keine Hausbaufirma - Alles selber zusammensuchen

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B

Bauexperte

Hallo,

Ich arbeite in einer Firma bei der die wichtigsten anfänglichen "Gewerke" tätig sind: Architekten, Statiker, Bauleiter. Der Bauleiter hat mich auch zu der Nummer überredet: "Warum machen wir das nicht alles über die Kollegen hier aus der Firma? Die ausführenden Gewerke hab ich ja an der Hand da suchen wir uns alle Firmen zusammen und dann mußt du nicht die teuren Hausbaufirmen bezahlen."
Dann würde ich doch an Deiner Stelle erst einmal damit beginnen, die Werte der "anfänglichen, hausinternen Gewerke" abzufragen; meinst Du nicht? Reden können sie viel - bringt Dich aber nicht weiter, da Du belastbare Zahlen brauchst.

So als Anhaltspunkt für Dich hier die ca.-Kosten dieser Gewerke, bei normaler Vergabe: Architektur - Stufe 1 bis 9 - € 25.000,00 (davon anteilig € 8.500,00 für Bauleitung), Statik € 2.100,00 und Wärmeschutznachweis € 1.600,00. Diese Zahlen basieren auf einem geschätzten Erstellungspreis von TEUR 158 für ein Einfamilienhaus der Größe 110 qm/WF als Kfw 70-Effizienzhaus in Brandenburg. In dieser Region, ähnlich wie SH und Niedersachsen sind die Erstellungskosten etwas günstiger.

Okay find ich erstmal gut die Idee. Was ich aber nun gar nicht einschätzen kann: wie viel wird so denn nun billiger als bei den anderen? Bei einer Hausbaufirma hab ich mir mal die Kataloge und Preise angeschaut. Danach würde solch ein Haus ca. 130.000€ kosten. Nun sagte mein Schwager der gerade nen Haus gebaut hat mit seinen Kumpels (jeder nen anderes Gewerk) und so ca. die Preise noch im Kopf hat das ich mit meinen Kollegen max. auf 90.000 kommen würde.
Habe ich dieser Tage schon an anderer Stelle geschrieben: hüte Dich vor Vergleichen, welchen den Tag nicht überstehen. Alleine die TEUR 130 sind schon illusorisch bei einem Einfamilienhaus der gewünschten Größe - selbst in Brandenburg; von einem KfW-Effizienzhaus ist sicher auch nicht die Rede.

Kann das einer von euch der Ahnung hat irgendwie bestätigen? Ich würde gern mal so ungefähr eine Hausnummer haben wo die Reise so hingeht. Mir ist klar das wir hier keine Heller und Pfennig Rechnung machen können aber mich würde einfach nur interessieren komm ich am Ende auch bei der Hausbaufirma an oder bleib ich dort nur etwas drunter oder bleibe ich wirklich soviel drunter wie mein Schwager sagt oder wirds am Ende sogar NOCH teurer.
Ich kann Deine Euphorie gut nachvollziehen, Du solltest Dich aber (noch) nicht in ihr baden!

Ich sehe am ehesten Einsparpotenzial, wenn Du die Ingenieurleistungen für kleines Geld bekommen kannst. Hierbei gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass auch diese Leute nicht von Geschenken an Dritte leben. Die Frage ist also: machen sie es zum Freundschaftspreis und wenn ja, in welcher Zeitspanne? Alle, die zum Bau eines Einfamilienhaus erforderlichen Ingenieurleistungen - beginnend bei der Erstellung des BA bis hin zur Berechnung des Wärmeschutznachweises erfordern Zeit und sind dem zufolge nicht im Vorbeimarsch zu erstellen. Ob Dein Bauleiterfreund auf gute TEUR 8 verzichten möchte, kann ich nicht einschätzen; umsonst wird er es sicherlich nicht machen.

Der nächste Posten ist die Ausschreibung und Vergabe der restlichen Gewerke - basierend auf welcher BB? Der vom Bauleiter in die Waagschale geworfene "Hausbaupreis" dient den meisten Handwerksfirmen nur dazu, Leerzeiten zu vermeiden; den meisten Umsatz generieren sie dabei nicht, da die Einkäufer der regional/überregional tätigen Anbieter ihr Handwerk sehr gut verstehen. Und auf schwarze Vergabe solltest Du Dich ganz sicher nicht einlassen, so nach dem Motto: hier sparst Du die MwSt. Das wird ein ganz böses Erwachen geben!

Du solltest imho 2 Varianten durchspielen: hole Dir 1 - 3 "öffentliche" Angebote über Deinen Wunschgrundriss ein und vergleiche diese - und nur diese, damit überhaupt ein Vergleich möglich ist - mit den Dir, von Deinen Arbeitskollegen genannten Werten. Erst dann ist eine verlässliche Ersparnis zu beziffern. Und - was ich persönlich für wichtig erachte: bei aller "Kungelei", und nichts anderes ist es, ist es wichtig, dass eine unabhängige Person das BV überwacht. Oder möchtest Du Stress am Arbeitsplatz, weil im worste case Uneinigkeit darüber besteht, wer einen vmtl. Fehler zu vertreten hat?

Ich habe einmal gelernt, dass ich nie mit der Familie oder Freunden ein Projekt realisieren soll und beherzige das bis heute. Es war bisher immer richtig - ob diese Maxime für Dich nicht gültig ist, kannst nur Du entscheiden :D

Freundliche Grüße
 
B

Bauexperte

Nachtrag:

Erstellungspreis Einfamilienhaus 110 qm/WF als Kfw 70-Effizienzhaus TEUR 158
Baunebenkosten: TEUR 30
Reserve für eventuelle Gründungsmehrkosten: TEUR 8
Malerarbeiten und Bodenbeläge in EL: TEUR 10
Außenanlagen in EL: TEUR 10
Fertiggarage 3 x 6 mit Sektionaltor: TEUR 8
Reserve für Extra´s: TEUR 10

Freundliche Grüße
 
H

Häuslebauer40

Wenn man alle Gewerke im Freundeskreis hat und die für nen Appell und nen Ei arbeiten, halte ich es durchaus für möglich, das genannte Haus für unter 90K zu errichten.
 
B

barcuda

Hallo zusammen,
90.000 Euro für ein Haus mit 110 qm Wohnfläche - bei (kostenloser) Unterstützung von Bekannten - klingt erst mal verlockend. Dass geht aber nur, wenn die "Bekannten" viel Zeit ohne Berechnung investieren, ansonsten ist es überhaupt nicht realistisch. Sind die Bekannten wirklich bereit, über einen längeren Zeitraum viele Abende und Wochenenden ohne Vergütung zu arbeiten?

Zur formalen Seite: Die Planung muss von einem Bauvorlageberechtigten erfolgen (mit Stempel), welcher auch Haftpflichtversicherung etc. zu zahlen hat, ebenso die technischen Nachweise wie Statik, Wärmeschutz usw. - das sind i.d.R. Menschen, die viel Zeit in ihre Qualifikation gesteckt haben und davon leben müssen. Geben diese ihr know-how wirklich kostenfrei weiter? Eine Fachbauleitung für die wesentlichen Gewerke (z.B. Rohbau, Elektrik) müssen nachweislich bestätigt werden können - wer macht das? Gerüste müssen von einem Fachunternehmen gestellt ein. Unwissenheit schützt vor Strafe nicht - da greift auch keine Versicherung.

Bei einem erhöhten Anteil an Eigenleistung muss übrigens eine Versicherung bei einer Berufsgenossenschaft (Knappschaft) für eventuelle Unfälle abgeschlossen werden.

Die entscheidende Frage ist aber: Was ist, wenn Mängel auftreten? Wer übernimmt Haftung für seine Arbeit, die er unentgeltlich als Freundschaftsdienst geleistet hat? - ich denke, niemand gerne. Kann man von von Bekannten, die ohne Bezahlung arbeiten, Termintreue erwarten oder einfordern? Ist die fachliche Kompetenz gesichert? Wer hat das Ganze im Blick?

Auch wenn ich mit meinen Fragen hier "Spaßbremse" bin, Eigenleistungen sind O.K., wenn diese in angemessenen Rahmen und klar definiert auf Leistungen begrenzt sind, die erstens schaffbar und zweitens nicht kritisch hinsichtlich der Gewährleistung sind. Ansonsten besteht Gefahr, dass ein vollkommen unklares Gemenge von Verantwortlichkeiten entsteht.

Aus meiner Erfahrung ist es erst recht bei Bekannten wichtig, klare Absprachen zu treffen. Ansonsten kommen die Bekannten bei Nichtbezahlung immer seltener oder bei Bezahlung gibt es eben nicht den erhofften Freundschaftspreis.

Meine Empfehlung: Eigenleistung auf ein realistisches Maß beschränken, welches zudem eine saubere Leistungsabgrenzung zu professionellen Bauunternehmen ermöglicht - die dann auch im Schadensfall in die Verantwortung genommen werden können.

Was nützt es - vielleicht - 20.000 Euro zu sparen, wenn im Ernstfall größere Baumängel auftreten und niemand Verantwortung hatte, die Bauzeit sich ewig hinzieht, Freundschaften auseinander gehen und keinerlei Schadenersatz für eventuellen Pfusch geltend gemacht werden kann - ganz abgesehen von Haftungsfragen im Falle eines Unfalls?
 
K

karliseppel

Bei einem erhöhten Anteil an Eigenleistung muss übrigens eine Versicherung bei einer
Berufsgenossenschaft (Knappschaft) für eventuelle Unfälle abgeschlossen werden.
Schöner Spaßbremsenbeitrag :D Kann deine Empfehlung nur unterstützen.

Jedoch ist o.g. Zitat nicht ganz richtig. *Sobald* ein Helfer zusätzlich zur Bauherrschaft auch nur einen
Finger krumm macht, muss dieser binnen einer Woche bei der BG Bau gemeldet werden. Hier geht es
hauptsächlich um den gesetzlichen Versicherungsschutz.

Des Weiteren ist ein SiGeKo von Seiten der Bauherrschaft zu definieren. Eine Baustellenverordnung gibts
auch noch, deren Voraussetzungen bei einem normalen Einfamilienhaus regelmässig erfüllt sein sollten...
Du siehst - es gibt jede Menge Pflichten eines Bauherren, wobei der Gesetzgeber einfach davon ausgeht
dass man das wissen soll... es ist jedenfalls nicht mit dem Aufstellen des Baustellenschildes getan.
-ks
 
H

HowardS

Hey Leudde,

ich danke euch erstmal allen für die krasse Unterstützung. Haben ja echt viele, viel geantwortet
Auch was hier Spaßbremsenbeitrag heißt empfinde ich nicht so... im Gegenteil dafür sind wa ja hier (also ich zumindest ) um was zu lernen und Infos zu sammeln.
Gestern hatten wir dann mal die erste "Baubesprechung" im Pub mit Bier und essen :cool:. Ich fass mal kurz zusammen:
Also die 3 Gewerke Architekt, Tragwerksplanung und bauleitung bekomme ich Tatsache geschenkt. Also da muss ich echt nix für bezahlen..war ich selber ganz platt.. sie haben sogar gesagt wenn ich jetzt hier nen Fass aufmache und Geld zahlen will dann machen sie das gar nicht... okay da war ich dann ganz schnell still :p
Gut die anderen Gewerke bezahle ich ganz normal mit Auftrag und Rechnung usw. Nur das wir sie uns einzeln zusammen suchen.
Erstmal muss nun der Architekt zeichnen und der aktuelle Plan sieht ein ca. 108 m² 1,5 stöckiges Haus vor (also EG und ausgebautes Dachgeschoss mit ca. 60cm Drempel).

- Als Mauerwerk sollen "Wienerberger Porotonziegel" zum Einsatz kommen bei ner 36,5 er Wandstärke.
- Putz oder Eternit
- Kunststofffenster mit innen liegender Sprosse, zum Teil bodengleich
- Rollläden
- Fußbodenheizung
- Luftwärmepumpe wenn preislich und energetisch sinnvoll
- Kamin

so mal die Eckpunkte. Man beruhigte mich mit der Versicherung und Stempel usw. soweit das ein Stempel vorhanden ist und auch ne Haftpflicht beim Architekten. Da die ausführenden Gewerke ja hochoffiziell beauftragt werden ist ja dort mit dem Regress der ganz normale weg. So sagte man mir.

Nun seid ihr wieder dran mit meckern :cool::D
 
Zuletzt aktualisiert 29.04.2024
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