Hausbau - Wir müssen Grenzen einhalten, Nachbar nicht

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T

titoz

Hallo Leute,

wir planen einen Neubau nach Abriss des aktuellen Hauses in RLP.
Zur Nordseite steht das alte Haus auf der Grenze.
Theoretisch dürften wir ja wieder auf die Grenze bauen, da wir jedoch auf der Seite die Einfahrt planen, müssen wir 3m Abstand zur Grenze einhalten. Leider hatten wir beim Bauamt aufgrund eines Fehlers des Bauzeichners nur einen Abstand von 2,80m gehabt, so dass wohl neu geplant werden muss.

Jetzt ist mir aufgefallen, dass der Eigentümer im Norden näher an die Grenze gebaut hat als auf dem Lageplan zu sehen. Er hat auf einem langen schmalen alten Gebäude viel breiter oben darauf gebaut, so dass ich teilweise von unter 2,00m Grenzabstand ausgehe.

Was würdet ihr mir empfehlen?
Muss ich den geringen Abstand des Nachbarn zur Grenze hinnehmen?
Ich möchte natürlich nicht bewirken, dass er zurückbauen muss, aber kann man sich unkompliziert einigen, dass wir auch näher an die Grenze dürfen wenn er schon näher dran ist? Oder muss das kompliziert über das Bauamt laufen inkl. Grunddienstbarkeit etc.?

Zur Südseite hin hat man uns eine Terrasse nicht genehmigt, da sie aufgrund eines Gefälles im Grundstück nicht mehr als Terrasse gilt, sondern als Balkon. Auch hier wären 3m Abstand nötig zur Grenze im Süden.
Könnte ich von mir aus auch so hinnehmen, jedoch hat der Nachbar im Norden auf dem Grenznahen Stück auch noch eine Dachterrasse.
Wieso darf er es, wir jedoch nicht?!

By the way: wie kann ich solche räumliche Situationen am besten grafisch darstellen? Gibt es ein simples Tool?

Viele Grüße
Tito
 
T

titoz

Hallo Patrick,

ich dachte man kann mit dem Nachbarn vereinbaren "Hey, ich sehe ihr habt zu nah an die Grenze gebaut...dann hast du ja nichts dagegen wenn ich auch 20 cm zu nah dran baue..."
Es war schon komisch, dass direkt beim ersten Besichtigungstermin der Nachbar ungefragt sagte: "Das ist alles genehmigt".
Ich habe die Nachbarn schon kennengelernt. Sie sind ja auch ganz nett und ich möchte niemanden in die Pfanne hauen.

Einerseits wüsste ich gerne 100% ob der Nachbar korrekt gebaut hat und alles genehmigt worden ist, andererseits möchte ich eine Nachbarschaft für die nächsten 30 Jahre nicht gefährden.
Wie sollte ich vorgehen?

Vielen Dank für Eure Hilfe.

Gruß
Tito
 
H

hausflat

ich dachte man kann mit dem Nachbarn vereinbaren "Hey, ich sehe ihr habt zu nah an die Grenze gebaut...dann hast du ja nichts dagegen wenn ich auch 20 cm zu nah dran baue..."
Nein, das geht leider nicht, es muss ja alles geregelt sein. Eine Baulast auf dem Nachbargrundstück würde natürlich die Bebaubarkeit des Nachbargrundstücks schmälern. Wenn du z.B. 1 Meter näher an die Grenze rückst muss er bei einem Neubau 1 Meter mehr Abstand halten. Darauf lässt sich meist niemand ein.

Wenn dein neuer Nachbar nett ist würde ich einfach das Gespräch mit ihm suchen. Hat der Nachbar auch gerade frisch gebaut? Ich gehe jetzt mal von einer älteren Bestandsimmobilie aus. Ich würde ihm einfach erzählen, dass ihr gerade dabei seid, den Bauantrag zu erstellen und du gerne wüsstest, wie er es geschafft hat, so nah an die Grenze zu bauen. Das Bauamt hat dir nämlich größere Grenzabstände mitgeteilt. Dann kannst du ja den Bogen nehmen und ihm sagen, ob er das wirklich alles mit Baugenehmigung gebaut hat oder ob er sie großzügiger ausgelegt hat. Du hast nämlich gehört, dass mit der Beantragung deines Bauantrags auch die Nachbargrundstücke zwecks Grenzabstand betrachtet werden und du natürlich vermeiden willst, dass da beim Nachbar irgendetwas aufgedeckt wird. Weil wenn er die Grenzabstände nicht ganz eingehalten hat wäre es für dich gut zu wissen, dann könntet ihr euch vorher noch gemeinsam Gedanken machen, wie man es schafft, dass sein illegaler Bau nicht auffliegt.

So oder so ähnlich könntest du ihn dezent darauf ansprechen und bekommst wahrscheinlich eine ehrliche Antwort, da er dich als Verbündeter und nicht als Gegner sieht.
 
D

DG

Hallo titoz,

ohne Pläne ist das wie immer in diesen Fällen kaum zu beantworten, das nur der Form halber vorweg.

Knackpunkt ist für mich aber die Beschreibung, dass der Nachbar eine Bestandsimmobilie aufgestockt hat, also alte Mauern/Grenzabstände beibehalten hat:

Er hat auf einem langen schmalen alten Gebäude viel breiter oben darauf gebaut, so dass ich teilweise von unter 2,00m Grenzabstand ausgehe.
Wenn er auf den alten Mauern aufbaut, gelten ggflls. andere Regeln bzgl. des Grenzabstandes - ich unterstelle jetzt mal, dass das iO ist, kann man aber ohne Pläne nicht kontrollieren. Aber ja - es gibt auch Bauherren/Eigentümer, die erst bauen und dann fragen.

Zum Grenzabstand: was bedeutet, dass Du davon "ausgehst", dass der Grenzabstand nur noch 2,0m oder weniger beträgt? Sind die Grenzsteine vorhanden und kontrolliert worden? Hast Du den Grenzabstand - zumindest auf Dezimeter - in den entsprechenden Bereichen selbst nachgemessen oder nur geschätzt?

Kurz und gut: Dein Architekt/Vermesser sollte sich die Bauakte/Genehmigung des Nachbarn besorgen und diese auf die von Dir genannten Punkte prüfen. Sollte es sich tatsächlich um eine signifikante Abweichung von der Baugenehmigung handeln, hat man das sehr schnell raus.

Wenn ja, wirst Du keine Pluspunkte beim Bauamt für Deinen Bau bekommen, aber Du kannst die Beeinträchtigung des Nachbarbaus für Dein Grundstück ggü dem Nachbarn geltend machen. Dafür gibt's verschiedene Szenarien. Das ist dann entweder ein Planungsschaden, weil einer bei der Planung/Genehmigung gepennt hat oder aber es war Absicht des Bauherren. In beiden Fällen sollte sich Dein Mitleid in Grenzen halten: Planer sind gegen sowas versichert. Bauherren, die das mit Vorsatz tun, sind eben Zocker und sollten das Risiko kennen.

(Pragmatische) Lösungen in Zusammenarbeit mit dem Bauamt sind aber auch dann immer noch möglich.

Wenn Bauantrag und Ausführung des Nachbarn korrekt sind (was auch mit verbreitertem Aufbau möglich sein kann!), erübrigt sich die restliche Diskussion, dann betrachtest Du zwecks Planung allein Dein Grundstück.

MfG
Dirk Grafe
 
T

titoz

Kurz und gut: Dein Architekt/Vermesser sollte sich die Bauakte/Genehmigung des Nachbarn besorgen und diese auf die von Dir genannten Punkte prüfen. Sollte es sich tatsächlich um eine signifikante Abweichung von der Baugenehmigung handeln, hat man das sehr schnell raus.
Danke für die ausführliche Antwort.
Ich möchte die nächsten Tage genauer darauf eingehen.... aber eines möchte ich mal schnell fragen:
1. Wie besorgt sich ein Vermesser die Akte? Klingeln und dann "Guten Tag, ich möchte ihre Akte sehen"?
2. Kennst du eine Software mit der man mal schnell Pläne zeichnen kann die halbwegs aussagekräftig sind?

Gruß
Tito
 
Zuletzt aktualisiert 19.04.2024
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