Erbpacht auf Grundstück mit Bauzwang

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M

maxl33121

Liebe Forumsexpertinnen und Experten,
liebe Rechtsprofis,

ich starte hier gleich mal mit einer etwas schrägen Kombination, auf die ich bisher keine abschließende Antwort gefunden habe. Ich würde mich sehr über eure Expertise bzw. allgemeine Einschätzungen freuen. Selbstverständlich ist es klar, dass das keine Rechtsberatung ist. Früher oder später wird man das ganze ohnehin mit einem Anwalt abklären müssen.

Folgende Ausgangslage:
Ich habe vor mittlerweile knapp 3 Jahren ein Baugrundstück in meiner Heimatgemeinde gekauft, mit der eigentlichen Überlegung, dort auch tatsächlich zeitnah zu bauen.
Notariell wurde ein Bauzwang von 5 Jahren festgelegt, welchen ich hier anhänge.

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Nun habe ich bereits hin- und herüberlegt. Grundsätzlich würde ich das Grundstück natürlich gerne weiter behalten. Da ich mich beruflich auf unbestimmte Zeit aber verändert habe, werde ich den Bauzwang aber inkl. einer möglichen (und seitens der Behörde in Aussicht gestellten) Verlängerung nicht einhalten können.
Ich habe nun einen Interessenten, der das Grundstück gerne für 60 Jahre mittels Erbpacht pachten würde, um dort ein genehmigungsfähiges Haus zu bauen.

Nun stellt sich natürlich die Frage, ob der Bauzwang mit einem notariellen Erbpachtvertrag an den Pächter übergehen würde.
Dem Wortlaut des Vertrags "Der Verkäufer und seine Gesamtrechtsnachfolger" nach wäre das ja m. M. n. nicht möglich.
Da würde mich aber Interessieren, was der Begriff Gesamtrechtsnachfolger in diesem Zusammenhang bedeutet. Meint das die Nachfolge im Falle eines Todes meinerseits oder die gesamte Rechtsnachfolge am Grundstück durch Rechtsakt, also Pachtvertrag.


Würde mich riesig über eure Meinungen und Anregungen freuen!
Danke schonmal und Glg
Max
 
11ant

11ant

Nun stellt sich natürlich die Frage, ob der Bauzwang mit einem notariellen Erbpachtvertrag an den Pächter übergehen würde.
Ich (Kaufmann, und Nichtjurist) lese da heraus, vorbehaltlich der Zustimmung des Verkäufers sei das möglich.
Da würde mich aber Interessieren, was der Begriff Gesamtrechtsnachfolger in diesem Zusammenhang bedeutet. Meint das die Nachfolge im Falle eines Todes meinerseits oder die gesamte Rechtsnachfolge am Grundstück durch Rechtsakt, also Pachtvertrag.
Ein Grundstück hat keinen Gesamtrechtsnachfolger, die hat nur eine Person (eine natürliche durch Erbfall).
Möchtest Du Dein gepachtetes Grundstück weiter verpachten? Das geht nicht.
Nein, er selbst hat gekauft, aber das Grundstück ist noch von einer Rückgabe bedroht.
 
K

KarstenausNRW

Ich habe nun einen Interessenten, der das Grundstück gerne für 60 Jahre mittels Erbpacht pachten würde,
Btw. für den Pächter bzw. seine finanzierende Bank (sofern er finanzieren muss) eine Katastrophe. 60 Jahre schränken die Finanzierbarkeit drastisch ein - sowohl in der Höhe (Beleihungswert bricht zusammen), als auch in der Tilgung (geringe Tilgung nicht möglich).
Das aber nur am Rande. Ist für mich als Banker ein KO-Kriterium für einen Neubau (beim Einfamilienhaus).
Nun stellt sich natürlich die Frage, ob der Bauzwang mit einem notariellen Erbpachtvertrag an den Pächter übergehen würde.
Dem Wortlaut des Vertrags "Der Verkäufer und seine Gesamtrechtsnachfolger" nach wäre das ja m. M. n. nicht möglich.
Da würde mich aber Interessieren, was der Begriff Gesamtrechtsnachfolger in diesem Zusammenhang bedeutet. Meint das die Nachfolge im Falle eines Todes meinerseits oder die gesamte Rechtsnachfolge am Grundstück durch Rechtsakt, also Pachtvertrag.
Wenn ich jetzt noch ganz korrekt argumentiere, kommst Du richtig ins Schwimmen. Denn das zu errichtende Haus wird NICHT Bestandteil des Grundstücks, sondern des Erbbaurechts (steht so im Gesetz). Ganz böse gesprochen kannst Du formal und gesetzlich Deiner Bebauungsverpflichtung gar nicht nachkommen, da das Grundstück weiterhin gesetzlich als unbebaut gilt. Die Formulierung "Gesamtrechtsnachfolger" hat Dich dann beim Erbbaurecht gar nicht zu interessieren, da das Grundstück in Deinem Besitz bleibt und auch unbebaut ist.

Soviel dazu.

Aber: Gesamtrechtsnachfolger wird in solchen Fällen als Wort gewählt, um damit auszudrücken, als ALLE Rechte und Pflichten auf Deinen Nachfolger übergehen. Egal ob bei Übertragung, Verkauf, Erbe oder wie auch immer. Und die "Weiterverkauf" im Rahmen eines Erbbaurechtes gibt auch die Bebauungsverpflichtung weiter, so erwarte ich die Auslegung dieses Passus durch die Gemeinde.

Und ergänzend dazu, dass die Erteilung eines Erbbaurechts kein Pachtvertrag ist. Das Erbbaurecht bekommt ein eigenes Grundbuch und ist ein dingliches Recht, welches auch im Grundbuch des Grundstücks eingetragen wird.
 
11ant

11ant

Gesamtrechtsnachfolger wird in solchen Fällen als Wort gewählt, um damit auszudrücken, als ALLE Rechte und Pflichten auf Deinen Nachfolger übergehen. Egal ob bei Übertragung, Verkauf, Erbe oder wie auch immer. Und die "Weiterverkauf" im Rahmen eines Erbbaurechtes gibt auch die Bebauungsverpflichtung weiter, so erwarte ich die Auslegung dieses Passus durch die Gemeinde.
Gesamtrechtsnachfolge bedeutet m.W. nicht die Nachfolge in allen Rechten und Pflichten eines Vertrages, sondern die Nachfolge in allen Rechten und Pflichten einer Rechtspersönlichkeit. Gesamtrechtsnachfolger ist demnach bei einer natürlichen Person die Erbengemeinschaft, und bei einer juristischen Person der Übernehmer einer Kapitalgesellschaft.

Auf das Ansinnen des TE bezogen sehe ich die Gesamtrechtsnachfolge also nicht relevant und die Begriffserklärung nur als Beitrag zu seinem Poesiebüchlein des Wissensschatzes. Ich lese den Auszug mit der Erwartung, daß die Gemeinde die Zustimmung zur Übertragung von einer Unterwerfungserklärung des Erbpachtnehmers unter die Rückgabebedrohung und von dessen Glaubhaftmachung abhängig macht, den Bauzwang zu erfüllen. Die Gemeinde verfolgt mit dem Bauzwang ja regelmäßig die Sicherung der Zwecke, das Bauland dem Spekulationspool zu entziehen und dem Gebrauch zur Wohnraumschaffung zuzuführen. Die Rückgabebedrohung ist dabei nur ein "Instrument" zur Durchsetzung und soll eigentlich nur als "Plan B" vollstreckt werden müssen. Auch die Gemeinde hätte mit diesem Ärger Kosten und weiteren Aufwand. Ihr Ziel ist, auf die Straße im wörtlichen Sinn Deckel draufmachen zu können, und an die erstrebte Wohnraumschaffung einen Haken für "erfolgreich erfüllt" zu machen. Wenn sie als gesichert ansieht, daß der Bauzwang ohne ewige Verzögerung erfüllt wird, sehe ich sie nicht dagegen bocken. Aber da darf der Stadtjustitiar eben keinen Vorbehalt im Bauch haben, sonst bleiben die Hände der Stadtratsmitglieder unten. Nicht vergessen: wir reden hier von einem TOP 4 des nichtöffentlichen Teils der Sitzung, da will jeder bedenkenlos nicken können, und die Chancen hängen wesentlich mit von bisherigen Erfahrungen ab. Gab es in der Vergangenheit Deals mit Komplikationen, stehen die Zeichen entsprechend schlecht.
 
M

maxl33121

Servus zusammen,

@11ant & @KarstenausNRW
erstmal vielen, vielen Dank für eure ausführlichen Beiträge. Das mit dem Gesamtrechtsfolger wurde mir klar, das hat sich damit erübrigt. Habe in zwei Wochen einen Termin mit dem Geschäftsleiter unserer Stadt, damit ich die Sachlage mal darstellen kann und wir "gemeinsam eine Lösung, mit der alle Leben können" (O-Ton Geschäftsleiter) finden.

Euch ein schönes -hoffentlich langes- Wochenende!
Lg Max
 
Zuletzt aktualisiert 24.04.2024
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