Selbstschuldnerische Vertragserfüllungsbürgschaft

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J

jesskeller

Hallo zusammen,

wir haben von unserem favorisierten Unternehmen einen Werkvertrag zur Durchsicht vorgelegt bekommen, in dem die Abweichung von §650(1) vereinbart wird: Der Auftragnehmer (BU) kann die Forderung der letzten 10% bereits vor Leistungserbringung fordern kann, wenn er zuvor eine "selbstschuldnerische Vertragserfüllungsbürgschaft" eines deutschen Kreditinstituts oder -Versicherung übergibt. Darüber hinaus werden dem Bürgen verschiedene Rechte entzogen:

  • Auf die Einrede der Vorausklage gem. § 771 Baugesetzbuch wird verzichtet.
  • Auf die Einrede der Aufrechenbarkeit gem. § 770 Abs. 2 Baugesetzbuch wird verzichtet, es sei denn die aufrechenbare Gegenforderung ist rechtskräftig festgestellt oder vom Auftraggeber nicht bestritten.
  • Die Hinterlegungsbefugnis des Bürgen ist ausgeschlossen.
  • Die Bürgschaft ist bis zur Abnahme befristet.
Meine Frage bezieht sich darauf, wie im Streitfall damit umgegangen wird. Zahlt man als Bauherr die 10% einfach nicht, ist der Druck auf den BU im Zweifel hoch.
Mit dieser Bürgschaft muss ich als Bauherr der Versicherung ggü. nachweisen, dass etwas nicht fertiggestellt wurde / mangelhaft ist, um meine Forderung durchsetzen, um im Zweifelsfall das Geld wieder zu bekommen?

Sind diese Regelungen mittlerweile oft zu finden oder stellt dieser Werkvertrag in dieser Hinsicht eine Ausnahme dar?

Vielen Dank für eure Antworten.
 
H

HilfeHilfe

Bauträger braucht Liquidität und zahlt 0.5 bis 1 % an die Bank . Im Fall der Fälle machst du mit der Bürgschafrsbank rum
 
M

Mottenhausen

Geld ist Geld und eine Bürgschaft ist zunächst nur ein Blatt Papier. Im Zweifel muss erst aufwendig festgestellt werden ob überhaupt ein Mangel vorliegt, wie hoch der finanzielle Wert ist usw. usw.

Besser ist, wenn die Schlussrate anteilig einbehalten werden darf. Logischerweise nur soviel, wie notwendig wäre um noch bestehende Mängel beseitigen zu lassen. Dann ist der GU definitiv eher daran interessiert die Sache schnell und ordentlich zum Abschluss zu bringen, anstatt sich herumzustreiten. Hat er dein Geld schon, dann kann er es darauf ankommen lassen und sich ewig rumstreiten, die bürgende Bank sitzt das unterdessen von der zweiten Reihe gemütlich aus.
 
J

jesskeller

Der Vertrag ist aus diesem Jahr (2018). Ich habe die erwähnten Paragraphen durchgelesen, aber bin leider nicht schlauer geworden.

Das Prinzip der Bürgschaft ist klar, ich glaube sie wird in §650m (3) explizit erlaubt, wenn ich das richtig verstanden habe?
 
N

nordanney

Meine Frage bezieht sich darauf, wie im Streitfall damit umgegangen wird. Zahlt man als Bauherr die 10% einfach nicht, ist der Druck auf den BU im Zweifel hoch.
Mit dieser Bürgschaft muss ich als Bauherr der Versicherung ggü. nachweisen, dass etwas nicht fertiggestellt wurde / mangelhaft ist, um meine Forderung durchsetzen, um im Zweifelsfall das Geld wieder zu bekommen?
Die Bürgschaft ist wie bares Geld zu sehen. Ist im gewerblichen Geschäft absolut normal und funktioniert dort auch gut. Im Zweifel ziehst Du die Bürgschaft, bekommst Deine 10% und hast den Rechtsstreit mit dem Unternehmer - genau so, wie es auch wäre, wenn Du die 10% direkt einbehalten würdest.
 
J

jesskeller

Danke für eure Beiträge.

Ich habe einen "Werkvertrag" bekommen. Ich denke aber, mein Auftrag erfüllt § 650i.

Die Gesetze habe ich bei dejure nachgeschaut. Ob und wie das alles zusammen zu bringen ist, entzieht sich jedoch meinem Sachverstand. Insbesondere 650m (2) wird im Werkvertrag geregelt, in Form einer Bürgschaft = 5% zu Beginn als Sicherheit für rechtzeitige Fertigstellung.

Der Wortlaut ist "In Abweichung von 650 m (1) und auf Basis des 650 o Baugesetzbuch wird vereinbart, dass der Auftragnehmer für die letzten 10% der Gesamtvergütung die Zahlung vor Leistungserbringung fordern kann, wenn AN ... eine selbstschuldnerische Bürgschaft ... [an uns] übergibt.". Weitere folgende Formulierungen stehen in meinem Eröffnungsbeitrag.

@nordanney ich habe auch einen Werkvertrag von 2018 zur Durchsicht von einem anderen / alternativem Bauunternehmer. Auch dort erscheint diese Regelung in ähnlichem Wortlaut. Scheint also der "Standard" zu sein?
 
Zuletzt aktualisiert 18.04.2024
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