Amtshaftung Baugenehmigung Nachbar - Schlagworte gesucht

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A

Annii75

Liebe Forumsmitglieder,
mein Haus ist 200 Jahre alt und steht auf einem Streifenfundament. Wir wohnen auf einer Bodendenkmalsfläche in Wassernähe mit einem GWSpiegel von 0,8m und auf Sandboden.
6m neben mir plant ein Investor, eine Tiefgarage für 3 Mehrfamilienhäuser zu errichten. Es ist abzusehen, dass meine Haus größere Statikprobleme bekommt. Auf mein Schreiben antwortete die Sachbearbeiterin des Bauamts vage: Sie könne die Bedenken verstehen, die Bebauung würde sich aber im rechtlichen Rahmen bewegen. (Ich denke, dass ich den Zustand des Hauses vor Baubeginn dokumentieren muss.) Das Problem habe nicht nur ich, sondern auch die anderen Nachbarn.

Nun ist es so, dass mir jemand gesagt hat, dass das Bauamt auch bei Bearbeitung des Bauantrags verpflichtet ist, sehrwahrscheinliche/absehbare Schäden in der Umgebung durch den Bau mit im Blick zu haben und, wenn möglich, auszuschliessen. Tut es das nicht, haftet es auch. Stimmt das? Wenn ja, meine Frage: mit welchen Stichworten kann ich danach im Baurecht suchen? Ich würde gern die Tiefgarage verhindern, zumal das Bauprojekt überhaupt nicht in den historischen Ortskern passt. Der Bebauungsplan ist 20 Jahre alt....

Vielen Dank!! Annii
 
B

Billyfred

Moin,

das, was Du meinst ist ein selbstständiges Beweissicherherungsverfahren. Das musst Du mit einem Gutachter (ich meine ö.b.) durchführen.

Zum Weiteren: Zu den Pflichten des Bauamt kann ich nichts sagen. Eine Baugenehmigung sagt immer nhur aus, dass keine Gründe gegen einen Bau sprechen, nicht, dass alles geprüft wurde. Dir steht immer der Klageweg gegen die Baugenehmigung offen. Allerdings kann dieser durchaus steinig, teuer und lang sein - kein Bauamt gibt gerne zu, dass es eine falsche Baugenehmigung erteilt hat. Ein Fachanwalt für Baurehct kann Dich hier beraten (die paar Hunderter würde ich ohnehin investieren, wenn der Stunk so offensichtlich ansteht).

20 Jahre sind kein Alter für einen Bebauungsplan - dieser wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht anfechtbar sein.
 
A

Annii75

Recht herzlichen Dank! Das "selbstständige Beweissicherherungsverfahren" kommt wahrscheinlich nach Baugenehmigung und vor Baubeginn. Wenn es aber Gründe gibt - wie nachweisbar alte Häuser drumherum- die gegen einen Bau sprechen, dann ist das Amt nicht verpflichtet, das mit zu berücksichtigen, wenn der Bebauungsplan keine Auflagen vorgibt. Dem Eigentümer steht nur der Klageweg nach Baugenehmigung offen. Verstehe ich das richtig?
Mein Vater hat 20 Jahre lang das Haus mit viel Liebe restauriert, ist dann gestorben und ich kann es wahrscheinlich nicht beschützen. Auf einen Rechtsstreit und die entstehenden Kosten habe ich mich schon eingestellt...
 
B

barfly666

Ich kann dich voll verstehen! War mal zufällig live dabei, wie ein 100 Jahre altes Haus wegen einer angrenzenden gerademal 2 m tiefen Baugrube in dieser eingestürzt ist, innerhalb von Sekunden. Wenn ich mir da jetzt eine Tiefgarage vorstelle …

viel Erfolg und tu dich mit den Nachbarn zusammen.
 
11ant

11ant

Sie könne die Bedenken verstehen, die Bebauung würde sich aber im rechtlichen Rahmen bewegen.
[...] Ich würde gern die Tiefgarage verhindern, zumal das Bauprojekt überhaupt nicht in den historischen Ortskern passt. Der Bebauungsplan ist 20 Jahre alt....
Suche Dir einen Fachanwalt für Baurecht und lasse ihn das Bauamt daran erinnern, daß es nicht allein die Einhaltung des Bebauungsplanes zu überprüfen hat. Die Standsicherheit der Nachbargebäude darf nicht gefährdet werden. In die Genehmigung sind Auflagen hinsichtlich der notwendigen Maßnahmen hierfür mit aufzunehmen. Die Amtshaftung greift praktisch erst, wenn der Bauamtsleiter mit seinem Privatvermögen nicht ausreichend für den Schaden in Anspruch genommen werden kann. Hier kann ein Hinweis helfen, daß der Beamte für sein Handeln persönlich haftbar ist. Im Idealfall bekommt es der Amtsleiter dann ausreichend mit der Angst, erteilt die Baugenehmigung dann nur auf Weisung seines Vorgesetzten, und Du hast den Bürgermeister gleich mit in der Haftung. Die Sachbearbeiterin brauchst Du bei solchen Sachen garnicht erst anzusprechen, das wird nicht selten eine Tarifbeschäftigte sein, die selber garkeine Verwaltungsakte unterzeichnet.
Eine Baugenehmigung sagt immer nhur aus, dass keine Gründe gegen einen Bau sprechen, nicht, dass alles geprüft wurde. Dir steht immer der Klageweg gegen die Baugenehmigung offen.
Ich würde an Deiner Stelle mit dem Fachanwalt auch das Thema "einstweilige Verfügung" (bzw. deren Androhung ggü. allen Gegnern) ansprechen.
(Ich denke, dass ich den Zustand des Hauses vor Baubeginn dokumentieren muss.)
So isses. Nicht zu zeitfern vor Beginn, Wochen sollten unproblematisch sein, aber mehrere Monate besser nicht.

Meine Leseempfehlung ist hier das Stichwort "Unterfangung", welches Dich in der Forensuche auch in den Thread von @goalkeeper führen wird. Das ist ein langer Thread, von dem Du allerdings zumindest das letzte Viertel komplett lesen solltest, um das Kapitel des neben ihm ausschachtenden Halbdackels ganz mitzunehmen: https://www.hausbau-forum.de/threads/reihenendhaus-mit-gue-in-eigenregie-bauen.31198/
 
B

Benutzer200

Es ist abzusehen, dass meine Haus größere Statikprobleme bekommt.
Das weißt Du, weil Du a) Statiker und Bauunternehmer bist und b) die Auflagen der Baugenehmigung kennst?
Wenn es aber Gründe gibt - wie nachweisbar alte Häuser drumherum- die gegen einen Bau sprechen,
Sorry, aber das sind aber erst einmal keine Gründe. Subjektiv ja, objektiv nicht.
Dem Eigentümer steht nur der Klageweg nach Baugenehmigung offen. Verstehe ich das richtig?
Der Klageweg steht Dir offen. Geh aber mal davon aus, dass dieser nur sehr schwer mit Deiner Argumentation Erfolg bringt. Wenn alle Vorgaben des B-Plans eingehalten werden, kannst Du auch nicht dagegen erfolgreich sein. Ggf. sind ja noch ergänzende Auflagen in die Baugenehmigung "Absicherung im Hinblick auf Nachbarbebauung" oder ähnlich enthalten, die Du gar nicht kennst.
Ich würde gern die Tiefgarage verhindern, zumal das Bauprojekt überhaupt nicht in den historischen Ortskern passt.
Auf gut Deutsch: Du hast kein Bock auf den Nachbarn.
Auf mein Schreiben antwortete die Sachbearbeiterin des Bauamts vage: Sie könne die Bedenken verstehen, die Bebauung würde sich aber im rechtlichen Rahmen bewegen.
Damit hast Du die korrekte Antwort bekommen.

Du kannst nur den IST-Zustand Deine Hauses dokumentieren (alleine oder durch Gutachter) und dann schauen, was passiert bzw. im Laufe des Baus einschreiten. Ergänzend vom Juristen begleiten lassen - sobald die Baugenehmigung bekannt ist.
 
Zuletzt aktualisiert 29.03.2024
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