Altbausanierung :: Dampfbremse an ungedämmten Außenwänden

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pouhwl

pouhwl

Hallo zusammen,

ich habe mich eben hier im Forum registriert, weil ich mich aktuell mit dem Thema Altbausanierung beschäftige und mir noch einige Dinge unklar dazu sind.

Der Hintergrund:
Ich besitze eine Doppelhaushälfte (BJ 1936) die allgemein in einem sehr guten Zustand ist. Im Haus wurden vor ein paar Jahren doppelverglaste Fenster verbaut (Kunststoff) udn geheizt wird zentral mit Gas. Die Heizkosten liegen bei jährlich bei ca. 1.200 Euro. Nun hat mir einer Berater vom Verband privater Bauherren dazu geraten im Haus eine thermische Hülle mittels Dampfbremse anzulegen. Also alle Außenwände, die Geschossdecke im OG und den Boden im EG mit einer entsprechenden zu versehen. Zudem rät er mir eine automatische Lüftungsanlage zu installieren.

Wozu? Das Mauerwerk ist gänzlich ungedämmt. Eine energetische Sanierung der Fassade kommt für mich nicht in Frage. Ich stehe dem Thema hinsichtlich Kosten-Nutzen-Verhältnis eher skeptisch gegenüber. Selbstverständlich habe ich den Berater mit meiner Frage konfrontiert. Habe aber eine Antwort erhalten mit der ich nicht viel anfangen kann. Diese lautete: "[...]die thermische Hülle betrifft die Lage der Grenze der Wärmedämmung. Das Konzept der Dämmung kann sein ein diffusionshemmendes System (mit Dampfbremse) oder ein diffusionsoffenes System mit kapillaraktiven Baustoffen. Mit einer mechanischen Lüftungsanlage wird u.a. die Luftfeuchtigkeit, aber nicht der Diffusionswiderstand von Bauteilen geregelt.[...]"

Die Frage:
Soll ich's einfach machen, oder lass ich's lieber sein? (um es mit den Worten von Fettes Brot zu sagen).


Schon vorab: Vielen Dank für euren Hirnschmalz!!!
 
D

dertill

dazu geraten im Haus eine thermische Hülle mittels Dampfbremse anzulegen. Also alle Außenwände, die Geschossdecke im OG und den Boden im EG mit einer entsprechenden zu versehen. Zudem rät er mir eine automatische Lüftungsanlage zu installieren
Wie eine Dampfbremse eine thermische Hülle "erzeugen" kann ist mir schleierhaft. Die Thermische Hülle ist die Grenze des umbauten und beheizten Raumes. Die kann man höchstens verschieben, aber nicht mit einer Dampfbremse. Dampfbremse an sich ist ja auch kein Gegenstand. Es gibt dampfbremsende Materialien und offene Materialien - aber keine Dampfbremse an sich, ich kenne nur Dampfplauderer und Handbremsen. Wenn er damit das durchgehende Einziehen einer dampfbremsenden Folie entlang der thermischen Hülle meint - ergibt das Sinn - ist aber dennoch unnötig und habe ich noch nie gesehen! Kein Massivbau hat eine zusätzlich eingezogene Dampfbremse an der Außenwand! Nur bei Holzständerbauten mit Gefachedämmung (z.B. Fertighäuser, "Schwedenhäuser") ist so etwas sinnvoll und wird auch gemacht.

Eine nachträgliche Außenwanddämmung ist in vielen Fällen die kostenintensivste und am wenigsten gewinnbringende Maßnahme zur Energiekosteneinsparung. Dass du so eine nicht unnötig nachrüsten möchtest, kann ich verstehen. Bei BJ1936 ist kann das aber je nach Bauweise sinnvoll sein. Bei z.B. nur 24cm Außenwänden aus Vollziegel wäre das schon sinnvoll. Genau so kann man bei zweischaliger Bauweise über eine Einblasdämmung nachdenken.

Bei der Dämmung der Dachschrägen und der Geschossdecke ist das Einziehen einer Dampfbremse sinnvoll. Generell ist das Nachbessern der Dämmung an dieser Stelle in der Regel kostengünstig und effektiv.

Bei Bj 1936 würde es durchaus Sinn machen mal den Estrich zu erneuern, wenn noch nicht geschehen. Wegen der Aufbauhöhe evtl. Trockenestrich mit Dampfbremse und Dämmung darunter. Bei Dielenboden auf Holzbalken in Sand bietet sich ein Verfüllen an. Ob mit oder ohne Dampfbremse kommt auf die Art der Dämmung an.

Lüftungsanlage hast du doch: Nennt sich Fensterlüftung und funktioniert seit knapp 1000 Jahren im Bestand ganz gut.
 
pouhwl

pouhwl

Vielen Dank für deine Antwort. Deine Ausführung hilft mir auf jeden Fall ein ganzes Stück weiter und bestätigt in etwa meine Vermutung. Hinsichtlich der Dämmung von Dach und Geschossdecken sowie der Erneuerung des Estrich werde ich mal in die Planung gehen. Diese Maßnahmen scheinen mir auch durchaus sinnvoll.

Dabei fällt mir aber auch gleich noch eine Frage ein. Welche Vorteile bzw. Nachteile bietet denn ein Bodenaufbau mit Trockenschüttung und Estrichplatten gegenüber eines klassischen Estrichbodens? Das scheint mit eine komfortable Lösung zu sein. Und wie genau sieht der Aufbau aus (Dampfbremse, Trockenschüttung, Estrichplatten, Trittschalldämmung, Parkett)?

Grüße...
 
D

dertill

Welche Vorteile bzw. Nachteile bietet denn ein Bodenaufbau mit Trockenschüttung und Estrichplatten gegenüber eines klassischen Estrichbodens?
Vorteile:
"Trocken" - daher kein Estrich anmischen,
keine Wartezeit, direkt fertig und begehbar
leichter, in Altbauten vor allem im OG relevant
der Estrich selber ist dünner, geringere Bauhöhe bzw. bessere Wärmedämmung bei gleicher Bauhöhe

Nachteile:
nicht so hoch belastbar wie Betonestrich (Kaminofen o.ä. nicht möglich)


Aufbau (von unten nach oben ab Rohboden)

Sperrschicht gegen aufsteigende Feuchte (wenn kein Keller darunter)
Ausgleichsschüttung wenn nötig (Unebenheiten oder verlegte Leitungen)
Geeignete Dämmplatten für Trockenestrich (EPS, XPS oder Mineralwolle)
Dampfbremsfolie / PE-Folie
Trittschalldämmung für Trockenestriche (im EG nicht notwendig)
Trockenestrichplatten oder 24mm Spanplatte (feuchteresistent)
Belag

In Feuchtbereichen wie Küche und Bad kann man auch Trockenestrich verwenden. Wenn aber dort ohnehin gefliest wird, gibt es noch eine einfachere Lösung: Ausgleichsmasse auf den Rohboden (wenn nötig) und mit Wedi-Bauplatten bekleben -> Dämmung, Dampfsperre und Estrich in einem, Feuchtebeständig und direkt befliesbar. Sogar eine Fußbodenheizung lässt sich direkt oben in den Platten verlegen.
 
Zuletzt aktualisiert 25.04.2024
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