Häuser der 60er und 70er Jahre - was wirklich sanieren?

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M

max_9102

Hallo zusammen,

da sich die Erschließung des neuen Baugebietes doch weiter hin zieht, eine Bebauung wenn nicht vor 2020 möglich ist, und es schon mehr Bewerber als Grundstücke gibt, werde ich doch auch weiterhin nach Bestandsimmobilen Ausschau halten.

In Frage kommen wohl am ehesten die Häuser der 60er und 70er Jahre, ab den 80er Jahren wurden hier in der Regel extrem große "Generationenhäuser" gebaut, die mir A zur groß und B zu teuer sind.

Hier gibt es dann meist 2 Haustypen. 1,5 geschossige Häuser mit (sehr) spitzen Satteldächern, oft mit nachträglich angebauten Flachdachgauben, und Fertighausbungalows, meist der Marken Bien und Streif.

Nun habe ich schon gefühlt das halbe Internet durchforstet und auch schon bei der ein oder anderen Firma angefragt. Meist sind die Funde im Netz und Firmen sowieso auf erneuern aus.
Da ich wenn jetzt, und nicht in 20-30 Jahren, wenn die Mängel sich häufen, sanieren will, wäre das jetzt so meine grobe Zusammenfassung:


- Dach: Betonziegel erneuern, Tonziegel bleiben. Flachdachgauben meiden, sonst definitiv neu abdichten

- Fenster: Doppelverglast lassen, egal welches Baujahr. Wärmeschutzverglasung bringt in der Realität nicht so viel, dass sich die Erneuerung rechnet.

- Heizung, Wasser: Gussrohre raus, Kupfer bleibt. 80er Jahre Kupfer aber oft mit Qualitätsmängeln. Trinkwasserrohre eventuell erneuern. Gussheizkörper bleiben, da angenehmere Wärme und nicht unbedingt weniger effizient. Öl raus, Gastherme rein.

-Elektrik: Ohne Schutzleiter und mit roter Isolierung raus (Rote Farbe der Phase wird porös mit der Zeit).
Leitungen mit braun/blau/grün-gelb können bleiben, FI nachrüsten, Schraubsicherungen durch Automaten ersetzen.

- Dämmung: Oberste Geschossdecke dämmen, Kellerdecke dämmen so lange kein "feuchter Keller". Fassadendämmung wegen Schimmelgefahr und kosten vermeiden.

Würdet ihr das so stehen lassen, oder noch Punkte ergänzen oder ändern?

Fertighäuser der Marke Bien waren wohl schon von guter Qualität, aber meist mit Asbestverkleidung.
Prinzipiell würde ich sagen dran lassen, habe aber die Befürchtung, dass man irgendwann verpflichtet wird, sie zu erneuern. Da hier ja dann quasi mehr als 10% des Putzes erneuert werden, wird ja auch eine Dämmung Pflicht.
Gibt es hier schon günstige "Austauschplatten", die stattdessen montiert werden können und die Dämmung erfüllen, ohne zu stark aufzutragen?

Gruß
Max
 
H

hampshire

Würdet ihr das so stehen lassen, oder noch Punkte ergänzen oder ändern?
Hallo Max, das ist schon eine gute und sehr umfangreiche Liste. Vieles machst Du präventiv. Gut finde ich auch Deine Haltung zu Dämmung und Schimmel. Bei der Elektrik würde ich auch die Sicherungskreise überdenken. Manchmal wurden halbe Etagen mit nur einer 16A Sicherung abgedeckt. Heute hat man mehr Verbraucher.
Viele Häuser aus der Zeit hatten sehr kleine Küchen. Ggf muss da ne Wand weg um die Küche ins Wohnen zu integrieren.
Grüße, auch Max
 
Y

ypg

Dach: Betonziegel erneuern, Tonziegel bleiben. F
Auch Beton könnte bleiben. Einfach schauen, ob sie intakt sind. Meist ist es nur Moos, was da darauf liegt, und Moos ist ne gute Wärmedämmung

Flachdachgauben meiden, sonst definitiv neu abdichten
Wenn sie trocken sind, dann muss man sie nicht meiden.

Fenster: Doppelverglast lassen, egal welches Baujahr. Wärmeschutzverglasung bringt in der Realität nicht so viel, dass sich die Erneuerung rechnet.
Ja, so ist es.
Aber es sind meist morsche Fensterrahmen. Oder undichte.
Ein Blatt Papier einklemmen und versuchen, es bei geschlossenem Fenster rauszuziehen.

Fertighäuser hatten damals oft mit vielen Giften gebaut.
Ich hatte hier selbst mal ein Thread über ein älteres Fertighaus gepostet, welches voll Formaldehyd und so ein Krams war.
Hier ist er:
https://www.hausbau-forum.de/threads/ehemalige-suenden-im-Fertighaus.24336/
 
H

Heizi

Hallo Max,

habe grad selber ein Zweifamilienhaus von 68 renoviert bzw. saniert und kann dir da recht gut Auskunft geben was wahrscheinlich gemacht werden muss.

Heizung und Wasser :

Hier gehört bei dem alter einfach alles neu, egal ob Kupfer oder verzinkt. Besonders bei verzinktem Rohr werden alle Gewinde schon stark korrodiert sein und bei der geringsten Belastung brechen. Das Rohr an sich würde wahrscheinlich noch mal 40 Jahre halten.

Auch die Gussheizkörper wirst du nicht mehr nutzen können, da diese meist auf Vorlauftemperaturen von 85°C oder mehr ausgelegt wurden, was du mit deiner neuen Gastherme sicherlich nichtmehr fahren möchtest. Dazu kommt auch hier das Problem, dass die einzelnen Gusselemente vom Heizkörper miteinander verschraubt sind und somit wahrscheinlich auch Stark korrodiert sind.

Abwasser:

Hatten einmal Rohrverstopfung und die alte Gußleitung wurde zum Sprinkler, obwohl unter normalen Umständen dicht, also auch komplett neu

Elektro:

Kommt ganz darauf an. Bei mir war schon überall 3- Adrig verlegt, allerdings Schwarz (Leiter) Grau (Nullleiter) Rot (Schutzleiter) und auch ein FI eingebaut. Erdung leider nur über den Nullleiter vorm FI, wodurch hier zumindest ein Kreuzerder oder ähnliches eingebaut werden muss. Auch Steckdosentechnisch wirst du einiges Nachrüsten müssen und somit einige Meter neue Kabel ziehen. Sicherungskasten auf LS-Schalter umbauen is dann das kleinste Problem.

Fenster:

Sind höchstwahrscheinlich auch alle Schrott, wenn sie nicht irgendwann mal ausgetauscht wurden. Wenn man Handwerklich begabt ist und sich ein paar Videos dazu ansieht kann man Fenster auchr für relativ kleines Geld selbst erneuern, ist kein Hexenwerk.

Dach und Dämmung:

Meine Dachziegel kommen nächstes Jahr neu, aber nur weil sie nichtmehr schön sind und ich das DG ausbauen möchte, technisch jedoch nicht notwendig und lässt sich auch später relativ Dreckfrei neu machen.

Kellerdeckendämmung ist auch so ne Sache...auf jeden Fall wirst du im Keller Heizkörper einbauen müssen, da es doch sonst ziemlich modert wenn gar nicht beheizt wird. Ob es dann noch Sinn macht, lass ich mal im Raum stehen. Wenn du Pech hast, bekommst du eh Probleme mit der Raumhöhe, wenn der Keller wie früher oft üblich, nur 2 Meter hoch ist.

Putz, Tapete und Teppiche:

Dieser Punkt ist nicht zu unterschätzen. Ich selbst habe mit der Familie Tage und Wochen nur Tapeten abgekratzt. Oft waren 5 Schichten und mehr an der Wand. Danach hast du, abgesehen von den ganzen Schlitzen für Wasser und Stromleitungen, eine einzige Kraterlandschaft. Auch die Oberflächenstruktur wird höchstwahrscheinlich nicht so schön sein, dass einfach nur Spachteln und Drübermalern ausreichen wird. Heißt also mindestens: Komplett neuer Feinputz darauf oder Tapete.
Selbes Spiel bei den Teppichen, überall verklebt und mit Schaumstoffrücken, da is nichts mit einfach rausreißen und drüberfließen.

Wenn du alles machen lässt, liegst du sicher inkl. Bäder neu bei min. 150.000€

Ich ( Heizungsbaumeister) und mein Bruder ( Elektromeister) haben diese Arbeiten alle selbst erledigt und über ein Jahr dafür gebraucht.
Das bedeutet richtig harte Knochenarbeit und ein Jahr wirklich nur schuften in jeder freien Minute.
Ich weiß nicht ob ein Laie ohne Fachwissen sowas auch durchziehen kann??

Und nochwas:

Tu dir aber bloß kein Fertighaus aus dieser Zeit an. Meine Eltern haben ein Okal ( glaub ich zumindest) Fertighaus von 73 gehabt. Vor kurzem sind Sie jetzt in Ihren Neubau gezogen und ich bin ehrlich erschrocken, was für ein extremer Mief aus allerlei Ausdünstungen sich dort nach ein Paar Tagen ohne Lüften angesammelt hat. Wirklich erschreckend und mit Sicherheit nicht gesund !!! Auch Schallschutz war in Fertighäusern dieser Zeit oft ein Fremdwort.

Wenn du noch Fragen hast, gerne raus damit.

Grüße
 
Zuletzt bearbeitet:
Tassimat

Tassimat

Damals gehörte Rauchen zum guten Ton. Wenn der ehemalige Besitzer stark geraucht hat, dann willst du den Putz im ganzen Haus freiwillig entfernen. Dieses Los habe ich gezogen.

Bei dem Baujahr und je nach Erhaltungszustand kann man sich fragen, was überhaupt noch erhaltenswert ist. Das ist in meinem Falle die Holztreppen, ansonsten alles raus und neu.

Zu den Fenstern: Rollladenkasten sind wahrscheinlich auch komplett ungedämmt.
 
D

dertill

- Fenster: Doppelverglast lassen, egal welches Baujahr. Wärmeschutzverglasung bringt in der Realität nicht so viel, dass sich die Erneuerung rechnet.
Wärmeschutzverglasung ab 1994 mit Infrarot-Beschichtung (such mal nach Fenster Feuerzeugtest) hat einen U-Wert von 1-1,3 W/m²K. Die davor verwendeten Scheiben, die GENAU GLEICH aussehen können, haben einen U-Wert von ca. 3 W/m²K. Pro W/m²K Verbesserung eines Bauteils kannst du mit ca. 80 kWh/Jahr und m² Bauteilfläche Rechnen. Die Lüftungsverluste durch fehlende Dichtebenen tragen einen ebenso großen Wert zum Wärmeverlust bei. In vielen Fällen lohnt ein Tausch.

Alles andere würde ich ähnlich sehen. Bei er Elektrik würde ich aber pauschal alles erneuern bei 60er/70er Jahre Standard. Damals waren deutlich weniger Steckdosen üblich, die Lichtschalter oft tiefer, Netzwerkkabel natürlich nicht vorhanden und Sicherungskreise konnte man meist an einer Hand abzählen.

Wir haben bei unserem 1959er Massivbau-Bungalow fast alles neu gemacht, aber das alte Dach ist noch Drauf: Betondachziegel Frankfurter Pfanne mit Pappdocken als wasserdichte Schicht. Am First fünf Ziegel erneuern lassen, die alten Dachdurchführungen von der Entlüftung ausgebaut (Ventilkopf im Dachboden) und sonst ist alles dicht. Etwas Moos ist darauf, das wird diesen Sommer mal sauber gemacht. Neu machen liegt bei 150€/m² OHNE Dämmung (Wir haben Die Geschossdecke ausreichend gedämmt).
 
Zuletzt aktualisiert 19.04.2024
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