FOMO (Fear Of Missing Out) Wie umgehen?

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CookingWithIce

Hi zusammen,

meine Partnerin und ich sind seit knapp 4 Jahren in der Schweiz zuhause und suchen seit etwa 1 Jahr nach einem Grundstück in der Heimat (RLP, Weinstraße). Besonders nach der Geburt unseres Sohnes zieht es aufgrund Freunde und Familie noch mehr zurück. Kürzlich haben wir die Reservierung/Zuschlag für ein Grundstück im Neubaugebiet erhalten und könnten uns für gut 350T€ ein Grundstück mit 470m² kaufen. Finanziell sind wir in der glücklichen Situation, dass wir etwa 300T€ selbst angespart haben, plus vorzeitiges Erbe/Schenkung von 300T€ bekommen und damit die Voraussetzungen wohl nicht viel besser sein könnten.

Objektiv betrachtet könnten wir uns das Grundstück und auch das Haus darauf leisten, aber jetzt wo es ernst wird und wir den Entwurf des Kaufvertrags bekommen haben sind wir doch sehr ins Grübeln gekommen. Ursprünglich wollten wir selbst bauen, damit wir keine Kompromisse von unseren Wünschen mit Bestandsimmobilien eingehen müssen, mittlerweile wollen/sollten wir uns aufgrund der wahnsinnigen Baupreise allerdings auch schon nicht mehr leisten was ursprünglich geplant war. Klar könnten wir uns ein simples Haus hinstellen, aber so viel Geld auszugeben und dann auf gewissen Komfort verzichten zu müssen weil die Preise gerade jenseits der 3000€/m² sind, fühlt sich komisch an. Man will ja auch nicht in einer Schuhschachtel wohnen.

Grundlegend haben wir also das beunruhigende Gefühl, dass die Entscheidung für den Grundstückskauf eher aus Angst getrieben wird. Geben wir uns jetzt schnell mit etwas zufrieden einfach nur damit wir Eigentum haben? Wie sehr ärgern wir uns, wenn wir weiter mieten und in 5 Jahren die Preise noch viel höher sind? Ist das unsere letzte Chance? Was bringt uns das ganze Geld, wenn wir weiterhin zur Miete leben und uns nie so entfalten könnten wie mit Eigentum? Das sind alles Fragen die uns gerade plagen und ehrlich gesagt auch schlaflose Nächte bereiten.

Ich vermute mal, dass wir mit solchen Gedanken nicht alleine sind. Wie seid ihr damit umgegangen? Habt ihr Tipps für uns?
 
HausiKlausi

HausiKlausi

Angst ist kein guter Berater. Und so lassen sich hier kaum in einem Forum nach ein paar Sätzen seriös Tipps geben, wie ihr mit eurer Situation umgehen solltet. Objektiv betrachtet: Verknappung und/oder Preissteigerung lässt schnell irrationale Reaktionen aufkeimen. Klopapier- oder Sonnenblumenöl-Hamsterkäufe in Deutschland sind da nur die abstrahierte Form. Meine Überlegungen dazu wären:

Wie akut ist der Wunsch, wieder nach Deutschland zurückzukehren? Wenn dieser Wunsch schwer wiegt, dann sollte man die realistischen Möglichkeiten der Umsetzung in Angriff nehmen. Andererseits hängt mehr dran, als nur eine Unterschrift und ein Notartermin. Könntet ihr schnell wieder Netzwerke aufbauen? Spricht etwas dafür, in CH zu bleiben? Wären neben der Umsetzung des Hausbaus wesentliche Erleichterungen mit diesem Schritt verbunden (Großeltern in der Nähe etc.) oder auch relevante Risiken (schlechterer Verdienst, neuen Job finden)? Ist die Umsetzung vor allem angetrieben von der Angst, nichts mehr zu bekommen, oder sollte man auch die Alternativen ins Boot holen? Wäre es eine Möglichkeit, noch ein paar Jahre länger in der Schweiz zu bleiben und dann zusätzlich zum Eigenkapital auch die luxuriösen Vorteile der Auszahlungen aus den CH-Rentensäulen mit einzubeziehen, so dass ihr ohne Abstriche euer Traumhaus bauen könnt?

600k verfügbares Eigenkapital sind schon jetzt eine luxuriöse Ausgangsbasis, die euch auch entsprechende Darlehen und ein Haus über dem Standard ermöglichen, selbst die Preissteigerung mit eingepreist.

Die letzten Jahrzehnte Wirtschaftsgeschichte lehren, dass es immer Grenzen des Wachstums oder der Preissteigerung gab. Die Zinsen steigen, die weltpolitische Lage ist volatil. Wer sich jetzt aus der Ruhe bringt, wird ein schlechtes Geschäft machen. Natürlich wäre der Kauf Stand heute eine Wette auf die Zukunft (mit der Annahme, dass es nur noch teurer werden kann). Warten ist aber auch eine Wette auf die Zukunft. Mit der Annahme, dass ihr dann fein seid mit dem Kauf und die Umstände besser passen. Und da ist man wieder beim Anfang: Das Risiko eurer Entscheidung nimmt euch niemand ab. Aber der Wohlfühlfaktor mit Entscheidung X wird sich nicht nur mit monetären Argumenten begründen lassen.
 
WilderSueden

WilderSueden

Macht euch beim Haus glücklich aber finanziell nicht unglücklich. Die Priorität würde ich immer darauf setzen, dass man sich mit der Finanzierung nicht unwohl fühlt, sei es weil man nur noch fürs Haus lebt oder weil man Angst vor der Anschlussfinanzierung bekommt.

Die Überlegung "Eigentum oder Miete" solltet ihr vorher schon mal ausführlich gemacht haben. Falls nicht, ist das jetzt der letzte Zeitpunkt an dem ihr ohne großen Aufwand umschwenken könnt. Grundsätzlich halte ich Miete nicht für eine Schande, sondern einfach für eine andere Art zu wohnen. Ungebunden und mit weniger Kosten im Vorfeld, aber auch mit weniger Freiheiten was an der Immobilie zu ändern. Freie Entfaltung würde ich übrigens nicht mit Eigentum gleichsetzen, auch als Bauherr bist du eingeschränkt durch Bebauungsplan, Landesbauordnung, Grundstück und nicht zuletzt das Budget. Meiner Meinung nach zeichnet sich eine freie Entfaltung auch nicht durch den tollsten Luftraum, das größte Fenster, das komplett durchautomatisierte Haus oder die tollsten Fliesen aus. Aber ich habe da vielleicht auch eine eher pragmatische Einstellung zum Thema Wohnen, mir sind die Hobbys und eine schöne Umgebung für die Familie wichtiger.

Eine Bestandsimmobilie hätte ich persönlich auch gerne genommen, leider haben wir einfach fast nichts gefunden was in einem vernünftigen Zustand und bezahlbar war. Und die beiden denen wir zugesagt haben, waren einfach überrannt. Rückblickend bin ich froh, dass ich da etwas wählerisch war und lieber vorsichtig die Sanierung kalkuliert habe. Denn mit dem was jetzt kommt (Sanierung auf Neubaustandard, Wärmepumpenpflichten, usw) ist die Sanierung einfach auch sehr teuer.

Beim Bau muss man natürlich auch finanzielle Kompromisse eingehen, aber vieles ist auch nicht unverzichtbar. Ich wollte ursprünglich mit Keller und Doppelgarage plus Platz für den Katamaran, habe aber beides weggelassen. Der Topcat kann auch unter der Plane überwintern und die Autos unter dem Carport stehen, dafür habe ich eine Menge Geld gespart und ein zweites riesiges Gebäude weggelassen. Beim Keller schwanke ich manchmal noch zwischen "war gut so" und "schade drum". Auf der anderen Seite wären 50k Aufpreis für den Keller dann auch der Aufschlag der einfach die ganze Finanzierung in den nicht mehr so vernünftigen Bereich schieben würde.

Kurz gesagt, macht euch nicht verrückt. Mit dem Kapital ist sicherlich mehr als eine Schuhschachtel drin, selbst mit einem deutlich geringeren Kredit als bei den meisten anderen Bauherren. Aber im Zweifelsfall würde ich eben immer auch darauf achten, dass man sich mit dem Haus nicht übernimmt.
 
C

CookingWithIce

Wie akut ist der Wunsch, wieder nach Deutschland zurückzukehren? Wenn dieser Wunsch schwer wiegt, dann sollte man die realistischen Möglichkeiten der Umsetzung in Angriff nehmen. Andererseits hängt mehr dran, als nur eine Unterschrift und ein Notartermin. Könntet ihr schnell wieder Netzwerke aufbauen? Spricht etwas dafür, in CH zu bleiben? Wären neben der Umsetzung des Hausbaus wesentliche Erleichterungen mit diesem Schritt verbunden (Großeltern in der Nähe etc.) oder auch relevante Risiken (schlechterer Verdienst, neuen Job finden)? Ist die Umsetzung vor allem angetrieben von der Angst, nichts mehr zu bekommen, oder sollte man auch die Alternativen ins Boot holen? Wäre es eine Möglichkeit, noch ein paar Jahre länger in der Schweiz zu bleiben und dann zusätzlich zum Eigenkapital auch die luxuriösen Vorteile der Auszahlungen aus den CH-Rentensäulen mit einzubeziehen, so dass ihr ohne Abstriche euer Traumhaus bauen könnt?

600k verfügbares Eigenkapital sind schon jetzt eine luxuriöse Ausgangsbasis, die euch auch entsprechende Darlehen und ein Haus über dem Standard ermöglichen, selbst die Preissteigerung mit eingepreist.
Plan ist es, 2023/2024 zurück nach Deutschland zu kommen, nicht länger. Netzwerk in der Heimat ist immer noch vorhanden (Freunde und Großeltern besuchen wir aktuell etwa 1x/Monat) und mein Arbeitgeber hat mir signalisiert, dass ich den Job auch in Deutschland behalten könnte (bei schlechterer Bezahlung..). Der einzige Grund in CH zu bleiben ist der wahnsinnig hohe Verdienst, wenige Steuern und geringe Ausgaben (Sparrate von 60-70%). Aktuell können wir fast 100T€/Jahr sparen und würden versuchen bis tatsächlichem Baubeginn/Lieferung weiter Eigenkapital anzusparen. Mit dem Entscheid zurück nach Deutschland zu ziehen sind wir recht entschlossen, Geld ist nun mal nicht alles im Leben. Uns ist bewusst wie luxuriös unsere Situation ist, deshalb fühlen sich unsere Ängste recht irrational an.

Die letzten Jahrzehnte Wirtschaftsgeschichte lehren, dass es immer Grenzen des Wachstums oder der Preissteigerung gab. Die Zinsen steigen, die weltpolitische Lage ist volatil. Wer sich jetzt aus der Ruhe bringt, wird ein schlechtes Geschäft machen. Natürlich wäre der Kauf Stand heute eine Wette auf die Zukunft (mit der Annahme, dass es nur noch teurer werden kann). Warten ist aber auch eine Wette auf die Zukunft. Mit der Annahme, dass ihr dann fein seid mit dem Kauf und die Umstände besser passen. Und da ist man wieder beim Anfang: Das Risiko eurer Entscheidung nimmt euch niemand ab. Aber der Wohlfühlfaktor mit Entscheidung X wird sich nicht nur mit monetären Argumenten begründen lassen.
Ich glaube genau das ist die Ursache unserer Ängste, egal ob wir uns für oder gegen den Grundstückskauf entscheiden, bei beiden Varianten spekulieren wir auf die zukünftige Entwicklung die wir nicht selbst in der Hand haben. Und eine falsche Entscheidung tut bei den Größenordnungen natürlich besonders weh. Vor 2 Wochen war alles easy, wir haben einfach gespart und uns nach passenden Angeboten umgeschaut, das wars. Nachdem uns jetzt das Grundstück angeboten wurde, können wir uns der "Entscheidung" nicht mehr entziehen und müssen damit erstmal weiterleben.

Wir wissen natürlich auch, dass wir uns niemand das Risiko abnehmen kann, aber mir hilft es sehr, meine Gedanken einfach mal niederzuschreiben und andere Meinungen darüber zu lesen. Vielen Dank deshalb schonmal für deine Worte :)
 
H

Hitokiri-1978

Ich würde sagen, kauft euch von dem Geld doch erstmal eine Wohnung in Deutschland, vermietet diese Gewinnbringend und nach ein paar Jahren, habt ihr den Wert der Wohnung plus Preissteierung bei fast keinen laufenden Kosten, da ihr die Mieteinnahmen habt. Und dann könnt ihr euch immer noch entscheiden (warum auch immer man lieber nach Deutschland als in die Schweiz will??) zu ziehen oder ihr bleibt in der CH und baut euch dort ein Eigenheim und besucht halt Freunde und Familie ab und an. Ich wäre heilfroh wenn ich ein schweizer Gehalt bekommen könnte. :(
 
Zuletzt aktualisiert 20.04.2024
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