Welche Landesbauordnung NW gilt für Neubauten in diesem Gebiet?

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1stluebbi

Hallo,

wir überlegen, auf einem Grundstück in NRW zu bauen, für das 1966 ein Bebauungsplan erstellt wurde. Dieser Bebauungsplan wurde 2006 geändert, u.a. mit dem Zusatz

"Dieser Plan enthält Festsetzungen nach § 9 Baugesetzbuch in der Neufassung vom 23.09.2004 und der Baunutzungsverordnung vom 23.01.1990."

Welche Bauordnung NW gilt denn jetzt für Neubauten in diesem Gebiet? Die, die auch 1966 in Kraft war, oder aufgrund der Änderung die, die 2006 in Kraft war?

Viele Grüße,
Katrin
 
B

Bauexperte

Hallo Katrin,

wir überlegen, auf einem Grundstück in NRW zu bauen, für das 1966 ein Bebauungsplan erstellt wurde. Dieser Bebauungsplan wurde 2006 geändert,
Weißt Du, was konkret geändert wurde?

u.a. mit dem Zusatz "Dieser Plan enthält Festsetzungen nach § 9 Baugesetzbuch in der Neufassung vom 23.09.2004 und der Baunutzungsverordnung vom 23.01.1990." Welche Bauordnung NW gilt denn jetzt für Neubauten in diesem Gebiet? Die, die auch 1966 in Kraft war, oder aufgrund der Änderung die, die 2006 in Kraft war?
Aus dem Bauch heraus möchte ich meinen: sowohl als auch. Dies verlässlich für Dich zu klären, gehört aber in ein Gespräch mit der(m) zuständigen Sachbearbeiterin beim Bauamt, denn das Ergebnis kann ziemlich kurios daher kommen und hängt nicht selten von der Tagesform der zuständigen Sachbearbeiter ab.

Vergleichbares Beispiel: wir sitzen gerade über einem Bauantrag für ein BV in Mettmann, wo der Bebauungsplan aus dem Jahre 1970 stammt, die Baunutzungsverordnung aus 1968 herangezogen werden muß und die Rechtsgrundlage des Baugesetzbuch aus 1960 gilt. Rund herum wurde vieles seit 1970 gebaut; das meiste passt weder in die eine, noch die andere Vorgabe

Dies übertragen auf Dein BV bedeutet, daß bspw. die Grundflächenzahl/Geschossflächenzahl nach der Baunutzungsverordnung aus 1990 berechnet werden muß; grundsätzlich aber der Bebauungsplan aus 1966 gilt unter Berücksichtigung der Ausnahmen lt. Änderungen des B-Planes aus 2006. Deshalb habe ich eingangs gefragt, was denn geändert wurde.

Liebe Grüsse, Bauexperte
 
D

DG

Hallo,

der Bebauungsplan hat zunächst mal so Bestand, wie er beschlossen worden ist, die dortigen Festsetzungen sind gültig. Parallel dazu kommen dann die aktuellen Vorschriften/Rechtsquellen - was allerdings auch günstiger für den Bauherren sein kann.

Ganz grundsätzlich sind die Rechtsquellen wie Baugesetzbuch und Landesbauordnung ja allgemein gehalten, Decken also zB ein ganzes Bundesland bauordnungsrechtlich ab. Auf Basis dieser groben Vorgaben sind dann die B-Pläne entstanden, die ein kleines Gebiet generell abdecken. Der Bauantrag bezieht sich dann auf ein konkretes BV auf einem Grundstück und bei der Genehmigung wird eben geprüft, ob der Bauantrag grundsätzlich gegen die eine oder andere Rechtsquelle oder Vorgabe verstößt.

Es hat aber wenig Sinn, sich darüber groß den Kopf zu zerbrechen - wenn man in dem Baugebiet 1990, 2004 und 2006 ein Haus errichten konnte, dann kann man das im Jahr 2015/16 sicher auch noch.

MfG
Dirk Grafe
 
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1stluebbi

Hui, danke für die schnellen Antworten!

In der Begründung für die Änderungen heißt es, dass es zu ungewollten Baugenehmigungen gekommen ist. Bebaut ist die Siedlung original hauptsächlich mit Einzelhäusern, manchmal Doppelhäusern. Durch Verkäufe etc. haben wohl einige Bauträger die eben recht großen Grundstücke gekauft und Anträge gestellt, die auf einem bisherigen Einzelgrundstück bis zu fünf Reihenhäuser vorsahen. Auf Grundlage des ursprünglichen B-Planes mussten diese Anträge genehmigt werden, weshalb man folgende Änderungen vorgenommen hat:

a) es sind nur noch Einzel- und Doppelhäuser zulässig
b) es sind Max. zwei Wohnungen je Wohngebäude zulässig

Mir geht es vor allem um die Geschossigkeit, da ich gerne einen ausgebauten Spitzboden hätte, zumindest einen, den man zu Wohnzwecken ausbauen dürfte. Gleichzeitig ist aber nur ein Vollgeschoss erlaubt, wobei Ausnahmen in Einzelfällen zulässig sind, wenn das Maß der baulichen Nutzung (bei dem Bebauungsplan nur durch die Geschossflächenzahl von Max. 0,4) nicht überschritten wird. Eine Bauordnung aus 1962 ist mit der 2/3-Regelung schlechter als die 3/4-Regelung von 1990 - oder habe ich da einen Denkfehler?

Allerdings sieht diese Siedlung aus wie Kraut und Rüben... In der Nähe fließt die Düssel, die Häuser direkt daran sind entsprechend hoch herausgebaut und kommen z.T. auf, wie es von außen aussieht, zwei VG. In der ganzen Siedlung ist es in den letzten Jahren zu vielen Neubauten gekommen, schräg neben dem von uns favorisierten Grundstück z.B. auch ein Doppelhaus, das Fenster ganz oben an der Giebelseite hat, was für mich dafür spricht, dass der Spitzboden benutzt werden kann. Ich möchte solche Möglichkeiten aus zwei Gründen gerne vorher ein bisschen verstehen und nachvollziehen:

a) ich möchte gut vorbereitet in Gespräche mit Verkäufern gehen
b) ich möchte das Grundstück nur dann kaufen, wenn ich das darauf bauen kann, was ich mir im Groben vorstelle (das ist eigentlich für alle vier Beteiligte das Wichtigste).

Danke noch einmal für eure Hilfe!
Katrin
 
D

DG

Hallo Katrin,

Deine Vorgehensweise ist schon ganz richtig. Ich würde an Deiner Stelle (evtl. mit Architekt oder nach einem Vorgespräch beim Architekten) einen Termin mit dem Sachbearbeiter machen, um den Punkt mit der Geschossigkeit abzuklären, also herauskriegen, was sich das Bauamt in dem Gebiet vorstellt oder vorstellen kann. Da Du ja kein Reihenhaus errichten willst, wird sich die Gegenwehr vermutlich in Grenzen halten.

Danach weißt Du, was man da vermutlich ohne große Probleme bauen kann und kannst in Verhandlungen mit Verkäufern gehen. Wenn Du unsicher bist, kannst Du auch eine Bauvoranfrage stellen, das würde ich aber immer in Verbindung mit einem AR machen, sprich: da müssten schon alle relevanten Fragen dargestellt werden und abgeklopft werden, sonst kann man sich die Bauvoranfrage auch schenken.

Basierend darauf kannst Du später natürlich immer noch einen abweichenden Bauantrag stellen, der das Wirrwarr an Planungsvorgaben maximal ausreizt und den man mit allen juristischen Winkelzügen über mehrere Jahre durchboxt - ob man das will und es sich lohnt, musst Du selbst entscheiden.

MfG
Dirk Grafe
 
B

Bauexperte

Hallo Katrin,

Auf Grundlage des ursprünglichen B-Planes mussten diese Anträge genehmigt werden, weshalb man folgende Änderungen vorgenommen hat:

a) es sind nur noch Einzel- und Doppelhäuser zulässig
b) es sind Max. zwei Wohnungen je Wohngebäude zulässig
Ich kann mir einige Stadtteile vorstellen, wo dieser Eingriff durchaus Sinn macht. Stell Dir mal vor, Du hättest dort vor Jahren ein Grundstück für teuer Geld gekauft und ein BT setzt Dir dann Reihenhausblöcke vor die Nase. Passiert gerade so ähnlich in Angermund, eingangs einer sehr alten Straße in den eigentlichen Ortskern.

Mir geht es vor allem um die Geschossigkeit, da ich gerne einen ausgebauten Spitzboden hätte, zumindest einen, den man zu Wohnzwecken ausbauen dürfte. Gleichzeitig ist aber nur ein Vollgeschoss erlaubt, wobei Ausnahmen in Einzelfällen zulässig sind, wenn das Maß der baulichen Nutzung (bei dem Bebauungsplan nur durch die Geschossflächenzahl von Max. 0,4) nicht überschritten wird.
Es hängt auch von der erlaubten Traufhöhe (TH) sowie Dachneigung (DN) ab, nicht notwendigerweise von der Anzahl der Geschosse!

Eine Bauordnung aus 1962 ist mit der 2/3-Regelung schlechter als die 3/4-Regelung von 1990 - oder habe ich da einen Denkfehler?
Eigentlich ganz einfach: 100 ./. 3 * 2 = 66,666 qm und 100 ./. 4 * 3 = 75 qm

Allerdings sieht diese Siedlung aus wie Kraut und Rüben... In der Nähe fließt die Düssel ...
Ich habe eine Reihe von Jahren in Gerresheim gelebt; könnte auch auf Deine Beschreibung der Postsiedlung zutreffen

a) ich möchte gut vorbereitet in Gespräche mit Verkäufern gehen
Einerseits nachvollziehbar andererseits mit Vorsicht zu genießen. Wir "älteren" Verkäufer "schätzen" ganz besonders den Satz: "das habe ich im I-Net gelesen"; mir stellen sich mittlerweile nicht selten die Nackenhaare, ob dieser Erklärung, auf. Weshalb? Im I-Net wird so viel Mist geschrieben, sind so viele selbsternannte Fachleute unterwegs, daß eine ganze Branche sich fragt, wozu sie jemals etwas Fundiertes gelernt hat. Da werden Häuslebauer zu Experten in Sachen Baurecht, glauben nach dem eigenen Hausbau sämtliche Antworten auf Fragen von ihrem eigenen BV ableiten zu können. Ganz besondere Stilblüten treibt dieser Mitteilungsdrang imho in Fragen der Wärmepumpen- und Lüftungstechnik.

Der Fairness halber möchte ich aber hinzufügen, daß auch etliche Anbieter dazu übergegangen sind, branchenfremde Verkäuferinnen anzuwerben. Diese erzählen dann nicht selten den gleichen Blödsinn

b) ich möchte das Grundstück nur dann kaufen, wenn ich das darauf bauen kann, was ich mir im Groben vorstelle (das ist eigentlich für alle vier Beteiligte das Wichtigste).
Bauen bedeutet immer auch Kompromisse einzugehen; die Frage lautet daher, wo kann ein Kompromiss sinnvoll entstehen.

Ich schätze die Antworten von Dirk sehr, in einem aber möchte ich von seiner Empfehlung abweichen. Ich bin kein Freund von Bauvoranfragen (BVA). nicht selten dauert eine BVA so lang, wie ein regulärer Bauantrag - jedenfalls dann, wer sie rechtlich sicher sein soll - und die Kosten werden beim späteren Bauantrag (BA) nur rudimentär angerechnet.

Ich habe die Erfahrung gemacht, daß Gespräche auf Augenhöhe und in gegenseitigem Respekt zielführender sind, weil beide Parteien - Fragesteller und Sachbearbeiterin - wissen, daß es zielführender ist, wenn sie einen, beiderseits, tragfähigen Konsens finden. So in komplizierten Grundstücksfragen vorgehend, klären wir jeden Schritt mit dem Bauamt ab, bevor wir final den Bauantrag einreichen. In Erinnerung an das lfd. BV in Mettmann graust mich die Vorstellung, unsere Bauherren hätten auf den Rat des Vermessers (sorry Dirk, war zufällig auch ein Vermesser) gehört und eine BVA gestellt. Dann liefe aktuell das 3-monatige Prüfverfahren, von welchem ich per heute sicher weiß, daß es negativ beschieden worden wäre.

Liebe Grüsse, Bauexperte
 
Zuletzt aktualisiert 25.04.2024
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