Einfamilienhaus-Finanzierung - nachdenklich nach ersten Bankgespräch

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J

James

Guten Abend!
Meine Frau und ich wollen ein Einfamilienhaus bauen (lassen). Grundstück haben wir, das können wir für das benötigte Darlehen auch als Sicherheit verwenden.

Ich habe mit meiner Hausbank ein erstes lockeres Gespräch geführt.
Überschlägig kostet das "schlüsselfertige" KfW70-Haus inkl. Küche, Garage, Maler-Arbeiten, Bodenbeläge 240.000 €. Hinzu kommen Anschlusskosten, Bau-Nebenkosten etc.

240.000 € wäre die Summe, die wir aufnehmen müssten, da unser Eigenkapital (ca. 40.000 €) für die Anschluss-, Neben-/ Vermessungskosten etc. draufgeht.

190.000 € kämen von der Hausbank, 50.000 € von der KfW-Bank.

Z.Z. sind wir beide berufstätig, haben ca. 100.000 € brutto p.a.. Also fast schon "Besserverdiener", aber mindestens "gute Normalverdiener".
Jeder hat netto im Monat rund 2.300 €.
Aber wenn meine Frau evtl. wegen Nachwuchs später mal zu Hause bleiben sollte, wäre ich Alleinverdiener. Da meinte meine Beraterin würde es schon knapp: Ich käme - abzüglich Lebenshaltung, Haus-Nebenkosten etc. nur auf 800 - 1.000 €, die ich mtl. für Zins&Tilgung zahlen könnte.

Ich finde nicht, daß unser Haus überdimensioniert ist (ca. 150 m2 Wohnfläche), die Baukosten finde ich im Rahmen; wieso kann es ein "Normalverdiener" nicht schaffen, Haus und Familie zu finanzieren??

Meine Eltern hatten definitiv keine (umgerechnet) 4.500 DM monatlich zur Verfügung und haben ihr Haus schon nach 15 Jahren komplett bezahlt (ok, mehr Eigenleistung und mehr Eigenkapital, aber trotzdem...)
Ich bin gern bereit, mich für das Haus vorübergehend auch einzuschränken (Verzicht auf Urlaubsreisen etc.). Aber ich kann nicht glauben, dass wir wirklich so schlecht aufgestellt sind...
Würde mich gern mit euch darüber austauschen.
Viele Grüße
James

P.S.: Natürlich werde ich Gespräche mit anderen Banken führen, wenn ich genau weiß, wie viel alles kosten soll; aber mich hat das erste Gespräch doch schon recht nachdenklich gemacht.
 
emer

emer

Naja, zuerst einmal kommt es darauf an wie lange deine Frau mit Kind zu Hause bleibt. Ein Jahr, zwei Jahre oder länger.

Bei ein bis zwei Jahren und anschließender Wiederaufnahme der Tätigkeit - zumindest Halbtags wäre es wohl eher weniger problematisch.
Das mit "früher" zu vergleichen hilft da leider nicht weiter, weil wir in der Gegenwart leben.

Es gibt kaum noch den "klassischen" Alleinversorger.
Als ich angefangen haben mich umzusehen und mit der Finanzierung vertraut zu machen, habe ich mich immer wieder gefragt: Wie zur Hölle machen das andere?! Ich verdiene auch kein schlechtes Geld und konnte mir einfach nicht vorstellen das alle anderen die Haus bauen mehr verdienen, im Lotto gewonnen oder eine Bank überfallen haben.

Das Geheimnis aber lautet: 1% anfängliche Tilgungrate. Da bekommst du für 10 Jahre 2,8% eff. Zins 240.000€ zu 760€ im Monat. Das klingt ja malerisch! Und warum dann noch Miete Zahlen. So wird's gemacht... NICHT! Denn nach 10 Jahren stehst du mit einer Restschuld von über 212.000€ da und hast das Finanzierungsproblem lediglich verschleppt.

Möchtest du 240.000€ in 15 Jahren getilgt haben, muss du bei angenommenen 3,20% eff. Zins monatlich knapp 1700€ in die Hand nehmen oder ordentlich sondertilgen - aber auch dann muss das Geld irgendwo her kommen. (um es mal mit dem Beispiel deiner Eltern zu vergleichen).

800€ - 1.000€ monatlich klingt nach keinem großen unterschied, aber (eff. Zins imemrnoch 3,2%):

- mit 800€ monatlich würdest du 50 Jahre an deinem Darlehen knabbern
- mit 1.000€ monatlich "nur" 30 Jahre

Die Faustregel eines mir bekannten Bankers lautet: pro 100.000€ Darlehenssumme sollte man mit etwa 500€ monatlicher Belastung rechnen um das ganze in einem Zeitlich sinnvollem Rahmen geschultert zu haben. Bei den aktuell niedrigen Zinsen, kann es etwas günstiger sein, aber es ist absolut realistisch.

Für deinen Fall würde das bedeuten (eff. Zins imemrnoch 3,2%):

Darlehen: 240.000€
nötiges Budget: 1.200€
Restschuld 0€: nach knapp 24 Jahren

Nun kannst du natürlich auch die Laufzeit hoch schrauben. Damit beringert sich deine monatliche Belastung, erhöht sich aber auch die Restschuld nach X Jahren.

Das sind alles nur Rechenbeispiele. Den Rest sagt dir sicher gern dein Bankberater - der übrigens vernünftig zu sein scheint. renne am Ende bitte nicht zu dem, der dir die niedrigsten Raten ausgerechnet und das blaue vom Himmel erzählt hat. Denn so einen interessiert es am aller wenigstens wie du und deine Familie in 10 Jahren da steht - mit oder ohne Haus.
 
H

Häuslebauer40

Der Banker scheint mir recht vernünftig zu sein. Ein guter Mann. Gehört wenigstens nicht zu der Sorte, die einem auf Biegen und Brechen alles schönrechnen.
Die Frage, wieso es ein Normalverdiener nicht schaffen kann ein Haus zu finanzieren, ist zwar eher philosophischer Natur, aber dennoch sollten sich viel mehr Menschen diese Frage stellen und vom Kauf / Bau eines Hauses Abstand nehmen, statt finanziell jahrzehntelang auf dem letzten Loch zu pfeifen und / oder Gefahr zu laufen, das Haus dann irgendwann doch wieder verkaufen zu müssen, weil man es nicht halten kann.
Warum Deine Eltern mit 4500,- DM das tun konnten? Weil 4500,- DM nen Haufen Geld war bzw. das Geld da noch was wert war. 4500,- EUR hingegen sind heutzutage nicht viel wert.
Am Ende kann man diese Frage nur mit einer Gegenfrage beantworten: Warum meint eigentlich heutzutage Jeder, ein eigenes Haus haben zu müssen?
Aus meiner Kindheit kenne ich das so, dass ein eigenes Haus eher was für Privilegierte war. Ein Haus hat man früher entweder geerbt oder man hat ein Grundstück von den Eltern geschenkt bekommen und darauf, größtenteils in Eigenleistung, gebaut. Und die Häuser, die da so gebaut wurden, waren teils so klein, dass heute eigentlich niemand mehr darin wohnen möchte. Der "Normalverdiener" wohnte damals zur Miete. Ansehnliche Häuser hatten damals nur Besserverdienende / Reiche.
Versteht mich nicht falsch, das ist jetzt nicht auf den Themenersteller gemünzt, aber es steht nicht im Grundgesetz, dass jeder Bundesbürger das gesetzlich verbriefte Recht hat, sich ein eigenes Haus, 2 Autos, immer die neusten Handys / Computer, 2 Kinder, nen Hund + 3 mal im Jahr Urlaub Leisten zu können.
Hört man sich jedoch oftmals die Meinungen der "normalen" Bevölkerungsschicht so an, könnte man fast meinen, dass es so wäre...
 
H

Häuslebauer40

Freilich bekommen die das eingeimpft, weil die Banken ihr Geschäft machen wollen und denen ist es letztendlich egal. Kann das Darlehen nicht mehr bedient werden, gehört halt wieder eine Immobilie mehr der Bank.
Aber natürlich kann man die Schuld hierfür nicht vollumfänglich auf die Banken abwälzen. Die Leute sind halt oftmals auch so blauäugig. Wenn einem ein Tilgungsplan vorgelegt wird, der nach fristgerechtem Ablauf des Darlehens noch eine Restschuld enthält, muss man den normalerweise gleich vor den Augen des Bankers anzünden...
 
T

TylerDurden

Kommt darauf an wie man die Tilgung wirklich plant. Wir haben für unseren Hauskredit auch nur 1,5% Tilgung gewählt, obwohl wesentlich mehr möglich wäre (Einkommensverhältnisse sind ähnlich zu euren, nur der Kredit etwas höher). In der Praxis werden wir versuchen unsere jährlichen Sondertilgungsrechte von 5% zu nutzen, sofern nichts aussergewöhnliches passiert.
Der monatliche Anteil (1 Zwölftel) der maximalen Sondertilgung wird auf ein separates Konto gepackt.
Das gibt uns für Finanzen uns Lebensqualität genug Spielraum, nutzen wir die Sondertilgung wirklich immer sind wir in rund 12 Jahren mit dem Kredit durch, Zinsbindung sind 15 Jahre.
 
Zuletzt aktualisiert 28.03.2024
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