Finanzierung Sanierungsvorhaben, sinnfreie Annahmen der Banken...

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Skyhawk172

Hallo zusammen,

wir stehen gerade vor einem größeren Sanierungsvorhaben. Wir haben uns einen sanierungserfahrenen Architekten ins Boot geholt, der auf Stundenbasis abrechnet. Die Kostenplanung beläuft sich auf rd. 750.000€, Wohfläche am Ende ca. 290qm. Den Kaufpreis von rund 500.000€ voll variabel zu finanzieren war überhaupt kein Problem. Der Vermittler sah auch danach keine Probleme und Spielraum. Anfangs war nicht ganz klar, ob Abriss oder Sanierung. Wir sind aktuell also eigentlich relativ flexibel.

Leider stoßen wir bei nahezu jeder Bank auf Grenzen. Mit einer Sparkassenberaterin habe ich abgesehen von den Informationen über den Vermittler persönlich gesprochen. Sie sagt, die Vorgaben seien Auslegungssache, ist aber nicht wirklich bereit, sich in die Berechnungen schauen zu lassen, was ich nicht verstehe. Die Kreditvergabe sollte doch standardisiert sein, aber da bin ich machtlos. Bei dem von uns anvisierten Volumen von etwas über 900.000€ sind wir ohnehin immer in der individuellen Prüfung. Das scheint kein Mitarbeiter anfassen zu wollen.

Wie die Banken "ticken":
  1. Abschläge auf Sanierungskosten: Die meisten Banken akzeptieren nur 70 % der Sanierungskosten als wertsteigernd. Lediglich die ING bewertet Kernsanierungen wie Neubau.
  2. Einkommensabschläge: Meine Boni (seit fast 10 Jahren regelmäßig, branchenüblich, mittlerweile recht hoch) werden von den meisten Banken komplett ausgeblendet. Wenn eine Unterdeckung von 100€ rauskommt, sind die Banken nicht bereit, sich den Antrag weiter anzuschauen, obwohl mehrere tausend Euro netto pro Monat komplett ausgeblendet werden. Hier sind aktuell nur die Commerzbank und die DKB bereit, einen 3-Jahres-Durchschnitt anzusetzen, was vollkommen fair ist und ausreichen würde.
  3. Stresstest der Banken: Selbst bei 30 Jahren Zinsbindung wird im Test mit der Restschuld nach 10 Jahren und einem Zinsschock auf ca. 6%+2% Tilgung gerechnet. De facto gibt es in dem Szenario kein Zinsänderungsrisiko nach 10 Jahren - dieser Punkt erschließt sich mir am wenigsten. Entschieden wird nach der Regel: Die Stresstest-Rate darf max. 50% vom Nettoeinkommen ausmachen (hier auch wieder ohne Boni). Da fehlen wieder ein paar hundert - keine Prüfung.
  4. Unrealistische Mieten: Unsere reale Miete, die wir mit unserer Eigentumswohnung erzielen würden (14–16 €/m²) wird von einigen Banken künstlich klein gerechnet (z. B. ING: 8,50 €/m² minus 25 % Abschlag).
  5. Bewirtschaftungskosten: Vor wie nach der Kernsanierung rechnen dann einige noch immer mit Bewirtschaftungskosten von 3,50 €/m² / Monat = 1.015€.
Konditionell liegt die ING weit vorne, hier wären wir bei einem Beleihungsauslauf von 73%, aber fallen wie bei den meisten beim Einkommen durch. Bei der DKB hätten wir Aussicht auf Erfolg, sind aber bei einer knapp 90% Finanzierung, da sind die Konditionen relativ unattraktiv. Ich finde das absurd und mir fehlt die Lust, mit den Banken zusammenzuarbeiten - vermutlich sind wir schlussendlich gezwungen...

Wir überlegen zurzeit unser Eigenkapital zu investieren und dann über ein Kapitalbeschaffungsdarlehen die Immobilie neu einwerten zu lassen. Laut Vermittler werden hier in der Regel dann 100% der Ausgaben angesetzt. Das Vorgehen birgt offensichtlich Risiken. Es bestünde auch Spielraum für einen flexiblen Privatkredit ohne Grundschuld, aber die sind soweit ich weiß bei 100k begrenzt. Die Vorteile hier wären, dass uns keiner auf die Finger schaut, wen wir beauftragen und was genau wir umsetzen. Wir müssten aber dann mit rund 450.000€ ein bewohnbares, sinnvolles Haus kreieren.

Ich bin neugierig: Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie habt ihr es gelöst? Ich gehe davon aus, dass der Vermittler einen guten Überblick hat, aber dennoch: Sind jemandem Banken bekannt, die Sanierungskosten wie die ING zu 100% ansetzen?

Darüber hinaus möchte ich jedem, der ein Sanierungsvorhaben plant darauf hinweisen, genauestens auf die Bewertungsseite (Ansatz der Sanierungskosten) zu schauen.
 
Zuletzt aktualisiert 05.12.2025
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