Abstandsflächenbaulast (in RLP)

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A

Appel2000

Einen schönen guten Abend Euch allen!

Ich habe eine Frage zu Baulasten, im speziellen zu einer Abstandsflächenbaulast.

Situation:
Unser künftiger Nachbar hat seine Garage auf die gemeinsame Grenze gesetzt.
Die Garage ist etwas höher als "normal", daher hat er sich eine Abstandsflächenbaulast eingetragen (Grundstücke gehören noch beide ihm)

Das bedeutet nun ja im ersten Schritt, dass wir "seine" 3 Meter Grenzabstand bei uns auf dem Grundstück, und auch "unsere" 3 Meter einhalten müssen. Also in Summe gehen uns an dieser 6 Meter bebaubare Fläche verloren. Korrekt?

Nach den ersten Diskussionen hat er nun argumentiert, dass wenn wir tatsächlich in dieser (siehe oben) Fläche bauen wollen, dann würde er unseren Bauantrag / die Pläne natürlich mit unterschreiben, so dass wir hier aufgrund seiner Baulast keine Probleme mit der Genehmigung bekommen. Also seine Baulast sozusagen "heilen".

4 Fragen hierzu:
1.) Ist es tatsächlich so einfach, mit dem Thema umzugehen, wie er hier vorschlägt?
2.) Wenn dem so ist, wieso gibt es dann überhaupt den "komplizierteren" Weg mit der (Abstandsflächen-)Baulast?
3.) Wenn es so einfach ist, wo bekomme ich diesbezüglich Rechtssicherheit? Also kann unser Bauamt diese Vorgehensweise grundsätzlich bestätigen, auch wenn derzeit von uns kein konkreter Bauantrag vorliegt. Also nach dem Motto: Ja, wir Bauamt bestätigen, dass wenn Ihr in der "Baulastfläche" bauen wollt, geht das mit Zustimmung des Nachbars
4.) Können wir uns auch gegenseitig eine Baulast einräumen? Also wir tragen uns somit ebenfalls eine Last ein, damit wir ebenfalls den Abstand nicht einhalten müssen? Oder geht das "wechselseitig" nicht?

Ja ich weiss,
ist etwas kompliziert.

Wir wollen aber nicht direkt in der Nachbarschaft in den Clinch gehen, dahor lote ich die Möglichkeiten lieber vorab aus.

Danke und viele Grüße
 
E

Escroda

1.) Ist es tatsächlich so einfach, mit dem Thema umzugehen, wie er hier vorschlägt?
Nein.
2.) Wenn dem so ist, wieso gibt es dann überhaupt den "komplizierteren" Weg mit der (Abstandsflächen-)Baulast?
Die Baulast heilt Verstöße gegen baurechtliche Vorschriften, hier also §8 Abs. 9 Satz 1 Landesbauordnung. Sie ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung, die gerade nicht durch Nachbarzustimmung unwirksam wird, sondern nur durch Verzichtserklärung der Baugenehmigungsbehörde. Und so lange die Vorschrift nicht eingehalten wird, so lange wird die Baulast auch nicht gelöscht.
3.) Wenn es so einfach ist, wo bekomme ich diesbezüglich Rechtssicherheit?
Bei der Baugenehmigungsbehörde, Einsicht ins Baulastenverzeichnis, evt. gebührenpflichtig.
Also kann unser Bauamt diese Vorgehensweise grundsätzlich bestätigen, auch wenn derzeit von uns kein konkreter Bauantrag vorliegt.
Vielleicht. Es wäre natürlich einfacher, an einem konkreten Vorhaben die Möglichkeiten zu erläutern.
Ja, wir Bauamt bestätigen, dass wenn Ihr in der "Baulastfläche" bauen wollt, geht das mit Zustimmung des Nachbars
Theoretisch denkbar, praktisch sehr unwahrscheinlich, da dazu eine äußerst komplizierte Baulastformulierung notwendig wäre. Wenn hier der Standardtext für die Abstandsflächenübernahme verwendet wurde, müsst Ihr mit abstandsflächenrelevanten Gebäuden 6m Abstand halten. Wenn Ihr dort eine Doppelgarage in den Grenzen des §8 Abs. 9 bauen wollt, schränkt Euch die Baulast aber gar nicht ein.
4.) Können wir uns auch gegenseitig eine Baulast einräumen?
Vielleicht. Es muss die genaue Formulierung der eingetragenen Baulast geprüft werden und warum diese gewählt wurde. Vermutlich hat man den damals scheinbar einfachsten Weg gewählt, ohne über Alternativen nachzudenken. So wie Du den Sachverhalt schilderst, wäre auch eine Anbauverpflichtungsbaulast möglich gewesen. Die wirkt dann für beide Grundstücke und ermöglicht beiden, auf der Grenze nicht privilegierte Gebäude in einem klar zu definierenden Umfang zu bauen. Es gibt auch Möglichkeiten Alternativ-Baulasten zu formulieren, also entweder anbauen oder entsprechenden Abstand halten.
Sollte nur die Standard-Abstandsflächenbaulast eingetragen sein, kann man mit der Genehmigungsbehörde klären, ob eine Umformulierung möglich ist (kostet dann doppelt Gebühren - einmal Löschen, einmal Neueintragung). Je unkonkreter deine Pläne, desto schwieriger wird die Suche nach einem passenden Text. Wenn Du und dein Nachbar genau wisst, was ihr wollt, kann euer Wille präzise und rechtssicher auch für spätere Erwerber ins Baulastenverzeichnis übernommen werden.
 
N

nix zu schwör

1.) Ist es tatsächlich so einfach, mit dem Thema umzugehen, wie er hier vorschlägt?

Jaein, denn er kann, wenn er es nicht schon hat, die Abstandsflächenbaulast als eine Anbaubaulast eintragen lassen.
Hier muss allerdings auch die Bauaufsicht mitspielen.
Eigentlich klärt doch sowas ein Architekt, ich suche in solchen Fällen ein Vorgespräch mit dem zuständigen Bauamt, dann ist es schnell geklärt.

3.) Wenn es so einfach ist, wo bekomme ich diesbezüglich Rechtssicherheit?

Der Eigentümer kann die Anbaubaulast vorher eintragen lassen.
Ggf. genügt auch eine formlose schriftliche Erklärung im Lastenverzeichnis, aber darauf wird er schon hingewiesen.

Ggf. erübrigt sich das Thema Abstandsflächen auch, denn nach §34 wäre es ohnehin ein gleiches Recht und ein Bebauungsplan würde eine Grenzbebauung sogar vorsehen, sonst würde die Garage nicht stehen, wo sie jetzt steht.

So gesehen würde ich das entspannt sehen.
 
Zuletzt aktualisiert 18.04.2024
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