Klein, aber oho: Tiny Houses


Wie verträgt sich das Credo „my home is my castle“ mit der Mobilität, die das moderne Leben zunehmend prägt? Ganz gut, kann die Antwort lauten, solange das Wohnkonzept selbst mobil ist. Die Rede ist dabei nicht etwa von Wohnmobilen oder sonstigen Camping-Formen, sondern von Tiny Houses. Die sind oftmals wirklich „klein, aber oho“, bieten sie doch trotz ihrer geringen Größe alles, was man an Funktionen und Komfort zum Leben braucht. Drei spannende Tiny-House-Projekte machen geradezu Lust, auf ein Leben mit kleinem Fußabdruck.

Wie der letzte Schrei von der NASA: Loftcubes

Viele denken bei Tiny Houses zunächst an aus- beziehungsweise umgebaute Bauwagen. Mit dieser Wagenplatzromantik haben die Loftcubes von Studio Aisslinger absolut nichts mehr gemein. Eher wirken die hochmodernen feuerverzinkten Stahlprofilkonstruktionen mit glasfaserverstärkten Kunststoffkörpern wie der letzte Schrei von der NASA. Extensiv verglaste Fassaden sorgen dafür, dass die Sonne in den Kuben lacht. Mittlerweile gibt es das Tiny House in vier verschiedenen Größen zwischen 34 und 85 Quadratmetern Bruttogeschossfläche sowie als „Doppeldecker“ mit 120 Quadratmetern. Gerade bei den größeren Flächen kann hier zwar kaum noch von „tiny“ die Rede sein. Nichtsdestotrotz bleibt das Haus jedoch unabhängig davon hochgradig mobil und kann innerhalb von lediglich drei Tagen errichtet werden.

Klein wie ein Kinderzimmer: aVOID

Manche verlassen ihr Kinderzimmer zeit ihrer Kindheit und Jugend kaum. Vielleicht ist das der Grund, weshalb Leonardo di Chiara für sein Tiny House aVOID die neun Quadratmeter seines Kinderzimmers als Referenzgröße nahm. Entsprechend braucht dieses Stück Raumvermeidung auch nur so wenig Platz, dass man für dessen Transport nicht einmal mehr einen LKW benötigt – es reicht ein Auto mit Anhängerkupplung. Ganz anders als bei den vergleichsweise riesigen Loftcubes, sind für diesen Traum für Hardcore-Minimalisten ausschließlich maßgeschneiderte Spezialmöbel geeignet, die sich bei Bedarf aus- oder wegklappen lassen. Dennoch besitzt das kleine Zuhause sogar ein kleines Stück Extravaganz in Form einer Dachterrasse.

Deutschlands erstes Tiny House Village

Der endete 2018. Gekommen, um zu bleiben, ist hingegen ein junges Münchner Paar im Fichtelgebirge. Stefanie Beck und Philipp Sanders gründeten hier 2017 bei Mehlmeisel das erste Tiny-House-Dorf Deutschlands. Ursprünglich geplant war eigentlich ein kleines Grundstück für drei bis vier Häuschen. Letztendlich wurden es dann doch 17 Hektar mit potentiell 35 Stellplätzen. Was mit einem rund 16 Quadratmeter großen Haus im nordischen Stil begann, ist mittlerweile zu einer Community aus 23 Häusern und 31 Bewohnern angewachsen. Drei der mobilen Gebäude dienen dabei als Hotel für Neugierige oder „normale“ Urlauber. Für Tiny-House-Interessierte finden zudem regelmäßig Workshops zum Thema im Dorf statt.

Digitale Bauprozesse: schnelle und günstige Wohnraumversorgung

Geringer Material-, Flächen- und Energieverbrauch, niedrige Kosten, kleiner ökologischer Fußabdruck, hohe Mobilität: Die Vorteile von Tiny Houses sind nicht von der Hand zu weisen – und beginnen zumeist bereits in der Herstellung respektive Planung. Aufgrund ihres sehr hohen Vorfertigungsgrades sind sie geradezu prädestiniert für digitale Bauprozesse. Die einfachen Geometrien und Grundrisse sind schnell mit gängigen CAD-Programmen geplant. Werden für die Fertigung der Bauteile obendrein automatische Maschinen wie CNC-Fräsen genutzt, lassen sich zudem unter Anwendung von BIM (Building Information Modeling) mit entsprechenden Tools sogar hochautomatisierte und fehlerfreie Prozesse im Sinne einer Industrie 4.0 umsetzen. Eine industrielle Herstellung birgt wiederum das Potenzial für eine schnelle, günstige und qualitativ hochwertige Wohnraumversorgung.


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