Auswirkungen Nahwärmeanschluss-Zwang

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CookingWithIce

Hi zusammen,

uns liegt ein Kaufvertragsentwurf für ein Grundstück in einem neu (bzw. noch) zu erschliessendem Neubaugebiet in RLP (Weinstrasse). Die Besonderheit in diesem Baugebiet ist die Errichtung eines Blockkraftwerks mit Erdgas-Verbrennung der lokalen Stadtwerke und Wärmeversorgung des Baugebiets durch dieses Blockkraftwerk. Wir fragen uns noch, wieviel Spielraum wir haben und welche Auswirkungen das genau auf unsere Pläne hat.

Hier ein paar relevante Ausschnitte aus dem Vertrag
10. Wärmelieferung
10.1 Der Kunde hat einen jährlichen Wärmebedarf von 50kwh je qm Wohnfläche ermittelt. Auf den Kunden entfallen neben dem Wärmebedarf der einzelnen Wohneinheiten auch die Wärmeverluste zwischen Haus- und Wohnungsübergabestationen.
10.2 Der Kunde deckt diesen Wärmebedarf ausschliesslich aus der von den Stadtwerken betriebenen WEA (Wärmeerzeugungsanlage). Dies stellt keine Mindestabnahmemengenregelung dar.
10.3 Die Stadtwerke sind verpflichtet, die vom Kunden gemäss Ziffer 10.1 benötigte Wärmemenge bereitzustellen. Die Ermittlung des Wärmebedarfs, der von den Stadtwerken als Dimensionierung der WEA genutzt wird, obliegt dem Kunden. Die Stadtwerke haften nicht für eine falsche Dimensionierung bzw. unzutreffenden Wärmebedarf, sofern die Angaben des Kunden unzutreffend oder fehlerhaft waren.
10.4 Der Kunde hat die Möglichkeit, jeweils zum 1.1. eines Jahres, die Anpassung der vereinbarten Wärmeleistung um maximal 50% durch Zusendung einer entsprechenden schriftlichen Erklärung (Anpassungsverlangen) von den Stadtwerken zu verlangen. Das schritliche Anpassungsverlangen des Kunden muss den Stadtwerken spätestens 4 Wochen vor dem Anpassungsdatum nach Satz 1 zugegangen.
10.5 Verlangt der Kunde die Reduzierung der vereinbarten Wärmeleistung um mehr als 50% oder kündigt er den Wärmeliefervertrag, so ist dem schriftlichen Anpassungsverlangen bzw. der schriftlichen Kündigungserklärung ein Nachweis beizufügen, aus dem für die Stadtwerke ersichtlich ist, dass der Kunde die reduzierte bzw. wegfallende Wärmeleistung durch den Einsatz von erneuerbaren Energien ersetzen wird (z.b. eine ensprechende Auftragsbestätigung). Die vom Kunden geforderte Reduzierung der Wärmelieferung nach Satz 1 erfolgt zum jeweilgen Monatsersten nach Ablauf einer Frist von 2 Monaten nach Zugang des schriftlichen Anpassungsverlangen bei den Stadtwerken. Eine Kündigung des Wärmelieferungsvertrages wird zum Monatsletzten wirksan, der nach Ablauf einer Kündigungsfrist von 2 Monaten ab Zugang der Kündigungserklärung bei den Stadtwerken nachfolgt.
10.6 ...
10.7 Der Wärmepreis setzt sich zusammen aus einem Arbeitspreis und einem monatlichen Grundpreis zum Zeitpunkt der Aufnahme der Wärmelieferung gemäss Ziffer 3.3 sowie einem Messpreis. Die jeweiligen Preise, die Höhe der Abschlagszahlung für das erste Verbrauchsjahr sowie die Preisanpassungsklausel ergeben sich aus den Vergütungsregelungen: Preisblatt gemäss Anlage 2.
10.8 Der monatliche Grundpreis und der Messpreis sind der Aufnahme der Wärmelieferung gemäss Ziffer 3.3. auch dann zu zahlen, wenn keine Wärme bezogen wird. Dies gilt unabhängig vom Grund des Nichtbezugs. Eine Anpassung der Wärmeleistung gemäss den Ziffern 10.5 und 10.6 führt nicht zu einer Reduzierung des monatlichen Grundpreises. Beginnt oder endet die Verpflichtung zur Wärmebereitstellung innerhalb des Abrechnungszeitraumes, so werden der monatliche Grundpreis und Messpreis zeitanteilig berechnet.
...

13. Laufzeit und Kündigung
13.1 Dieser Vertrag tritt mit seiner Unterzeichnung in Kraft
13.2 Der Vertrag hat eine Laufzeit von 15 Jahren ab Beginn der Wärmelieferung gemäss Ziffer 3.3, da sich ansonsten die Entwicklungs- und Investitionskosten der Stadtwerke hinsichtlich der WEA (Wärmeerzeugungsanlage) nicht amortisieren.
13.3 Der Kunde oder die Stadtwerke können den Vertrag mit einer Frist von neun Monaten vor Ablauf der unter Ziffer 13.2 vereinbarten Vertragsdauer kündigen. Erfolgt keine Kündigung, so verlängert sich das Vertragsverhältnis unter Aufrechterhaltung der vorgenannten Kündigungsfrist um jeweils fünf weitere Jahre.

Anlage 2: Preisblatt
Gültigkeit 0.1.04.2020 - 31.03.2021

Arbeitspreis in [ct/kWh]: 7.33
Grundpreis in [€/m2 * a]: 6,49
Messdienstleistung in [€/a]: 88,06

Preise sind an folgende Preisführungsgrössen und deren Basiswerte gebunden:
- Brennstoffelement Erdgas: Index Erdgas bei Abgabe an die Industrie
- Markelement leichtes Heizöl: Rheinschiene
- Vergütungselement Strom: Durschnitt der Monatsmittelwerte der Stundenkontrakte EPEX
- Gültiger CO2-Preis für die Emission einer Tonne CO2 (2021: 25€/T, 2022: 30€/T, 2023: 35€/T, 2024: 45€/T, ab 2025: 55€/T
- Monatslohn: Tarifvertrag für Versorgungsbetriebe
- Investitionsgüterindex: Index Gewerblicher Erzeugnisse insgesamt
Also wenn ich das richtig verstehe:

- Nach Vertragsunterzeichnung sind wir 15 Jahre an die Versorgung durch die Stadtwerke gebunden
- Wir zahlen monatlich einen Fixpreis und zusätzlich einen variablen Teil, in Höhe der abgenommen Wärme
- Selbst wenn wir die zu liefernde Wärmbedarf auf 0 senken, weil wir z.b. per Wärmepumpe unsere Wärme erzeugen wollen, müssen wir weiter den Fixpreis zahlen?
- Generell sind die Anschaffungskosten im Vergleich wohl günstig (nur Übergabestation), aber wir sind langfristig an die Preisentwicklung gebunden
- Laut meiner Rechnung (siehe unten) müssten wir bei 150qm etwa 973€ Fixkosten und nur 550€ für Verbrauch zahlen, insgesamt über 130€ im Monat. Kommt das hin?

Also super attraktiv hört sich das ganze nicht an. Ist wohl bequem und man muss sich um recht wenig kümmern, aber ist natürlich alles andere als flexibel und nachhaltig. Ursprünglich war bei uns der Plan möglichst energieeffizient zu bauen, Strom per Photovoltaik-Anlage zu erzeugen und damit über die Wärmepumpe die Heizung laufen zu lassen. Also einfach möglichst "autark" (sofern in unseren Breitengraden möglich), nachhaltig und umweltbewusst. Durch den Fixpreis, der auch gilt wenn wir die Wärme selbst erzeugen würden, ist das natürlich nicht mehr in der Form wirtschaftlich. Können wir das irgendwie umgehen?

Was meint ihr dazu? No-Go, macht kein Unterschied, oder super praktisch? Falls ich etwas falsch verstanden habe, bitte korrigieren :)

Kosten Annahme 50 kwh/qm pro Jahr:

Arbeitspreis: 50*150 = 7500 kwh/a * 0,0733€ = 550€
Grundpreis: 150qm * 6,49€ = 973€
Messdienstleitung: 88€

Gesamt: 1611€ = 134€/Monat
 
A

apokolok

Wenn du da bauen willst ist das so.
Eine Wärmepumpe einzubauen macht da wirtschaftlich keinen Sinn.
Grundsätzlich ist Gas noch in ausreichenden Mengen vorhanden, die aktuellen Preise werden auch wieder runter gehen.
Für mich wäre es kein KO-Kriterium. Ein Vorteil ist auch, dass man sich Platz im Hausanschlussraum spart, das lässt sich schwer einpreisen, ist aber schon ein Bonus. Ich finde die Außengeräte von Luftwärmepumpen sehr, sehr häßlich insofern wäre auch das noch ein Vorteil.
 
B

Benutzer200

Sagen wir mal, dass Du Dir T€ 15 Anschafungskosten für die WP sparst (das lässt sich einfacher rechnen) und die WP nach 15 ersetzt werden müsse. Somit 1.000€ jährlich und damit 85€ mtl.
Sind dann nur noch 49€ Heizkosten im Monat. DAS ist wieder sehr attraktiv.
Preissteigerungen usw. unberücksichtigt. Wäre die WP günstiger oder hält länger, dann sieht es wieder anders aus. Usw. Ist eine Wette auf die Zukunft.
 
Mahri23

Mahri23

Ein Vorteil ist auch, dass man sich Platz im Hausanschlussraum spart, das lässt sich schwer einpreisen, ist aber schon ein Bonus.
kenne auch genau Gegenteiliges. Recht große Hausstation im Hauswirtschaftsraum . Dazu jetzt die "plötzlich" horrend steigenden Preise. Ein Kollege von mir hängt an solch Blockheizkraftwerk. Der hat nur Probleme mit seinem Anbieter. Der Preis ist jetzt von aktuell 150,00 monatlich auf 290,00 erhöht worden. Am Jahresende kommt dann noch die Endabrechnung, Und leider kann er auf Grund der ungünstig laufenden Anlage nicht sagen,was er eventuell dann noch nachzahlen "darf". Haus hat im übrigen die Größe von ca.130 m².
Hat unser auch und ich zahle aktuell 27,95 Monatlich für meine komplette Hausversorgung.
Ich wäre da sehr skeptisch,ob Ihr mit dem Vertrag gut fahrt... :rolleyes:
 
11ant

11ant

Selbst wenn wir die zu liefernde Wärmbedarf auf 0 senken, weil wir z.b. per Wärmepumpe unsere Wärme erzeugen wollen, müssen wir weiter den Fixpreis zahlen?
Ich denke, ja, und kenne derlei nur als "Anschluss- und Benutzungszwang". Das bedeutet: Du darfst dann auch garnicht Dich anderweitig versorgen. Im übrigen wird dieses Thema Nahwärme-Wirtschaftlichkeit recht aktuell auch hier diskutiert: https://www.hausbau-forum.de/threads/wengerter-baugebiet-am-muehlbach-in-mimberg-burgthann-mit-2022-2024.42355/
 
Zuletzt aktualisiert 23.04.2024
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