Statiker vorgeschrieben bei Fassadenabriss?

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ABG-Geschaedigt

Hallo,
wir haben zusammen mit anderen Nachbarn Probleme mit der Fassade, welche in Holzständerbauweise gebaut ist.
Die Außenfassade (Außenputz und "Spanplatte" müssen runter; Holzgebälk und innere Spanplatte bleiben drauf).

Nun meint die zur Ausführung beauftrage Baufirma, das ein Statiker berechnen muß, ob die Fassade bei drei aneinanderliegenden Häusern runter gerissen werden kann. Die Bauvorschrift in Hessen würde dies vorschreiben, in Bayern z.B. hingegen nicht.

Ist das tatsächlich so?
Bei anderen, renovierten, baugleichen Häusern wurde diese Berechnung nicht durchgeführt.
Zumal ja immer nur eine Seite gleichzeitig renoviert wird.

Und hätte sich diese "berechnung" nicht anhand der Baupläne im Vorfeld durchführen lassen? Baufirma meint dazu, das nicht klar wäre, welche Spanplatten verbaut worden seien.
Uns kommt es einfach so vor, das die Baufirma verpasst hatte, dies bereits im Vorfeld zu checken bzw. unnötig den Statiker bestellt hat, welchen wir ja letztendlich zahlen müssen. Der Bau ruht nun wegen dieser "Berechnung" nun schon 6 Werktage ....

Danke,
Ein ABG-Geschädigter
 
D

Danton

Hallo ABG-Geschädigter,

wenn ich es richtig verstanden habe, handelt es sich um drei aneinander gereihte Häuser (Reihenhäuser) in Holzständerbauweise. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um die Art, die hier bei uns in Niedersachsen eher Holzrahmenbauweise genannt wird.

Habt ihr als Bauherren denn keine statische Berechnung zu euren Häusern ausgehändigt bekommen? Ich gehe mal davon aus, daß ihr diese auch bezahlt habt.

Zunächst ist zu bemerken, daß jedes dieser Reihenhäuser einzeln für sich (auch ohne die Nachbarhäuser) räumlich ausgesteift sein muß.
Grundsätzlich dient die Beplankung aus statischer Sicht der räumlichen Aussteifung des Gebäudes. Fall es hierzu in der statischen Berechnung einen entsprechenden statischen Nachweis gibt, ist aus diesem ersichtlich welche Wandelemente genau der Aussteifung dienen und welche gegebenenfalls geöffnet werden können.
Es ist aber unwahrscheinlich, daß bei einer Außenwand die Beplankung ohne weitere Maßnahmen komplett entfernt werden darf. Diese Maßnahmen sind normalerweise statisch nachzuweisen, um die Standsicherheit des Gebäudes nicht zu gefährden.

In der Regel werden für die Beplankung im Holzrahmenbau sogenannte OSB-Platten (eine Art Spanplatte) verwendet. Eine Ferndiagnose kann ich aber leider nicht stellen.

Für weitere Fragen stehe ich gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Danton

Ingenieur- und Planungsbüro
Dipl.-Ing. Thomas Brandenburg
Beratender Ingenieur und Bausachverständiger
Versicherungsfachmann (Bauwerkvertrag)
 
A

ABG-Geschaedigt

Hallo,
der Kauf liegt schon einige Jahre zurück, und aktuell finde ich keine Unterlagen, welche mit statischen Berechnungen zu tun haben.
Ist es denn wirklich so, das in Hessen für diese Art von Baumaßnahmen ein statisches Gutachten vorgeschrieben ist, aber in Bayern nicht?

Ach ja, "unsere" Häuser waren auch schon im Fernsehen, alle wegen den gleichen Baumängeln. Die "nette" ABG-Frankfurt...
 
D

Danton

Hallo ABG-Geschädigter, wäre übrigens schön auch einen Namen von Dir zu erfahren, kann aber verstehen wenn Du anonym bleiben willst.

Na das sind ja schöne Zustände dort im Frankfurter Norden, ich habe mir mal kurz zwei der Videos angeschaut. Von diesem Fall hatte ich zuvor noch nichts gehört.

Aus Deinem ersten Bericht hatte ich es fälschlicherweise so verstanden, daß ihr die Häuser seinerzeit selbst habt bauen lassen.
Leider ist es oft so, daß bei einem Hauskauf nicht alle zum Gebäude gehörenden Unterlagen dem Käufer übergeben werden. Daher kann es durchaus sein, daß ihr keine statische Berechnung erhalten habt.

Aus meiner beruflichen Praxis kenne ich es nicht anders, als das es bei jedem Eingriff an einem Gebäude, der in das statische System eingreift, auch ein entsprechender Standsicherheitsnachweis zu führen ist.
Ich kenne zwar die Landesbauordnungen von Hessen und Bayern nicht im einzelnen, aber dies ist in Bayern sicherlich nicht anders als in Hessen.
Hier geht es sicherlich auch nicht um ein statischen Gutachten, sondern wohl eher um einen statischen Nachweis für den geplanten Bauzustand, eben die Erneuerung der Fassade.
Eine solche Sanierungsmaßnahme ist nicht unbedingt genehmigungspflichtig und entspr. bei dem zuständige Bauamt einzureichen. Der statische Nachweis dient in einem solchen Fall der Sicherheit während des Bauzustandes, da die ausführende Firma auch hierfür die Haftung zu übernehmen hat. Sollte es während der Sanierungsarbeiten zu einem Einsturz kommen, ohne diesen statischen Nachweis würde die Firma übrigens grob fahrlässig handeln, müßte sie für den entstandenen Schaden aufkommen.

In den beiden TV-Sendungen (Hessen 3 und RTL) waren aber weit größere Bauschäden zu sehen als nur die genannten Spanplatten. Dort wird mit Sicherheit die gesamte Holzrahmenkonstruktion zu erneuern sein (das heißt letztendlich die komplette Außenwand), da dort ja auch die Holzständerkonstruktion von gefährlichen Pilzen befallen und in größeren Bereichen bereits verfault ist.
Sind die Mängel an Eurem Haus denn weniger stark ausgeprägt und wie ist es um die Innenseite der Außenwände und die Innenwände bestellt?

Bei einer Holzrahmenkonstruktion, wie bei anderen Holzkonstruktionen, ist von vorn herein dringend darauf zu achten, daß keinerlei Feuchtigkeit in die Konstruktion eindringen kann, weder von außen noch von innen.
Leider besteht hier ein großes Gefahrenpotential, Undichtigkeiten an der Fassade oder aber auch beschädigte Dampfsperrfolien an der Innenseite um nur zwei zu nennen.

Von wem habt Ihr denn seinerzeit das Haus erworben? Wenn Ihr viel Glück habt, hat der Vorbesitzer vielleicht noch Unterlagen aufgehoben. Eine andere Möglichkeit wäre, einmal bei dem zuständigen Bauordnungsamt nachzufragen. Aber bedenkt, daß hier eventuell eine gewisse Verflechtung zu der Stadteigenen ABG bestehen könnte.

Wie wäre es denn, wenn sich eine Abordnung aller Geschädigten (Unterschriften sammeln) einmal an den Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt wenden, mit aller Höflichkeit natürlich. Ein solcher Weg über die politische Ebene bewirkt manchmal Wunder. Als Stadteigener Bauträger fällt die ABG ja schließlich auch in dessen Zuständigkeitsbereich.

Falls es irgendwann dazu kommen sollte, daß die ABG für die entstandenen Bauschäden aufzukommen hat, dann wird sie auch verpflichtet sein, die Kosten für die entsprechend erforderlichen statischen Nachweise zu übernehmen.

Ich hoffe hiermit ein wenig weiter geholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Danton

Ingenieur- und Planungsbüro
Dipl.-Ing. Thomas Brandenburg
Beratender Ingenieur und Bausachverständiger
Versicherungsfachmann (Bauwerkvertrag)
 
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A

ABG-Geschaedigt

Die Häuser wurden vor 13 Jahren direkt vom Bauträger gekauft.
Die äußere Fassade wird und wurde bei den bislang renovierten Häusern entfernt und erneuert, und zum Teil auch Teile der Rahmenkonstruktion.
Betroffen sind alle 32 Häuser, alle Baugleich! Alle mit den gleichen, gravierenden Baufehlern, welche nun eine Totalsanierung der Fassade notwendig macht.

Da wir keine statischen Unterlagen haben, wird es wohl korrekt sein, das die Baufirma ein statisches Gutachten erstellen läßt, bevor sie die Außenfassade runtereißt.

Bei einer Holzrahmenkonstruktion, wie bei anderen Holzkonstruktionen, ist von vorn herein dringend darauf zu achten, daß keinerlei Feuchtigkeit in die Konstruktion eindringen kann, weder von außen noch von innen.
Leider besteht hier ein großes Gefahrenpotential, Undichtigkeiten an der Fassade oder aber auch beschädigte Dampfsperrfolien an der Innenseite um nur zwei zu nennen.
Da wurde bereits beim Bau vor 13 Jahren mehr als geschlampt.
Steckdosen und Heizkörperbestigungen gehen einfach durch die Dampfsperrfolie durch.
außen fehlt am Rollladenkasten eine Tropfkante, bei Fensterbrettern fehlt ein Bodenblech.

Die Mängelliste ist lang, aber der Bauträger (ABG Frankfurt) lehnt jede Verantwortung ab und beruft sich auf die Verjährung.

Die Oberbürgermeisterin von Frankfurt, Petra Roth, weiß über diese Häuser bescheid. Aber gleichzeitig sitzt sie im Aufsichtsrat der ABG Frankfurt Holding ...

Und mit das Beste:
Damals wurden junge Familien für diese Häuser in Werbekampagnen angesprochen.
13 Jahre später, die Häuser sind noch nicht abbezahlt, müssen diese Familien 50.000 Euro investieren, damit ihr Haus (im wahrsten Sinne) nicht verfällt.
Und die Stadt sowie städtische Baugesellschaft ABG schaut zu und lehnt jede Verantwortung zu den Schäden ab.
 
D

Danton

Hallo ABG-Geschädigter,

ja, das ist schon ein großes Dilemma.

Wenn die Frau Oberbürgermeisterin Petra Roth im Aufsichtsrat der ABG sitzt, hat Sie ja auch einen gewissen Einfluß auf das Handeln dieses Unternehmens.
Sie sitzt dort sicherlich nicht allein, sondern zusammen mit anderen, wohl auch mit Mitgliedern aus dem Betriebsrat sowie der Gewerkschaft, aber die Aufsichtsratsmitglieder sollen ja dieses Unternehmen "beaufsichtigen".

Auch im Blick auf kommende Wahlergebnisse sollte sie, wie auch die anderen Aufsichtsratsmitglieder, ihren Einfluß in diesem Unternehmen zugunsten der Geschädigten wahrnehmen. Aber vielleicht tun diese das ja schon nach ihren Möglichkeiten, wer weiß.
Auf der anderen Seite hat sie dort wohl auch die (finanziellen) Interessen der Stadt Frankfurt zu vertreten, die vermutlich an diese an dem Unternehmen beteiligt ist.

Mit freundlichen Grüßen
Danton
 
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Zuletzt aktualisiert 16.04.2024
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