Garage steht teilweise auf einem fremden Grundstück

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Z

zabiwa

Hallo,
wir möchten gerne eine Doppelhaushälfte kaufen. Dazu gehört noch eine Garage mit Dachterrasse, die aber knapp zur Hälfte nicht mehr auf dem Grundstück des Hauses liegt. Die Garage wurde in den 1950er errichtet und ist auch so im Liegenschaftskataster eingezeichnet.
Das Grundstück, in den der andere Teil hineinragt, gehört der Stadt und ist offiziell (laut Bebauungsplan) Bauland. Allerdings ist dies "nur" ein relativ schmaler Streifen, auf dem ein öffentlicher Fussgängerweg ist.
Müssen wir mit "Problemen" seitens der Stadt rechnen, wenn wir das Haus (also das Grundstück) kaufen?
Also zum Beispiel ein angeordneter "Abriss"?
Könnte uns die Stadt zum Kauf oder zur Pacht / Miete des Grundstücks verpflichten? Müssten wir dann das ganze Grundstück kaufen oder würden dann die ca 5 qm reichen, auf denen die Garage steht?

Vielen Dank

zabiwa
 
N

nordanney

Was sagt denn das Grundbuch oder das Baulastenverzeichnis? Gibt es vielleicht sogar ein Überbaurecht (ggf. gegen Zahlung Überbaurente)? Zu einem Kauf des Grundstücks kann Euch jedenfalls niemand zwingen, zum Abriss schon eher.
 
Z

zabiwa

Danke für Deine Antwort.
Ich kenne nur den Grundbuchauszug zu dem Grundstück des Hauses, da steht diesbezüglich nichts drin. Das Baulastenverzeichnis enthält laut Makler keine Einträge.
Könnte es im Grundbuch / Baulastenverzeichnis für das "überbaute" Grundstück eingetragen sein oder steht so was immer bei allen betreffenden Grundstücken?
 
D

DG

Hallo zabiwa,

Du musst folgende Dinge prüfen/beachten, wobei einiges eigentlich Sache des Maklers wäre:

Nach heutigem Bauordnungsrecht müsste eine Vereinigungsbaulast für beide Grundstücke eingetragen sein, also auch prüfen, ob auf dem belasteten (überbauten) Grundstück eine Baulast (Lageplan) eingetragen ist oder zumindest ein schriftlicher Aktenvermerk besteht. In den 50er/60er/70er Jahren ist das nicht immer gemacht worden. Grundsätzlich interessant ist, ob für die Garage in der aktuellen Form ein Bauantrag besteht. Wenn ja, muss dort schon der Überbau im Lageplan erkennbar sein und war damit Genehmigungsgegenstand - oder aber die Grenze ist später durch das Gebäude gezogen worden. Dafür müsste es aber ebenfalls eine Genehmigung gegeben haben, es sei denn die Stadt hat das durch eine städtische Vermessungsstelle selbst gemacht.

Also klipp und klar: alle (!) Bauanträge für die beiden Grundstücke beim Bauordnungsamt besorgen. Das berechtigte Interesse kann der Makler bzw. jetzige Eigentümer nachweisen bzw. Einsicht erlauben, d.h., ihr kommt auf jeden Fall an die Akten.

Ich vermute stark, dass die Dachterrasse nachträglich ausgebaut wurde. Das ist deswegen interessant, weil eine Nutzung als Dachterrasse im Gegensatz zu einer Garage (Lagerraum) nicht mehr als privilegiertes Gebäude betrachtet wird und daher andere Abstandsflächenregelungen greifen bzw. Dachterrassen wie Wohnnutzungen betrachtet werden. Sonderfall hier: Abstandsflächen zu öffentlichen Flächen werden uU wieder anders betrachtet als zu einem privaten Nachbarn.

Darauf aufbauend kann man Deine Fragen beantworten:

Müssen wir mit "Problemen" seitens der Stadt rechnen, wenn wir das Haus (also das Grundstück) kaufen?

Jein. Hängt davon ab, was tatsächlich genehmigt wurde und wie Eure Gemeinde zum Thema Bestandsschutz steht.Ich hatte letztes Jahr einen Fall, wo eine Gemeinde auf eine nachträgliche Baugenehmigung (großer überdachter Freisitz in Grenzbebauung) verzichtet hat, weil es zum Zeitpunkt der Errichtung kein Baugenehmigungsverfahren gab, sondern nur eine Bauanzeige erforderlich gewesen wäre. Diese wiederum wäre zum damaligen Zeitpunkt nicht beanstandet worden, wenn der ursprüngliche Eigentümer die Bauanzeige gemacht hätte. Daraus wiederum hat das Bauamt heute - nach Rücksprache mit dem städtischen Justitiar und dem Bauamtsleiter - Bestandsschutz abgeleitet. Der Freisitz durfte also so stehen bleiben wie gehabt, obwohl weder Baugenehmigung noch Bauanzeige vorlagen und nach heutiger Genehmigungslage keine Chance auf Genehmigung ohne Baulasteintragung bestanden hätte.


Also zum Beispiel ein angeordneter "Abriss"?

S.o. - hängt davon ab, was wirklich Phase ist. Und tritt dem Makler in den berühmten Allerwertesten, das ist sein Job.​


Könnte uns die Stadt zum Kauf oder zur Pacht / Miete des Grundstücks verpflichten? Müssten wir dann das ganze Grundstück kaufen oder würden dann die ca 5 qm reichen, auf denen die Garage steht?

Kauf eher unwahrscheinlich, weil Dich schon der Notar auf die Situation aufmerksam machen müsste, der Makler ebenfalls. Die spezielle Situation müsste auch im Kaufvertrag eindeutig geregelt/beschrieben sein, ansonsten sind Makler und Notar theoretisch auch für ihre Böcke haftbar zu machen - wobei das keine Aufforderung sein soll, das auszuprobieren. Ich bekomme aber auch regelmäßig Kaufverträge beruflich auf den Tisch, die von Notaren/Maklern vorbereitet sind und so wie geplant schlicht nicht durchführbar sind, u.a. in solchen Fällen wie Deinem.

Eine Überbaurente könnte man Dir mMn nur dann auf's Auge drücken, wenn eine entsprechende Regelung bereits besteht - was wiederum der Makler wissen müsste. Ansonsten würde ich in den Kaufvertrag einen Passus aufnehmen, der eine Überbaurente für die Stadt ausschließt.​

Wenn Dich das jetzt an Informationen nicht erschlagen hat und halbwegs nachvollziehbar war, kannst Du mich gern morgen im Büro anrufen, Kontakt über mein Profil oder ich schicke Dir eine PN mit meinem Kontaktdaten, wenn Du willst. Eine telefonische Baulastauskunft kann ich Dir mit der korrekten Flurstücksbezeichnung (Grundbuchbezirk, Gemarkung, Flur, Flurstück) kostenfrei besorgen, wobei das wie gesagt der Makler auch für das überbaute Flurstück längst hätte tun sowie alle Bauakten besorgen müssen.

MfG
Dirk Grafe
 
Zuletzt aktualisiert 19.04.2024
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