich einen Anwalt zu nehmen und sich in einen Rechtsstreit zu begeben.

In meinem Fall habe ich die 2te Option gewählt, am Ende kam ein gerichtlicher Vergleich raus. Unter Abrechnung der Anwaltskosten (bei einem Vergleich trägt der Kläger/Beschuldigter seine eigenen Anwaltskosten selbst) konnte ich teilweise die Kosten für die Mängelbeseitigung decken - mehr aber auch nicht.
Aus dieser Erfahrung, würde ich diesen Weg heute nicht mehr bestreiten. Wenn die Summe der Mängel/offene Leistungen noch im vierstelligen Bereich liegen sollte, würde ich die Kröte schlucken. Ein Rechtsstreit dauert Jahre, kostet unendlich Nerven und viel Lebenszeit.

Als Ergebnis aus diesem mehrjährigen Rechtsfall habe ich bei meinem nächsten BV eine Bauherren-Rechtsschutzversicherung abgeschlossen, die auch den Neubau abdeckt. Kann ich nur empfehlen, hilft aber auch nur bedingt.
Danke für den Erfahrungsbericht, der ist für mich sehr wertvoll. Wir haben bereits der Bitte den Restbetrag zu zahlen auf Grund von offenen Mängeln widersprochen, der vorläufige Insolvenzverwalter hat darauf nur geantwortet dass er nicht für eine Mängelbehebung zuständig ist. Mehr nicht. D.h., sobald das richtige Insolvenzverfahren eröffnet wird, winkt uns vermutlich auch ein Brief mit Zahlungsklage.

Wir haben auch eine Bauherrenrechtsschutz vor dem Bau abgeschlossen, und naja, leider habe ich gerade entdeckt dass dort der Rechtsbereich "Insolvenz" ausgeschlossen wird :-(.
 
Zuletzt aktualisiert 27.04.2024
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