Abweichung vom Bebauungsplan in Neubaugebiet möglich

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Jana33

Liebe Experten,

ich bin neu hier und habe eine Frage, welche die Zuständigkeiten von Behörden betrifft.
Ich schildere unten mal einen Fall und würde gerne wissen welche Behörde hier eine Entscheidung treffen kann:
Die Gemeinde oder das Landratsamt? Es geht um ein Grundstück in Bayern.

Es gibt zu unserem Neubaugebiet einen qualifizierten Bebauungsplan. Das gesamte Gebiet hat Hanglage, bisher haben nur Eigentümer auf dem südlichen Hang gebaut. Wir sind die ersten von 8
die nun auf dem nördlichen Hang bauen werden. Nebenbei ist zu bemerken dass es im letzten Jahr einen Zusatz zum Bebauungsplan und eine komplette neue Überarbeitung des ganzen Bebauungsplanes gab, da unter anderem zum Beispiel die Höhen so schlecht geplant waren, dass viele Häuser 80 cm unter Straßen Niveau hätten gebaut werden müssen. Jetzt haben wir unseren Plan eingereicht und er wurde abgelehnt. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass uns falsche Auskünfte bei der Gemeinde erteilt wurden, was die Interpretation der Abstandsflächen anging. Darum soll es hier jetzt aber nicht gehen. Fakt ist das derzeit bei unserem Vorhaben folgende Abstandsfläche zum Norden hin gilt:

Ursprüngliches Gelände bis Schnitt Wand mit Dachhaut.

Da wir einen Hang haben führt diese Formulierung dazu, dass wir mit unserem Minihaus nach hinten 7,80 Abstand halten müssten. Das Grundstück ist sehr schmal und lang und wäre dann mit Garage und Haus eigentlich nur im vorderen Drittel bebaut. 200 qm im Norden wären nicht nutzbar.

Die Gemeinde hatte dieses nicht so gewollt (bei den südlichen Häusern gegenüber geht der Hang in die andere Richtung bei denen ergibt sich ein Abstand zum hinteren Nachbarn von nur 3 Metern) und ist nun dran den Bebauungsplan erneut zu ändern, dies dauert jedoch mit all den Verfahren die daran hängen bis zu 6 Monate und unser Bau soll / muss aber im April starten.

Das Landratsamt (LRA) sieht den Fall so wie wir und ist uns positiv gestimmt ( hat man ja auch nicht immer) , was schon mal gut ist. Nachbarhäuser hinter uns sind sehr weit entfernt (20m) denen ist es bisher auch egal wie viel Meter wir an ihr Grundstück herankommen.

Wir können nun allerdings nicht warten bis der ganze Bebauungsplan neu steht. Wir würden daher vorab eine Ausnahme oder Befreiung benötigen. Das LRA meinte, die Gemeinde wäre dafür zuständig und müsste sich dem Problem annehmen.
Sie als LRA könnten und hier keine Ausnahme genehmigen.

Meine Frage daher: was ist hier das richtige Wort, brauche ich eine Ausnahme oder eine Befreiung? Oder geht dies bei Abstandsflächen grundsätzlich nicht?
Kann mir diese die Gemeinde erteilen wenn die 3 Grundsätze (Gründe des Allgemeinwohls die Befreiung erfordern oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder die Durchführung des Bebauungsplan zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde) nicht verletzt werden oder muss/kann dies das LRA tun?

Ist sowas überhaupt möglich oder habe ich Pech gehabt?

Viele Grüße
Jana
 
M

MayrCh

Fällt das nicht in den Aufgabenbereich deines Architekten? Den Paragraf im Baugesetzbuch kennst du ja Bereits. Zu deinem Bauantrag (nicht gleich Freisteller) muss dann noch ein Formblatt zu Befreiungen von Festsetzungen. Begründung ist ja bereits gegeben.
 
11ant

11ant

Das Landratsamt (LRA) sieht den Fall so wie wir und ist uns positiv gestimmt
Dann sollten die eigentlich Nägel mit Köpfen machen und das Verwaltungsgericht anregen, die Gültigkeit des Bebauungsplanes auszusetzen. Leider lieben bayrische Verwaltungen den Föderalismus, speziell das Subsidiaritätsprinzip.
 
J

Jana33

Meinem Architekt ist das egal, er hat ein Haus gezeichnet, das auf das Grundstück passt . Das das jetzt "komisch" aussieht, und 1/3 des Grundstücks frei bleibt und alles vorne hingequetscht ist, ist ihm ja erst mal egal.

Das heisst du würdest vorschlagen statt Freistellungsverfahren einen Bauantrag einzureichen. Aber genau dazu hat uns das Landratsamt ja schon gesagt dass sie den ablehnen würden. Ich schätze es geht Ihnen darum, dass sie jetzt keine Abweichungen / Befreiungen für 9 Grundstücke einzeln machen wollen (wir würden von der BayBo abweichen wegen der Hanglage).

Ich drehe mich bei den Behörden etwas im Kreis. LRA sagt Gemeinde muss Bebauungsplan ändern, die Gemeinde tut das, aber es dauert sehr lang u ich benötige daher eine Ausnahme/Abweichung/ Befreiung damit mein Haus wenn der neue Bebauungsplan fertig ist dann nicht als einziges anders ( nach dem alten Plan) da steht.
 
J

Jana33

Dann sollten die eigentlich Nägel mit Köpfen machen und das Verwaltungsgericht anregen, die Gültigkeit des Bebauungsplanes auszusetzen. Leider lieben bayrische Verwaltungen den Föderalismus, speziell das Subsidiaritätsprinzip.

Oh okay diese Möglichkeit gäbe es somit auch....
 
11ant

11ant

Ich schätze es geht Ihnen darum, dass sie jetzt keine Abweichungen / Befreiungen für 9 Grundstücke einzeln machen wollen
Das können sie auch nicht, zuständig ist ja die Gemeinde. Aber ein kluger Landrat könnte mal den Herrn Ministerpräsidenten ansprechen, damit man das auf dem Golfplatz klärt, bzw. in der Cafeteria der Seidelstiftung

Schnell und geräuschlos geht das nur von oben, auf der politischen Ebene. Auf dem Verwaltungsweg ist die Ablehnung ohne Befreiungsantrag klar: originär zuständige Erststempelbehörde sagt nein, also sagt die Zweitstempelbehörde auch nein. Die könnten ein Veto einlegen, sind umgekehrt aber keine Revisionsinstanz.

Oh okay diese Möglichkeit gäbe es somit auch....
In Bayern eben eher unwahrscheinlich, dort liebt man es, sich brav an Dienstwege zu halten. Einen Karl Valentin hätte es in Köln nie gegeben.

was ist hier das richtige Wort, brauche ich eine Ausnahme oder eine Befreiung?
Ich würde sagen, Befreiung (konkret von der Traufhöhenbegrenzung zum Beispiel). Eine "Ausnahme" (etwas nicht Erlaubtes auf dem Gnadenwege zuzulassen) wäre hier glaube ich das falsche Instrument. Aber das richtigste Wort ist wohl "Fachanwalt".

und ist nun dran den Bebauungsplan erneut zu ändern, dies dauert jedoch mit all den Verfahren die daran hängen bis zu 6 Monate
Ja, dann ist das wohl so. Eine Genehmigung jetzt schon auf Basis von erst in der Zukunft wahrscheinlich gültigen Rahmenbedingungen kennt keine deutsche Verwaltung. Auch dann nicht, wenn es eine Vernunftlösung wäre, auf die da vorgegriffen würde.

unser Bau soll / muss aber im April starten.
Welche Welt genau geht unter, wenn es länger dauert (was ich für höchstwahrscheinlich halte) ?
 
Zuletzt bearbeitet:
Zuletzt aktualisiert 19.04.2024
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