Manche Unternehmer, gerade aus dem Schlüsselfertig-Bereich setzen nicht selten auf rechtsgeschäftliche Teilabnahmen, vereinbaren diese auch gerne im „Kleingedruckten“ des Vertrages; worin liegt der Vor- oder Nachteil einer rechtlich wirksamen Teilabnahme?
Die Vergütung wird fällig: Das ist im Grunde kein Nachteil für den Auftraggeber; bei Fertighäusern und im Schlüsselfertigbau werden ohnehin Zahlungspläne mit nach Baufortschritt gegliederten Raten vereinbart. Und ganz wichtig, das Zahlen einer Rate hat für einen Bauabschnitt nicht die Bedeutung einer Abnahme.
Die Verjährungsfrist für die Gewährleistungsansprüche des Bauherrn beginnt: Hierin wäre ein Nachteil für die Bauherrschaft zu sehen. Bevor das Haus komplett fertig gebaut ist, fangen schon einzelne Fristen an zu laufen und verkürzen die Gewährleistungsfrist dieser Bauleistungen gegenüber einer rechtsgeschäftlichen Komplettabnahme. Darüber hinaus wird die Dokumentation der Verjährungsfristen verkompliziert.
Die Umkehr der Beweislast tritt ein: Wieder ein Nachteil für den Bauherrn. Wird nach der rechtsgeschäftlichen Teilabnahme ein Mangel festgestellt, der anscheinend auf der bereits abgenommenen Leistung basiert, obliegt es nun der Bauherrschaft, dies nachzuweisen.
Die Gefahrtragung geht auf den Bauherrn über: Erneut ein Nachteil für den Bauherrn. Während der Bauzeit kann viel passieren; Unwetter und Fahrlässigkeit können zum Untergang, d.h. Zerstörung von Bauleistungen führen. Vor der Abnahme trägt der Unternehmer die Kosten für eine eventuelle Wiederherstellung, nach der Abnahme die Bauherrschaft.
Für den Bauherrn hat eine rechtsgeschäftliche Teilabnahme also keine Vorteile. Beispiel: Ein Massivhaus wird schlüsselfertig bei einer Massivhausfirma bestellt, eine vertragliche Klausel, die dem Unternehmer das Recht auf gesetzlich gültige Teilabnahmen zusichert, wird unterschieben. Die Rohbauarbeiten laufen gut, werden schneller fertig als gedacht. Nun pocht der Unternehmer auf die vertraglich vereinbarte rechtsgeschäftliche Teilabnahme für den Dachstuhl. Der Bauherr führt die Abnahme durch, es wird ein Protokoll verfasst und unterschrieben – und kaum bevor die Dachdecker mit der Arbeit beginnen, zerstört ein Unwetter den Dachstuhl. Weil er den Dachstuhl rechtsgeschäftlich abgenommen hatte, obliegt es dem Bauherrn jetzt, auf eigene Kosten die Trümmer zu beseitigen und einen neuen Dachstuhl zu beauftragen. Nicht nur, dass er die Zimmererarbeiten nochmals bezahlen muss, die Kosten dafür können auch höher ausfallen, weil er den Dachstuhl neu ausschreiben bzw. beauftragen muss – unter neuen Konditionen und zu einem sehr wahrscheinlich höheren Preis.
Auch wenn der Hausbau ohne große Schwierigkeiten und Unwetter abläuft, sind Teilabnahmen für die Gewährleistungsfrist nachteilig. Anstatt einer Frist für das gesamte Haus, hat die Bauherrschaft nun zehn bis fünfzehn einzelne Fristen zu verwalten. Auch wenn am Ende der Bauzeit noch eine rechtsgeschäftliche Endabnahme durchgeführt wird, für die Gewährleistung zählen alleine die Daten der einzelnen Teilabnahmen. Die Endabnahme wäre dann allenfalls für noch nicht abgenommene Teilleistungen wichtig.
Im konventionellen Hausbau mit Architekt, Statiker und verschiedenen Baufirmen sind Teilabnahmen kaum ein Thema. Es werden zwar Bauleistungen etappenweise fertig, aber meist von unterschiedlichen Handwerkern, deren jeweils eigene Bauleistung ganz regulär abgenommen wird. Bei Bauträgerhäusern gibt es keine Zwischenabnahmen, jedenfalls nicht für den Käufer und späteren Bewohner des Hauses – der Bauträger ist bis zur Eigentumsübertragung Bauherr, Bauträgerkunden haben mit dem Bau des Hauses nicht zu tun.
Zur Beurteilung der Bauleistung wird bei der Begehung auch der Vertrag mitgenommen, die passenden Planzeichnungen und die Leistungsbeschreibung. Mängel zeigen sich nicht nur in technischen Defekten und optischen Fehlern, auch Art (Farbe, Material, bestimmte Marke) und Menge der Leistung können mangelhaft sein. Der Fachmann schaut sich alles nicht nur an, es werden Bauteilanschlüsse geprüft, die Übereinstimmung mit den Vertragsunterlagen, die ordnungsgemäße Funktion von Bauteilen, falls nötig werden Abdeckungen entfernt. Eine solche Prozedur kann sehr lange dauern. Der Bauherrschaft wird das eventuell zu lang, man hat noch Termine, die Kinder warten „Wie lange müssen wir denn noch...?“. Die Anwesenheit der Bauherren ist für die Abnahme eigentlich nicht notwendig. Der Sachverständige kann die Begehung auch allein durchführen, er dokumentiert am Ende die Ergebnisse der Begutachtung und lässt das Abnahmeprotokoll den Bauherren zukommen. Gegebenenfalls schildert er festgestellte Mängel und erläutert das weitere Vorgehen. Förmlich abnehmen muss laut Gesetz die Bauherrschaft letztendlich selbst.
Bezüglich der vertraglich fälligen Vergütung kann im Protokoll ein Zurückbehaltungsrecht bezüglich der Kosten für die Beseitigung der vorhandenen Mängel vermerkt werden. Zurückbehalten werden darf gem. Gesetz (§641, Absatz 3) ein Betrag in 2-facher Höhe der veranschlagten Mängelbeseitigungskosten – der Rest der fälligen Vergütung wird dann ausgezahlt. Der sogenannte Druckzuschlag soll ein Anreiz für den Unternehmer sein, die Mängel so schnell wie möglich zu beseitigen. Die Bauleistung wird also nicht komplett verweigert, der mangelfreie Anteil wird anerkannt, lediglich der mangelhafte muss nachgebessert werden.
Abschließend wird das Abnahmeprotokoll allen Beteiligten ausgehändigt (auch jenen, die während dem Abnahmeprozedere nicht anwesend waren).
Schlüsselfertiganbieter und Fertighaushersteller legen den Vertragsunterlagen gerne Abnahmeformulare bei; diese sollen nach Fertigstellung bitteschön ausgefüllt und mit Angabe des Datums unterschrieben per Post an die Firma gesendet werden, Ortstermin nicht notwendig. Das Gesetz schreibt das nicht vor, aber Bauleistungen sollten doch immer vor Ort abgenommen werden. Wie sonst kann man mögliche Mängel erkennen und rügen? Vertrauen in den netten Baubetreuer alleine reicht nicht aus.
Das Haus vom Bauträger will auch abgenommen werden; hier können lediglich die augenscheinlichen Bauteile beurteilt werden – was sich unter den fertigen Oberflächen verbirgt, verschließt sich der Begutachtung. Die Bauherrschaft besichtigt wie üblich das fertige Haus alleine oder mit Hilfe eines Fachmanns, prüft gewissenhaft und erteilt bei Mangelfreiheit schriftlich die förmliche Abnahme. Hier aber zusätzlich darauf achten, dass die kompletten Baupläne und Baugenehmigungsunterlagen, eventuell wichtige Gutachten (Baugrunduntersuchung, z.B.) sowie die Garantieurkunden für die Haustechnik, der Energieausweis, das Abnahmeprotokoll des Schornsteinfegers und vor allem die Gewährleistungsbescheinigungen der einzelnen am Bau beteiligten Firmen ausgehändigt werden.
Auch ohne Abnahmeprozedur kann die Leistung des Bauträgers abgenommen werden – durch einvernehmliches Verhalten. Man begeht gemeinsam das fertige Haus, Funktionen werden erläutert, Heizung und Lüftung, der Notartermin für die Eigentumsübertragung wird vereinbart – die letzte Rate ist bezahlt und man zieht schließlich ein („Schönes Haus, gut, dass wir uns so entschieden hatten.“). Die Familie wohnt nun im neuen Haus, und nicht einmal wurde das Wort „Abnahme“ erwähnt, weder vom Bauträger („Die haben ja eh schon alles bezahlt“) noch von den Kunden. Das Haus wurde so durch Ingebrauchnahme abgenommen.
Eine gewöhnliche Baustellenbegehung, um den Bautenstand festzustellen, auch wenn Bauleistungen begutachtet werden, hat nicht die Bedeutung einer Abnahme. Eventuell spricht Sie ein Handwerker an: „Na, was denken Sie, sieht doch gut aus.“ und Sie antworten: „Ja, haben Sie gut gemacht, damit bin ich zufrieden.“ – das ist keine Abnahme. Man hat Meinungen ausgetauscht, ein Lob ausgesprochen, nicht mehr und nicht weniger. Daraus kann ein Handwerker keine Abnahmehandlung ableiten.
Die Verweigerung der Abnahme ist das Recht der Bauherrschaft, auf das er bei wesentlichen Mängeln auch unbedingt zurückgreifen sollte.
Beispiele:
Bei unwesentlichen Mängeln fordert man eine Nachbesserung, nimmt die Nachbesserung selbst in die Hand oder die mangelbedingte Wertminderung wird durch eine geminderte Vergütung vergolten. Manche unwesentlichen Mängel muss man auch einfach hinnehmen; z.B. Abweichungen von Ebenheit oder rechtem Winkel, geringe Farbabweichungen. Wenn in der Diele bei bestimmtem Lichteinfall erkennbar ist, dass der Fliesenboden nicht eben ist, die nachgemessenen Maßtoleranzen aber den Regeln der Technik entsprechen, muss man diesen „Mangel“ hinnehmen.
Im Zweifel zieht man einen Fachmann zu Rate, bevor man die Abnahme einer Bauleistung zu Unrecht verweigert. Unrechtmäßig zu verweigern, kann nämlich schwerwiegende Folgen für die Bauherrschaft haben: langwierige Gerichtsverfahren, Schadenersatz.