Kommune möchte mein Grundstück - Richtig verhandeln?

4,50 Stern(e) 4 Votes
A

Aeon77

Hallo,

bei mir geht es momentan noch nicht um ein Bauvorhaben, aber wer weis die Zukunft bringt und ich hoffe ich bekomme hier ein paar hilfreiche Tipps.


Mein Wiesengrundstück befindet sich wohl schon länger im Flächennutzungsplan der Gemeinde.
Leider nicht in dem Bereich in dem es Baugrundstücke geben wird sondern neue öffentliche Bauten, Schule, Bürgerhaus, etc.

Auf jeden Fall möchte die Gemeinde mein Grundstück und hat mir jetzt 30€/m² geboten. (Ist wohl auch der Bodenrichtwert für Bauerwartungsland) Baugrundstücke werden für min. das 5 fach gehandelt.

Mein Pech ist ja schon mal nicht im Plangebiet der Baugrundstücke zu liegen

Für mich ist das auch alles absolutes „Neuland“, ich hätte natürlich logischerweise auch gerne mehr Geld für mein Grundstück, obwohl es jetzt dadurch das es die Gemeinde möchte ja auch schon eine deutliche Wertsteigerung erfahren hat.

Soweit ich bisher informiert bin wird die Gemeinde auf der Fläche die auch etliche weitere Grundstücke betrifft definitiv bauen wollen und ihre Pläne nicht ändern.


Ich habe leider keine Erfahrungen mit Grundstücksverhandlungen, nach ausgiebigen googeln habe ich nicht mehr Infos gefunden. Kann ich jetzt einfach mal das doppelte/dreifache vorschlagen und dann trifft man sicher wieder irgendwo in der Mitte? Muß die Gemeinde eigentlich nicht alles Besitzer gleich entschädigen, falls es vielleicht sogar noch zur Enteignung kommt!? Bin ich der dumme wenn ich zu früh dem Angebot zustimme? Der Bürgermeister entscheidet das doch auch nicht allein das geht doch sicher erst noch durch den Gemeinerat oder? Sollte ich einen Anwalt nehmen und wenn ja, bringt der überhaupt etwas und muß ich den zahlen? (kein Rechtsschutz, welcher in dem Fall wohl eh meist ausgeschlossen ist)

Ich möchte mein Grundstück das ich im Grunde aus persönlichen Gründen sogar lieber behalten hätte auch nicht zum Mindestpreis „verschenken“. Zumal die Gemeinde bedingt durch die Einnahmen eines großen Unternehmens wohl weit besser da steht als andere Kommunen.

Ist momentan auch eine bescheidener Zeitpunkt ein Grundstück zu veräußern, ein Ersatzgrundstück wäre auch eine Option, aber wer weis was mit da untergejubelt wird…


Ich hoffe das hier einige User vielleicht schon Erfahrungen mit der Thematik gesammelt haben und mir ein paar Infos geben können.

Danke schon mal!
 
B

Bauexperte

Hallo,

...Auf jeden Fall möchte die Gemeinde mein Grundstück und hat mir jetzt 30€/m² geboten. (Ist wohl auch der Bodenrichtwert für Bauerwartungsland) Baugrundstücke werden für min. das 5 fach gehandelt.
Das Leben ist kein Wunschkonzert

Soweit ich bisher informiert bin wird die Gemeinde auf der Fläche die auch etliche weitere Grundstücke betrifft definitiv bauen wollen und ihre Pläne nicht ändern ... Kann ich jetzt einfach mal das doppelte/dreifache vorschlagen und dann trifft man sicher wieder irgendwo in der Mitte? Muß die Gemeinde eigentlich nicht alles Besitzer gleich entschädigen, falls es vielleicht sogar noch zur Enteignung kommt!?
Vorschlagen kannst Du, was immer Du möchtest - ob es von Erfolg gekrönt ist, wage ich zu bezweifeln. Die Kommune hat nette Druckmittel und sitzt damit am längeren Hebel, vergiß das nicht.

Sollte ich einen Anwalt nehmen ... und muß ich den zahlen?
Wenn ich mir ein Glas Wein bestelle, muß ich es auch zahlen, oder?

Ist momentan auch eine bescheidener Zeitpunkt ein Grundstück zu veräußern, ein Ersatzgrundstück wäre auch eine Option, aber wer weis was mit da untergejubelt wird…
Glauben kannst Du in der Kirche - geh halt hin und frage, welches Grundstück Dir ersatzweise angeboten wird ... es wird sicher kein Bauland sein ...

Freundliche Grüße
 
emer

emer

Wir durchlaufen auch gerade den Prozess der Umlegung.

Es kommt zuerst einmal darauf an, in welchem Status sich die Fläche befindet. Einfache Landwirtschaftliche Fläche / Wiese oder Bauerwartungsland oder Bauland / voll erschlossen.


- Die Gemeinde hat versucht so viel Land wie möglich zu kaufen und den Besitzern Angebote gemacht.
Relativ günstig der qm. (unsere Wiese etwa 1000qm ist damals nicht verkauft worden)
Wert bis hier hin fast null.
- Dann gab es, wie bei vermutlich euch nun einen Gerichtlich gültigen Bebauungsplan für die etwa 200 neu entstehenden Grundstücke.
Unser Grundstück ist darin eingeschlossen, es wurde Bauerwartungsland.
Wert nun 100€ qm.

Umlegungsphase:
Diese nun wild durcheinander gewürfelten Grundstücke aller betroffenen, Privateigentümer aber auch einen Großteil der Gemeinde (Grundstücke die die Gemeinde vorher gekauft hatte) fallen da nun rein.
Nun brauch die Gemeine ja Platz für Dinge wie: Straßen, Spielplatz und wie in deinem Fall wohl auch eine neue Schule etc.

Nun ergab sich Erstmal eine Gesamtfläche aus allen "Grundstücksgebern".
Dann wurde berechnet, wie viel Platz die öffentlichen Gebäude, Parkanlagen und Straßen benötigen.
Dabei kamen 45% raus.

Nun lies es sich nicht verhindern, dass uns die Gemeine 45% von unserem Grundstück für diesen Bedarf nahm.

Wir stehen nun also mit statt 1000 qm mit nur noch 550 qm Land da.
Allerdings mit dem gleichen Wert wie mit den 1000 qm. Also 100.000 € der Wert des Grundstücks gemessen am qm preis ist gestiegen. Wenn es nun erschlossen wird, ist es nocheinmal um die Kosten der Erschließung im Wert gestiegen ( nur um mal zu sagen, wie diese "Wertsteigerung" zu Stande kommt ).

Dann kam eine Einladung von der Stadt wo man uns mitteilte:
Sie haben nun ein Grundstück von 550 qm mit einem Wert von 100.000€.
Da ja nun die Teile der Fläche, welche die Gemeinde brauch abgezogen wurden, konnten wir an besagtem Termin ein paar Dinge entscheiden.
Alles oder einen Teil der 550 qm verkaufen.
Oder Land zukaufen.
Und aussuchen wo wir das Grundstück dann im Baugebiet wieder "hinlegen" wollen. Selbst wenn das alte Grundstück also auf dem Bauplatz einer geplanten Schule gelegen hätte, konnten wir es wo anders hinlegen.
Das gleiche ist mit allen anderen Eigentümern geschehen.

Wir hatten Glück soviel Land einzuwerfen, dass nach Umlegung ( Abzug ) noch genug über blieb ohne etwas hinzukaufen zu müssen.

Nun wird das neue Grundstück erschlossen. Anders als bei einem kauf eines erschlossenen Grundstücks, kleckern nun die Rechnungen für die Erschließung bei uns rein. Hier mal ein Kanal, da der Strom, Gas, Straße, Laterne etc...

Daruch gewinnt das Grundstück eben weiter an Wert.


....

Was du nun bei deiner Gemeine erfragen kannst ist, ob ( solltest du selber dort bauen wollen ) du das Grundstück behalten und Umlegen lassen kannst oder tatsächlich verkaufen MUSST.

Ein Irrtum ist, dass die Gemeinde, wenn sie dir 40€ den qm gibt, einen Reibach macht weil sie das Land am Ende für 3 mal soviel verkauft.

In deinem Fall ist der Grundstückswert ja schon geschätzt (40€ qm), der Rest bis Verkaufswert des erschlossenen qm wird mit diesen 40€ errechnet.
Ob du also nun 100 qm für 4000€ verkaufst, oder nach der Umlegung 75 qm für 4000€ ist dabei egal. Und wenn ganz am Ende 75 qm 5000€ kosten, dann liegt das daran, dass DU oder wem auch immer diese 75 qm gehören, 1000€ für die Erschl. gezahlt hat.

....

Bei uns also so:
1. Qm wert 100€ bei 1000 qm ges.
2. Qm wert ca. 180 € bei noch 550 qm ges.
3. Qm wert ca. 250 € bei 550 qm ( + 70€ pro qm für Erschließung, welche man uns ja nicht schenkt )

Wertsteigerung = 2,5 fach, allerdings ohne dabei am Ende etwas "verdient" zu haben.

Ich hoffe es ist nicht zu verwirrend geworden

(die Zahlen und Werte hier entsprechen nicht 1:1 unserem Fall, aber ich denke es macht einiges deutlich)
Das ist auch nur unsere Situation gewesen. Ob deine Gemeinde hier nicht doch einfach günstig an Bau
and kommen möchte, kann ich nicht beurteilen.
 
emer

emer

Noch eins.
Entziehen kann man sich dem ganzen Prozess nicht. Entweder geht man ihn mit oder wird früher der später Zwangsenteignet.

um wie viele qm geht es denn?
 
A

Aeon77

Danke schon mal euch beiden für das Feedback!

Die Kommune hat nette Druckmittel und sitzt damit am längeren Hebel, vergiß das nicht.
meist Du mit Druckmittel im Endeffekt die Enteignung für das Allgemeinwohl oder gibt es da noch andere Dinge auf die ich mich einstellen muß!?


Wenn ich mir ein Glas Wein bestelle, muß ich es auch zahlen, oder?
Touche. Die Frage rührt daher da solche Fälle in der Rechtsschutz der Mitgliedschaft im Verband Wohneigentum schon mal ausgeschlossen sind.

Im Internet habe ich allerdings einen Artikel gefunden, bei dem mehrere Grundstücke zwecks einer Kreisstraße aufgekauft werden sollen und dabei ließen sich fast 3/4 der Eigentümer von Anwälten vertreten. Der Bürgermeister hat sich darüber geärgert, dass sie die Anwälte die gegen sie arbeiten auch noch bezahlen müßten und die Leute zudem eine Verhandlungsmentalität wie auf einem Türkischen Basar an den Tag legen. Solche Angelegenheiten enden soweit mir bekannt ist doch eh immer in einem Vergleich und jede Seite zahlt den eigenen Anwalt...



Noch eins.
Entziehen kann man sich dem ganzen Prozess nicht. Entweder geht man ihn mit oder wird früher der später Zwangsenteignet.
um wie viele qm geht es denn?
Vielen Dank emer, dein ausführlicher Beitrag war für mich sehr aufschlussreich und ich bin jetzt um einiges schlauer als vorher, da mir dieser ganze Ablauf bisher völlig unbekannt war.

Bei meiner Wiese geht es ungefähr um 800m². (stehen auch noch ein paar Obstbäume darauf)


Den genauen Plan kenne ich noch nicht, der wurde glaube ich auch erst im Gemeinderat beschlossen. Ich habe nur mal ein "Konzept" gesehen wie das später mal dort aussehen soll/könnte.

Deinen Fall habe ich verstanden, aber was ist wenn in dem Bebauungsplan NUR öffentliche Bauen entstehen, wie z.b. in einem anderen Fall ein Kindergarten.
Dann gibt es ja auch keine Bauplatzgrundstück die man umlegen könnte!? Und wenn sagen wir mal 20 Grundstücksbesitzer ihre Grundstücke einbringen, es aber nur 15 neue Bauplätze gibt geht das doch auch nicht auf, ich hoffe ich habe das jetzt nicht völlig missverstanden.

Der mir angebotene Preis ist laut der Bodenrichwerten der aktuelle Preis für Bauerwartungsland.

Viel Grüße und Danke!
 
A

Aeon77

Sorry für die Tippfehler. Kann man hier Beiträge nicht editieren, oder bin ich blind? Da muß ich mich wohl umgewöhnen und vor dem absenden erst noch mal Korrektur lesen.
 
Zuletzt aktualisiert 19.04.2024
Im Forum Bauland / Baurecht / Baugenehmigung / Verträge gibt es 3127 Themen mit insgesamt 42341 Beiträgen


Ähnliche Themen
Alle Bilder dieser Forenkategorie anzeigen
Oben