Bebauungsplan Bezugshöhe, Verständnisproblem

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B

Bobinho

Hallo zusammen,

wir haben ein Grundstück in Aussicht, welches uns sehr gut gefällt.
Allerdings weist dieses Grundstück einen - sagen wir mal - etwas komplizierten Geländeverlauf auf. Ein entsprechender Lageplan inkl. Höhenpunkte anbei.

Im Bebauungsplan ist die maximale Traufhöhe, Firsthöhe und Oberkante Fertigfußboden-EG vorgegeben.
Wie ist der Bezugspunkt zu verstehen? Ist dies wirklich der mittlere Höhenpunkt im mit Baufenster, also ca. 290,09m? Kann man das anders interpretieren?

Wörtlich heisst es:
4.1 Höhe baulicher Anlagen
Die Höhe der baulichen Anlagen wird wie folgt begrenzt:
Eine Zweigeschossigkeit ist bei Zelt- und Pultdächern zulässig. Die Firsthöhe wird beim Zeltdach auf Max. 9,0 m die TH
auf Max. 5,5 m beschränkt. Beim Pultdach wird die FH auf Max. 8,5 m und die TH auf Max. 5 m über dem Bezugspunkt
beschränkt.
Satteldächer sind auf eine Eingeschossigkeit beschränkt. Hier ist eine Firsthöhe von Max. 8,5 m und eine Traufhöhe von
Max. 5 m zulässig.
Bei den Hausgruppen ist die Firsthöhe auf Max. 8,5 m und die Traufhöhe auf Max. 5 m beschränkt.
In den Baugebieten können höhere Traufhöhen zugelassen werden, wenn sie bei einem durch Vor- und Rücksprünge
gegliederten Grundriss eines Gebäudes im Bereich von Rücksprüngen entstehen. Ihre Länge wird auf Max. ein Drittel
der betroffenen Gebäudeseite begrenzt.
Die maximale Fußbodenhöhe des Erdgeschosses (Oberkante Fertigfußboden-EG) ist nur im Bereich von 0,20 m bis maximal 0,50 m über
Bezugspunkt zulässig.
Als Bezugspunkt für die Ermittlung der festgesetzten Höhen wird der Mittelpunkt der überbaubaren Grundstücksfläche
je Grundstück bezogen auf das natürliche Gelände festgesetzt.

Da sowohl der Höhenunterschied zum linken Grundstück als auch der Höhenunterschied zur Straße mMn zu hoch sind, schwebt uns eine Aufschüttung vor. Von links nach rechts stelle ich mir dann eine Art Terrassierung vor, siehe Anlage Geländeschnitt (es geht um G2, links vorher, rechts nachher). Dieser berücksichtigt nicht das Gefälle von der Straße.

Wäre eine solche Aufschüttung möglich?
Falls lt. Bebauungsplan nein, könnte man sich davon für das konkrete Grundstück befreien lassen? Wie wäre das Vorgehen hierfür? (Idealerweise hätte ich eine entsprechende Bestätigung vor dem Kauf). Entscheidet sowas ausschließlich das Bauamt oder Anwohner ein Mitspracherecht? Gegenüber wohnt ein Anwalt, dem seine Aussicht sehr wichtig ist und der ein flaches Gebäude definitiv bevorzugen würde...

Besten Dank im voraus und viele Grüße

Bo
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11ant

11ant

Als Bezugspunkt für die Ermittlung der festgesetzten Höhen wird der Mittelpunkt der überbaubaren Grundstücksfläche
je Grundstück bezogen auf das natürliche Gelände festgesetzt.
Wie ist der Bezugspunkt zu verstehen? Ist dies wirklich der mittlere Höhenpunkt im mit Baufenster, also ca. 290,09m? Kann man das anders interpretieren?
Genau. Auch wenn das unüblich ist, aber hier ist vom Mittelpunkt die Rede. Üblicher wäre, den Mittelwert zu nehmen, also die arithmetisch mittlere Höhe aus den anderthalb Dutzend Meßpunkten, die im Baufenster liegen. Häufig nimmt man auch die Straßenhöhe vor der Mitte der Straßenfront des Gebäudes, aber hier ist klar von diesem Mittelpunkt die Rede.
 
B

Bobinho

Danke, ich habe es befürchtet...

Wie verhält sich dies dann mit unseren Plänen der Aufschüttung? Ohne weiteres nicht möglich würde ich vermuten, oder?
Können bzw. werden in der Praxis Ausnahmegenehmigungen erteilt? Werden bei sowas die Nachbarn angehört, haben diese ein Vetorecht oder hat das Bauamt da freie Hand in einem gewissen Bereich?
 
11ant

11ant

Geländemodellierungen werden teilweise ebenfalls in Bebauungsplänen begrenzt, z.B. (auch) mit der Ankopplung der Fußbodenhöhe an einen Geländebezugspunkt. Die Idee, das Grundstück ins Wasser zu stellen, halte ich für Quatsch. Vernünftiger erscheint mir, dem Grundstück ein gleichmäßiger gestaltetes Gefälle zu verpassen, also lediglich den Stoppelacker glatt zu ziehen. Reisterrassen sind Unfug, Hang ist Hang.
 
B

Bobinho

In diesem Fall steht im Bebauungsplan leider nichts dies bezüglich.
Wenn du mit Stoppelacker das starke Gefälle links meinst, würde ich dort gerne die Garage positionieren und das Haus dann möglichst dicht dran.

Trotzdem stört mich die Höhendifferenz von ca. 2m, da diese eine Menge Abendsonne schluckt. Von daher würde ich gerne unabhängig davon, wie das Gelände dann final modelliert wird, diese Differenz gerne minimieren bzw. zumindest anpassen. Und wenn diese Anpassung vorgenommen wird, laufe ich in Probleme mit dem Bebauungsplan und der Max. Höhe Oberkante Fertigfußboden-EG, oder nicht? Daher bleibt meine Frage, wie strikt wird sowas in der Praxis gehandhabt und wie ist generell das Verfahren wenn man vom Bebauungsplan abweicht, wie viel Mitspracherecht haben die Nachbarn, wie viel Freiheiten hat das Bauamt.

Btw:
Es geht mir hier um einen möglichen Worst-Case.
Natürlich würde ich versuchen alle Nachbarn mit einzubeziehen. Im positiven Fall kann ich mir nur schwer vorstellen, dass mir das Bauamt dann einen Strich durch die Rechnung macht. Nur wenn das Grundstück gekauft ist und dann ein Nachbar quer schießt, würde ich gerne das Prozedere kennen.

Gruß

Bo
 
11ant

11ant

Wenn du mit Stoppelacker das starke Gefälle links meinst,
Nein, ich meine den auch abgesehen von dieser Hügelkette reichlich rauhen Wechsel von Hubbeln und Kratern im Höhenverlauf des Grundstückes. Den kann man glätten, und m.E. viel mehr nicht.

würde ich gerne unabhängig davon, wie das Gelände dann final modelliert wird, diese Differenz gerne minimieren bzw. zumindest anpassen.
Du kannst Dein Grundstück mit Stützmauern flankieren, aber schöner wird es davon nicht. Es bleibt ein Hanggrundstück.

Und wenn diese Anpassung vorgenommen wird, laufe ich in Probleme mit dem Bebauungsplan und der Max. Höhe Oberkante Fertigfußboden-EG, oder nicht?
So ist es, und so soll es auch sein. Früher hatten Bebauungspläne nur architektonische Scheußlichkeiten einzudämmen, heute leider auch landschaftliche. Wenn Du keine Hanggrundstücke magst, dann suche weiter. Auf dem Hang wütend herumzutrampeln bringt nichts.
 
Zuletzt aktualisiert 16.04.2024
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