Hauskauf trotz eingetragenem Wohnrecht

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H

h34dson

Hallo zusammen.

Meine Frau und ich spielen mit dem Gedanken, das Nachbarhaus meiner Eltern zu erwerben. Die jetzige Besitzerin kann das Haus nicht mehr halten und möchte daher verkaufen. Die Eckdaten zum Haus:

Baujahr 1963
ca. 250qm Wohnfläche
ca. 3000qm Grundstück
3 Garagen, 2 Carports
keine eingetragene Grundschuld

EG und OG sind komplett bewohnbar, DG ist zu einem "Jugendzimmer" ausgebaut, sprich Wohn- und Schlafraum sowie kleines Badezimmer (nur Waschbecken und Toilette, keine Dusche, daher nicht einzeln vermietbar).

Die Immobilie ist "gut in Schuss", nicht baufällig o.ä.

Das OG wird von einer ca. 70 jährigen Frau bewohnt, die ein lebenslanges Wohnrecht auf das OG sowie die Nutzung einer Garage besitzt. Größe OG ca. 100qm.

Die Immobilie könnten wir günstig erwerben (ca. 35.000 EUR), hinzu kommen Gebühren für Notar und Grunderwerbsteuer, sowie Summe X für kleinere Renovierungsmaßnahmen, also Summa summarum 60.000 EUR an Kreditbedarf. Meine Frau und ich sind beide Angestellte, Festanstellung, also geregeltes sowie gesichertes Einkommen.

Können wir einen Kredit über die 60.000 EUR bekommen, da der Verkehrswert der Immobilie deutlich höher liegt oder gibt es hierbei Probleme, da das Wohnrecht eingetragen ist? Wir gehen davon aus, dass das Wohnrecht an erster Stelle im Grundbuch eingetragen ist und auch so bestehen bleiben muss. Die Bank wäre demnach nur an zweiter Stelle zu finden.
 
K

klblb

Guest
Hi,

als erstes solltet Ihr Euch das KOMPLETTE und AKTUELLE Grundbuch zeigen lassen, also alle 3 Abteilungen.
Dann wird auch klar, ob das Wohnrecht (Nießbrauch) überhaupt im Grundbuch steht oder anderweitig vertraglich geregelt ist.
Grundschulden stehen in der 3. Abteilung, Nießbrauch in der 2. Abteilung. Das kommt der Bank also nicht in die Quere.

Rein gefühlsmäßig: steht der Nießbrauch drin, aber es gibt auch einen Mietvertrag dazu, der die regelmäßigen Mieteinnahmen dokumentiert, dürfte es keine Probleme bei der Bank geben.

Achso: und geht unbedingt mit einem Sachverständigen durch das Haus. Der sieht mehr als Ihr Laien
 
T

toxicmolotof

Natürlich sind in Abt. II des Grundbuches eingetragen Wohnrechte ein Hinderungsgrund für die Bank, ob und in welcher Form dies im aktuellen Fall allerdings tatsächlich ein Hindernis darstellt, wird Euch nur die Bank sagen können.

Beispiel:
Ein Wohnrecht für eine ganze Immobilie für einen 18-jährigen bewertet eine Bank deutlich extremer als als das Wohnrecht für ein 2-Zi-Apartment einer 90-jährigen in einem 8-Parteien-Mehrfamilienhaus.

Das Wohnrecht wird wohl in jedem Fall erstrangig sein werden und ist demnach als Wertminderung anzusehen und wird von der Bank genau so behandelt wie eine erstrangige Grundschuld z.G. einer anderen Bank. Der "Wert" des Wohnrechts orientiert sich idR nach dem marktüblichem Mietzins und der durchschnittlichen Lebenserwartung des Nießbrauchsrecht-Inhabers und, sofern nicht ausgeschlossen, seiner Rechtsnachfolger zzgl. einem üppigen Aufschlag.

Wenn die Immobilie so sehr unter dem Verkehrswert verkauft wird, dann würde ich hellhörig werden, denn niemand hat Geld zu verschenken. Oder der angenommene VW entspricht nicht dem tatsächlichen VW.
 
N

nordanney

Natürlich sind in Abt. II des Grundbuches eingetragen Wohnrechte ein Hinderungsgrund für die Bank, ob und in welcher Form dies im aktuellen Fall allerdings tatsächlich ein Hindernis darstellt, wird Euch nur die Bank sagen können.

Beispiel:
Ein Wohnrecht für eine ganze Immobilie für einen 18-jährigen bewertet eine Bank deutlich extremer als als das Wohnrecht für ein 2-Zi-Apartment einer 90-jährigen in einem 8-Parteien-Mehrfamilienhaus.

Das Wohnrecht wird wohl in jedem Fall erstrangig sein werden und ist demnach als Wertminderung anzusehen und wird von der Bank genau so behandelt wie eine erstrangige Grundschuld z.G. einer anderen Bank. Der "Wert" des Wohnrechts orientiert sich idR nach dem marktüblichem Mietzins und der durchschnittlichen Lebenserwartung des Nießbrauchsrecht-Inhabers und, sofern nicht ausgeschlossen, seiner Rechtsnachfolger zzgl. einem üppigen Aufschlag.

Wenn die Immobilie so sehr unter dem Verkehrswert verkauft wird, dann würde ich hellhörig werden, denn niemand hat Geld zu verschenken. Oder der angenommene VW entspricht nicht dem tatsächlichen VW.
Dem ist nicht mehr hinzuzufügen! Gut erklärt.
 
D

DG

Hallo h34dson,

ich hätte ad hoc folgende Fragen:

1. Wollt Ihr das Haus als Vermietobjekt oder zur Eigennutzung?
2. Gibt es verlässliche Informationen, warum der Besitzer das Haus nicht mehr halten kann?
3. Bei der Größe (250qm²) und der Angabe "gut in Schuss" passt der Kaufpreis mE nicht bzw. das muss schon ziemlich abgelegen sein!?
Variante 3.1 Dir sind Fakten vorenthalten worden.
Variante 3.2 Du definierst "gut in Schuss" äußerst wohlwollend.

Zum Nießbrauch hat @toxic soweit alles erklärt, wobei mir dazu noch einfallen würde, dass das Nießbrauchsrecht auch kapitalisiert werden kann. Man muss evtl. im Auge behalten, wann das Nießbrauchsrecht eingetragen wurde - es kann sein, dass der Staat (Pflegeversicherung) auf die Kapitalisierung des Nießbrauchs besteht, wenn die ältere Dame mal ins Heim muss. Das ist juristisch uU heikel bzw. muss gut abgesichert sein bzw. es muss gesichert sein, dass Ihr als Hauserwerber nicht für diesen Fall herangezogen werdet.

MfG
Dirk Grafe
 
Zuletzt bearbeitet:
H

h34dson

Hallo!

Danke erst einmal für die Antworten, nun zu den Fragen:

Wir wollen es teilweise selbst beziehen, später dann, wenn das Wohnrecht nicht mehr greift, einen Teil vermieten.

Das Haus nebst Grundstück ist für zwei Personen einfach zu groß; und da liegt auch das Problem des jetzigen
Besitzers. Einfacher Beruf mit sehr geringem Einkommen dazu weite Anfahrtsstrecke zur Arbeitsstelle, so dass
es für diesen nicht mehr kostendeckend ist. Dem jetzigen Besitzer ist die Wertminderung durch das Wohnrecht
durchaus bewusst, so dass auch hier schon Abstriche beim Preis gemacht wurden.
Zudem befindet sich das Objekt in einem kleinen Dorf, ca. 15km bis zur nächsten Stadt.

Gut in Schuss kann man natürlich unterschiedlich definieren. Mir ist durchaus bewusst das es sich um keinen
Neubau handelt, andererseits ist es aber auch nicht baufällig. Es befindet sich zum Beispiel eine ältere Heizungs-
Anlage im Haus die mit Öl betrieben wird. Aktuell noch voll funktionstüchtig, aber früher oder später muss auch
hier investiert werden. Hinter dem Haus am Hang muss aufgebaggert werden und ein Dreinagesystem gelegt
werden, da sich Schimmel auf Grund der Vernässung bildet. Wir wissen, das dies die Ursache ist. Der
Besitzer hat auch schon einen Kostenvoranschlag für diese Maßnahme vorliegen, kann es aber ebenfalls nicht
selber tragen.

Sind noch diverse, wirklich kleine Punkte, die allesamt zur Minderung des Wertes beitragen.

Den Wert des Objektes würde ich auf ca. 150.000 - 200.000 EUR beziffern, auf Grund der schlechten Lage und
dem Wohnrecht erzielt man diesen Wert aber keinesfalls. Ein realistischer Kaufpreis bei der Lage wäre in etwa
100.000 bis Max 125.000 EUR. Abzgl. Wohnrecht bleiben noch 55.000 - 80.000 EUR. (Lt. Sterbetafel und geringer
Miete; ländliche Gegend; habe ich hier ca. 45.000 EUR als Abzug veranschlagt). Dreinage sowie Renovierungs-
Maßnahmen belaufen sich auf knapp 15.000 EUR, so dass für mich ein Kaufpreis von 40.000 - 65.000 EUR
angemessen wären.

Der Preis ist also unter Umständen nur geringfügig unter dem Wert des Objektes.
 
Zuletzt aktualisiert 20.04.2024
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