Verbraucherbauvertrag ohne Grundstück?

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Ushermittwoch

Hallöchen,

ich kann hier auch gerne meine eigene, persönliche Erfahrung schildern. Wir haben wir kurzem auch einen solchen Vertrag unterzeichnet aus dem wir, um das vorweg zu nehmen, mittlerweile zum Glück durch das Widerrufsrecht wieder herausgekommen sind.
Gerade in Ballungsgebieten und dem Umland wird es ja immer schwieriger mit der Grundstückssuche, gerade auch deshalb, weil viele Grundstück gar nicht mehr den Weg auf den Markt finden, sondern alles über "Connections" läuft. Deshalb ist dieser Grundstück-Service natürlich sehr attraktiv, auch für uns.
Bei uns waren die Rahmenbedingungen eigentlich relativ klar:

- Wir dürfen so oft ablehnen, wie wir möchten
- Der Vertrag ist auf 12 Monate befristet
- Der Radius, in dem sich das Grundstück befinden sollte, war klar definiert
- Bei Kauf eines Bestandsgebäudes hätten wir den Vertrag wieder auflösen können

So weit, so gut. Allerdings wurde dann ein "Platzhalter-Haus" geplant, dass man ja, je nach Grundstück wieder komplett in die Tonne kloppen und umplanen könnte. Bspw. auch das switchen von einem Einfamilienhaus auf eine Doppelhaushälfte. (Je nach Grundstück und Offenheit von unserer Seite aus)
Ich versuche das jetzt wirklich in Stichpunkten zusammenzufassen und mich so wenig wie möglich über unsere Verblendung bei Vertragsunterzeichnung (Bien-Zenker übrigens) aufzuregen...

- Platzhalterhaus war ein grober Preisindikator, Ausstattung und Aufpreise für die Bemusterung nicht bekannt
- Es wurde dann ein Grundstück vorgeschlagen, ein Projekt mit Doppelhaushälfte. Wir hätten also eine komplette Umplanung durchführen müssen
- Auf dem Grundstück hätte noch ein Bestandsgebäude abgerissen werden müssen. Das seit Jahren kooperierende Abrissunternehmen hat einen groben Richtwert für den Abriss abgegeben
- Es wurde Druck ausgeübt, einen Notartermin mit der Eigentümerin zu vereinbaren --> O-Ton, das mit dem Haus, kriegen wir dann schon hin... das Grundstück ist nur bis dann und dann reserviert (Das Grundstück gab es übrigens und wir waren auch vor Ort und haben es uns angesehen. Auch die Daten der Eigentümerin wurden uns letztendlich zugesendet. Das Projekt an sich wäre cool gewesen, der Weg dahin aber eine Katastrophe)

--> Kommentar an mich selbst: Wenn man das so auflistet, sieht man erst einmal, was das schon für ein unmögliches und dämliches Konstrukt ist....

- Status quo: Wir sollten an diesem Punkt einen Notartermin vereinbaren, ohne Hauspreis, ohne eine Ahnung, wie viel Aufpreis bei der Bemusterung noch auf uns zukommen würde, ohne genaue Grundstück-Kosten (weil die Abrisskosten von dem so gut bekannten und befreundeten Unternehmen nicht fix zugesagt werden konnten...) und ohne, dass das Grundstück vermessen worden ist, da es geteilt hätte werden müssen. Also davon abgesehen, dass die Bank für so einen Mist natürlich keinen Cent rausrückt, frage ich mich, wie sich das die HVs von Bien-Zenker gedacht haben.....

Als wir dann mal aufgewacht sind, habe wir klipp und klar gesagt, was wir alles brauchen, um überhaupt einen Notartermin in Betracht zu ziehen.... Die wohlformulierte E-Mail mit unseren Sorgen und Forderungen wurde dann in einer Art und Weise beantwortet, die uns für diese Unklarheiten verantwortlich gemacht hat. Zudem kamen, nachdem wir uns mit den anderen Bauherren getroffen hatten, Dinge ans Tageslicht, die man zumindest als zwischen den Bauherren sehr differierenden Informationsfluss beschreiben kann oder und das trifft es besser, es wurden wichtige Infos bewusst vorenthalten.
Zum Glück hat das Vertragsgeraffel so lange gedauert, dass die letzte Unterschrift noch keine 14 Tage zurücklag. --> Widerrufsrecht und Ciao!

Das wir den Vertrag überhaupt unterschrieben haben war rückblickend betrachtet eine Mischung aus Verzweiflung (ein Haus zu bauen) und Gutgläubigkeit. Naja, man lernt ja aus seinen Fehlern und ich bin davon überzeugt, dass meine Erfahrung nicht die Regel ist!

Nachdem ich mich jetzt vernünftig informiert (ja ich weiß, Step 1a vor einer Unterschrift...), verglichen und viele Gespräche mit anderen Fertighausunternehmen geführt habe, die auch einen Grundstücksservice anbieten, komme ich zu dem Schluss, dass ich das Konstrukt generell gar nicht verteufeln möchte. Für mich müssen folgende Parameter stimmen:

- Es muss von vorne herein klar sein, welches Haus mit welcher Ausstattung man bauen möchte, ein fertig geplantes Haus eben, bei dem die Kosten möglichst centgenau klar sind
- Für dieses geplante Haus, wird dann ein Grundstück in einem klar definierten Radius mit meinen Budget- und m² Vorstellungen gesucht
- Wir dürfen so oft ablehnen, wie wir möchten
- Der Vertrag ist auf 12 Monate befristet
- Bei Kauf eines Bestandsgebäudes hätten wir den Vertrag wieder auflösen können

Die professionellen Berater haben mir auch keine großen Hoffnungen in unserem Gebiet (Rhein-Main) bzgl. Grundstückssuche gemacht und vor den Maschen einiger gewarnt, ohne, dass ich von unserem Fiasko berichtet hatte. Es gibt zudem auch nur wenige Anbieter, die das Ganze unter den oben beschriebenen Voraussetzungen machen würden, da kann man schon einmal schnell aussieben. Eines noch zum Schluss: Unterschreibt nie etwas am Schreibtisch im Gespräch, nehmt euch die Zeit den Vertrag in Ruhe und am besten mit Support eines Anwalts zu prüfen!!! Manchmal und das musste ich reflektierend auch feststellen, sind es nämlich die absolut offensichtlichen Dinge, die man aus unerfindlichen Gründen falsch macht.

So, das war es von meiner Seite

Grüße
 
P

Pinkiponk

... und ich bin davon überzeugt, dass meine Erfahrung nicht die Regel ist! ...
Genau diese Erfahrung vielleicht nicht, aber ähnliche, die auf das gleiche Ergebnis hinauslaufen. Ein Haus wird an jemand Gutgläubigen verkauft und ob bzw. wo es jemals gebaut werden kann, interessiert die Hausbaufirma nicht, da sie im Rücktrittsfall sehr viel Geld erhält.
 
J

Joedreck

Genau diese Erfahrung vielleicht nicht, aber ähnliche, die auf das gleiche Ergebnis hinauslaufen. Ein Haus wird an jemand Gutgläubigen verkauft und ob bzw. wo es jemals gebaut werden kann, interessiert die Hausbaufirma nicht, da sie im Rücktrittsfall sehr viel Geld erhält.
Hat er doch nur geschrieben, damit die involvierte Firma juristisch nichts machen kann.
 
11ant

11ant

und ich bin davon überzeugt, dass meine Erfahrung nicht die Regel ist!
Ich glaube nicht, daß Dir wirklich klar ist, wie groß die Dunkelziffer (und wie repräsentativ Deine Geschichte) ist. Um so mehr gebührt Dir der Dank dafür, aus der Unsichtbarkeit herauszutreten und hier quasi auf die Bühne des "Fuckup Slams" gegangen zu sein. Auch Dein Rezept
- Für dieses geplante Haus, wird dann ein Grundstück in einem klar definierten Radius mit meinen Budget- und m² Vorstellungen gesucht
- Wir dürfen so oft ablehnen, wie wir möchten
- Der Vertrag ist auf 12 Monate befristet
- Bei Kauf eines Bestandsgebäudes hätten wir den Vertrag wieder auflösen können
ist zwar noch keine sichere Lösung, aber schon´mal eine gute "Behelfsmaske".
.
weil viele Grundstück gar nicht mehr den Weg auf den Markt finden, sondern alles über "Connections" läuft. Deshalb ist dieser Grundstück-Service natürlich sehr attraktiv, auch für uns.
Leider kocht ein solcher Service (m.E. zudem auch noch im Dunkelgraubereich des §34XY GewO, aber das ist nicht das Problem des Kunden) auch nur mit (abgestandenem) Wasser. Das Geschäftsmodell lautet im Prinzip "Verzweiflung in Hoffnung zu verwandeln" und im Grunde zocken die Vertriebler dabei darum, ob sie eine Provision für ein Haus oder für eine Vertragsauflösung gewinnen. Was diesen Maxen und Moritzen recht geschähe, überlasse ich der Phantasie der geneigten Leser und beschränke mich auf den Schluss: "als man dies im Dorf erfuhr, war von Trauer keine Spur"

Ich lese insgesamt auch heraus, daß Deine Suche noch andauert. Mit "11ant Barthel" solltest Du hier zu meinen Tipps finden; ansonsten heiße ich auch bei gmx (de) ebenso.
 
H

hampshire

Viele Bauwillige und Interessenten wenden sich an Hausbaufirmen wenn sie erste Ideen suchen - besonders gerne in Musterhäusern. Als Kunden kommen eigentlich nur diejenigen infrage, die auch ein Grundstück haben (erste Frage eines Haus-Verkäufers). Ist das nicht der Fall hat man keine Absatzchance - außer man macht so einen Vertrag. Für den Bauherrn ist das ziemlicher Quatsch, denn es grenzt an ein Wunder wenn Entwurf des Hauses und später gefundenes Grundstück zueinander passen. Also Reihenfolge: Budget und Ziel festlegen, Grundstück kaufen und dann den Baupartner auswählen. Wer ohne Vertrag nicht zuvor hilft fällt eben aus der Auswahl raus.
 
H

hendi1908

Wow, erstmal vielen Dank für Eure vielen, teilweise auch sehr detaillierten Erfahrungsberichte/Meinungen. Diese haben mir wirklich sehr weitergeholfen und mich davon überzeugt, dass meine Vorgehensweise (Grundstück kaufen, Architekten-Termin bei dem Baupartner machen und dann den Bauvertrag unterschreiben) so schon richtig ist. Vielen Dank dafür! Die "Verkäufer" geben als Laie einem immer das Gefühl, dass die eigene Sichtweise so in der Praxis gar nicht üblich/durchführbar ist.

Jetzt gibt es aber noch ein anderes Problem. Würdet ihr mit solch einem Baupartner dann auch nachdem ihr selbst ein Grundstück gefunden habt überhaupt bauen? Ich habe mich bei der Baupartner-Suche damals an Testergebnissen orientiert und der Baupartner (der auf Deutsch "Stadt und Land" verbindet ) ist laut einem Test einer der fairsten Anbieter gegenüber seiner Kunden. Bei den Gesprächen hatte ich auch ehrlich gesagt bisher ein gutes Gefühl, bis dann eben ein Verbraucherbauvertrag ins Haus flatterte, den ich ruhig "erstmal" unterschreiben soll. Alle individuellen Änderungen könnten dann noch im Nachgang angepasst werden. Ich habe aber zum Glück gelesen, dass dies eben ein Vertrag wie jeder andere ist und alles was man damit unterschrieben hat, Vertragsbestandteil ist.

Das was ihr mir jedoch geschrieben hat, gibt mir auch Bedenken für eine weitere Zusammenarbeit, wenn ich ein Grundstück selbst gefunden habe.
Andererseits ist es jedoch auch so, dass egal welchen Baupartner man im Internet sucht, es immer negative Erfahrungsberichte gibt, die einem die Haare zu Berge stehen lassen. Von daher weiß ich nicht so richtig, ob jeder Baupartner nicht irgendwie auf andere Art und Weise versucht zu tricksen.

Ich hatte jetzt schon mehrer Gespräche mit Massivhaus- und Fertighaus-Anbietern und hatte immer das Gefühl, dass am Ende nicht das Ergebnis beziehungsweise die Vorgehensweise erzielt wurde, die ich mir wünsche beziehungsweise auch üblich ist. Inzwischen ist mir fast schon die Lust vergangen, überhaupt zu bauen, was eigentlich nicht der Fall sein sollte.

Klar, jeder wünscht sich einen Baupartner bei dem er plant und nach Zeitraum XY steht einfach sein Haus. Aber wenn jeder schon bei den Erstgesprächen versucht zu tricksen bzw. Dinge zu vertuschen, macht es nicht wirklich Spaß. Bedeutet Hausbau denn wirklich IMMER Ärger oder gibt es auch noch Anbieter, auf die man sich verlassen kann, ohne dass man später jeden Tag selbst auf der Baustelle mit Druck stehen muss, dass überhaupt irgendwas funktioniert? Denn wenn ich das könnte, würde ich in Eigenregie bauen.

Habt Ihr diesbezüglich vielleicht noch Tipps/Orientierungshilfen für mich? Ich plane einen Massivhaus-Bungalow, weil die Preislage gegenüber einem Fertighaus-Bungalow fast gleich ist und ich anscheinend doch etwas individueller planen/aufteilen kann.
 
Zuletzt aktualisiert 24.04.2024
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